Pneumologie 2019; 73(01): 34-39
DOI: 10.1055/s-0043-125015
Historisches Kaleidoskop
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Über Stäbchenplessimeterpercussion.[*]

Plessimeter Percussion
E. M. Keller
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Tom Schaberg
Zentrum für Pneumologie, Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg gGmbH
Elise-Averdieck-Straße 17
27356 Rotenburg (Wümme)

Publication History

Publication Date:
07 December 2018 (online)

 

In seiner umfassenden Arbeit über physikalische Untersuchungsmethoden (Virch. Arch. 1854) stellte Wintrich die für das Zustandekommen des Metallklanges in Hohlräumen geltenden Bedingungen fest. Ziemlich kurze Erwähnung geschieht dabei der Percussionsauscultation, eines Verfahrens, dessen Anwendung schon Laennec 1837 (Traité de l’auscultat. méd.) bei von sehr dicken Wandungen bekleideten Hohlräumen empfahl. Da nämlich nur diejenigen Schallwellen dem Ohre vernehmlichen Metallklang bieten, welche durch die Wandungen des percutirten Schallraumes hindurch gehen, so wird bei blosser Percussion der Metallklang um so weniger deutlich gehört werden können, je dicker die Wandungen sind. Zur Ausführung der Percussionsauscultation sollte gleichzeitig das Ohr, respect. das Stethoskop an einer Stelle aufgesetzt, die Percussion an einer anderen ausgeführt werden.

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Abb. 1 Titelblatt.

Aus diesem Verfahren ist die Stäbchenplessimeterpercussion hervorgegangen.

Professor O. Heubner veröffentlichte im Jahre 1869, zu welcher Zeit er noch Assistent am Jacobs-Spitale in Leipzig war, zuerst im Archiv für Heilkunde eine kurze Abhandlung über die Stäbchenplessimeterpercussion. Die Entdeckung des genannten Verfahrens war, wie Heubner angibt, einem Zufall zu verdanken. Ein Kranker mit rechtsseitigem Pneumothorax, der längere Zeit hindurch bei blosser Percussionsauscultation exquisit metallisches Nachklingen ergeben hatte, zeigte nach Verlauf einiger Wochen, als man zu Demonstrationszwecken die Schallerscheinung wieder an ihm hervorrufen wollte, keine Spur mehr davon. Nach vielen vergeblichen Versuchen berührte Heubner zufällig mit dem Metalle des Percussionshammers das aufgesetzte Plessimeter und hörte sofort metallischen Klang in ausgezeichneter Reinheit. Zahlreiche Controlversuche am gesunden Thorax ergaben nach Heubner negative Resultate; es war dabei nichts als das klappernde Eigengeräusch der zur Percussion verwendeten harten Körper zu vernehmen, dagegen kam der Metallklang bei wiederholten Versuchen an der kranken Thoraxhälfte stets wieder zum Vorschein. Durch verschiedene Modification bezüglich des zur Percussion verwendeten Materials fand Heubner, dass keineswegs die Percussion mit Metall auf Elfenbein nothwendig sei, dass vielmehr Körper aus jedem beliebigen harten, nicht zu elastischen Material verwendbar seien zur Hervorbringung eines ausgezeichneten metallischen Nachklingens bei Pneumothorax und dass schon sehr schwaches Stossen hiezu ausreichend sei.

Besonders hebt Heubner hervor, dass man bei Anwendung seiner Methode den gewöhnlichen mehr oder weniger tympanitischen Percussionshall überhaupt nicht, das metallische Nachklingen, das reine Tintement métallique also ganz isolirt zu Gehör bekomme. Es sei dazu nur nothwendig, dass man das Ohr nicht mehr als 2 bis 3 Zoll von der Thoraxwand entfernt halte.

Heubner sprach einer neuen Methode zwei Vorzüge vor anderen zu: erstens den, dass man in Fällen von Pneumothorax, wo man die gewöhnliche Percussionsauscultation im Stiche lasse, nicht selten noch mit der Stäbchenplessimeterpercussion Metallklang hervorrufen könne, zweitens den, dass die Anwendung derselben den meist schwer Kranken im Gegensatz zu der starken Percussion keinerlei Beschwerden bereite, da sie die schonendste Ausführung erlaube.

Die Hervorbringung von Metallklang an Cavernen und Bronchektasien war Heubner zu jener Zeit noch nicht gelungen. Heubner’s gedrängt gehaltene Mittheilungen schliessen mit der Aufforderung an den Leser, das Verfahren durch weiter fortgesetzte Versuche resp. Untersuchungen zu prüfen.

