Pädiatrie up2date 2017; 12(02): 187-210
DOI: 10.1055/s-0043-116032
Pädiatrische Notfälle
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Alpine pädiatrische Notfälle

Anna G. Brunello
,
Amedeo Trippel
,
Ivo Breitenmoser
,
Roland Albrecht
,
Herman Frima
,
Christoph Sommer
,
Christian Mann
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Dr. med. Anna Brunello
Kantonsspital Graubünden, Hauptstandort
Departement ANIR – Intensivmedizin
Loëstrasse 170
CH-7000 Chur

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. August 2017 (online)

 

Pädiatrische Notfälle sind im Allgemeinen selten, und die durchschnittliche praktische Erfahrung eines Notarztes ist dadurch in diesem Bereich limitiert. Im alpinen Gelände ist er neben rettungsspezifischen Aspekten auch noch mit meteorologisch-topografischen Gegebenheiten konfrontiert. So stellen verletzte Kinder im präklinischen Notarztalltag stets nicht nur medizinisch, sondern auch rettungstechnisch und besonders emotional anspruchsvolle Situationen dar.


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Abkürzungen

AAST: American Association for the Surgery of Trauma
ABCDE-Konzept: Sicherung und Wiederherstellen der Vitalfunktionen: A Airways B Breathing C Circulation D Disability E Exposure/Environment
AHA: American Heart Association
AMS: Acute Mountain Sickness
APSA: American Pediatric Surgical Association
ARS: Alpine Rettung Schweiz
ATOMAC: Arizona-Texas-Oklahoma-Memphis-Arkansas Consortium
BfU: Beratungsstelle für Unfallverhütung
ERC: European Resuscitation Council
FAST: Focused Assessment with Sonography for Trauma
GCS: Glasgow Coma Scale
HACE: High-Altitude cerebral Edema (Höhenhirnödem)
HAPE: High-Altitude pulmonary Edema (Höhenlungenödem)
HPF: High Power Field
KWRO: Kantonale Walliser Bergrettungsorganisation
NACA: National Advisory Committee for Aeronautics
Rega: Schweizerische Rettungsflugwacht
RSI: Rapid Sequence Induction
SAC: Schweizer Alpen Club
SI: Schockindex
SUVA: Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
TEN: Titanium elastic Nail
 

Zahlen und Fakten

Wie oft sind Kinder auf notärztliche Hilfe im alpinen Gelände angewiesen?

Allgemeine präklinische pädiatrische Notfälle machen ca. 2,3 – 11% [1] der Gesamtheit aller luft- und/oder bodengebundenen Einsätze in Europa aus. In alpinen Regionen werden ähnliche Zahlen (8,2 – 8,7%) beschrieben [2], [3].

Im Bereich einer Hubschrauberbasis in Österreich wurden in 18 Monaten über 1000 Kinder aus alpinem Gelände geborgen. Hier wurde das „alpine Gelände“ als topografische Region definiert, welche höher als 800 m über dem Meeresspiegel liegt. Im Jahr 2016 transportierte die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega 415 verletzte Kinder unter 16 Jahren aus den Gebirgsregionen, was 6,5% aller primär versorgten Patienten des gesamten Einsatzgebietes ausmachte.

Der größte Teil der alpinen Kindernotfälle ereignet sich in der Schweiz auf Skipisten: Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) zusammen mit den schweizerischen Seilbahnen berichtet von 13 906 Kindern bzw. Jugendlichen unter 16 Jahren, die während 5 Wintersaisonen (2011 – 2016) auf Nothilfe angewiesen waren [4]. Dies entspricht beinahe einem Drittel sämtlicher registrierter Notfalleinsätze auf Skipisten (inklusive Erwachsener). Die relative Häufigkeit der Wintersportunfälle ist allerdings stark abhängig vom Land, in dem das Ereignis passiert, und variiert zwischen 4% in den USA [5] und 26% in der Schweiz [6].

Merke

Kindernotfälle kommen in den Skigebieten schätzungsweise doppelt so häufig vor wie im Flachland.

Wenn der Begriff „alpines Gelände“ spezifischer betrachtet wird, d. h. wenn alle Pistennotfälle ausgeschlossen werden, dann schrumpfen die Zahlen beträchtlich: Der schweizerische Alpenclub registrierte in einer Zeitspanne von 12 Jahren (2004 – 2015) in der ganzen Schweiz lediglich 363 Bergunfälle im engeren Sinn bei Kindern unter 16 Jahren [7].

Merke

Bergnotfälle – ohne Skiunfälle – sind im Kindesalter sehr selten.


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Was geschieht bei alpinen Kindernotfällen?

Aktivität, Ereignisse und Altersgruppe

Sportliche Betätigungen in den Bergen sind in jedem Alter und in jeder Zeit des Jahres beliebt. Obwohl es ungewiss ist, wie viele Kinder bei welchen Aktivitäten in den Bergen unterwegs sind, darf vermutet werden, dass neben den Schneesportarten das Wandern die Lieblingsaktivität für Familien mit Kindern ist. In der beobachteten Zeitspanne wurden allerdings Kinder und Jugendliche in einem Alter von 11 – 16 Jahren auch bei Aktivitäten wie Gleitschirmfliegen, Eisklettern sowie Canyoning gerettet und sogar noch jüngere zwischen 6 und 10 Jahren auf Berghochtouren in Fels und Eis.

Auf den schweizerischen Pisten ereigneten sich die meisten registrierten Unfälle in der pädiatrischen Altersgruppe beim Skifahren/Carving (71,2%), weniger beim Snowboardfahren (28,8%). In Statistiken anderer Länder (z. B. Norwegen) erreichten Sportarten wie Schlittenfahren, Langlaufen und Schlittschuhlaufen in den offiziellen Statistiken hohe Prozentzahlen.

Wenn man die Zeit, welche die Kinder und Jugendlichen bei einer bestimmten sportlichen Aktivität verbringen, in Relation zur Häufigkeit der dort erworbenen Knochenfrakturen setzt, zeigt sich das Snowboarden als die risikoreichste Tätigkeit mit 1,9 Frakturen/10 000 Stunden Tätigkeit. Beim Skifahren sind es lediglich 0,6 und beim Fahrradfahren nur 0,25 Frakturen/10 000 Stunden Tätigkeit [8] ([Tab. 1], [Abb. 1]).

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Abb. 1 Kinderunfälle nach alpinen Tätigkeiten. Anzahl der Unfälle im Zeitraum von 12 Jahren bezogen auf spezifische Sportarten. Diverse = Klettersteig, Pilzsuchen, Eisklettern u. a. (Quelle: SAC-Unfallstatistik)
Merke

Snowboarden ist mit der höchsten aktivitätsspezifischen Frakturrate verbunden.

Tab. 1 Kinderunfälle nach allgemeinen Tätigkeiten (nach [8]).

Tätigkeit

Frakturrate¹

1 Frakturrate per 10 000 Stunden Aktivität.

Sommer

Reiten

0,31

Skateboard

0,61

Fußball

0,44

Fahrradfahren

0,25

Schwimmen

0

Spielplatz

0,42

Winter

Snowboard

1,9

Alpin Skifahren

0,64

Langlaufen

0,10

Schlitteln/Rodeln

0,39

Spielplatz

0,73

Je älter die Kinder sind, desto häufiger sind sie in den Bergen auf Nothilfe angewiesen. Hier ist das männliche Geschlecht nur wenig häufiger betroffen als das weibliche ([Tab. 2]).

Tab. 2 Kindernotfälle im Gebirge nach Alter und Ereignis (Quelle: SAC-Unfallstatistik).

Alter (Jahre)

0 – 5

6 – 10

11 – 16

total

n

%

n

%

n

%

n

%

* Anderes: Steinschlag (6), Kollision (6), Einklemmen/Erdrücken (4), Lawine (4), Gletscherspalte (1).

Anmerkung: Die SAC-Bergunfallstatistik schöpft Informationen aus den Einsatzdaten der Bergrettungsorganisationen rega und Alpine Rettung Schweiz (ARS) sowie der Kantonalen Walliser Bergrettungsorganisation KWRO. Der Begriff „Bergnotfall“ umfasst alle Vorkommnisse, bei denen Berggänger die Hilfe der Bergrettungsdienste beanspruchen, inklusive Erkrankungen und Evakuierung von unverletzten Personen.

Altersgruppe

8

2,2

55

15,1

300

82,6

363

100

Geschlecht männlich

4

50

35

63,6

193

64,3

232

63,9

Ereignis

Sturz/Absturz

3

37

17

30,9

128

42,6

148

40,7

Blockieren-Erschöpfung

2

25

12

21,8

73

24,3

87

23,9

Verirren

0

10

18,1

45

15

55

15,15

Erkrankung

1

12,5

8

14,5

27

9

36

9,91

Anderes**

2

25

8

14,5

27

9

37

10,1

Alle Arten von Stürzen (auch Stolperstürze und Abstürze aus größerer Höhe) machen annähernd die Hälfte aller Notfälle im Gebirge aus. Die Verteilung von Sturzereignissen ist in den Altersgruppen homogen. Steinschlag, Kollision, Einklemmen/Erdrücken sowie Lawinenunfälle wurden selten und nur bei älteren Kinder beobachtet. Spezifische Notfälle wie Schlangenbisse (5 Fälle in 12 Jahren), Stürze in Gletscherspalten oder Blitzunfälle (je 1 Ereignis in 10 Jahren) sind in der Schweiz Seltenheiten.

Merke

Das häufigste Ereignis in alpinem Gelände sind Stürze jeder Art.

Bemerkenswerterweise werden mehr als ein Drittel (38%) der pädiatrischen alpinen Notrufe wegen Blockierung, Erschöpfung und/oder Verirren ausgelöst. Unter Blockierung versteht man eine Situation, aus der sich der Alpinist aus eigener Kraft oder mit eigenen Mitteln nicht befreien kann (z. B. Seilverlust, Dunkelheit etc.). Die Zahl der Kindernotfälle im Gebirge nach Rettungsweg und NACA-Index zeigt [Tab. 3].

