Rofo 2000; 172(3): 301-302
DOI: 10.1055/s-2000-108
DER INTERESSANTE FALL
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Leiomyom der Vena Cava Inferior: Bildgebende Diagnostik und transfemorale bioptische Sicherung

F. Bode, A. Klesius, T. J. Vogl
  • Frankfurt
Further Information

Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Table of Contents

Pathologische Veränderungen der Stammvenen des Körpers werden selten computertomographisch diagnostiziert. Das radiologische Erscheinungsbild kontrastmittel-umflossener Formationen wird im allgemeinen als typisch für thrombotisches Material angesehen. Im Bereich der Leber- und Nierenvenen ist die Notwendigkeit einer differentialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber tumorösen Prozessen allgemein bekannt. Anhand des vorliegenden Fallbeispieles soll die Bedeutung dieser Differentialdiagnose sowie der interventionellen Abklärung auch für die großen Stammvenen dargestellt werden. Wesentlich ist in diesem Fall das gleichzeitige Vorliegen eines Kavatumors mit einer Thrombose der tiefen Beinvenen.

#

Fallbeschreibung

Bei einem 20-jährigen stark adipösen Patienten, der einige Tage vor der klinischen Einweisung eine leichte Distorsion des oberen Sprunggelenks rechts erlitten hatte, wurde aufgrund des klinischen Verdachts einer Thrombose der tiefen Beinvenen rechts eine Phlebographie durchgeführt. Diese erbrachte die Diagnose einer frischen Phlebothrombose vom 3-Etagen-Typ. Es bestanden nur eine geringe Umfangsdifferenz zugunsten der rechten Wade, starker Wadendruckschmerz rechts, Hohmann-Zeichen rechts positiv, Payer negativ. Die übrige klinische Untersuchung erbrachte keinen pathologischen Befund. EKG, Röntgen-Thorax in zwei Ebenen sowie Gerinnungsstatus waren unauffällig. Daraufhin wurde eine hochdosierte Streptokinaselyse über zwei Tage durchgeführt. Die Kontrollphlebographie zeigte danach noch einen kleinen wandadhärenten Restthrombus der V. femoralis superficialis.

Zum Ausschluß einer malignen Erkrankung wurde eine umfangreiche bildgebende Diagnostik eingeleitet. Da eine ausreichende sonographische Bildgebung bei Adipositas nicht möglich war, wurde eine Computertomographie des Abdomens mit intravenöser Kontrastmittelgabe (axiale 8 mm Schichten, KM 100 ml, Flow 2 ml/s, Delay 30 s) durchgeführt. Hierbei zeigte sich als einziger pathologischer Befund eine 2 cm lange KM-umflossene Raumforderung in der Vena cava inferior, die in den rechten Vorhof hineinreichte. Der Befund wurde als Kavathrombus bewertet. Eine Kontrolluntersuchung nach 10 Tagen erbrachte keine Befundänderung. Eine transthorakale Echokardiographie 5 Tage nach stationärer Aufnahme zeigte Zeichen der Rechtsherzbelastung, szintigraphisch war keine Lungenembolie nachweisbar. Eine echokardiographische Kontrolle nach einer Woche zeigte zeitgleich mit der ersten CT einen Thrombus der VCI, der Befund war nach zehn Tagen jedoch sonographisch nicht mehr reproduzierbar. Es wurde die Diagnose einer erfolgreich lysierten tiefen Beinvenenthrombose rechts mit wandadhärentem Thrombus der Vena cava inferior gestellt. Aufgrund dieser Thrombose wurde eine orale Antikoagulation mit Marcumar eingeleitet.

