Pneumologie 2000; 54(5): 215-217
DOI: 10.1055/s-2000-9088
STATEMENT
Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Pneumologische Rehabilitation 1999

Kurzfassung des Statements der American Thoracic Society in Am J Respir Crit Care Med 159 (1999) 1666 - 1682B. Weise
  • Fachklinik für Erkrankungen der Atmungsorgane, Allergien und für Orthopädie, Klinik Bad Reichenhall
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B. Weise
B. WeiseB. 

Zusammengefasst und ins Deutsche übertragen Klinik Bad Reichenhall - Fachklinik für Erkrankungen der Atmungsorgane, Allergien und für Orthopädie

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83435 Bad Reichenhall

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Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Table of Contents #

Einleitung

Seit der letzten Veröffentlichung über die Standards der pneumologischen Rehabilitation der American Thoracic Society 1981 ist der Umfang und die Zielrichtung der pneumologischen Rehabilitation wesentlich erweitert worden. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten belegen den Stellenwert und die Effektivität der Rehabilitation. Aus diesem erweiterten Ansatz ergibt sich die Definition der American Thoracic Society: Pneumologische Rehabilitation ist ein multidisziplinäres, individuell angepasstes Behandlungsprogramm für Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen mit dem Ziel, die Symptome der Krankheit zu reduzieren, die körperliche und soziale Leistungsfähigkeit und Autonomie zu optimieren und damit die Lebensqualität zu verbessern.

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Der Umfang pneumologischer Rehabilitation

Pneumologische Rehabilitation verbessert die Leistungsfähigkeit sowie die Lebensqualität und reduziert die Symptome der Patienten trotz oft irreversibler Schädigung von Lunge oder Bronchien. Dies ist möglich, weil die Beeinträchtigung im Alltag nicht nur durch die respiratorische Erkrankung bedingt ist, sondern häufig durch Begleit- und Folgeerkrankungen deutlich verschlechtert wird. Folgeerkrankungen wie z. B. Cor pulmonale, periphere Muskelschwäche, Fehlernährung, Osteoporose, Depression und Angst sind oft durch Rehabilitation positiv beeinflussbar.

Die für den Patienten zu erreichende Verbesserung wird anhand der WHO-Klassifikation ICIDH (international Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps) für Schädigung, Fähigkeitseinschränkung und Beeinträchtigung beschrieben.

Schädigung ist die Normabweichung einer anatomischen Struktur oder Funktion als Folge einer Krankheit. Eine typische Schädigung in der pneumologischen Rehabilitation ist die bronchiale Obstruktion, messbar durch den FEV1. Gerade dieser Parameter ist jedoch oft nur unzureichend zu beeinflussen. Besser behandelbar sind Schädigungen wie z. B. Schwäche und Muskeldysfunktion, psychopathologische Symptome und Über- bzw. Untergewicht.

Fähigkeitsstörung ist die Einschränkung einer komplexen Funktion, z. B. die körperliche Belastbarkeit.

Beeinträchtigung ist die Unfähigkeit, aufgrund einer Schädigung oder Fähigkeitsstörung die erwartete Rolle im Alltag erfüllen zu können. Die Beeinträchtigung kann z. B. mit standardisierten Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität dokumentiert werden, pneumologische Rehabilitation führt hier nachweisbar zu einer Verbesserung.

In der Überlebensrate zeigt sich eine Verbesserung nach Rehabilitation, die jedoch in der statistischen Auswertung nicht signifikant war. Eine Reduktion der Krankenhauseinweisungen sowie der Krankenhaustage für pneumologische Erkrankungen nach Rehabilitation konnten jedoch belegt werden.

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Patientenauswahl und Indikation

Grundsätzlich ist pneumologische Rehabilitation für die Patienten indiziert, die an einer chronischen Atemwegserkrankung leiden und die trotz optimaler medikamentöser Einstellung und Ausschöpfung der ambulanten Behandlungsmöglichkeiten drohende oder schon vorhandene Fähigkeitseinschränkungen oder Beeinträchtigungen aufweisen. Es ist weniger die Schwere der Lungenerkrankung als die Beeinträchtigung im Alltag, die über die Notwendigkeit zur Rehabilitation entscheidet. Ausschlusskriterien sind z. B. schwere und instabile Erkrankungen wie instabile Angina pectoris, kürzlich zurückliegender Myokardinfarkt oder psychopathologische Auffälligkeiten, die Mitarbeit und Lernfähigkeit behindern können.