Es erschien Verfasser als eine dankbare Aufgabe, an der Hand des ihm durch die Güte von Herrn Professor Leube in liberalster Weise zur Verfügung gestellten Materials den Versuch zu machen, der oben erwähnten Anregung zu entsprechen.

Krankengeschichten.

Wiesner Lina, Büglerin von Würzburg, wurde 4./X/87 in das Spital aufgenommen.

Ihr Vater starb an einem Schlaganfall, ihre Mutter lebt und ist gesund. Eine Schwester ist an Phthise gestorben. Ein Bruder leidet seit längerer Zeit an Husten mit Auswurf. Patientin selbst ist früher nie krank gewesen. Ihre jetzige Krankheit datirt bis Januar 1887 zurück. Damals trat Husten mit weisslichem Auswurf auf, der letztere war häufig mit Blutspuren untermischt, nahm später eine grünliche, dann gelbliche Färbung an.

Seit 4 Wochen ist Patientin bettlägerig.

Die Menses traten im 15. Jahre ein und waren stets sehr reichlich und regelmässig.

Starker Husten mit schleimigeitrig geballtem Auswurf, Appetit ist gut, Durst sehr gesteigert, Stuhlgang und Diurese normal. Schlaf schlecht.

Die am 5/X. vorgenommene Untersuchung ergab folgenden Status:

Starke Abmagerung, fossae supra-et infraclaviculares beiderseits tief eingesunken, Muskulatur atrophisch, Cervicaldrüsen etwas geschwellt.

Percussionsschall beider Lungenspitzen gedämpft, mit tympanitischem Beiklang; beiderseits, besonders links bis zur Spitze der Scapula Rasselgeräusche, die links metallischen Beiklang hatten.

Das Athmungsgeräusch an diesen Stellen bronchial.

Wenige Tuberkelbacillen im Sputum.

Unterer Rand der Leber scharf, 2 Querfinger den Rippenbogen überragend.

26/X. Puls sehr schwach und beschleunigt, sonst keine Veränderung.

4/XI. Tuberculöse Ulcera an der rechten Seite der Lunge und am Frenulum.

8/XI. Metallisch klingende Rasselgeräusche links hinten. Im Sputum zahlreiche Tuberkelbacillen.

4/XII. Thrombose der rechten Cruralvene, starkes Oedem des rechten Beines.

12/XII. Oedem etwas verringert. Stäbchenplessimeterperkussion ergibt metallischen Klang. Herzdämpfung an normaler Stelle. Succussio Hippocratis ohne Resultat.

13/XII. Succusion auch heute negativ.

18/XII. 11 Uhr Vormittags erfolgt der exitus lethalis.

Für Pyopneumothorax sprachen metallisches klingendes Rasseln und Metallklang bei Stäbchenplessimeterpercussion, dagegen das Fehlen der Succussio Hippocratis, das Fehlen jeder Verdrängung der Nachbarorgane, in erster Linie des Herzens, dessen absolute Dämpfung an normaler Stelle sich fand und wurde deshalb die Diagnose auf Caverne des linken Oberlappens gestellt.

Section. 20 /XII.

Starke Abmagerung, keine Todtenstarre. Oedem des rechten Beines. Zwerchfellstand rechts unterer Rand, links Mitte der IV. Rippe.

Beim Anstechen des linken Pleurasackes entleerte sich kein Gas. Nach Abnahme des Sternums collabirte die rechte Lunge mehr als die linke.

Herzbeutel enthält viel klaren liquor, subepicardiales, sulziges Fett, Coronarvenen stark gefüllt. Ostium tricuspidale und mitrale für 2 Finger durchgängig. Herzspitze von beiden Ventrikeln gebildet. Klappen normal.

Linke Lunge mit dem Thorax verwachsen, sehr brüchig. Caverne im linken Oberlappen von Gänseeigrösse, aus der sich, da sie bei der Herausnahme der Lunge angerissen, grosse Mengen von Eiter und käsigen Zerfallsprodukten entleeren.

Consistenz der linken Lunge ungleichmässig, auf dem Durchschnitte überall tuberkulöser Zerfall und mehrere kleinere Cavernen.

Rechte Lunge nur an der Spitze mit dem Thorax verwachsen. Oberer Lappen härter als die unteren, nicht lufthaltig, der Unterlappen zeigt viele kleine Cavernen, enthält Luft und Blut.

Zunge Ulcerationen am rechten unteren Rande, ebensolche Veränderungen an der rechten Seite des Frenulum.

Thrombose der rechten Cruralvene.

II. Fall.

Haaf, Valentin, Steinhauer von Obersinn, 42 Jahre alt.

Eintritt in’s Spital am 9./VI./88.

