Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2017; 24(03): 111
DOI: 10.1055/s-0043-109875
Journal-Club
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aufwendungen für Prävention vs. Kosten durch Erkrankungen

Prävention vor Auslandsreisen lohnt sich für Unternehmen wirtschaftlich
Stefan Eßer
1   Neu-Isenburg
,
Uwe Ricken
2   Bad Essen
› Author Affiliations
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Korrespondenz

Dr. med. Stefan Eßer, M.P.H.
International SOS
Hugenottenallee 167
63263 Neu-Isenburg

Publication History

Publication Date:
26 June 2017 (online)

 

Ob Prävention auch wirtschaftlich sinnvoll ist, wird immer wieder diskutiert.Die vorgestellte Studie untersuchte aufgrund von Literaturrecherchen und retrospektiven Unternehmensdaten, inwieweit Präventionsmaßnahmen von Unternehmen, die Mitarbeiter auf dienstliche Auslandsreisen entsenden, nicht nur medizinisch sinnvoll sondern auch wirtschaftlich lohnend sind.


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Die hier besprochene, in Deutschland 2016 in den Heften 3 bis 5 der ErgoMed/Zeitschrift für Praktische Arbeitsmedizin publizierte Studie wurde von dem belgischen Auftragsforschungsinstitut Prevent [[1]] im Auftrag der International SOS Foundation [[2]] zwischen 2012 und 2014 durchgeführt.

Insbesondere die Kosten und der Nutzen von 2 unterschiedlichen Typen von Präventionsprogrammen wurden im Rahmen analysiert. Zum einen wurde eine Eignungsuntersuchung durchgeführt, die auch Anteile der in Deutschland üblichen arbeitsmedizinischen Vorsorge für Auslandsaufenthalt unter besonderen klimatischen Belastungen und Infektionsgefährdungen (gemäß ArbMedVV Anlage 4 und G 35 DGUV) beinhaltete. Zum anderen wurde eine Malariapräventionsprogramm (Informationen, Moskitonetze, Repellents und Medikamente) durchgeführt.

Die Ergebnisse der Studie:

  • Bei circa 7 % der Auslandstätigkeiten kam es zu Evakuierungen und Repatriierungen, davon

    • 28 % aufgrund von Unfällen mit Verletzungen,

    • 14 % wegen Kreislauferkrankungen und

    • 14 % wegen Magen-Darm-Erkrankungen

  • 38 % der Reisenden waren gesundheitlich beeinträchtigt, 14 % davon waren arbeitsunfähig.

Außerdem wurden folgende wichtige Erkenntnisse gewonnen:

  • Erkrankungen treten bei Reisenden erheblich häufiger auf als bei nicht reisenden Mitarbeitern.

  • Eine besonders hohe Inzidenz von psychischen Erkrankungen fand sich aufgrund von psychischen Belastungen.

Kommentar

Die Studie bestätigt die Erkenntnisse aus anderen, internationalen Studien zu diesem Thema: Verkehrsunfälle gehören zu den häufigsten Gesundheitsrisiken bei beruflichen Auslandsreisen. Und: Eine umfangreiche reisemedizinische Beratung oder gegebenenfalls Schulung mit allen relevanten Aspekten ist wichtig.

Zu den relevanten Aspekten gehören Informationen über Risiken im Straßenverkehr, die Sicherheitslage am Einsatzort, Umweltbelastungen (z. B. Smog), Infektionsgefährdungen, klimatische Belastungen, der Schutz vor Insektenstichen und Parasiten, kulturelle Besonderheiten und viele andere Informationen. Der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Reisenden für die entsprechenden Destinationen wird in solchen Beratungen große Bedeutung beigemessen, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen und um erhebliche Kosten für Rückführungen und Misslingen von Auslandsprojekten zu vermeiden.

Die Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland nimmt jährlich zu, dies gilt für langzeitige und kurzzeitige Auslandseinsätze, internationale Pendler, als auch für häufig Reisende. Die Kosten für die Auslandseinsätze sind erheblich. Kostenintensiv sind aber auch Einsatzabbrüche, weil Mitarbeiter während des Einsatzes erkranken oder verunfallen. Die Kosten für einen abgebrochenen Auslandseinsatz werden unterschiedlich stark bewertet, sie liegen aber meist deutlich oberhalb von 50 000 US-Dollar und betragen ungefähr das 3- bis 5-fache des Jahresgehalts des betroffenen Mitarbeiters [[3]].

FAZIT

Ein „Return on Prevention“ von circa 1,34, wie bei der Malariaprophylaxe errechnet, bedeutet, dass letztlich durch jeden ausgegebenen Euro Kosten von 1,34 Euro vermieden werden. Eine Rendite von 34 %, als die man diesen Wert auch bezeichnen könnte, lässt fast jedes Unternehmen aufhorchen.

Bei fehlenden oder unzureichenden Präventionsprogrammen drohen oft vermeidbare Gesundheitsrisiken, die im Extremfall eine äußerst kostspielige Evakuierung oder Repatriierung und den Abbruch oder die Verzögerung des Auslandseinsatzes zur Folge haben können. Die möglichen Kosten müssen die Aufwendungen für die Prävention entgegengestellt werden. Der „Return on Investment“, oft wird hier auch vom „Return of Prevention“ gesprochen, wurde bei medizinischen Vorsorgeprogrammen auf 1 : 1,6 bis zu 1 : 2,53 geschätzt. Die speziellen Malariapräventionsprogramme zum Beispiel konnten Todesfälle um circa 70 % reduzieren.


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Dr. med. Stefan Eßer, M.P.H.
International SOS
Hugenottenallee 167
63263 Neu-Isenburg