Suchttherapie 2000; 1(1): 39
DOI: 10.1055/s-2000-13129
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Therapiezentrum Psychose und Sucht - die stationäre medizinische Rehabilitationseinrichtung für Doppeldiagnosepatienten

Treatment Centre Psychosis and Addiction - the Inpatient Medical Rehabilitation Centre for Dual Diagnoses PatientsStephanie Wuensch
  • Therapiezentrum Psychose und Sucht, Hamburg
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Dr. med. Stephanie Wuensch

Therapiezentrum Psychose und Sucht

Theodorstraße 41b, 22761 Hamburg

Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Table of Contents

    Das Therapiezentrum Psychose und Sucht als eine Einrichtung des Freundeskreis Ochsenzoll e. V. besteht seit Oktober 1991 und hält eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung für an psychotischer Symptomatik und Suchtmittelabhängigkeit erkrankten Patienten vor. Ziele der Behandlung sind die Befähigung zur Suchtmittelabstinenz und langfristige Entaktualisierung der psychotischen Symptomatik. Die Patienten leben in Einzelzimmern mit eigenem sanitären Bereich und bilden therapeutische Wohngemeinschaften. Die anmeldenden Stellen sind in der Regel psychiatrische Krankenhäuser oder Drogenberatungsstellen. Die Therapiedauer beträgt 12 Monate. Die Finanzierung erfolgt zu Lasten der Rentenversicherungsanstalten und Krankenkassen. Das therapeutische Programm besteht aus verbalen (Einzel- und Gruppengesprächen) und nonverbalen (Musik-, Bewegungs- und Tanzangeboten, Entspannung) Therapieverfahren, psychoedukativen Gruppen und medizinisch psychiatrischer Versorgung. Außerdem wird ein umfassendes arbeitstherapeutisches Angebot vorgehalten, ebenso wie Ernährungslehre mit hauswirtschaftlichem Training und Sportgruppen. Den reglementarischen Anteil der Maßnahme stellen eine zunächst knapp vierwöchige Ausgangs- und Kontaktsperre sowie regelmäßige Alkohol-, Urin-, Zimmer- und Gepäckkontrollen dar.

    Die Eingangsdiagnostik besteht neben der Erfassung des aktuellen psychopathologischen Befundes sowie der umfassenden biografischen Daten auch aus testpsychologischen Untersuchungen und aus einer von Arbeitstherapeuten durchgeführten standardisierten Erhebung der Grundarbeitsfähigkeit einschließlich des kognitiven Bereiches.

    Die Entwicklung der Patienten sieht zunächst eine vertiefte Auseinandersetzung mit der bisherigen Biographie vor. Anschließend werden identifikatorische Prozesse sowohl mit den Mitarbeitern als auch mit schon länger anwesenden Patienten gefördert und der Boden für eine emotionale Nachreifung angeboten. In späteren Therapieabschnitten geht es vor allen Dingen um die schrittweise Ausweitung der Selbstverantwortung sowie einer Erhöhung des Selbstwertgefühles und dem Versuch, Ich-Defizite auszugleichen.

    Die Gesamtzahl der im Therapiezentrum Psychose und Sucht (TPS) inzwischen aufgenommenen Patienten betrug zum 31.12. 1999 n = 257. Der typische TPS-Patient ist zwischen 20 und 35 Jahre alt. Deutlich über 40 % der Patienten kommen aus dem Bundesland Hamburg. 75 % der aufgenommenen Patienten konnten keine abgeschlossene weitere Ausbildung vorweisen.

    1999 wurden die Patienten hauptsächlich mit der Diagnose paranoid-halluzinatorische Psychose offener Zuordnung angemeldet. Hier zeigt sich neben der Problematik, dass im Rahmen von verkürzten Krankenhausliegezeiten zum Teil eine eindeutige Diagnosefindung nicht immer möglich ist, auch das Problem bei Patienten, die an einer Persönlichkeitsstörung und einer Suchtmittelabhängigkeit erkrankt sind. Gerade die komorbiden persönlichkeitsgestörten Patienten leiden auch unter psychotischen Episoden entweder im Rahmen von exogenen Psychosen oder mikropsychotischen Episoden während dekompensierter Zustände. Das Therapiezentrum Psychose und Sucht hat auch dieser Patientengruppe geöffnet, wenn sichergestellt war, dass psychotisches Erleben in der Vorgeschichte eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat.

    50 % der aufgenommenen Patienten betrieben eine Polytoxikomanie, weitere 15 % Patienten waren Alkoholiker und knapp 20 % konsumierten Alkohol und Cannabis kombiniert. 10 % der Patienten waren reine Cannabiskonsumenten. Knapp die Hälfte der aufgenommenen Patienten wurde nach 12-monatiger Therapiedauer regulär entlassen. Seit sechs Jahren führt das TPS eine Katamnese bez. der bisher regulär entlassenen Patienten durch. Ende 1999 konnten 85 Patienten nachbefragt werden. Dabei zeigte sich, dass 72 % der regulär entlassenen Patienten seit einem Zeitraum bis zu inzwischen sechs Jahren ohne erneute Suchtproblematik leben. Bez. der Notwendigkeit erneuter Krankenhausaufenthalte war auffällig, dass 64 % der regulär entlassenen Patienten seit ihrer Entlassung überhaupt nicht mehr psychiatrisch-stationär behandelt werden mussten. Insgesamt bestärkt sich damit die in den Vorjahren sich bereits abzeichnende Entwicklung, dass gerade die Patienten, die die Maßnahme im Therapiezentrum Psychose und Sucht regulär absolvieren, eine günstige Prognose haben. Auch geht über die Hälfte der mehr als drei Jahre entlassenen Patienten einer geregelten Berufstätigkeit nach.

    Die Ergebnisse der Katamnese machen deutlich, dass es sinnvoll ist, über einen begrenzten Zeitraum Arbeitskraft und Geld zu investieren, da sich trotz der Schwere der Störung langfristig bei fast 75 % der regulär entlassenen Patienten ein die Gesundheit betreffender und kostensenkender Erfolg eingestellt hat.

    Dr. med. Stephanie Wuensch

    Therapiezentrum Psychose und Sucht

    Theodorstraße 41b, 22761 Hamburg

    Dr. med. Stephanie Wuensch

    Therapiezentrum Psychose und Sucht

    Theodorstraße 41b, 22761 Hamburg