Der Vater lebt und ist gesund. Mutter an unbekannter Krankheit gestorben. Von 7 Geschwistern leben 6 und sind gesund. Seit 1883 hatte Patient Athembeschwerden ohne Husten und Auswurf. Letztere traten erst seit 1 1 /2 Jahren hinzu. Vergangenes Jahr hat Patient deswegen 5 Wochen im hiesigen Spital gelegen.

Wegen starker Abmagerung, Schwäche und Arbeitsunfähigung liess sich Patient neuerdings ins Spital aufnehmen.

Es besteht starker Husten, Expectoration zeitweilig erschwert, Schlaf gut, Appetit schlecht, Durst und Diurese normal, Stuhlgang retardirt.


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Status 10. VI.

Schmächtiger Knochenbau, schlechte Ernährung, Cubital- und Cervicaldrüsen geschwellt, untere Thoraxhälfte eingezogen, macht bei der Athmung geringere Exkursionen. Leichtes Oedem der Knöchel.

Der Percussionsschall an der linken Lungenspitze vorn und hinten gedämpft, etwas tympanitisch, auch weiter nach abwärts leichte Tympanie auf der ganzen linken Seite hinten. An der linken Lungenspitze hinten klingende Rasselgeräusche, weiter abwärts leise metallisch klingendes Athmen und metallisch klingendes Rasseln.

Stäbchenplessimeterpercussion ergiebt Metallklang hinten. Links vorne unter der Clavicula gedämpft tympanitischer Percussionsschall, metallisch klingendes Rasseln.

Tintement métallique vorne sehr deutlich ausgeprägt.

Rechte Lunge: Spitze gedämpft, trockenes Rasseln, verschärftes Vesiculärathmen.

Beim Auf- und Niedersitzen zeigt die Percussion links in der Axillarlinie Schalländerung. Der Schall ist am sitzenden Patienten gedämpft, am liegenden hell.

Succussio Hippocratis ohne Resultat. Herzdämpfung normal, besonders die rechte nicht verschoben.

Pectoralfremitus über den Dämpfungen erhalten.

11/VI. Im Sputum zahlreiche Tuberkelbacillen. Pulz sehr frequent, fadenförmig,

12/VI. Morgens 6 ½ exitus lethalis.

Die Diagnose konnte auch hier, da die Herzdämpfung an normaler Stelle sich fand und wegen des Fehlens der Succussio Hippocratis Pyopneumothorax ausschliessen und wurde bei dem bestehenden metallischen Rasseln und dem exquisiten Tintement métallique das Vorhandensein einer grossen Caverne der linken Lunge erkannt.


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Section. 12/VI.

Bei derselben zeigte sich, nachdem die Abnahme des Sternum nur mit Mühe gelungen, da grosse Adhärenzen mit dem oberen Mediastinum und dem Rande der rechten Lunge vorhanden waren, dass das Herausnehmen der Lungen wegen allseitiger Verwachsungen mit dem Thorax nicht möglich war. Ein in die linke Lunge geführter Vertikalschnitt traf gerade in die Längsaxe der grossen Caverne und bestätigte die intra vitam gestellte Diagnose.

Die Caverne mass 12,5 cm im längsten, 8,0 cm im Tiefendurchmesser und hatte in der Breite einen grössten Durchmesser von 3,5 cm.

Ihr Lumen war von mehreren fibrösen Strängen von verschiedener Stärke durchzogen.

In Bezug auf die Stellung der Durchmesser der Caverne zu denen des Thorax ist zu erwähnen, dass der längste Durchmesser fast genau vertical stand und der Tiefendurchmesser einer Sagittalebene entsprach.

Ob und in wieweit die erwähnten fibrösen Stränge, welche bei der allseitigen festen Verwachsung der Lungen mit dem Thorax eines gewissen Grades von Spannung auch nach Oeffnung der Caverne nicht entbehrten, durch ihr Mitschwingen zu der Entstehung des ganz ausgezeichneten Metallklanges beigetragen haben, dürfte nicht leicht zu entscheiden sein.

Ein von der Caverne genommener Gypsausguss veranschaulichte sehr hübsch ihre eigenthümliche flache Gestaltung bei im Uebringen bedeutenden Dimensionen, sowie auch den Verlauf der Stränge.

III. Fall.

Heinlein Margaretha, 15 Jahre alt, Dienstmädchen von Himmelstadt. Ihre Eltern sowie ein Bruder leben und sind gesund. Mit 7 Jahren hatte Patientin die Masern, mit 10 Jahren die Gesichtsrose. Seit 3 Monaten leidet sie an Stechen in der linken Brustseite, Husten, leichten Nachtschweissen und Schlaflosigkeit. Seit vier Wochen bettlägerig.