Tab. 3 Kindernotfälle im Gebirge nach Rettungsweg und NACA-Index (Quelle: SAC-Unfallstatistik).

Alter (Jahre)

0 – 5

6 – 10

11 – 16

total

(Siehe auch Anmerkung zu [Tab. 2].)

Abkürzung: NACA = National Advisory Committee for Aeronautics

Rettungsweg

bodengebunden

2

25

21

38,1

94

31,3

117

32,2

luftgebunden

6

75

34

61,81

206

68,66

246

67,7

Verletzungsschwere

NACA 0

2

25

21

38,1

114

38

137

37,74

NACA 1 – 3

1

12,5

26

47,2

143

60,3

170

46,83

NACA 4 – 6

5

71,5

7

12,7

38

12,6

50

13,77

NACA 7

0

1

1,8

5

1,6

6

1,65


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Die Sicht des Notarztes: Welche medizinischen Probleme muss der Notarzt erwarten?

Allgemeine alpine Notfälle (Bergnotfälle)

Verletzungen

Die meisten in den Bergen geretteten Kinder (46,8%) sind zwar nur leicht verletzt ([Tab. 4]), doch ist ein Großteil von ihnen auf eine stationäre Behandlung angewiesen (NACA 3). Gemäß der vorliegenden Literatur befindet sich nur ein kleiner Anteil (11,3 – 20,3%) aller geretteten Kinder in akuter Lebensgefahr (NACA IV – VI).

Merke

Somit sind die allerhäufigsten Herausforderungen für den alpinen Notarzt leichte bis mittelschwere traumatische Folgen von Stürzen oder Abstürzen.

Das Spektrum alpiner Kindernotfälle ist groß zwischen banalen Läsionen des Bewegungsapparates, Schnitt- und Riss-Quetsch-Wunden bis hin zu Wirbelsäulen-/Thoraxkontusionen sowie Frakturen und Schädel-Hirn-Verletzungen.


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Erkrankungen

Jedes 10. Kind, das organisierte Hilfe benötigt, befindet sich in einer Notlage aufgrund einer nicht traumatologischen Erkrankung. Der Notarzt muss deshalb immer auch an neu aufgetretene oder vorbestehende nicht traumatologische gesundheitliche Probleme denken. Diese könnten durch die alpine Umgebung oder spezifische Aktivitäten ausgelöst oder relevant verschlechtert sein.

Starke Temperaturschwankungen, Kälte verbunden mit geringer Luftfeuchtigkeit, Ermüdung, Angst, psychische und physische Belastung oder aber Überforderung sind z. B. mögliche Faktoren, welche eine Asthmaexazerbation, eine Diabetesentgleisung oder Krampfereignisse auslösen können. Hyperventilation und Panikattacken sind stets möglich und erschweren den Ablauf einer Rettungsaktion.

Merke

Der Notarzt muss also breit denken und sich altersspezifische Pathologien vor Augen halten.

Selbst eine banale Magen-Darm-Grippe kann im Kindesalter gravierend sein: Fast 50% der pädiatrischen Notfälle in Nationalparks der USA sind gastrointestinaler Ursache, und nur 15% betreffen Verletzungen [10].

Spezifika zu höhenassoziierten Erkrankungen sind in der Infobox zusammengefasst.

Prinzipien

Höhenkrankheiten im Kindesalter

Wenn ein Kind in den Bergen > 1500 m plötzlich erkrankt, muss immer auch an eine höhenassoziierte Krankheit gedacht werden. Risikofaktoren sind

  • vorbestehende grippale Symptome oder

  • chronische Erkrankungen, die mit einer pulmonalen Hypertension assoziiert sind, u. a.

    • Down-Syndrom,

    • Herzfehler,

    • obstruktive Schlafapnoe,

    • schwere Skoliose,

    • zystische Fibrose,

  • Adipositas.

Akute Höhenkrankheit

Eine AMS (= Acute Mountain Sickness) ist bei Kindern schwer zu diagnostizieren, weil die Symptome sehr unspezifisch sind: Appetitlosigkeit und Übelkeit, Schlafstörungen, Änderungen des Spielverhaltens, Aufgeregtheit und Weinerlichkeit können dafür Zeichen sein und müssen ernst genommen werden. Bessert sich der Zustand nach Ausruhen und Hydratation nicht, ist eine Rückkehr in tiefere Lagen die richtige Therapie.

Höhenlungenödem und Höhenhirnödem

Wenn respiratorische (Höhenlungenödem, High-Altitude Pulmonary Edema = HAPE) oder neurologische Symptome (Höhenhirnödem, High-Altitude Cerebral Edema = HACE) auftreten, ist der unverzügliche Abstieg neben Sauerstoffzufuhr lebensrettend.


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Spezifische alpine Notfälle (Pistenunfälle): Verletzungen

Während bei den jungen Skifahrern die häufigsten Verletzungen das Knie oder den distalen Unterschenkel betreffen, sind bei Snowboardern am häufigsten der Unterarm sowie auch der Oberschenkel verletzt. Präklinische Befunde der Extremitätenverletzungen decken sich gut mit klinischen Daten, abdominale Verletzungen hingegen werden möglicherweise präklinisch unterdiagnostiziert ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Lokalisation von Verletzungen bei Ski- (a) und Snowboardunfällen (b); Wintersaison in der Schweiz 2011/12 bis 2015/16. Prozentuale Darstellung der präklinischen Diagnosen (zusammengefasst: Prellung, Distorsion, Zerrung/Ruptur, Luxation, Fraktur, offene Wunden) (Quelle: BfU-Statistik der Verletztentransporte im Schneesport).

Die Inzidenz von abdominalen Verletzungen (vor allem Milzlazerationen) im Kindesalter ist beim Snowboarden mit 6,7% höher als beim Skifahren, wahrscheinlich bedingt durch Stürze auf die linke obere Extremität (bei der üblichen Bindungseinstellung mit dem linken Fuß vorne). In der Tat sind Frakturen oder Luxationen der oberen Extremitäten nach Snowboardstürzen häufig mit abdominalen und Beckenverletzungen assoziiert [11].

Cave

Große Aufmerksamkeit muss bereits präklinisch der Untersuchung des Abdomens und des Beckens geschenkt werden. Ein hoher klinischer Verdacht auf abdominale oder Beckenverletzungen sollte insbesondere bei „ablenkenden“ Begleitläsionen der oberen Extremitäten nach Snowboardstürzen bestehen.


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Wie viel Behandlung wird vor Ort durchgeführt?

Die häufigste Intervention vor Ort ist die Anlage eines periphervenösen Zugangs [3]. Sauerstoffzufuhr (15%) oder intratracheale Intubation (1,4%) sind selten indiziert. Reanimationen im Kindesalter oder die Einlage einer intraossären Nadel sind in alpinem Gelände äußerst seltene Interventionen (< 0,5%).

Die in Not geratenen Kinder im Alpenraum außerhalb der Skipisten werden in der Regel unabhängig vom Verletzungsgrad mit einem Rettungshelikopter geborgen und notärztlich behandelt. Der Einsatz von bodengebundenen Rettern kommt lediglich bei schlechtem Wetter oder eingeschränkten Sichtverhältnissen vor.

In Gegensatz dazu wird auf den Skipisten die Erste Hilfe primär durch den Pistenrettungsdienst geleistet. Vier Fünftel der versorgten Kinder werden in der Folge einer ärztlichen Behandlung zugewiesen. Entweder werden sie bodengebunden in eine nahe liegende Praxis oder in das geeignete Krankenhaus transportiert, oder es wird ein Helikopter mit Notarzt aufgeboten, wenn die Verletzungen oder die gesundheitliche Beeinträchtigung als schwer eingestuft werden bzw. eine relevante Schmerzproblematik besteht (16,2% aller Fälle, gemäß BfU).


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Erstversorgung

Allgemeine Grundsätze und Psychologie von Kindernotfällen

Kindernotfälle per se und dazu noch unter erschwerten Umweltbedingungen stellen besondere Anforderungen an das medizinische Team. Gemäß einer kürzlich erschienenen Umfrage sind Hauptgründe für Stress bei amerikanischen Paramedics bei der Behandlung von pädiatrischen Patienten vor allem psychologischer Art: Identifikation mit den Patienten, Unschuld des Kindes, weinende Kinder, Reaktion der Eltern [12]. Eine adäquate Vorbereitung und das Bewusstsein dieser zusätzlichen Faktoren können dem Notarzt helfen, rasche, professionelle Hilfe zu leisten.

Oft ist eine direkte, verbale Kommunikation altersbedingt nicht möglich. Von besonderer Bedeutung sind deshalb:

  • die Fremdanamnese möglichst unter Einbezug der Eltern,

  • die zielgerichtete körperliche Untersuchung (beachte indirekte pathologische Zeichen) sowie

  • gute Kenntnisse der kindlichen psychischen und physischen bzw. pathophysiologischen Besonderheiten.

Weil Kinder auch ohne Bewusstseinsverlust in der Klinik oft nur ungenügende Angaben über den Unfallhergang machen, ist die prähospitale Anamnese wichtig, vor allem dann, wenn keine Bezugspersonen auf den Transport mitgenommen werden können.

Verletzte Kinder sollten, wenn möglich, nicht von ihren Eltern oder engen Betreuungspersonen getrennt werden, um zusätzliche Stressbelastungen zu vermeiden. Der bewusste Einbezug in die Versorgung (z. B. provisorische Inline-Stabilisierung des Kopfes) ersetzt bei den Eltern oft ein blockierendes Gefühl der völligen Hilflosigkeit zugunsten einer zielgerichteten Mitarbeit.

Bei Rettungseinsätzen in alpinem Gelände sollen Diagnostik und Therapie auf das Wesentliche beschränkt bleiben. Vorbereitende Maßnahmen für die rasche Bergung beinhalten lediglich:

  • fokussierte Diagnostik (Bodycheck, Puls, Rekapillarisierungszeit),

  • Analgesie (intranasal oder intravenös) und

  • provisorische Frakturstabilisierung (SamSplint oder Vakuumschiene).