Nach drei Monaten zeigte die intravasale Raumforderung einen unveränderten Befund, nach weiteren zehn Monaten ließ sich computertomographisch eine deutliche Größenzunahme der KM-umflossenen Raumforderung der unteren Hohlvene nachweisen (Abb. [1]). Der Patient stellte sich daraufhin zur Prüfung der Operationsindikation in der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums vor. Da ein wachsender Thrombus bei oraler Antikoagulation zwar unwahrscheinlich ist, andererseits ein nicht eindeutig indizierter Zweihöhleneingriff vermieden werden muß, wurde der Patient transfemoral biopsiert. Zunächst zeigte sich angiographisch eine wandständige KM-Aussparung der Kavawand am Übergang in den rechten Vorhof (Abb. [2]). Unter Verwendung einer Myokardbiopsiezange (Proflex-Bioptom, 1,8 * 510, Fa. Signus, Alzenau) sowie eines Führungskatheters gelang es anschließend, ein ca. reiskorngroßes Biopsat des wandadhärenten Prozesses zu gewinnen. Außer deutlicher Schmerzangabe des Patienten bei Zug an der Raumforderung traten hierbei keine Komplikationen auf. Histologisch wurden neben thrombotischem Material Züge glatter Muskelzellen gefunden, das Material wurde pathologisch als Leiomyom eingeordnet. In Kreislaufstillstand wurde die Raumforderung operativ entfernt, die histologische Aufarbeitung bestätigte den Vorbefund eines Leiomyoms.

#

Diskussion

Das Leiomyom der Vena Cava inferior ist eine seltene Entität (Casillas et al., J Cardiovasc Surg 1997, 38: 83). Wie der beschriebene Fall zeigt, ist es mit bildgebenden Verfahren nicht zweifelsfrei von einem Thrombus zu unterscheiden. Dies gilt besonders, wenn der Tumor klein und auf die Gefäßwand begrenzt ist und nicht nur innerhalb eines Gefäßes wächst. Differentialdiagnostisch ist die Abgrenzung zum Leiomyosarkom (Pollanen M et al., Arch Pathol Lab Med 1997, 111: 1085) sowie zum Angiosarkom wichtig.

Die transvenöse Biopsie des Myokards stellt eine komplikationslose Methode zur Gewinnung von Gewebe aus dem Ventrikel dar. Die Methode wird hauptsächlich nach Herztransplantationen angewandt, um eine Abstoßungsreaktion nachzuweisen oder auszuschließen. Allerdings wird diese auch bei anderen kardiologischen Fragestellungen (Lymphom, Tumorerkrankung) angewandt. Transfemorale Nieren- und Leberbiopsien sind ebenfalls beschrieben. In anderen großen Gefäßen wird die Methode nur selten durchgeführt (Withers CE et al., Radiology 1988 167: 713; Murata K et al., Rinsho Hoshasen 1989, 34: 1051), wobei nicht immer verwertbares Biopsiematerial gewonnen werden kann. Alternativ steht die perkutane Biopsie zur Verfügung hierbei besteht allerdings bei großen Gefäßen ein erhebliches Blutungsrisiko. Offene Verfahren sind wegen des Operationsrisikos nur anzustreben, wenn primär eine vollständige Entfernung des suspekten Prozesses angestrebt wird. Bezüglich der transvenösen Biopsie muß neben den allgemeinen Angiographierisiken auf das Blutungsrisiko bei Gefäßwandverletzung hingewiesen werden. Wie bei allen bioptischen Verfahren besteht die Gefahr der Verschleppung maligner Zellen. Wie der beschriebene Fall zeigt, ist die transvenöse Biopsie ein relativ einfaches und komplikationsloses Verfahren, um eine histologisch sichere Diagnose zu erhalten..

F. Bode, A. Klesius, T. J. Vogl, Frankfurt

Zoom Image

Abb. 1Kontrastmittelunterstützte (100 ml Imeron 350, Flow 2 ml/s, Delay 20 s) Computertomographie des Thorax (axiale Schichten, SD 8 mm). Konstante KM-umflossene Raumforderung der Vena cava inferior (Pfeil).

Zoom Image

Abb. 2Angiographische Darstellung der wandadhärenten Raumforderung der VCI am Übergang in den rechten Ventrikel (Pfeil) in DSA-Technik.

Zoom Image

Abb. 1Kontrastmittelunterstützte (100 ml Imeron 350, Flow 2 ml/s, Delay 20 s) Computertomographie des Thorax (axiale Schichten, SD 8 mm). Konstante KM-umflossene Raumforderung der Vena cava inferior (Pfeil).

Zoom Image

Abb. 2Angiographische Darstellung der wandadhärenten Raumforderung der VCI am Übergang in den rechten Ventrikel (Pfeil) in DSA-Technik.