Die Menses sind noch nicht aufgetreten.

Stuhlgang und Diurese normal. Viel Husten und Auswurf. Appetit und Schlaf schlecht ; manchmal Herzklopfen.

Sehr schlecht entwickeltes, abgemagertes Mädchen, Thorax flach, Intercostalräume eingesunken, Submaxillar-, Cervical und Inquinaldrüsen geschwollen. Haut über den Drüsen verschieblich.

Perkussionsschall an der linken Spitze kürzer als rechts, gedämpft tympanitisch. Unter der linken Clavicula bruit de pot fêlé, Wintrich’scher und Gerhardt’scher Schallwechsel. Hinten links von oben bis fast zum Angulus scapulae gedämpfter Schall. Linke Spitze hinten Bronchialathmen und feuchte Rasselgeräusche. Im unteren Theile Vesiculärathmen.

An der rechten Spitze hinten Bronchialathmen, einzelne Rasselgeräusche, unten verschärftes Vesicuculärathmen. Vorne rechts unter Clavicula voller Lungenschall. Unter der linken Clavicula lautes Bronchialathmen (amphorisch), gross- und mittelblasige klingende Rasselgeräusche, Stäbchenplessimeterpercussion ergibt Metallklang an dieser Stelle.

Sputum reichlich, geballt enthält Tuberkelbacillen. Herzdämpfung an normaler Stelle.

Diagnose. Lungenphthise, Caverne in der linken Lunge.


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IV. Fall.

Fenn, Louise, Dienstmädchen von Wipfeld, 24 Jahre alt. Vater und 2 Geschwister der Patientin leben und sind gesund. Die Mutter ist im 65. Jahre an Phthise gestorben. Im 10. Jahre hatte Patientin die Masern. Seit ihrem 6. Jahre schon leidet sie an Husten, der sich allmählich verschlimmerte. Im 17. Jahre Lungenentzündung, 12tägiger Spitalaufenthalt.

Seit 2 Jahren Stechen auf der Brust, Athemnoth, vermehrter Husten und Auswurf, anfangs ohne Blut. Nachtschweisse, Mattigkeit, Brechreiz bei starkem Husten, manchmal Erbrechen.

Seit dem Frühjahr 1887, wo ein starker Bluthustenanfall auftrat, war Patientin 3 mal längere Zeit in Behandlung des Spitals und einmal zu Hause 3 Wochen bettlägerig. Wegen Verschlimmerung ihres Zustandes Wiedereintritt in das Juliusspital am 18. Juni 1888.


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Status.

Schlaffe Muskulatur, Panniculus geschwunden. Haut trocken, schilfernd. Links am Halse eine Fistelöffnung von vereiterten Lymphdrüsen. Kein Oedem. Percussionsschall über beiden Spitzen gedämpft, rechts mit lautem tympanitischen Beiklang im II. Intercostalraum rechts bei Stäbchenplessimeterpercussion Metallklang, bruit de pot fêlé, Wintrich’scher, Gerhardt’scher und Friedreich’scher Schallwechsel. Rechts hinten bis unter die Spina scapulae Dämpfung des Percussionsschalles.

Ueber dem ganzen rechten Oberlappen lautes Bronchialathmen mit amphorischem Beiklang, zahlreiche lautklingende Rasselgeräusche.

Auch über der linken Spitze Bronchialathmen mit einzelnen klingenden Rasselgeräuschen. Das Sputum, eitrig geballt, luftleer, enthält Tuberkelbacillen und viele elastische Fasern.

Bei vielem Husten ist die Expectoration gering.

Häufiges Herzklopfen, Stuhlgang retardirt, Appetit und Schlaf schlecht. Starker Nachtschweiss. Die Milz ist vergrössert. Herzdämpfung normal.

Diagnose Phthisis pulmonum. Caverna dextra permagna Caverna minor sinistra.

Therapie Kreosot, Sulfonal.

Im Anschlusse an die mitgetheilten Krankengeschichten einiger im vorgeschrittenen Stadium der Phthise befindlichen Individuen, welche der Untersuchung mittelst der Stäbchenplessimeterpercussion die Erscheinung des Mettalklanges darboten, sei es gestattet, über die Ergebnisse einer Reihe von Versuchen zu referiren, die sich die Ermittelung derjenigen Momente zur Aufgabe gestellt hatten, welche das Zustandekommen des erwähnten Phänomens bei Ausübung der Stäbchenplessimeterpercussion bedingen.