Bei lebensbedrohlichen Verletzungen hat selbstverständlich die Stabilisierung von A (Airways), B (Breathing) und C (Circulation) Vorrang, soll jedoch ebenfalls im Sinne des Prinzips „treat and run“ durchgeführt werden.

Diese Prinzipien werden wie beim Erwachsenen auch beim pädiatrischen Patienten angewendet.

Merke

Allgemeines Prinzip: „treat and run“.

Normalwerte bei Kindern

Die Normalwerte bei Kindern sind alters- oder gewichtsabhängig ([Tab. 4]). Von großem Vorteil sind deshalb Checklisten wie die Broselow-Skala, heutzutage auch App-basierte Hilfsmittel auf dem Smartphone, die für wenig Geld installiert und bereits auf dem Hinflug zum Ereignisort konsultiert werden können.

Tab. 4 Normwerte bei Kindern (adaptiert nach AHA [American Heart Association] Guidelines 2015, CPR & ECC, www.heart.org [13]).

Altersgruppe

Atemfrequenz

(pro Minute)

Herzfrequenz

(pro Minute)

systolischer Blutdruck

(mmHg)

Neugeborenes

100 – 205

67 – 84

Säugling 1 – 12 Monate

30 – 53

100 – 180

72 – 104

Kleinkind 1 – 2 Jahre

22 – 37

98 – 140

86 – 106

Vorschulalter 2 – 5 Jahre

20 – 28

80 – 120

89 – 112

Schulkind 6 – 12 Jahre

18 – 25

75 – 118

97 – 120

Jugendlicher 12 – 15 Jahre

12 – 20

60 – 100

110 – 131


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Gebräuchliche Notfallmedikamente

[Tab. 5] zeigt eine Übersicht der im Rega-Einsatz gebräuchlichen Medikamente.

Merke

Eine adäquate Analgesie ist zentraler Bestandteil der Therapie ([Tab. 5]).

Tab. 5 Bei der Rettungsflugwacht der Schweiz (Rega) verwendete Notfallmedikamente.

Medikament

Dosierung

(in Klammern: Handelsname)

Applikation i. v.

nasale Applikation

RSI = Rapid Sequence Induction

Adrenalin

1 – 10 µg/kgKG alle 3 – 5 min

Flumazenil (Anexate)

Beginn: 0,01 mg/kgKG, maximal 0,2 mg pro Dosis

Erhaltungsdosis: 0,01 mg/kgKG/h

0,01 mg/kgKG

Atropin

0,02 – 0,04 mg/kgKG

Amiodaron (Cordarone)

5 mg/kgKG

Tranexamsäure (Cyklokapron)

15 mg/kgKG, Kurzinfusion 10 min

Diazepam (Desitin)

5-mg-weise rektal

Midazolam (Dormicum)

0,1 – 0,3 mg/kgKG, maximal 6 mg pro Dosis

0,1 – 0,3 mg/kgKG/h

0,2 – 0,3 mg/kgKG

Etomidat (Etomidat-Lipuro)

0,3 mg/kgKG, maximale Dosis 20 mg

Fentanyl

< 1 Jahr: 1 – 2 µg/kgKG

1 – 12 Jahre 1 – 3 µg/kgKG

> 12 Jahre 0,5 – 1 µg/kgKG

1,5 µg/kgKG

Glukose 20%

0,5 g/kgKG (= 2,5 ml/kgKG)

Ketamin

0,5–1 mg/kgKG

2 mg/kgKG

Succinylcholin

< 1 Jahr: 2 – 3 mg/kgKG

> 1 Jahr: 1 – 2 mg/kgKG

Magnesium

0,1 – 0,2 mmol/kgKG

Morphin

< 1,5 kg Frühgeburt: 5 µg/kgKG/h

> 1,5 kg: 0,02 mg/kgKG/h

Naloxon

0,01 – 0,1 mg/kgKG

4 µg/kgKG/h

0,01 mg/kgKG; max. 0,8 mg

Noradrenalin

0,05 – 2 µg/kgKG

0,05 – 2 µg/kgKG/min

Ondansetron

0,1 mg/kgKG (maximal 4 mg)

nur wenn > 6 Monate

Rocuronium

RSI: 1 mg/kgKG

Methylprednisolon (Solu-Medrol)

2 – 4 mg/kgKG

Clemastin (Tavegyl)

0,05 mg/kgKG

Salbutamol-Dosier-Aerosol (Sultanol-Dosier-Aerosol [BRD], Ventolin-Dosier-Aerosol [CH])

2 – 8 Hübe in allen Altersstufen


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Diagnostik und Therapie bei Verletzungen im Kindesalter nach Primary Survey

Der Primary Survey (ABCD-Schema) erfasst lebensbedrohliche Zustände, die unverzüglich behandelt werden. Ein Secondary Survey wird nicht durchgeführt, ein wiederholtes Re-Assessment jedoch schon. Eine Zusammenstellung des European Resuscitation Council (ERC) für das Vorgehen beim Kind ohne Kreislauf ist dargestellt unter http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs100 49-015-0095-8.

A – Airway

Die Beurteilung der Atemwege und der Ventilation hat in jedem Fall oberste Priorität. Bekanntermaßen bestehen wesentliche Unterschiede zwischen dem Atemweg eines Kindes und dem eines Erwachsenen: Der Kehlkopf steht höher, die Zunge ist größer, die Epiglottis U-förmig. Wegen des großen Hinterkopfes wird ein Intubationskissen nicht unter dem Kopf, sondern unter den Schultern platziert. Die Maskenbeatmung ist im Vergleich erschwert.

Cave

Eine extreme Retroflexion des Kopfes behindert die Maskenbeatmung.

Erschwerend sind beim Kind gegenüber dem Erwachsenen auch der erhöhte Sauerstoffbedarf bei gleichzeitig geringerer funktioneller Residualkapazität und die Neigung zu Atelektasen (große closing capacity). Die Ventilation wird durch das häufige Überblähen des Magens durch die Maskenbeatmung noch zusätzlich erschwert.

Oropharyngeale Atemwege können die Maskenbeatmung erleichtern, dürfen aber nur beim tief sedierten oder komatösen Kind eingelegt werden (Gefahr des Laryngospasmus). Die kurze Trachea führt oft zur Intubation in den rechten Hauptbronchus. Ein Bronchospasmus kann mit Adrenalin i. v. 0,2 – 0,5 µg/kgKG behandelt werden.

Merke

Pädiatrische Patienten müssen mit alters- und gewichtsadaptierten Hilfsmitteln beatmet und intubiert werden.


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B – Breathing

B-Probleme imponieren meist als Tachypnoe oder in der Spätphase eines Atemversagens als Bradypnoe. Allgemeine Unruhe, blasses Hautkolorit und kühle Peripherie können aber ebenso indirekte Zeichen einer Ateminsuffizienz sein. Ab dem Alter von ca. 12 Jahren entspricht die normale Atemfrequenz derjenigen eines Erwachsenen. Rasche Auskunft über die Sauerstoffsättigung gibt ein bei jedem Rettungsdienst verfügbares mobiles Pulsoxymeter.

Merke

Kinder mit einem akuten A- oder B-Problem sind ohne Verzögerung oral zu intubieren.

Bei Kindern ohne Zähne benutzen wir dafür einen geraden Spatel Nr. 1 (Miller), sobald Zähne vorhanden sind, einen Macintosh-Spatel Nr. 2, bei größeren Kindern einen Macintosh-Spatel Nr. 3. Vermutlich werden in Zukunft auch bei Kindern vermehrt Videolaryngoskope zum Einsatz kommen.

Im Notfall benützen wir (bei Neugeborenen bereits ab einem Gewicht von 3 kg) tracheale Tuben mit Cuff (z. B. Microcuff) ([Tab. 6], [Tab. 7]). Ein Cuffmanometer ist obligat; nicht zuletzt beeinflusst die Flughöhe den Cuffdruck. Die Verwendung einer kontinuierlichen Kapnometrie zur endgültigen Bestätigung der korrekten Tubuslage ist eine Selbstverständlichkeit.

Tab. 6 Berechnung der Größe des trachealen Tubus.

Altersgruppe

Termingeburt bis 8 Monate

9 – 24 Monate

2 – 4 Jahre

4 – 6 Jahre

ID = Innendurchmesser

trachealer Tubus: Größe ID in mm (mit Cuff)

3,0

3,5

4,0

4,5

Rechnung ab 2 Jahren:

ID in mm = 3,5 + 1/4 × Alter in Jahren

Bei supraglottischen Atemwegsgeräten („Larynxmasken“) sollen Masken der 2. Generation verwendet werden, über die auch der Magen abgesaugt werden kann. Sie werden nach Gewicht ausgewählt. Es soll niemals gezögert werden, bei Schwierigkeiten während der Intubation zügig auf eine Larynxmaske zu wechseln.

Tab. 7 Berechnung der Länge des trachealen Tubus ab Zahnleiste.

Altersgruppe

3 Monate

1 Jahr

2 Jahre

> 2 Jahre

orale Tubuslänge

10 cm

11 cm

12 cm

12 cm + 1/2 Alter in Jahre

Der infraglottische Zugang ist mittels Punktionstechnik frühestens ab etwa 8 Jahren möglich. Die Indikation und Durchführung ist selten notwendig und erfordert Erfahrung. Unter 8 Jahren ist die offene Technik zu bevorzugen, diese bleibt jedoch zeitintensiv und technisch anspruchsvoll. Ein infraglottischer Zugang hat im Kindesalter eine hohe Misserfolgsrate und ist daher als Ultima Ratio anzusehen. Die meisten „schwierigen“ Maskenbeatmungen und Intubationen beruhen auf Unerfahrenheit in der Technik oder inadäquater Anästhesietiefe bzw. fehlender Muskelrelaxation.

Merke

Schwierigkeiten bei pädiatrischer Maskenbeatmung und Intubation sind meist nicht patienten-, sondern anwenderbedingt.

