Was sollte bei einer Behandlung mit Nintedanib bedacht werden?
Zentrales Ziel der Therapie der idiopathischen Lungenfibrose mit Nintedanib ist der Erhalt der Lungenfunktion und damit der Lebensqualität, verbunden mit der Fähigkeit der Patienten, ihren Alltag so lange wie möglich selbständig zu bewältigen. In Bezug auf die weiteren Grundsätze der Therapie der IPF verweisen wir auf die (inter-)nationalen Leitlinien [1 ]
[2 ]
[3 ].
1 Welche patientenbezogenen Aspekte sind bei Therapiebeginn mit Nintedanib relevant?
Ergebnisse von Subgruppenanalysen aus den zulassungsorientierten Studien von Nintedanib
Die klinischen Studien zu Nintedanib bei IPF schlossen ein breites Spektrum von nach Leitlinie diagnostizierten IPF-Patienten ein, einschließlich Patienten mit erhaltener/normaler FVC, HRCT-Befundmustern einer „möglichen UIP“ und begleitendem Emphysem. Patienten mit einer Ausgangs-FVC < 50 % des Sollwerts waren jedoch ausgeschlossen, sodass für diese Gruppe bislang keine Placebo-kontrollierten Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten vorliegen [15 ]
[22 ]. Der therapeutische Effekt von Nintedanib bei IPF erscheint in allen bislang untersuchten Subgruppen konsistent (präspezifizierte und post hoc-Analysen) [23 ]
[27 ].
Therapiestudien mit Nintedanib haben gezeigt, dass (1) der jährliche Abfall der FVC im Placebo-Arm in einem breiten Spektrum der Ausgangswerte (FVC ≥ 50 %; FVC ≥ 70 %; FVC ≥ 90 %) reproduzierbar bei ca. 200 ml liegt und dass (2) Nintedanib diese Progressionsrate in allen Fällen durchschnittlich um ca. 50 % reduziert [15 ]
[22 ]
[25 ]
[28 ]. Diese Befunde verdeutlichen, dass bei IPF-Patienten auch bei erhaltener FVC bereits ein IPF-typischer FVC-Verlust einsetzt, der durch Einsatz von Nintedanib effektiv halbiert werden kann (auf Populationsebene).
Subgruppenanalysen zur begleitenden Gabe von Bronchodilatatoren, Antazida, Corticosteroiden oder Statinen mit Nintedanib ergaben keine Anhaltspunkte für nachteilige Effekte solcher Kombinationen [23 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ].
Empfehlungen zum Therapiebeginn mit Nintedanib
Die Therapie mit Nintedanib ist in Europa von der EMA für alle Schweregrade der IPF zugelassen. Auf Basis der Erfahrungen der teilnehmenden Experten profitieren auch IPF-Patienten mit noch normaler Vitalkapazität von einer Behandlung mit Nintedanib hinsichtlich der Krankheitsprogression. Dies wird durch post hoc-Analysen aus den Zulassungsstudien unterstützt. Nach Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen der Therapie und unter Berücksichtigung der gültigen Leitlinie und individueller Faktoren empfehlen wir daher auch diesen Patienten mit IPF mehrheitlich eine antifibrotische Therapie.
Bei der Therapie mit Nintedanib sollten potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten berücksichtigt werden (s. a. Fachinformation). Die Biotransformation von Nintedanib erfolgt nur geringfügig über CYP-Stoffwechselwege, Arzneimittelinteraktionen auf Basis des CYP-Metabolismus sind deshalb unwahrscheinlich. Nintedanib ist ein Substrat des P-Glykoproteintransporters (P-gp), der Abbau erfolgt über die Leber. Eine gleichzeitige Einnahme von starken P-gp-Inhibitoren kann zu einer Erhöhung des Nintedanib-Plasmaspiegels führen, eine gleichzeitige Gabe von P-gp-Induktoren dagegen zu einer Absenkung des Nintedanib-Plasmaspiegels (s. a. [Tab. 1 ]) [32 ].
Tab. 1
Potenzielle Arzneimittelinteraktionen mit Nintedanib (Auswahl) [32 ].