Neben der Grösse des Schallraumes, der Configuration seiner Wandungen u. A. m. waren als von Wichtigkeit für die Entstehung des Metallklanges namentlich auch die Spannungsverhältnisse der Wandungen und die physikalischen Eigenschaften der umgebenden Medien in’s Auge gefasst.

Ausgehend von den Ergebnissen der Stäbchenplessimeterpercussion an dem einfachsten Versuchsobject, der unter abgestuften Raum- und Spannungsgrössen in Schwingung versetzten thierischen Membran, übertrug der Untersuchende die dabei gewonnenen Resultate als grundlegend auf die späteren, complicirter sich gestaltenden Experimente.

Sein Bestreben ging dahin, unter Festhaltung der jeweils als die Entstehung des Metallklanges bedingend erkannten Einzelheiten allmählig Verhältnisse zu schaffen, welche den bei Cavernen am Lebenden gefundenen möglichst nahe kommen sollten, um auf diesem synthetischen Wege zunächst die Bedeutung der einzelnen Momente, dann ihr Zusammenwirken zu studieren. Was zunächst die Untersuchungen an der thierischen Membran allein betrifft, so wurden dieselben in folgender Weise vorgenommen:

Einer mässig grossen Schweinsblase wurden an einer Seite ein Kautschuckgebläse, an der anderen ein Quecksilbermanometer luftdicht angefügt.

Durch Auftreiben der Blase mit dem Gebläse war es möglich, den Luftdruck im Blaseninnern und damit die Spannung der Wandungen beliebig zu vergrössern und zugleich den jedesmaligen Druck am Manometer zu controliren.

Um Fehler zu vermeiden, musste selbstverständlich der Stand der letzteren bei aufgesetztem Stethoskop abgelesen werden.

Der Versuch ergab bei Anwendung der Stäbchenplessimeterpercussion Metallklang unter sehr verschiedenen Druckhöhen (von 3 – 36 mm Hg), doch war es unverkennbar, dass die gesuchte Schallerscheinung am reinsten und deutlichsten bei mässiger Spannung (5 – 9 mm Hg) zu Gehör kam.

Eine Steigerung des Druckes über 36 mm Hg machte den Metallklang undeutlich bis zum Verschwinden, ebenso weniger war derselbe bei ganz minimaler Spannung (1 – 2 mm Hg) zu erkennen. Nachdem so die maximalen und minimalen Druckgrössen, die noch die Entstehung des Metallklanges erlaubten, festgestellt waren, ging man an die Prüfung des Einflusses der Grösse des Schallraumes, resp. seines längsten Durchmessers.

Wintrich stellte als Vorbedingung für das Zustandekommen des Metallklanges das Vorhandensein eines Schallraumes auf, dessen längster Durchmesser nicht unter 6 cm betragen dürfe.

Mittelst der Stäbchenplessimeterpercussion gelang es dem Experimentirenden, schon an Schallräumen von beträchtlich geringerem längsten Durchmesser (bis zu 4 cm herab) deutliches metallisches Nachklingen hervorzurufen, was für die praktische Verwendbarkeit des Heubner-schen Verfahrens zur Diagnose von Cavernen, die bei geringer Grösse sonst günstige Verhältnisse darbieten, zu sprechen schien.

Um beliebige Verkleinerungen der den Schallraum bildenden Blase zu erzielen, wurden gewisse Theile der noch schlaffen Wandung angeschnürt, andere mittelst einer darüber zusammengekniffenen Bleirinne an der Entfaltung gehindert.

An derartig verkleinerten Thierblasen gelang es nur, mittelst der Stäbchenplessimeterpercussion Metallklang zu erzeugen, wenn ihr längster Durchmesser nicht auf weniger als 6,5 cm reducirt war.

Die Annahme, dass die nothwendigerweise sehr unregelmässig gewordene Gestaltung der Wandungen daran Schuld tragen möchte, erscheint gerechtfertigt, wenn wir uns erinnern, dass oben die Production des Metallklanges schon bei einer Luftsäule von nur 4 cm geglückt war unter Anwendung eines sehr dünnwandigen Glascylinderchens.

Die nothwendige Grösse des Schallraums und der Spannung war so constatirt. Es galt nun, um die Einwirkung der Bedeckung der „Caverne“ mit Lungengewebe auf die Schallqualität zu cruiren, dieselben Verhältnisse im Innern einer Lunge herzustellen.

Zu diesem Zwecke wurde zunächst im Innern einer Ochsenlunge eine Höhlung geschaffen, gross genug, um eine bis zum Längedurchmesser von 6,5 cm, Querdurchmesser ca. 4 cm verkleinerte, unter 5 mm Hg Druck aufgetriebene Thierblase aufzunehmen.