Auch bei einer Rapid Sequence Induction (RSI) werden Kinder sanft zwischenbeatmet.

Praxistipp

DOPES

Beatmungsschwierigkeiten nach Intubation bzw. Probleme am Tubus werden mit der Mnemonik „DOPES“ diagnostiziert:

  • D – Displacement (z. B. Tubus im rechten Hauptbronchus)

  • O – Obstruction (Sekrete, Blut, Trachealwand, Fremdkörper)

  • P – Pneumothorax

  • E – Equipment (Fehlfunktion des Materials)

  • S – Stomach (erhöhter abdominaler Druck oder Luft im Magen)


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C – Circulation

Massive Blutungen sind im Kindesalter glücklicherweise selten. Eine engmaschige Überwachung der Vitalparameter ist entscheidend, um frühzeitig reagieren zu können. Der Blutdruck ist ein schlechtes klinisches Zeichen der Hypovolämie bei Kindern und reagiert oft erst bei einem Blutverlust von über 20 – 30%. Eine Zunahme der Rekapillarisierungszeit auf über 3 Sekunden und ein Anstieg der Pulsfrequenz über die physiologische Obergrenze ([Tab. 4]) sind Warnzeichen für eine drohende Hypovolämie.

Ein Volumenmangel kann durch Erhöhung der Pulsfrequenz und periphere Vasokonstriktion für eine gewisse Zeit kompensiert werden. Wird in dieser Phase eine adäquate, intravenöse Volumengabe verpasst (1 – 2 × 20 ml Kristalloide/kgKG), kann ein Kreislaufkollaps rasch eintreten.

Praxistipp

Zugang


Die Anlage eines periphervenösen Zugangs kann oft schwierig sein und das Kind bei frustranen Punktionsversuchen zusätzlich traumatisieren. Lässt der Zustand einen Transport ohne etablierten Zugang als zu riskant erscheinen, bleibt die Möglichkeit der intraossären Infusion, z. B. EZ-IO-Set. Bei Kindern wird vorzugsweise an der proximalen Tibia punktiert, da dort die anatomischen Landmarken leicht zu tasten sind ([Abb. 3] und Lernvideo zur intraossären Nadeleinlage unter www.teleflex.com/en/usa/ezioeducation/videos/needle-selection.html). Weitere mögliche Punktionsorte sind distale Tibia, proximaler Humerus und distales Femur. Eine einfache Videoanleitung des Herstellers findet sich unter www.teleflex.com/en/usa/ezioeducation/videos/needle-selection.html.

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Abb. 3 EZ-IO intraossärer Bohrer. Quelle: mit freundlicher Genehmigung von Teleflex Incorporated, Wayne

Dosierung und Wirkungseintritt aller verwendeten Medikamente sind bei intraossärer Applikation identisch mit der i. v.-Applikation, allerdings ist der Widerstand beim Injizieren höher und die Infusion unter Druck möglicherweise schmerzhaft.

Therapie

Tranexamsäure bei Kindern

Auch bei Kindern wird der Einsatz von Tranexamsäure (Cyklokapron) bei schweren traumatischen Blutungen empfohlen. Die Evidenz dazu ist jedoch gering, und das Risiko thromboembolischer Ereignisse besteht. Das Royal College of Paediatrics and Child Health empfiehlt folgende Dosierung:

  • Initial 15 mg/kgKG (maximal 1 g) über 10 Minuten, danach 2 mg/kg/h mindestens während 8 Stunden oder bis die Blutung steht.

  • Bei > 12-Jährigen gelten die Dosierungen für Erwachsene [14].


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D – Disability (neurologische Beurteilung)

Die Glasgow Coma Scale (GCS) ist auch bei Kindern hilfreich zur Abschätzung, ob eine Funktionsstörung des Gehirns vorliegt und ob die Atemwege offen gehalten werden können. Die GCS wird auf das Alter des Kindes adaptiert ([Tab. 8]). Der Blutzucker wird bei bewusstseinsveränderten Kindern immer bestimmt.

Tab. 8 Altersadaptierte Glasgow Coma Scale.

Kind < 1 Jahr

Kind 1 – 4 Jahre

4 Jahre – Erwachsene

Augen öffnen

4

spontan

spontan

spontan

3

auf Anruf

auf Anruf

auf Anruf

2

auf Schmerzreiz

auf Schmerzreiz

auf Schmerzreiz

1

keine Reaktion

keine Reaktion

keine Reaktion

beste verbale Antwort

5

spontane Laute, plappert

orientiert, spricht, kommuniziert

wach, orientiert

4

spontanes Schreien, tröstbar

desorientiert, tröstbar

desorientiert

3

schreit andauernd auf Schmerz

unzusammenhängende Worte, untröstbar

unzusammenhängende Worte

2

stöhnt auf Schmerz

unverständlich, agitiert

stöhnt, unverständlich

1

keine Antwort

keine Antwort

keine Antwort

beste motorische Antwort

6

normal, spontane Bewegungen

normal, spontane Bewegungen

befolgt Befehle

5

Wegziehen auf Berührung

gezielte Abwehr

gezielte Abwehr

4

Wegziehen auf Schmerz

Wegziehen auf Schmerz

Wegziehen auf Schmerz

3

abnormale Flexion

abnormale Flexion

abnormale Flexion

2

abnormale Extension

abnormale Extension

abnormale Extension

1

keine Reaktion

keine Reaktion

keine Reaktion


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E – Exposure/Environment

Eine Entkleidung (Exposure) wird unter alpinen Bedingung sinnvollerweise nicht oder höchstens ganz lokalisiert durchgeführt, um einem Wärmeverlust vorzubeugen. Eine fokussierte, systematische Untersuchung (Bodycheck) kann praktisch ohne Informationsverlust auch durch die geschlossene Bekleidung und unter einer Wärmeschutzdecke durchgeführt werden.

Großes Gewicht kommt nach einem Trauma der Wärmeerhaltung zu. Wegen des im Vergleich zu Erwachsenen ungünstigeren Verhältnisses von Körperoberfläche zu Körpervolumen (ca. 2,5-fach) kühlen Kinder viel schneller aus. Insbesondere sollte man auf eine ausreichende Kopfbedeckung achten, da über den Kopf bis zu 30% des Wärmeverlusts erfolgt.

Merke

Kinder müssen vor einem Kälteverlust besonders geschützt werden.

Die negativen Folgen einer Hypothermie können eine Verlangsamung der Stoffwechselvorgänge (z. B. Blutzuckerverwertung), eine verminderte Gerinnbarkeit des Blutes, Bewusstseinsveränderungen bis hin zum kardiovaskulären Schock und eine erhöhte Infektrate sein. Pädiatrische Traumapatienten mit einer relativ geringen Hypothermie von lediglich 35 °C zeigten in einer amerikanischen Untersuchung eine fast 10-fach erhöhte Mortalität [16].

Die bequeme Lagerung auf einer anmodellierten Vakuummatratze und der Windschutz mit einer isolierenden Rettungsdecke können schon zu Beginn der Behandlung durchgeführt werden. Zusätzlich kommen im Verlauf Wärmebeutel, elektrisch beheizte Wärmedecken und Luftpolsterfolien zum Einsatz. Die Rega hat außerdem für die aktive Erwärmung im Helikopter einen Schlauchadapter zur Warmluftheizung aus der Kabinenheizung direkt in den Patientenbergesack entwickelt ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Effiziente Warmluftabgabe aus der Kabinenheizung direkt in den Bergesack.

Zur Prophylaxe von Wärmeverlust gehört – im Sinne des bereits besprochenen Prinzips „treat and run“ – die zügige Bergung mit anschließend rascher Verlegung in das geeignete Zielkrankenhaus. Bei Kindern < 20 kgKG verwenden wir zur Windenbergung entweder das Horizontalnetz ([Abb. 5]) oder zusammen mit der Vakuummatratze den Bergesack. Das Kind wird dabei mittig gelagert ([Abb. 6]).

Fazit

Abgesehen von diesen Erfordernissen der alpinen Umgebung, insbesondere zur Vermeidung der Hypothermie, unterscheidet sich die Therapie verunfallter Kinder wenig von derjenigen außerhalb der Bergregionen. Dank des Einsatzes moderner Rettungsmittel und des organisierten Zusammenspiels aller Beteiligten können Kinder auch in der sonst ungewohnten Umgebung rasch und professionell behandelt werden.

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Abb. 5 Lagerung des Patienten im Horizontalnetz (Aufnahme gestellt).
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Abb. 6 Lagerung des Patienten im Bergesack mittig (Aufnahme gestellt).

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Die Sicht des Traumatologen

Fallbeispiel 1

Der Unfall

Sina, 8-jährig, folgt bei einem Skiausflug ihrem Vater über eine Schanze. Dabei kommt es zu einem Sturz, bei dem sich die Bindung nicht öffnet. Aufgrund sehr starker Schmerzen im rechten Bein wird sofort die Pistenrettung alarmiert.

Hintergründe und Prävention

Wie oben erwähnt, ist der Anteil der verletzten Kinder oder Jugendlichen beim Skifahren oder Snowboardfahren besonders hoch. Entsprechend ist eine wirksame Prävention von Schneesportunfällen bei Kindern und Jugendlichen von großem Interesse. Nach Analyse der verschiedenen Risikofaktoren für Schneesportunfälle empfiehlt die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zusammen mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) verschiedene Maßnahmen, um Unfälle möglichst zu verhindern. Dazu zählen personen- sowie umfeldbezogene Vorkehrungen wie beispielsweise:

  • Aufwärmen, Einstimmen und Einfahren,

  • gutes fahrerisches Können und adäquates Wissen,

  • Tragen von Schutzausrüstung,

  • Einstellen/Überprüfen von Ski- und Snowboardmaterial durch Fachpersonen.

Eine adäquate Supervision durch die Eltern oder durch erwachsene Begleiter (Skilehrer) kann ebenfalls zu einer positiven Kontrolle des Risikoverhaltens führen.