P-gp-Inhibitoren
P-gp-Induktoren
Ketoconazol
Erythromycin
Ciclosporin
Rifampicin
Carbamazepin
Phenytoin
Johanniskraut
Die Biotransformation von Nintedanib erfolgt nur geringfügig über CYP-Stoffwechselwege, Arzneimittelinteraktionen auf Basis des CYP-Metabolismus sind deshalb unwahrscheinlich.
P-gp = P-Glykoproteintransporter
Es wurden bislang keine Hinweise auf Wirksamkeitsunterschiede von Nintedanib in verschiedenen Subkategorien von IPF-Patientenpopulationen identifiziert.
Nach Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen der Therapie und unter Berücksichtigung individueller Faktoren kann deshalb geeigneten IPF-Patienten eine Therapie mit Nintedanib als eine Option einer antifibrotischen Therapie empfohlen werden.
2 Wie sollen antikoagulierte Patienten und Patienten mit Komorbiditäten mit Nintedanib behandelt werden?
Evidenzlage zum Blutungsrisiko unter Therapie mit Nintedanib
In den INPULSIS-Studien war der Anteil von Patienten mit Blutungsereignissen unter Nintedanib geringfügig höher (10,3 %) als im Placebo-Arm (7,8 %), die Häufigkeit schwerer Blutungskomplikationen war in beiden Behandlungsarmen vergleichbar (Placebo: 1,4 % vs. Nintedanib: 1,3 %) [32 ]. Jedoch waren in INPULSIS IPF-Patienten mit bekannter Blutungsneigung bzw. Patienten unter therapeutischer Antikoagulation und/oder dualer Thrombozytenaggregationshemmung ausgeschlossen. In seltenen Fällen wurde über ein Auftreten einer Thrombozytopenie unter Therapie mit Nintedanib berichtet.
IPF-Patienten unter Dauertherapie mit niedrig dosiertem Heparin oder sekundär prophylaktischer antithrombozytärer Therapie (z. B. Azetylsalizylsäure/ASS bis 325 mg/Tag, 75 mg/Tag Clopidogrel [Monotherapie] oder äquivalent) konnten in die INPULSIS-Zulassungsstudien eingeschlossen werden [15 ]. Bei solchen Patienten wurde in INPULSIS keine erhöhte Blutungshäufigkeit beobachtet.
In onkologischen Studien wurde unter Therapie mit Nintedanib ebenfalls keine signifikant erhöhte Blutungsneigung beobachtet [33 ]
[34 ]
[35 ]
[36 ]. Allerdings waren in den klinischen Studien Patienten mit bekannter Blutungsneigung bzw. Patienten unter therapeutischer Antikoagulation ebenfalls ausgeschlossen.
Daten einer einjährigen Anwendungsbeobachtung bei mehr als 6700 amerikanischen IPF-Patienten, die mit Nintedanib behandelt wurden, bestätigten das in den Zulassungsstudien gezeigte Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Nintedanib (Abstract ATS 2016) [37 ]. Insbesondere wurde hier im klinischen Versorgungsalltag keine Zunahme von Blutungsereignissen beobachtet.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass für das Blutungsrisiko nachfolgend aufgeführter Patientengruppen unter Nintedanib keine belastbaren Daten aus klinischen Studien vorliegen: (1) Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko oder angeborener bzw. erworbener Blutungsneigung; (2) Patienten unter therapeutischer Antikoagulation; (3) Patienten mit dualer Hemmung der Thrombozytenaggregation.
Empfehlungen zur Therapie mit Nintedanib bei IPF-Patienten unter therapeutischer Antikoagulation
Grundsätzlich besteht für antikoagulierte Patienten keine Kontraindikation für Nintedanib, in der Fachinformation werden jedoch einschränkende Hinweise formuliert: Bei Fehlen einer therapeutischen Alternative sollten diese Patienten nur dann mit Nintedanib behandelt werden, wenn der voraussichtliche therapeutische Nutzen das mögliche Risiko überwiegt [32 ].