Um den Hohlraum durch wechselnd mächtige Bedeckungsschichten percutiren zu können, war an einer Seite des Lappens das Lungengewebe bis auf die Pleura abpräparirt, an einer anderen eine ½ cm dicke Schicht stehen gelassen, an einer dritten blieb eine Ueberkleidung der Caverne von 2 cm Dicke. Noch bedeutendere Lagen von natürlich relaxirtem Lungengewebe bedeckten die übrigen Seiten.

Nachdem man sich von dem Einpassen der Blase in ihre Umgebung überzeugt hatte, wurde die Oeffnung durch Nähte geschlossen.

Bei Stäbchenplessimeterpercussion der Blase an der nur von der Pleura bekleideten Stelle ergab sich nun, wie vorauszusehen war, noch deutlicher Metallklang.

Sehr viel schwächer und weniger ausgesprochen kam er an der zweiten, mit ½ cm dicker Lungenschcht bekleideten Stelle zur Wahrnehmung.

An den übrigen Seiten war bei stärkerer so wenig wie bei schwacher Stäbchenplessimeterpercussion ein positives Resultat zu erzielen. Verschiedene Versuche, durch Erhöhung oder Verminderung der Spannung bessere Ergebnisse zu bewirken, hatten keinen Erfolg.

Es erübrigte somit nur noch, festzustellen, eine wie grosse Dicke der überdeckenden Schicht relaxirten Lungengewebes bei der gegebenen Raumgrösse und der ursprünglichen Spannung von 5 mm Hg. eben noch die Vernehmung des Metallklanges gestatte.

Durch schichtweises Abtragen einer dicken Wandung und stets knapperes Einnähen der Blase wurde gefunden, dass bei einer Dicke der Wandung von 8 mm Metallklang gerade noch gehört werden könne.

Schliesslich handelte es sich noch darum, herauszufinden, ob unbeschadet die Erscheinung des Metallklanges ein grösserer Schallraum auch eine mächtigere Einhüllung in relaxirtes Lungengewebe vertrage. Die Versuche, zunächst mit einem Raum von 10 cm Länge- und ca. 6 cm Tiefendurchmesser zeigten, dass der Metallklang hier noch bei einer Wandstärke von 1 cm gehört werden könne. Fernere Versuche mit Schallräumen von 12, 15 und mehr Centimeter ergaben bei entsprechend verdickter Wandbekleidung ähnliche Verhältnisse. Doch stellte es sich heraus, dass mit der vermehrten Grösse des Schallraumes die darüber lagernde Schicht Lungengewebes nicht gerade proportional verdickt werden dürfe, so z. B. gab eine Caverne von 15 cm längstem Durchmesser bei 1,2 cm Bedeckung eben noch erkennbaren Metallklang.

Die nächste Gruppe von Versuchen war dazu bestimmt, zu ermitteln, ob und in welcher Weise der in einem Schallraum von bekannter Grösse und Wandspannung hervorgerufene Metallklang beim Durchtritt durch geblähtes Lungengewebe alterirt werde.

Zu diesem Behufe wurde zunächst eine auf den längsten Durchmesser von 8 cm gebrachte Blase in eine ihrer Grösse genau entsprechende Aushöhlung einer Ochsenlunge gebracht, an einer Seite von 1 cm, an einer anderen von ½ cm Lungendewebe bedeckt.

Die zum Auftreiben der Blase respective zum Ablesen des Manometerdrucks ihr eingefügten Glasröhren wurden durch Gegenöffnungen nach Aussen geleitet und die hervorgezogene Pleura rings herum fest daran gebunden. Die Oeffnung, durch welche die Blase eingebracht worden, wurde durch sorgfältige Naht geschlossen und die Nahtlinie mit einer Collodiumschicht gedichtet.

Nach Einfügung eines Gebläses in den Hauptbronchus wurde die Blase mit dem Manometer einerseits, mit einem Gebläse andererseits in Verbindung gesetzt.

Nachdem der Innendruck der Blase auf 5 mm Hg. gebracht war, wurden mittelst des Gebläses die umgebenden Lungenschichten in Blähungszustand versetzt. Dass letzterer auch bei regelmässig fortgesetzter Handhabung des Gebläses und trotz grosser, bei Dichtung der Lungenverletzungen angewandter Sorgfalt nie ein ganz constanter wurde, vielmehr bedeutende Schwankungen zeigte, konnte nicht als die Resultate des Experiments in Frage stellend angesehen werden, da gerade solche Verhältnisse auch beim normalen Athmunsakt anzutreffen sind.