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Schutzausrüstung

In Bezug auf die persönliche Schutzausrüstung erhebt die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Schweiz (BfU) deren Tragequoten und vergleicht diese mit der Entwicklung der Unfälle. Trotz starker Zunahme der Helmtragequote ([Abb. 7]) hat sich der relative Anteil der Kopfverletzungen im Gesamtkollektiv nicht wesentlich verändert ([Abb. 8]). Mehrere Metaanalysen sowie systematische Übersichtsarbeiten belegen allerdings die klare Evidenz des protektiven Wertes der persönlichen Schutzausrüstung in der Reduktion der Inzidenz und der Schwere der Unfälle.

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Abb. 7 Entwicklung der Helmtragequote auf Schweizer Pisten, 2002 – 2014 (Quelle: Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Schweiz, BfU).
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Abb. 8 Entwicklung der Verletzungslokalisationen an der oberen Körperhälfte beim Skifahren, 1984 – 2013 (Quelle: Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Schweiz, BfU).

Kommt es trotzdem zu einem Unfall, müssen sofort adäquate erste Maßnahmen getroffen werden, um mögliche Sekundärschäden zu verhindern und eine Schmerzsymptomatik lindern zu können. Die erste Maßnahme nach einem Unfall sollte die Sicherung der Unfallstelle sein, um Folgeunfälle zu vermeiden.

Cave

Bei vermuteten Frakturen oder Verletzungen der Unterschenkel oder Füße sollten zwar Schnallen geöffnet und die Ski- oder Snowboardschuhe gelockert, aber nicht entfernt werden.

Die Skischuhe bilden sowohl bei Frakturen wie auch bei Weichteilverletzungen eine gute Stabilisierung. Deren Entfernung ist zudem häufig sehr schmerzhaft und sollte daher erst im Krankenhaus durchgeführt werden. Extremitäten können mithilfe einer Schiene (z. B. Skistock oder Kinderski) ruhiggestellt werden. Offensichtliche Fehlstellungen sollten vor der Ruhigstellung unter Extension wieder in die korrekte Achse gebracht werden.

Fallbeispiel 1

Pistenrettung und Krankenhausaufnahme


Kommen wir zurück zu Sina. Nachdem die Pistenrettung vor Ort eingetroffen ist, wird das stark schmerzhafte Bein mit einer Schiene ruhiggestellt, und Sina wird ins nächstgelegene Spital transportiert.


Auf die Notfallstation wird ein kardiopulmonal stabiles Mädchen eingeliefert. Das rechte Bein ist verkürzt und außenrotiert. Die tympanale Temperatur beträgt 36,4 °C. Die konventionell-radiologische Aufnahme des rechten Beines ist in [Abb. 9] dargestellt.

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Abb. 9Fallbeispiel 1. Konventionelle Röntgenaufnahme des rechten Oberschenkels in der Notfallstation.

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Die häufigsten Unfälle

Dieser Abschnitt zeigt eine epidemiologische Übersichtsarbeit mit Daten aus dem internen Unfall- und Operationsregister der Klinik für Allgemein- und Unfallchirurgie des Kantonsspitals Graubünden (KSGR). Die Daten werden bei jedem verunfallten oder osteosynthetisch operierten Patienten anonym erhoben und in eine geschlossene elektronische Datenbank gespeichert.

Das Kantonsspital Graubünden in Chur, Zentrumsspital und Level-I-Trauma-Center der Südostschweiz, behandelt jährlich ca. 17 000 stationäre Patienten bei einem Einzugsgebiet, das ca. 200 000 Einwohner sowie 260 000 zusätzliche Gästebetten zählt (Kenndaten Gesundheitsamt Graubünden, Destinationsmonitor BAK BASEL Economics).

In den Jahren 2012 – 2015 wurden im KSGR 3853 Kinder und Jugendliche (bis 16 Jahre) aufgrund von Unfällen behandelt. Davon wurden 754 (19,6%) wintersportbezogene Unfälle registriert. Diese ereigneten sich hauptsächlich beim Ski- und Snowboardfahren auf der Piste, seltener aber auch auf Ski- oder Snowboardtouren sowie beim Freestyle-Fahren und Langlaufen. Diese Zahlen korrelieren mit den Beobachtungen von Joeris et al. [6], der ebenfalls eine Schweizer Kohorte untersuchte.

Unter den 754 Wintersportunfällen wurden 344 Frakturen diagnostiziert ([Abb. 10]). Die Frakturhäufigkeit von 45,6% liegt deutlich höher als in bisher publizierten Daten [17], wobei diese Daten aus Unfällen der gesamten pädiatrischen Population extrapoliert sind und somit auch andere Arten von Unfällen (Schule, zu Hause, Verkehrsunfälle, usw.) beinhalten. Unsere Zahlen zeigen somit, dass der Wintersport im Vergleich zu andern Sportarten und Aktivitäten ein deutlich höheres Frakturrisiko mit sich bringt. An dieser Stelle bleibt zu erwähnen, dass zu uns ins KSGR als Traumazentrum vermehrt sekundäre und tertiäre Verlegungen von Hausärzten und anderen Spitälern erfolgen und somit weniger Distorsionen und Kontusionen in der Statistik erfasst sind.

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Abb. 10 Prozentualer Anteil der Wintersportunfälle an allen Unfällen (links) und der Frakturen an allen Wintersportverletzungen (rechts).
Merke

Verletzen sich Kinder bei einem Wintersport, ist die Wahrscheinlichkeit einer Fraktur höher als bei anderen Sportarten.

In 131 Fällen wurde die Indikation zur osteosynthetischen Versorgung gestellt. In [Abb. 11] ist die Verteilung der Frakturlokalisation dargestellt.

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Abb. 11 Anzahl der osteosynthetisch versorgten Frakturen nach anatomischer Lokalisation im Kantonsspital Graubünden in den Jahren 2012 – 2015.

Auffallend ist vielleicht die niedrige Zahl von nur 5 operativ versorgten Tibiaschaftfrakturen. Dies erklärt sich aber aus der Tatsache, dass die meisten dieser Frakturen im Kindesalter erfolgreich konservativ in einem Gips behandelt werden können ([Abb. 12]).

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Abb. 12 Anzahl der konservativ behandelten Frakturen im Traumazentrum KSGR (Kantonsspital Graubünden) in den Jahren 2012 – 2015.
Merke

Die häufigste Frakturlokalisation bei Kindern im Wintersport ist der distale Radius, gefolgt vom Schaft der Tibia.


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Therapieziele

Grundsätzlich müssen bei der Frakturbehandlung bei Kindern und Jugendlichen stets die Therapieziele und die spezielle Knochenphysiologie im Wachstumsalter berücksichtigt werden. Folgende Therapieziele sollte man stets anstreben:

  • eine schnelle und adäquate Schmerzbehandlung,

  • eine rasche Wiederherstellung der Mobilität und

  • die Vermeidung von Spätschäden.

Berücksichtigt man die physiologische Besonderheit des wachsenden Skeletts, so ist zu erwähnen, dass grundsätzlich umso eher spontane Fehlstellungskorrekturen erfolgen, je jünger der Patient ist, sodass die konservative Frakturbehandlung mit oder ohne Anästhesie bei Kindern einen viel höheren Stellenwert als bei Erwachsenen einnimmt.

Fallbeispiel 1

Operative Versorgung und Verlauf


Aufgrund der deutlichen Dislokation dieser Femurschaftspiralfraktur wird bei Sina die Indikation zur operativen Versorgung mittels intramedullärer Nagelung (TEN) gestellt. Mit dem Vater wird neben anderem auch die Schwierigkeit der geschlossenen Rotationskontrolle bei dieser Spiralfraktur diskutiert und als alternative Möglichkeit die offene Reposition vorgeschlagen.


Intraoperativ kann nach der manuellen Frakturreposition über eine Stichinzision am medialen und lateralen Femurkondylus je ein 2,5-mm-TEN vorgeschoben und so die Fraktur stabilisiert werden.


Die postoperative radiologische Aufnahme ist in [Abb. 13] dargestellt. Die nicht vollständig anatomische Reposition stellt kein Problem dar, entscheidend sind korrekte Länge, Rotation und Achsen in beiden Ebenen.

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Abb. 13Fallbeispiel 1. Postoperative a.–p. konventionelle Röntgenaufnahme des rechten Oberschenkels. a Direkt postoperativ. b Nach 6 Wochen. c Nach 3 Monaten. d Nach 5 Monaten.

Sina kann am 4. postoperativen Tag entlassen werden. In den ambulanten Nachkontrollen nach 6 Wochen sowie nach 3 und 5 Monaten zeigt sich ein guter klinischer Verlauf mit zeitgerechter Frakturkonsolidation ([Abb. 13]), sodass man sich nach 5 Monaten entscheidet, das Osteosynthesematerial wieder zu entfernen.


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Therapiemethode

Bei der Auswahl der Therapiemethode gilt es, die Möglichkeit auszuwählen, welche das Minimum an Aufwand, physischer und psychischer Belastung und gleichzeitig das Maximum an funktionellem Ergebnis aufweist.

Merke

Die Mehrheit der Frakturbehandlungen bei Kindern ist konservativ.

Dazu gehört die primäre Ruhigstellung im Gips von undislozierten oder in einem tolerablen Ausmaß dislozierten Frakturen sowie die geschlossene Reposition und Ruhigstellung von erheblich dislozierten Frakturen im epi-, meta- und diaphysären Bereich.

Die Auswahl der Therapie der tolerabel dislozierten Frakturen ist alters- und lokalisationsabhängig. Je jünger die Kinder sind, umso eher ist zu erwarten, dass die Frakturheilung die bestehende Achsabweichung ohne kosmetische oder funktionelle Einschränkungen remodellieren wird. Leichte Fehlstellungen können mittels Gipskeilung postprimär korrigiert werden.

Praxis

Operationsindikationen bei Kindern

Zur operativen Domäne gehören Frakturen, die nach geschlossener Reposition eine nicht ausreichende Stabilität aufweisen wie z. B. völlig dislozierte meta- und diaphysäre Frakturen.