Eine Therapie mit Nintedanib kann bei antikoagulierten Patienten im Rahmen einer individuellen Nutzen-Risiko-Bewertung in Erwägung gezogen werden, falls keine therapeutische Alternative verfügbar ist. Hierbei sollte der Patient umfassend über potenzielle Blutungsrisiken aufgeklärt werden. Im Falle einer positiven Therapieentscheidung sollte unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten unbedingt ein regelmäßiges Gerinnungsmonitoring (INR) durchgeführt werden. Das häufigste beobachtete Blutungsereignis bei antikoagulierten IPF-Patienten war Epistaxis [38 ].
Komorbiditäten treten bei Patienten mit IPF sehr häufig auf und können einen relevanten Einfluss auf die Krankheitsprognose der IPF und Behandlungsentscheidungen haben [39 ]
[40 ]. Bei Auftreten neuer, prognoselimitierender Erkrankungen (z. B. Lungenkrebs) unter Therapie mit Nintedanib empfehlen wir, das weitere therapeutische Vorgehen im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz festzulegen. Für weitere Detailinformationen zu relevanten Begleiterkrankungen bei IPF-Patienten wird auf die Fachinformation verwiesen [32 ].
Für die Behandlung von antikoagulierten Patienten mit Nintedanib besteht keine Kontraindikation, eine Nintedanib-Behandlung kann bei Fehlen einer therapeutischen Alternative und nach Aufklärung des Patienten im Rahmen einer individuellen Nutzen-Risiko-Abschätzung in Erwägung gezogen werden.
Bei neu auftretenden, prognoselimitierenden Erkrankungen unter Therapie mit Nintedanib sollte das weitere therapeutische Vorgehen im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz festgelegt werden.
3 Wie sollen gastrointestinale UAW unter Therapie mit Nintedanib behandelt werden?
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (UEs) aus den Zulassungsstudien zu Nintedanib sind in [Tab. 2 ] aufgeführt. Unter Therapie mit Nintedanib sind Diarrhoe und andere gastrointestinale (GI) Beschwerden die führenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAWs) [38 ].
Tab. 2
Patienten mit unerwünschten Ereignissen (UEs) in den INPULSIS-Studien 1/2 modifiziert nach [38 ].
Ereignisse
Nintedanib (n = 638)
Placebo (n = 423)
alle UEs
95,5 %
89,6 %
häufigste UEs
62,4 %
18,4 %
24,5 %
6,6 %
13,6 %
16,1 %
13,3 %
13,5 %
11,6 %
2,6 %
10,7 %
5,7 %
10,5 %
10,6 %
10,0 %
14,4 %
7,7 %
11,3 %
Diarrhoe unter Therapie mit Nintedanib (Daten aus INPULSIS 1/2)
In den beiden INPULSIS-Studien stellte die Diarrhoe die häufigste Nebenwirkung unter einer Therapie mit Nintedanib dar (62,4 % vs. 18,4 % unter Placebo). Die Mehrheit dieser Ereignisse wurde in den ersten 90 Behandlungstagen beobachtet, Diarrhoen im späteren Behandlungsverlauf wurden jedoch ebenfalls beschrieben. Die meisten Diarrhoen wurden als leichte oder moderate Ereignisse (56,8 %, bzw. 37,7 %) eingestuft, schwere Ereignisse traten nur selten (5,3 %) auf [38 ]. (s. a. [Tab. 3 ] zur Definition der Intensität von unerwünschten Arzneimittelwirkungen)
Tab. 3
Intensität von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAWs) [41 ].
leicht
wahrnehmbare Anzeichen oder Symptome, gut zu tolerieren
moderat
Beschwerden, die zu einer Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten führen
schwer
schwere Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten oder Unfähigkeit zu arbeiten
Die meisten IPF-Patienten mit Diarrhoe (60,3 %) hatten unter Nintedanib nur eine Episode, 26,4 % zwei Episoden, der Rest ≥ 3 Episoden. In den INPULSIS-Studien erhielten 55,3 % der Patienten mit Diarrhoe unter Nintedanib Antidiarrhoika (i. d. R. Loperamid), im Vergleich 25,6 % unter Placebo. Aufgrund von Diarrhoen mussten in den INPULSIS-Studien 4,4 % der Patienten die Therapie mit Nintedanib dauerhaft beenden, bei 10,7 % erfolgte deshalb eine permanente Dosisreduktion [38 ].