Die Anwendung zunächst der einfachen Perucssion, dann der Stäbchenplessimeterpercussion zeigte nun, dass die Ueberkleidung der künstlichen Caverne mit Lungengewebe (von etwas über 1 cm Dicke), dessen Luftgehalt bei in langsamem Rhythmus fortgesetzter Anwendung des Gebläses dem physiologischen auch in seinen Schwankungen nahegekommen sein dürfte, wohl im Stande war, zeitweilig den tympanitischen Grundton, nicht aber die metallischen Obertöne dem Gehör vorzuenthalten.

Da jedoch sämmtliche vorangeführten Versuche insoferne nicht ganz einwurfsfrei genannt werden konnten, als dabei im Inneren einer künstlich vorbereiteten Lungenexcavation eine für sich gespannte Membran percutirt wurde, so erschien es wünschenswerth, die Versuche an einem Hohlraum innerhalb einer Lunge zu wiederholen, gegen den ein solcher Einwand nicht erhoben werden konnte.

Es wurde deshalb mit dem Pacquelin’schen Thermokanter innerhalb einer geblähten Ochsenlunge eine Höhlung hergestellt, die an einer Seite bis nahe an die Pleura reichte, während die anstossende Wandung circa 1,5 cm. stark blieb. Die grösste Länge der Lungenexceration betrug ca. 6 cm. Eine vollkommen genaue Messung war bei der absichtlich so klein als möglich gelassenen Oeffnung, durch die der Brenner eingeführt wurde, nicht gut auszuführen. Die Percussion ergab tympanitischen Schall, doch war auch mit der Stäbchenplessimeterpercussion kein Metallklang hervorzurufen.

Da man das Ausbleiben der Erscheinung nicht allein der ungenügenden Grösse des Schallraumes, sondern mehr noch der allzu unregelmässigen Gestaltung seiner Wandungen zuschrieb, so wurde beim weiteren Ausbrennen der Höhlung neben der Erweiterung derselben im Längendurchmesser besonders auf die Glättung der Wände Bedacht genomen. So gelang es, bei einer Länge der Excavation von 8,5 cm und einer Breite und Tiefe von 5 respect. 4 cm deutlichen Metallklang zu erhalten, dessen Höhe je nach vollständiger oder theilweiser Bedeckung der freien Oeffnung mit einem Stückchen feuchter Lunge merklich differirte.

Aus diesen Versuchen, welche sämmtlich zur Controle mehrfach wiederholt wurden, scheint hervorzugehen, dass die Grösse eines Schallraumes, der nicht von ausserordentlicher Regelmässigkeit ist und glatte Wandungen hat, nicht unter 6,5 cm betragen darf, wenn wir an ihm noch unter Verhältnissen, wie sie am Lebenden vorkommen, Metallklang hervorrufen wollen.

Auch die Spannung der Wandungen ist ein sehr wesentlicher Factor dabei, die beiden zur Section gelangten, oben beschriebenen Fälle bestätigen das, denn in beiden war die Oberfläche der Lungenparthien, welche die Caverne bedeckten, mit dem Thorax allseitig fest verwachsen, wodurch sicher ein nicht geringer Grad von Spannung der Cavernenwände gesetzt wurde.

Ein weiterer Schluss wäre der, dass die metallischen Obertöne nicht verschwinden bei Bedeckung des Schallraumes mit einer mässig dicken Schicht lufthaltigen Lungengewebes.

Letzteres erscheint insoferne von geringem praktischen Interesse, als man in der Nachbarschaft von Cavernen wohl stets nur pathologisch veränderte, (infiltrirte, verkäste, geschrumpfte) Lungenpartien vorfinden wird.

Auf der Klinik von Herrn Professor Leube wurde in dem gegenwärtigen Sommersemester die Entdeckung gemacht, dass die Stäbchenplessimeterpercussion auch am Thorax von gesunden, wenigstens der Phthise durchaus nicht verdächtigen Individuen unter Umständen Metallklang hervorzurufen im Stande ist. Es erschien als eine willkommene Erweiterung der vorliegenden Arbeit, nach Untersuchungen einer grösseren Anzahl von solchen Personen mittelst der genannten Methode und Zusammenstellung der dabei gewonnenen Resultate eine Beurtheilung der Ursachen der Erscheinung und der Bedeutung der letzteren zu versuchen.

Die Untersuchungen erstreckten sich auf 40 Personen männlichen und ebensoviele weiblichen Geschlechts von ganz verschiedenem Alter (15 bis 70 Jahre.)

Es ergab sich sehr bald, dass, wenn die Stäbchenplessimeterpercussion direct auf einer Rippe ausgeführt, das Stethoskop dagegen in geringer Entfernung davon aufgesetzt wurde, Metallklang in zahlreichen Fällen auftrat, zumal wenn Percussion und Auscultation an ein und derselben Rippe vorgenommen wurde.