Bei längsstabilen Schaftfrakturen (Querfrakturen) kommen hauptsächlich intramedulläre Nägel (TEN) zum Einsatz, bei instabilen Schaftfrakturen (Schräg-, Keil- oder Mehrfragmentfrakturen) von langen Röhrenknochen werden eher Fixateurs externes eingesetzt.

Im Fall einer einfach zu reponierenden, aber schwierig zu retinierenden gelenknahen Fraktur (suprakondyläre Humerusfraktur, distale Radius- und Femurfugenschaftfraktur, proximale und distale Tibiafugenschaftfraktur) wird häufig eine perkutane Kirschner-Draht-Spickung ausgewählt.

Als deutlich invasivere Methode gelten die offene Reposition und die innere Fixation von dislozierten Gelenkfrakturen, von Luxationen mit ossären oder ligamentären Begleitverletzungen, Frakturen mit begleitenden Gefäß- oder Nervenschäden sowie offenen Frakturen 2. und 3. Grades.

Mit zunehmendem Alter kommen vermehrt Implantate zum Einsatz, die auch in der osteosynthetischen Versorgung von Erwachsenen genützt werden, wie Schrauben, Platten oder stabile intramedulläre Nägel.


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Die Sicht des pädiatrischen Intensivmediziners

Abdominalschmerzen nach Unfall

Fallbeispiel 2

Zusammenstoß beim Skifahren


Der 13-jährige Fabio stößt kurz nach 10:00 Uhr beim Skifahren mit seinem Bruder zusammen und stürzt. Sofort spürt er einen äußerst starken Schmerz im Bauch links und am Brustkorb links.


Um 10:22 Uhr geht der Alarm bei der Rettungsflugwache ein. Um 10:38 Uhr landet der Helikopter auf der Piste beim Patienten. Mit Spontanatmung bei freien Atemwegen, einer Sauerstoffsättigung von 96% (< 8 l O2 über eine Maske), einer Herzfrequenz von 80/min, „unauffälligem“ Radialispuls und einem GCS von 15 wird Fabio unter Analgesie mit Fentanyl 25 µg i. v. (0,5 µg/kgKG) auf einer Vakuummatratze in Linksseitenlage per Flug in die Notfallstation des Kantonsspitals transportiert.


In der zweiten strukturierten Überblicksuntersuchung (Secondary Survey) im Schockraum der Notfallstation werden eine deutliche Druckdolenz des linken Hemiabdomens, eine abdominale Abwehrspannung, ein blasses Hautkolorit sowie kalte Hände und Füße bei einer Herzfrequenz von 85/min und einem Blutdruck von 110/70 dokumentiert.


In der FAST-Sonografie zeigt sich freie intraabdominale Flüssigkeit. Folglich wird eine CT-Untersuchung des Abdomens durchgeführt, in der eine Milzlazeration Grad IV zur Darstellung kommt ([Abb. 14], [Tab. 10]).

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Abb. 14Fallbeispiel 2. CT des Abdomens. Milzlazeration Grad IV mit mehreren separierten, großen Fragmenten und Hilusbeteiligung (s. a. [Tab. 10]). Das kaudale Fragment erscheint hypoperfundiert. Hämatoperitoneum. Keine Rippenfrakturen. a Transversalschnitt. b Sagittalschnitt links paramedian. c Koronarer Schnitt.

Nach der Untersuchung ist Fabio kreislaufstabil mit einer Herzfrequenz im oberen Normbereich und normalem Blutdruck. Wegen dem Schweregrad der Milzverletzung wird er auf die Kinderintensivstation transferiert.

Im Kantonsspital Graubünden wurden im Zeitraum von Juli 2004 bis Juli 2016 53 Kinder mit einer Milzverletzung und 13 Kinder mit einer Leberverletzung nach stumpfem Abdominaltrauma behandelt. In über der Hälfte der Fälle ereignete sich der Unfall im Rahmen des Wintersports (Skifahren, Snowboardfahren, Schlittenfahren).

Ein stumpfes Bauch- oder auch Thoraxtrauma ist bei Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen seltener an äußeren Verletzungszeichen (Exkoriation, Hämatom) erkennbar. Die Gefahr einer Verletzung der Bauchorgane ist jedoch größer wegen der höheren Elastizität der Thorax- und Bauchwand und der relativen Größe der Organe beim Kind.

Im Fall von Rippenfrakturen hatten Kinder im Vergleich zu Erwachsenen häufiger eine Leber- oder Milzverletzung, einen begleitenden Hämato- oder Pneumothorax oder gleichzeitig ein Schädel-Hirn-Trauma. Rippenserienfrakturen sind im Kindesalter seltener als im Erwachsenenalter.

Merke

Bei stumpfer Gewalteinwirkung auf den Torso eines Kindes gilt: Bei entsprechendem Unfallmechanismus (Verkehrsunfall, Sturz aus mehr als 3 Metern Höhe, Fahrradsturz, Zusammenstoß beim Skifahren) ist eine Parenchymverletzung von Milz, Leber, Nieren (oder auch von Pankreas und Darm) anzunehmen und folglich zu beweisen oder auszuschließen.

Therapieziele sind

  • einerseits die Sicherung des Überlebens durch eine rechtzeitige Laparotomie im Fall einer lebensbedrohlichen Blutung und

  • andererseits die Erhaltung des verletzten Organs.

Die Versorgung pädiatrischer Patienten nach stumpfem Bauchtrauma sollte in einem Zentrum erfolgen, in dem die kontinuierliche Überwachung der hämodynamischen Stabilität und auch eine notfallmäßige Laparotomie möglich sind. Die Häufigkeit operativen Vorgehens liegt deutlich höher, wenn pädiatrische Patienten in nichtpädiatrischen unfallchirurgischen Einrichtungen versorgt werden.

Merke

Patienten nach stumpfem Bauchtrauma präsentieren sich in 3 Formen

  • hämodynamisch instabil,

  • hämodynamisch stabil mit abdominalen Schmerzen,

  • hämodynamisch stabil ohne abdominale Schmerzen.


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Hämodynamische Instabilität

Die hämodynamische Instabilität ist erkennbar an den in der Checkliste zusammengefassten Symptomen.

Checkliste

Symptome hämodynamischer Instabilität

  • Tachykardie

  • verlängerte Rekapillarisationszeit

  • Blässe

  • Hypotonie

Zur Erfassung hämodynamischer Instabilität ist ein altersadaptierter Schockindex hilfreich:

Schockindex SI = Herzfrequenz / (systolischer \;Blutdruck)

Dabei werden folgende Grenzen angewendet:

  • SI > 1,22 (4 – 6 Jahre),

  • SI > 1,0 (7 – 12 Jahre),

  • SI > 0,9 (13 – 16 Jahre).

Bei einer Leber- oder Milzverletzung nach stumpfem Bauchtrauma in der pädiatrischen Altersgruppe empfehlen aktuelle Guidelines als ein zusätzliches Element zur Überwachung der hämodynamischen Stabilität, d. h. zum Ausschluss einer anhaltenden Blutung, den Hämoglobinwert und/oder den Hämatokrit mit regelmäßig wiederholten Blutentnahmen zu monitorieren. Die Anzahl serieller Blutentnahmen kann man vermindern, indem man sie nur dann vornimmt, wenn hämodynamische Parameter auffällig werden.

Merke

Die hämodynamische Stabilität lässt sich nicht mit einem einzigen Parameter definieren [18].

Die Indikation zu sonografischen Verlaufskontrollen während des stationären Aufenthalts oder zu einer Wiederholung der CT-Untersuchung hängt vorrangig vom klinischen Befund des Patienten ab.

Fallbeispiel 2

Monitoring

Das Monitoring besteht in der kontinuierlichen Überwachung der Herzfrequenz, der Atemfrequenz und des EKG sowie in seriellen Kontrollen des Blutbildes. Die Herzfrequenz bleibt bis zum Morgen des Folgetages stabil zwischen 98/min und 80/min. Die Kontrollen des Hämoglobins erfolgen am 1. Tag in kürzeren Abständen, ab dem 2. Tag 24-stündlich ([Tab. 9]).

Es werden 2 Blutkonserven (250 – 300 ml) ausgekreuzt und zum Zwecke rascher Verfügbarkeit bereitgestellt. Während der ersten 12 Stunden wird das Infusionsvolumen auf den Erhaltungsbedarf begrenzt, um eine Verdünnung der Gerinnungsfaktoren zu vermeiden ([Tab. 9], letzte Zeile).

Tab. 9 Verlauf der Parameter zur Beurteilung der hämodynamischen Stabilität des Kasuistikpatienten. Angabe der Menge verabreichter kristalloider Infusionslösung s. letzte Zeile.

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Monitoring

Abstand zum Vorwert (Stunden)

2

3

16

24

24

24

24

Uhrzeit

11:29

13:47

16:47

08:39

08:22

09:26

07:47

08:39

Hämoglobin (g/l)

132

120

123

122

114

101

97

99

Herzfrequenz (1/min)

98

82

80

92

110

108

107

98

Blutdruck (mmHg)

117/70

110/54

110/60

116/60

120/60

115/70

120/70

100/75

Menge verabreichter kristalloider Infusionslösung

Infusion

kristalloide Lösung 12 ml/kgKG/h

kristalloide Lösung 15 ml/kgKG/h

Hämodynamisch instabiler Patient

Bei hämodynamisch instabilen Patienten gibt eine FAST-Sonografie Auskunft über das Vorhandensein und die Menge freier Flüssigkeit im Abdomen. Die Indikation zur Notfalloperation ist bei hämodynamisch instabilen Patienten bereits ohne CT-Untersuchung zu stellen. Die Indikation zum operativen Vorgehen ist spätestens dann gegeben, wenn die Substitution von 40 ml/kgKG kristalloider Lösung und/oder die Gabe von 20 ml/kgKG Erythrozytenkonzentrat nicht zur Stabilisierung geführt hat.