Empfehlungen zur Behandlung der Diarrhoe
Nach übereinstimmenden Erfahrungen der Experten sind Diarrhoen bzw. gastrointestinale Nebenwirkungen unter Nintedanib im Behandlungsalltag in der Regel gut zu beherrschen und führen nur in wenigen Fällen zu Änderungen oder Abbruch der Therapie (s. a. Abschnitte 5 und 7).
Bei leichter Diarrhoe (kein Einfluss auf Alltagsaktivitäten) ist auf ausreichende
Flüssigkeitszufuhr zu achten. Wir empfehlen auf Basis der Erfahrungen aus INPULSIS die Einnahme von Loperamid (erhältlich als verschreibungspflichtige und -freie Form „Loperamid Akut“; empfohlene Gabe von Loperamid: 4 mg initial, 2 mg bei jedem ungeformten Stuhl, 16 mg maximale Tagesdosis). Es bestehen keine Bedenken gegen eine Dauertherapie mit Loperamid. Für andere Antidiarrhoika liegen uns keine hinreichenden Erfahrungen vor (s. a. [Abb. 1 ]).
Abb. 1 Algorithmus zum Management von Diarrhoen unter Nintedanib adaptiert nach [38 ].
Hält eine leichte Diarrhoe trotz ausreichender Gabe von Loperamid 8 Tage oder länger an, so sollte eine Dosisreduktion von Nintedanib auf 100 mg 2 × täglich oder eine temporäre Behandlungsunterbrechung in Erwägung gezogen werden. Nach Behandlungsunterbrechung empfehlen wir zunächst eine Wiederaufnahme von Nintedanib in reduzierter Dosis, nach einwöchiger Verträglichkeit die Einnahme der vollen Dosis unter regelmäßiger klinischer Kontrolle.
Bei schwerer Diarrhoe sollte die Therapie mit Nintedanib pausiert werden, alle anderen empfohlenen Maßnahmen sind wie zuvor beschrieben.
Bei anhaltend leichter Diarrhoe (z. B. Stuhlgang > 2 × täglich über das gewohnte Maß hinaus) sollte mit dem Patienten besprochen werden, dass diese Symptomatik auch langfristig im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung einer andauernden Therapie mit Nintedanib toleriert werden kann und die Entscheidung zur Fortführung der Therapie gemeinsam mit dem Patienten getroffen werden.
Bei anhaltend schwerer Diarrhoe trotz symptomatischer Behandlung sollte die Therapie mit Nintedanib beendet werden und über Therapiealternativen diskutiert werden.
In [Abb. 1 ] sind die Behandlungsempfehlungen bei Auftreten von Diarrhoen unter Nintedanib zusammengefasst.
Übelkeit und Erbrechen unter Therapie mit Nintedanib (Daten aus INPULSIS 1/2)
Übelkeit wurde bei 24,5 % (vs. 6,6 % Placebo), Erbrechen bei 11,6 % (vs. 2,6 % Placebo) der Patienten unter Nintedanib in den INPULSIS-Studien beobachtet. Die Übelkeit trat meist früh nach Therapiebeginn auf, das Erstauftreten von Erbrechen hatte keinen Bezug zum Behandlungsbeginn. Die meisten dieser Ereignisse waren von leichter bis moderater Intensität. Übelkeit führte bei 2,0 % der Patienten, Erbrechen bei 0,8 % der Patienten zu einem Behandlungsabbruch [38 ].
Empfehlungen zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen unter Nintedanib
Bei Auftreten von Übelkeit und Erbrechen unter Therapie mit Nintedanib sollten die Ernährungsgewohnheiten des Patienten hinterfragt und eventuell eine Diätanpassung vorgenommen werden. Ein signifikanter, Nintedanib-induzierter Gewichtsverlust aufgrund Appetitlosigkeit sollte soweit wie möglich durch Diätanpassung mit hochkalorischer Nahrung vermieden werden.