Bei Percussion in einem Intercostalraum wurde entweder kein oder nur schwacher Metallklang gehört.

Da sich weiterhin die zweite Rippe als besonders geeignet für die Erzielung eines positiven Resultates erwies, lag die Annahme nahe, dass der Grad ihrer Krümmung dabei eine Rolle spiele.

Von den 40 untersuchten Männern und Knaben zeigten 10 mehr oder weniger deutlichen Metallklang, fast stets bei Percussion der zweiten Rippe.

Derselbe trat um so ausgesprochener auf, je geringer die Bedeckung der Rippe mit Weichtheilen war und dann, wenn Stethoskop und Plessimeter in nicht zu grosser Entferung vom Sternum einander nahe aufgesetzt wurden.

Unter den männlichen Untersuchungsobjecten schienen besonders die älteren geeignet; von den zehn Männern, bei denen Metallklang gefunden wurde, waren sieben im Alter von 70, 60, 54, 52, 52, 49 und 48 Jahren.

Auch die Respirationsphasen waren nicht ohne Einfluss: fast durchgängig wurde der Metallklang bei Exspiration deutlicher, bei starker Inspiration dagegen undeutlich bis zum Verschwinden.

Eine Ausnahme hievon bestand jedoch bei einem Patienten, welcher bei Percussion der zweiten Rippe im Inspirium deutlicheren Metallklang darbot.

Umgekehrte Verhältnisse bestanden bei demselben bei Percussion der dritten Rippe, wo der Metallklang während der Exspirationsphase besser zu Gehör kam.

Die Ursache der angeführten Verhältnisse, respect. des Wechsels der Intensität des Klanges dürfte in der Verschiedenheit des Spannungsgrades der betreffenden Rippe zu suchen sein, in dem Sinne, dass derselbe bei der Mehrzahl der Untersuchten im Exspirium ein dem Zustandekommen der den Metallklang bedingenden Schwingungen günstiger war, dagegen durch starke Inspiration eine unvorteilhafte Veränderung erfuhr.

Noch auffallender gestalteten sich die Ergebnisse, bei den Versuchen an den 40 weiblichen Individuen, indem bei 28 derselben die Stäbchenplessimeterpercussion Metallklang produciren konnte.

Auch hier wurde die zweite Rippe als die geeignetste befunden, weniger Einfluss schien dabei der Veränderung des Thoraxinnendruckes zuzukommen, da die Deutlichkeit des Metallklanges bei beiden Respirationsphasen sich fast stets gleich blieb.

Da durch diese längere Versuchsreihe unzweifelhaft festgestellt wurde, dass die Stäbchenplessimeterpercussion auch bei vielen Personen Metallklang erzeugte, die weder Pneumothorax noch Caverne besassen, so scheint die Schlussfolgerung sicher berechtigt, dass die Bedeutung dieses diagnostischen Verfahrens dadurch nicht unerheblich eingeschränkt wurde.

Ein Irrthum ist für den minder Erfahrenen um so leichter möglich, als gerade an der Stelle der zweiten Rippe, also in den Oberlappen der Lungen, Cavernen erfahrungsgemäss am häufigsten sich bilden und darum hier auch am ehesten gesucht werden.

Jedenfalls dürfte ein positives Ergebniss der Stäbchenplessimeterpercussion in dieser Gegend nur dann zu diagnostischen Schlüssen berechtigen, wenn das der übrigen physikalischen Untersuchungsmethoden damit in Einklang zu bringen wäre.

Tympanitischer Percussionsschall, amphorisches Athmungsgeräusch, klingendes Rasseln und Schallwechsel nach Wintrich und Gerhardt würden hier vor Allem in Betracht kommen.

Selbstverständlich müsste auch hier, um das Mitschwingen der Rippen thunlichst zu vermeiden, die Stäbchenplessimeterpercussion an einem schmalen, in einen Intercostalraum eingesetzten Plessimeter ausgeführt werden.


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* Inaugural-Dissertation verfasst und der hohen Medicinischen Fakultät der KGL. Bayer. Julius-Maximilians-Universität Würzburg zur Erlangung der Doctorwürde in der Medicin, Chirurgie und Geburtshülfe vorgelegt von Emil Max Keller aus Washington. Würzburg. J. M. Richter’s Buchdruckerei. 1888. Referent: Herr Professor Dr. Leube.



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Prof. Dr. med. Tom Schaberg
Zentrum für Pneumologie, Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg gGmbH
Elise-Averdieck-Straße 17
27356 Rotenburg (Wümme)


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Abb. 1 Titelblatt.