Eine peritoneale Abwehrspannung kann auf eine Darmperforation hinweisen und gibt ebenso Anlass, eine Laparotomie in Erwägung zu ziehen. Wenn die Bewusstseinslage beeinträchtigt ist, nimmt die Verlässlichkeit der Symptome Druckschmerz und Abwehrspannung allerdings deutlich ab.

In der pädiatrischen Altersgruppe ist ein operatives Vorgehen seltener notwendig als im Erwachsenenalter, da bei Kindern die Gefäße relativ kleiner sind und überdies ein höheres vasokonstriktives Potenzial haben.

Notfallmäßig durchgeführte chirurgische Eingriffe werden in den meisten Fällen in den ersten 4 Stunden nötig. In einer Studie an über 1800 Kindern mit Verletzung solider Organe betrug die mittlere Zeit bis zur Operation 2,4 Stunden [19]. Nach 24 Stunden ist das Risiko einer relevanten Blutung gering (0,33%). Die dann (noch) Betroffenen sind vorwiegend Jugendliche.

Merke

Die wichtigste Aufgabe im Management der Leber-, Milz- und Nierenverletzungen besteht im Erkennen einer lebensbedrohlichen Blutung in den ersten Stunden nach dem Unfall. Bei 93 – 97% aller Kinder ist nach stumpfen Leber- und/oder Milzverletzungen ein konservatives Vorgehen erfolgreich.


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Hämodynamisch stabiler Patient mit Schmerzen

Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Schmerzen oder mit Schürf- oder Prellmarken am Rumpf ist eine CT-Untersuchung des Abdomens und Beckens mit Kontrastmittel indiziert, um den Schweregrad der Organverletzung festzustellen und mit der Darstellung oder dem Fehlen eines Kontrastmittelaustritts eine anhaltende Blutung zu beweisen oder auszuschließen. Bei hämodynamisch instabilen Patienten darf allerdings die Diagnostik die Notfalllaparotomie nicht verzögern!

Eine negative FAST-Sonografie kann eine Organlazeration nicht mit Sicherheit ausschließen und rechtfertigt daher nicht den Verzicht auf eine CT-Untersuchung [20]. Eine CT-Untersuchung des Bauches und des Beckens ist auch dann indiziert, wenn mit großer Gewalteinwirkung beim Unfall gerechnet werden muss [18].


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Hämodynamisch stabiler Patient ohne Schmerzen

Bei hämodynamisch stabilen Patienten ohne Schmerzen können erst serielle klinische Untersuchungen ein relevantes Trauma der Abdominalorgane ausschließen. Die Indikation zu einer CT-Untersuchung bei hämodynamisch stabilen Patienten ergibt sich aus folgenden Befunden:

  • Abfallen der Hämoglobinwerte (oder einem primär niedrigen Hämatokrit von < 30%),

  • Hämaturie (> 50 Erythrozyten/HPF) oder

  • Anstieg der Transaminasenwerte auf > 200 IU/l [21].

In den letzten Jahren hat die Bedeutung einer CT-Untersuchung wegen einer neuen therapeutischen Möglichkeit zugenommen. Für Erwachsene stellt ein Kontrastmittelaustritt eine frühzeitige Indikation zur Coil-Embolisation einer arteriellen Blutung dar. Für Kinder kann trotz eines Kontrastmittelaustritts ein konservatives Vorgehen vorteilhaft sein. Mit einem Versagen des nichtoperativen beziehungsweise nichtinterventionellen Vorgehens muss allerdings in einem Drittel aller Fälle mit Kontrastmittelaustritt gerechnet werden [22].

Die American Pediatric Surgical Association (APSA) veröffentlichte 2004 Richtlinien zum Vorgehen bei stabilen pädiatrischen Patienten nach isolierter Milz- oder Leberverletzung ([Tab. 10]). Gemäß dieser Richtlinie ist eine Aufnahme auf die Intensivstation bei Grad-IV- und Grad-V-Verletzungen indiziert. Wenn außer der hämodynamischen Instabilität der Grad der Leberlazeration (z. B. > Grad III) als Kriterium für eine Aufnahme auf eine Intensivstation herangezogen wird, werden mehr als doppelt so viele Kinder auf die Intensivstation aufgenommen.

Tab. 10 Gradeinteilung für Leber- und Milzverletzung gemäß der American Association for the Surgery of Trauma (AAST).

Einteilung

Art der Verletzung

Definition

Grad I

Hämatom

Lazeration

subkapsulär, < 10% der Oberfläche

Kapseleinriss, < 1 cm in die Tiefe des Parenchyms

Grad II

Hämatom

Lazeration

subkapsulär, 10 – 50% der Oberfläche oder intraparenchymal mit < 5 cm Durchmesser

Kapseleinriss, 1 – 3 cm in die Tiefe des Parenchyms

Grad III

Hämatom

Lazeration

subkapsulär, > 50% der Oberfläche oder Vergrößerungstendenz, intraparenchymal mit > 5 cm Durchmesser oder Vergrößerungstendenz

Kapseleinriss, > 3 cm in die Tiefe des Parenchyms oder Riss einer Trabekelarterie

Grad IV

Lazeration

Einriss von segmentalen Gefäßen oder hilusnahen Gefäßen (> 25% der Milz devaskularisiert)

Grad V

Lazeration

komplette Zertrümmerung der Milz

Verletzung der Hilusgefäße mit Devaskularisierung der Milz

Gemäß der Richtlinie des ATOMAC (Arizona-Texas-Oklahoma-Memphis-Arkansas Consortium) [23] werden hämodynamisch stabile Kinder auf der Normalstation beobachtet, jene mit Bedarf an Volumenboli und eventuell Bluttransfusion werden auf der Intensivstation überwacht, und jene mit anhaltender Instabilität werden der Operation oder Embolisation zugewiesen ([Tab. 11]).

Merke

Da sich zeitlich verzögert Blutungen ereignen können, ist zum Zeitpunkt der Entlassung eine Aufklärung über Alarmsymptome unerlässlich [18].

Fallbeispiel 2

Traumatologisches Management

Im Secondary Survey bietet Fabio eine abdominale Abwehrspannung. Eine Laparotomie wird zwar in Erwägung gezogen. Da er hämodynamisch jedoch stabil ist, entscheiden wir uns für ein nichtoperatives Vorgehen. Absolute Bettruhe wird für 6 Tage verordnet ([Tab. 11]).


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Grundsätzliche Therapieempfehlungen

Tab. 11 Empfehlungen der American Pediatric Surgical Association (APSA) zu Aufenthaltsdauer und Sporteinschränkung nach Milz- und Leberverletzung je nach Schweregrad (dazu s. [Tab. 10])

Schweregrad der Verletzung

I

II

III

IV – V

1 Wiederaufnahme von Kontaktsportarten nach Maßgabe des behandelnden Kindertraumatologen.

Aufenthaltsdauer

Intensivstation

nein

nein

nein

1 Tag

Aufenthaltsdauer

Beobachtungsstation

2 Tage

3 Tage

4 Tage

5 Tage

Einschränkung der Aktivität1

3 Wochen

4 Wochen

5 Wochen

6 Wochen

Volumentherapie

In Anlehnung an Studien bei Erwachsenen wird bei Parenchymverletzungen intraabdominaler Organe eine Begrenzung des Volumens kristalloider Infusionen empfohlen, obgleich das Konzept der permissiven Hypotonie bei intraabdominellen Blutungen in der pädiatrischen Altersgruppe noch nicht validiert ist.


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Bettruhe

Bettruhe ist als Therapiemaßnahme bei der Milz- oder Leberlazeration üblich. Tendenziell wird in den letzten Jahren eine kürzere Dauer der Bettruhe befürwortet. Wenn der Hämoglobinwert als stabil nachgewiesen wurde, sei eine verkürzte Bettruhe von nur 24 Stunden hinreichend sicher [18].

Fallbeispiel 2

Komplikationen

Am Tag 1 nach dem Unfall entwickelt Fabio Symptome eines paralytischen Ileus mit ausgeprägter Übelkeit und Erbrechen. Deshalb wird zur Kontrolle eine Abdomensonografie durchgeführt, die eine deutlich verminderte Peristaltik bei unverändert wenig freier Flüssigkeit zeigt. Ab dem Tag 3 nach dem Unfall kommt die Darmmotilität wieder in Gang.

Die Schmerzen im Abdomen, im Thorax links und in der Schulter sind mit Paracetamol, Metamizol und Morphin gut kontrollierbar und im weiteren Verlauf rasch regredient. Die medikamentöse Therapie besteht überdies in der Gabe der Antiemetika Metoclopramid und Ondansetron sowie im Einsatz von Erythromycin als Prokinetikum.

Im Verlaufe des Tages 3 nach Unfall tritt eine respiratorische Partialinsuffizienz auf mit einem zusätzlichen Sauerstoffbedarf von FiO2 0,3, verabreicht über eine Subnasalsonde. Im Röntgenbild des Thorax zeigt sich ein Erguss links. Die Einmalpunktion liefert blutig-seröse Flüssigkeit.


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Komplikationsmanagement

Als Spätkomplikationen können Aneurysmen oder Pseudoaneurysmen auftreten, die in extrem seltenen Fällen rupturieren. Nach Leberlazerationen kann es zum Austritt von Galle und zur Bildung eines Bilioms kommen.

In der Literatur werden Nachkontrollen mit Sonografie oder CT nicht als Routine empfohlen, sondern lediglich als gezielte Maßnahmen bei Beschwerden. Eine Besonderheit stellen hilusnahe Leberverletzungen dar. Bei dieser Patientengruppe sind geplante Nachkontrollen indiziert, weil es zu Rupturen von Pseudoaneurysmen kommen kann.

Merke

Auf jeden Fall sollten klinische Nachkontrollen nach 2 und nach 8 Wochen durchgeführt werden [18].


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Sportverzicht

Die von der APSA (American Pediatric Surgical Association) empfohlene Dauer der Sportkarenz kann nach folgender Formel berechnet werden:

Sportverzicht = Verletzungsgrad + 2 (in Wochen)


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Fazit

  • Verletzungen intraabdominaler Organe kommen bei Kindern häufiger vor als bei Erwachsenen, sind jedoch an äußeren Verletzungszeichen schwerer erkennbar.

