Pneumologie 2017; 71(10): 625
DOI: 10.1055/s-0043-117922
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ist eine lungenprotektive Beatmung auch im OP sinnvoll?

Ladha K. et al.
Intraoperative protective mechanical ventilation and risk of postoperative respiratory complications: hospital based registry study.

BMJ 2015;
351: h3646
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Publication Date:
10 October 2017 (online)

 

    Eine lungenprotektive Beatmung, d. h. niedrige Tidalvolumina und Plateaudrücke, kombiniert mit einer PEEP-Anwendung, ist bei Intensivpatienten mit Lungenerkrankungen seit Langem allgemein akzeptiert. Allerdings gibt es wenige Informationen zu den Auswirkungen einer mechanischen Beatmung bei lungengesunden Patienten im operativen Umfeld. Hiermit befasst sich die Forschergruppe um Karin Ladha.


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    Sie kommen zu dem Ergebnis, dass eine intraoperative lungenprotektive Beatmung mit einem geringeren Risiko an postoperativen respiratorischen Komplikationen vergesellschaftet ist. Die Autoren des Massachusetts General Hospital (Boston, USA) stellen fest, dass für Patienten im OP mit einem PEEP von 5 cm H2O und einem Plateaudruck < 16 cm H2O offensichtlich andere Beatmungsparameter gelten als für Patienten mit „acute lung injury“ (ALI) auf Intensivstation.

    Die Autoren von der Abteilung für Anästhesie im Massachusetts General Hospital (Boston, USA) untersuchten 69 265 Patienten, die sich im Zeitraum von Januar 2007 bis August 2014 einer OP in Allgemeinanästhesie unterziehen mussten.

    Sie gingen der Frage nach, ob eine intraoperative lungenprotektive Beatmung mit einem geringeren Risiko an postoperativen pulmonalen Komplikationen verbunden ist, bzw. was lungenprotektive Beatmungsparameter sind.

    Als lungenprotektiv definierten sie zunächst

    • einen PEEP von 5 cm H2O,

    • ein Tidalvolumen von 10 ml/kg ideales Körpergewicht und

    • einen Plateaudruck < 30 cm H2O.

    Wenn innerhalb von 3 Tagen nach OP

    • eine Pneumonie,

    • ein Lungenödem,

    • ein Atemversagen oder

    • der Patient reintubiert werden musste,

    so galt dies als postoperative Komplikation.

    Die Hälfte der Patienten (34  800; 50,2 %) wurde lungenprotektiv beatmet. Bei diesen bestand eine geringere Wahrscheinlichkeit, Komplikationen zu erleiden (OR 0,90, p = 0,013).

    Die Verringerung von PEEP und Plateaudrücken konnte postoperative Komplikationen reduzieren (OR 0,91, p = 0,037 bzw. 0,66, p < 0,001). Hingegen vermochte die Reduktion des Tidalvolumens < 10 ml/kg nicht die pulmonalen Komplikationen zu vermindern (OR 0,94, p = 0,23). Dabei kristallisierte sich ein Plateaudruck von < 16 cm H2O als protektiv heraus, die respiratorischen Komplikationen waren abhängig von der Höhe des Druckes.

    Selbiges galt für den PEEP: Von den 3 Tertilen, welche die Forscher für die Regressionsanalyse bildeten, barg das Tertil mit 5 cm H2O PEEP das geringste Risiko.

    Das Tidalvolumen hatte auch nach Einbeziehen der Lungencompliance keinen Einfluss auf die Komplikationsrate. Jedoch beeinflusste auch unter Beachtung der Compliance der Plateaudruck die auftretenden Komplikationen.

    Mittels der lungenschonenden Ventilation konnte das Risiko, länger im Krankenhaus verbleiben zu müssen, reduziert werden (OR 0,94, p = 0,09), die 30-Tage-Krankenhausmortalität veränderte sich dadurch jedoch nicht (OR 0,98, p = 0,81).

    Fazit

    Eine intraoperative lungenschonende Beatmung hilft, postoperative respiratorische Komplikationen signifikant zu reduzieren. Die Forscher identifizierten als lungenprotektive Beatmungsparameter einen PEEP von 5 cm H2O und einen Plateaudruck von 16 cm H2O.

    Dr. med. Marc-Michael Ventzke, Ulm


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