Patienten, die nicht zur Mitarbeit motiviert sind oder ihren Nikotinkonsum nicht reduzieren wollen, sind keine idealen Kandidaten, hier können jedoch Schulung und Motivation wesentliche Ziele der Rehabilitation sein.

Die Untersuchung des Patienten besteht aus Anamnese, klinischen und funktionellen Untersuchungen zur Feststellung des Schweregrads der Erkrankung und Diagnostik anderer wesentlicher Erkrankungen. Der Schulungsbedarf muss geklärt werden, ansteigende Belastungstests sollen die Ausgangsleistungsfähigkeit dokumentieren. Die kognitiven Funktionen sowie das Ausmaß von Depression und Angst sollen festgestellt werden, da hierdurch die Rehabilitationsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt werden kann. Hier stehen standardisierte Fragebogen zur Verfügung. Der Ernährungsstatus kann z. B. anhand von Bodymass-Index und anderen Methoden objektiviert werden.

Vergleichende Untersuchung zwischen ambulanter und stationärer Rehabilitation zeigten die Effektivität beider Maßnahmen. Entscheidender als der Ort der Rehabilitation ist die Intensität des Programmes und seiner Komponenten.

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Wesentliche Bestandteile der pneumologischen Rehabilitation

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Körperliches Training

Das körperliche Training ist die wesentliche Grundlage der pneumologischen Rehabilitation. Unbestritten zeigt sich hier ein messbarer Effekt, z. B. auf Dyspnoe und maximale Leistungsfähigkeit auch bei fehlender Verbesserung der zugrundeliegenden pneumologischen Schädigung. Eine physiologische Adaptation im peripheren Muskel und eine Verbesserung der kardialen Leistungsfähigkeit zeigten sich bei einer Trainingsintensität von 60 - 75 % der max. Leistungsfähigkeit. Letztere kann man z. B. anhand der max. O2-Aufnahme im ansteigenden Belastungstest, anhand der symptomlimitierten Leistungsschwelle oder, weniger differenziert und individuell auch anhand der erwarteten maximalen Herzfrequenz festlegen. Ein solches Trainingsprogramm sollte 2 - 5-mal pro Woche über 20 - 30 Minuten durchgeführt werden, auf diese Weise kann eine deutliche Verbesserung der maximalen Leistungsfähigkeit sowie eine Reduktion von Ventilation und Laktatkonzentration bei gleicher Belastung erreicht werden. Für die Patienten, die nicht in der Lage sind, auf dieser Belastungsstufe zu trainieren, steht alternativ ein Intervalltrainingsprogramm zur Verfügung.

Beim Training ist zu beachten, dass nur für die Muskelgruppen eine physiologische Anpassung erreicht wird, die auch im Training belastet werden.

Insofern hat sich ergänzend zu dem allgemeinen Ausdauertraining auf Ergometer oder Laufband, welches in erster Linie die untere Extremität trainiert, auch ein Training der oberen Extremitäten bewährt. Messbare Verbesserung im täglichen Leben kann auch durch Krafttraining und durch Training der Atemmuskulatur erreicht werden.

Die durch Training erreichten Verbesserungen der Leistungsfähigkeit verschlechtern sich rasch wieder, wenn nach Abschluss des Rehabilitationsprogrammes das körperliche Training nicht weitergeführt wird. Der Langzeiterfolg einer Rehabilitation ist insofern auch dadurch gekennzeichnet, wie sehr der Patient zur Fortführung des Trainings nach Rehabilitation motiviert werden kann.

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Patientenschulung

Zu den wesentlichen Bestandteilen der Patientenschulung gehört die Vermittlung von Atemtechniken. Entscheidend ist hier die Lippenbremse, welche sich durch nasale Inspiration, gefolgt von einer Ausatmung gegen die beinahe geschlossenen Lippen unter Vermeiden von kraftvoller Ausatmung auszeichnet. Dies führt zu einer messbaren Senkung der Atemfrequenz und des Atemminutenvolumens sowie des PaCO2 bei Ansteigen des PaO2 und der O2-Sättigung im Blut.

Die früher häufig empfohlene Zwerchfellatmung hat sich in der Praxis weniger bewährt, so dass sie nicht mehr uneingeschränkt empfohlen werden kann. Der Atemrhythmus sollte an die körperlichen Aktivitäten angepasst werden, körperliche Bewegungen und Aktivitäten sollten durch optimierte Ausführung vereinfacht werden. Ein weiterer wesentlicher Schulungsinhalt ist die Applikation der Medikamente, hier insbesondere der Dosieraerosole und Pulverinhalatoren. Weiterhin wird der Patient über seine Erkrankung, den Umgang mit ihr, zum Beispiel in Notfällen, die Selbstkontrolle sowie über spezielle Inhalte wie O2-Langzeittherapie und Allergenvermeidung geschult. Selten angeboten, jedoch nach Umfragen in den USA von den Patienten durchaus gefordert, sind Schulungsmodule, die das Thema Lebensendplanung und Sterben behandeln.