  • Die Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen ist am höchsten in den ersten Stunden nach dem Trauma.

  • Über 95% der Leber-, Milz- und Nierenverletzungen können konservativ behandelt werden.

  • Die Indikation zu einer Notfalllaparatomie kann bei einem hämodynamisch instabilen Kind bereits durch den Befund einer größeren Menge freier Flüssigkeit intraabdominal in der FAST-Sonografie gestellt werden.

  • Die definitive Eruierung des Schweregrades bzw. der sichere Ausschluss einer Milz-, Leber- oder Nierenverletzung erfolgt mittels Computertomografie.

Fallbeispiel 2

Abschließender Verlauf

Nach der Mobilisierung wird Fabio am Tag 10 nach Unfall aus dem Krankenhaus entlassen mit der Auflage, einen Sportverzicht von 12 Wochen einzuhalten. Laut Regel der APSA wären 6 – 7 Wochen (Verletzungsgrad + 2 in Wochen) als Minimum zu verordnen gewesen. Für Kontaktsportarten gilt allerdings eine längere Sportpause.

Wegen des Schweregrades der Milzverletzung wird eine sonografische Nachuntersuchung am Tag 10 durchgeführt. Darin zeigen sich der Milzoberpol und der Milzunterpol regelrecht durchblutet. Im mittleren Teil der Milz liegt noch die homogen hyperechogene Zone eines Hämatoms. Aneurysmen oder Pseudoaneurysmen der Milzgefäße sind nicht nachweisbar.


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Kernaussagen
  • Die für Kinder typischen Notsituationen im Gebirge unterscheiden sich von denen Erwachsener.

  • Beim Erkennen von Verletzungen hilft die Kenntnis charakteristischer Verletzungsmuster, z. B. beim Ski- oder Snowboardfahren.

  • Bei Kindern ist (im Vergleich zu Erwachsenen) die Gefahr größer, den Schweregrad der Verletzung zu unterschätzen.

  • Die Bergetechniken lassen sich rasch an das Alter anpassen.

  • Standarddosierungen nach Kilogramm Körpergewicht (kgKG) gewährleisten eine sichere Verabreichung der Notfallmedikamente.

  • Ein rascher Transport per Hubschrauber oder am Boden zielgerichtet in die nächstgelegene passende Klinik ermöglicht es, den pädiatrischen Patienten zeitnah in die entsprechenden Diagnose- und Therapiestraßen zu verbringen.

  • Mit regelmäßigem Training aller an der Rettungskette Beteiligten lässt sich ein gutes Outcome pädiatrischer Notfälle bei deutlich reduziertem Stress der Helfer erreichen.

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Anna Brunello, Chur.


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Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: Notfallmedizin up2date 2017; 12: 207–230.


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Über die Autoren

Anna Brunello

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Dr. med., Jahrgang 1973. 1993 – 1999 Studium der Humanmedizin an der Università degli Studi di Padova (I) und an der RWTH Aachen. 1999 – 2007 Facharztausbildung Anästhesie und Intensivmedizin an der technischen Universität München und Universität Bern. Notärztin SGNOR bei der Sanitätspolizei Bern und Rettungsflugwacht Rega. Buchautorin „Outdoor und Gebirgsmedizin“, SAC Verlag 2010. Seit 2008 als Kaderärztin in der interdisziplinären Intensivstation in Kantonsspital Graubünden tätig.

Amedeo Trippel

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Dr. med., Jahrgang 1987. 2007 – 2013 Studium der Humanmedizin an der Universität Bern. Seit 2014 in Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinchirurgie und Traumatologie am Kantonsspital Graubünden.

Herman Frima

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Dipl. Med., Jahrgang 1974. 1993 – 2001 Studium der Humanmedizin, Universität Utrecht, Niederlande. 2002 – 2004 Weiterbildung Tropenmedizin. 2004 Tropenarzt, Nkhoma Mission Hospital, Nkhoma, Malawi. 2005 – 2011 Chirurgische Weiterbildung, Universität Utrecht, Niederlande. 2011 Facharzt Allgemeinchirurgie. 2012 Unfallchirurg, NVT, Niederländischer Verein für Traumachirurgie. Seit 2014 Oberarzt Unfall-/Allgemeinchirurgie, Kantonsspital Graubünden, Chur.

Ivo Breitenmoser

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Dr. med., Jahrgang 1966. 1990 – 1996 Studium der Humanmedizin an der Université de Fribourg und Universität Bern. Facharzt Anästhesie FMH und Fähigkeitsausweis Notfallmedizin. Seit 2003 Oberarzt der Abt. Anästhesie im Kantonsspital Luzern. 2005 – 2006 Fellowship Flugmedizin Royal Adelaide Hospital Australia. Seit 2010 Stv. Chefarzt Schweizerische Rettungsflugwacht Rega.

Roland Albrecht

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Dr. med., Jahrgang 1963. 1982 – 1988 Studium der Humanmedizin an der Universität Basel, Promotion 1988. Facharzt FMH für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Fähigkeitsausweis Notfallmedizin. Seit Mai 2008 Chefarzt der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega und Kaderarzt Anästhesiologie/chirurgische Intensivstation im Kantonsspital St. Gallen.

Christoph Sommer

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Dr. med., Jahrgang 1959. Medizinstudium in Fribourg und Zürich (1979 – 1985). Weiterbildung Chirurgie in Rorschach, St. Gallen, Chur und Frimley (England). Fortbildung Unfallchirurgie in Chur und Zürich, USZ) mit Europäischem Fachexamen EBSQ Trauma 1999. Seit 2000 Leiter der Unfallchirurgie KSGR. Aktiver ATLS-Instruktor an 33 Kursen seit 1999. Vorstandsmitglied Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Chirurgie und Traumatologie (SGACT). Präsident der AO Trauma Schweiz seit 2009 – 2016, aktuell Past-President. Chairperson der AO Technischen Kommission (LEEG, Lower Extremity Expert Group).

Christian Mann

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Dr. univ. med., Jahrgang 1956. 1974 – 1982 Studium an den Medizinischen Fakultäten der Universitäten Wien und Innsbruck. 1982 Facharzt für Allgemeinmedizin. 1997 Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkte Pädiatrische Kardiologie, Pädiatrische Intensivmedizin und Neonatologie, Pädiatrische Notfallmedizin. 2007 Facharzt für Intensivmedizin. Seit 1/2005 Stellvertretender Chefarzt des Departements für Kinder- und Jugendmedizin am Kantonsspital Graubünden, Chur, Schweiz.

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

    • Literatur

    • 1 Helm M, Biehn G, Lampl L, Bernhard M. Pediatric emergency patients in the air rescue service: mission reality with special consideration to “invasive” measures. Anaesthesist 2010; 59: 896-903
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Anna Brunello
Kantonsspital Graubünden, Hauptstandort
Departement ANIR – Intensivmedizin
Loëstrasse 170
CH-7000 Chur

    • Literatur

    • 1 Helm M, Biehn G, Lampl L, Bernhard M. Pediatric emergency patients in the air rescue service: mission reality with special consideration to “invasive” measures. Anaesthesist 2010; 59: 896-903
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Abb. 1 Kinderunfälle nach alpinen Tätigkeiten. Anzahl der Unfälle im Zeitraum von 12 Jahren bezogen auf spezifische Sportarten. Diverse = Klettersteig, Pilzsuchen, Eisklettern u. a. (Quelle: SAC-Unfallstatistik)
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Abb. 2 Lokalisation von Verletzungen bei Ski- (a) und Snowboardunfällen (b); Wintersaison in der Schweiz 2011/12 bis 2015/16. Prozentuale Darstellung der präklinischen Diagnosen (zusammengefasst: Prellung, Distorsion, Zerrung/Ruptur, Luxation, Fraktur, offene Wunden) (Quelle: BfU-Statistik der Verletztentransporte im Schneesport).
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Abb. 3 EZ-IO intraossärer Bohrer. Quelle: mit freundlicher Genehmigung von Teleflex Incorporated, Wayne
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Abb. 4 Effiziente Warmluftabgabe aus der Kabinenheizung direkt in den Bergesack.
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Abb. 5 Lagerung des Patienten im Horizontalnetz (Aufnahme gestellt).
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Abb. 6 Lagerung des Patienten im Bergesack mittig (Aufnahme gestellt).
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Abb. 7 Entwicklung der Helmtragequote auf Schweizer Pisten, 2002 – 2014 (Quelle: Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Schweiz, BfU).
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Abb. 8 Entwicklung der Verletzungslokalisationen an der oberen Körperhälfte beim Skifahren, 1984 – 2013 (Quelle: Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Schweiz, BfU).
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Abb. 9Fallbeispiel 1. Konventionelle Röntgenaufnahme des rechten Oberschenkels in der Notfallstation.
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Abb. 10 Prozentualer Anteil der Wintersportunfälle an allen Unfällen (links) und der Frakturen an allen Wintersportverletzungen (rechts).
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Abb. 11 Anzahl der osteosynthetisch versorgten Frakturen nach anatomischer Lokalisation im Kantonsspital Graubünden in den Jahren 2012 – 2015.
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Abb. 12 Anzahl der konservativ behandelten Frakturen im Traumazentrum KSGR (Kantonsspital Graubünden) in den Jahren 2012 – 2015.
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Abb. 13Fallbeispiel 1. Postoperative a.–p. konventionelle Röntgenaufnahme des rechten Oberschenkels. a Direkt postoperativ. b Nach 6 Wochen. c Nach 3 Monaten. d Nach 5 Monaten.
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Abb. 14Fallbeispiel 2. CT des Abdomens. Milzlazeration Grad IV mit mehreren separierten, großen Fragmenten und Hilusbeteiligung (s. a. [Tab. 10]). Das kaudale Fragment erscheint hypoperfundiert. Hämatoperitoneum. Keine Rippenfrakturen. a Transversalschnitt. b Sagittalschnitt links paramedian. c Koronarer Schnitt.