Der Klinikarzt 2017; 46(05): 194
DOI: 10.1055/s-0043-110663
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Traumata, Sprachbarrieren, Infektionen und Bürokratie

Herausforderungen in der Migrationsmedizin
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Publication Date:
23 May 2017 (online)

 

    Seit dem Jahr 2015 sind über eine Million Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland gekommen. Aktuelle Auswertungen zeigen ein typisches internistisches Krankheitsspektrum. Ein überproportional großer Teil der Geflüchteten leidet an psychischen Problemen.


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    „Im Wesentlichen deckt sich das Krankheitsspektrum in den Aufnahmeeinrichtungen mit dem, das auch hierzulande für die Innere Medizin typisch ist“, sagt Prof. Dr. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM und Beauftragter für die Korporativen Mitglieder der Fachgesellschaft. In der Mehrzahl seien das Infektionskrankheiten, aber auch Krankheiten des Verdauungssystems, Haut- oder Kreislauferkrankungen. Dies habe eine Befragung unter DGIM-Mitgliedern Anfang 2016 ergeben. Eine aktuelle Studie der Charité-Universitätsmedizin Berlin in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut, die über 5300 Behandlungsfälle ausgewertet hat, kommt zu demselben Ergebnis. Die Sorge, dass mit den Migranten auch gefährliche exotische Krankheiten nach Deutschland kommen könnten, habe sich damit nicht bestätigt, sagt Priv.-Doz. Dr. Joachim Seybold, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Charité-Universitätsmedizin und Koordinator der Flüchtlingshilfe der Charité.

    Auffällig sei jedoch der hohe Anteil psychischer Störungen. In Berlin, hat die Charité daher eine sogenannte Clearing-Stelle für psychiatrische Erkrankungen eingerichtet. „Seit Februar 2016 wurden hier bereits über 3500 psychisch kranke oder traumatisierte Flüchtlinge behandelt“, sagt Seybold.

    Das Hauptproblem liege jedoch in bürokratischen Hindernissen bei der Behandlung. Flüchtlinge können während des Asylverfahrens kein reguläres Mitglied der Krankenversicherungen werden. „Viele Flüchtlinge kommen deshalb ohne Gesundheitskarte in die Praxis“, so DGIM-Experte Fölsch. Hier seien politische Lösungen gefragt - wie etwa in Bremen, wo Asylbewerber direkt nach der Registrierung eine solche Karte erhalten. Diesem Beispiel seien leider erst 5 weitere Bundesländer gefolgt.

    Quelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM).


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