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Verhaltenstherapie und psychosoziale Betreuung

Dyspnoe hat eine wesentliche affektive Komponente, Angst vor Atemnot oder depressive Symptomatik wegen der bemerkten Einschränkung im täglichen Leben ist bei Patienten mit Atemwegserkrankungen relativ häufig. Durch diese Symptome werden die ohnehin eingeschränkten Patienten in ihrer sozialen und körperlichen Leistungsfähigkeit weiter beeinträchtigt.

Affektive Symptome können durch Verhaltenstraining, Stressmanagement, Entspannungstechniken und Selbstmanagement der Atemwegserkrankungen deutlich reduziert werden. Hier ist eine Einbeziehung der nächsten Familienangehörigen besonders wichtig.

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Ergebnisevaluation

Das Ausmaß der Fähigkeitseinschränkung und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit können in ansteigenden Belastungstests dokumentiert werden. Parameter sind die maximale Leistungsfähigkeit, die Dyspnoerate bei submaximaler Belastungsstufe oder die Zeit, die eine submaximale Belastung durchgehalten werden kann. In Gehtests, wie z. B. dem 6- oder 12-Minuten-Gehtest oder besser noch dem 10-Meter-Pendel-Gehtest (Shuttle walk test) mit externem Taktgeber kann die Leistungssteigerung vor und nach Rehabilitation verglichen werden. Insbesondere der Pendel-Gehtest zeigt hier eine hohe Sensitivität bei guter Reproduzierbarkeit. Das Ausmaß der Dyspnoe bei körperlicher Belastung kann anhand von Borgskala oder visueller Analogskala gemessen werden.

Die Beeinträchtigung ist durch Fragebogen objektivierbar. Da eine Beurteilung der allgemeinen Lebensqualität, hier verstanden als Balance zwischen dem was vom Leben erwartet wird und dem, was erreicht worden oder erreichbar ist, nur schwer standardisierbar und sehr umfangreich ist, erfragt man den Gesundheitsstatus, also die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Krankheitsspezifische Fragebogen für COPD sind hier z. B. der Chronic Respiratory Disease questionary (CRDQ) und der St. George Respiratory questionary (SGRQ). Für den routinemäßigen Gebrauch sind diese ebenfalls zu umfangreich, im Rahmen von Studien, die die Effektivität einer neuen Methode oder des gesamten Programmes messen sollen, sind sie jedoch unentbehrlich. Minimalanforderung für die Erfolgsbeurteilung der Rehabilitation für den einzelnen Patienten sind die Erfassung der Atemnot, der Leistungsfähigkeit, des Gesundheitsstatus sowie des Aktivitätslevels vor und nach Rehabilitation.

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Ausblick

Rehabilitation kann die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität der Patienten verbessern, es fehlen jedoch valide Studien über die Auswirkung auf die Überlebensrate sowie die Kosten für das Gesundheitswesen. Während die positiven Effekte des körperlichen Trainings wissenschaftlich belegt sind, ist der Anteil der psychosozialen Betreuung, der Atemtechnik und der Patientenschulung an der Gesamteffektivität der Rehabilitation noch unklar.

Auch die ideale Trainingsform und die tatsächlichen messbaren Effekte vom Training der oberen Extremität und der Atemmuskulatur bedürfen weiterer Studien. Weitere offene Fragen sind die Vorteile von Erholung der Atemmuskulatur durch nichtinvasive Überdruckbeatmung bei schwerer COPD, über die Rolle der Rehabilitation in der Vor- und Nachbetreuung von Lungenoperationen sowie genaue Standards für die Erfolgsevaluation. Die meisten der hier zusammengefassten Daten beziehen sich auf die COPD und das Asthma bronchiale, Standards für die Modifikation des Programmes für Patienten mit anderen Grunderkrankungen stehen noch aus. Noch gibt es geteilte Meinungen über die Einbeziehung der Raucher in die Rehabilitationsprogramme.

Eine Vereinheitlichung der Terminologie, angepasst an die WHO-Klassifikation, wäre zur besseren Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit der Daten sowie der Standards wünschenswert.

B. Weise
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