Gegebenenfalls kann eine antiemetische Therapie, z. B. mit Metoclopramid (MCP), verabreicht werden.
Bei fortdauernden Symptomen empfehlen wir, eine Dosisreduktion von Nintedanib auf 100 mg 2 × täglich, bei anhaltend schweren Symptomen auch eine Therapieunterbrechung und ggf. Wiederaufnahme mit reduzierter (100 mg 2 × täglich) oder voller Dosis (150 mg 2 × täglich) in Erwägung zu ziehen (andere Ursachen von Übelkeit und Erbrechen sind auszuschließen).
Gastrointestinale Nebenwirkungen unter Therapie mit Nintedanib sind in der Praxis allgemein gut handhabbar (ggf. Diätanpassungen, symptomatische Begleittherapie wie Loperamid).
Halten die Symptome unter adäquater Begleittherapie an, so sollte in Abhängigkeit von der Symptomschwere eine temporäre Dosisreduktion oder temporäre Behandlungsunterbrechung in Erwägung gezogen werden.
4 Wie sollen Leberenzymerhöhungen unter Therapie mit Nintedanib behandelt werden?
Leberenzymerhöhungen unter Therapie mit Nintedanib (Daten aus INPULSIS 1/2)
Erhöhte Leberenzymwerte wurden bei 13,6 % der Patienten unter Therapie mit Nintedanib in den INPULSIS-Studien berichtet [32 ]. Die Erhöhungen der Leberenzyme waren generell reversibel und nicht mit einer klinisch manifesten Lebererkrankung assoziiert. Auch in der Nachzulassungsphase wurden milde und reversible medikamenteninduzierte Leberschädigungen beobachtet. Bei 5,0 % der Nintedanib-behandelten Patienten trat eine Erhöhung der AST und/oder ALT auf über das Dreifache des oberen Normwerts (ON) auf. Erhöhte Werte der alkalischen Phosphatase bzw. des Gesamtbilirubins auf über das 1,5-Fache des ON wurden bei 5,8 % bzw. 2,4 % der Patienten beobachtet [38 ].
Empfehlungen zur Behandlung von Leberenzymerhöhungen
Die Empfehlung der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA lautet, die Leberenzyme vor Behandlungsbeginn, während der ersten drei Behandlungsmonate monatlich und anschließend vierteljährlich zu untersuchen [27 ]. Wir teilen diese Empfehlung mehrheitlich. Nach Expertenerfahrung treten Leberenzymerhöhungen bei Komedikation und bei Frauen mit geringem Körpergewicht (< 60 kg) häufiger auf.
Bei Transaminasenerhöhungen auf über das Dreifache des oberen Normwertes (ON) empfehlen wir eine Dosisreduktion oder Unterbrechung der Therapie, gefolgt von engmaschiger Überwachung ([Abb. 2 ]). Nach Rückgang der Transaminasen auf das Ausgangsniveau kann die Behandlung wieder begonnen werden, entweder in voller Dosis (150 mg 2 × täglich) oder zunächst in reduzierter Dosis (100 mg 2 × täglich), mit anschließender Erhöhung auf die volle Dosis unter regelmäßiger Transaminasenkontrolle mindestens analog zum Therapiestart.
Bei jeder Erhöhung von Leberwerten auf mehr als das Achtfache des oberen Normwertes oder bei klinischen Zeichen oder Symptomen einer Leberschädigung, z. B. Gelbsucht (z. B. Bilirubin > 1,5 ON), sollte Nintedanib abgesetzt werden und andere Ursachen der Leberenzymerhöhung abgeklärt werden.
Patienten mit leichter Leberfunktionsstörung (Child Pugh A) sollten mit der reduzierten Nintedanib-Dosis (100 mg 2 × täglich) behandelt werden [32 ]. Bei Patienten mit stärkerer Einschränkung der Leberfunktion (Child Pugh B und C) wird der Einsatz von Nintedanib nicht empfohlen [32 ].
In [Abb. 2 ] sind die Behandlungsempfehlungen bei Auftreten von Leberenzymerhöhungen unter Nintedanib zusammengefasst.
Abb. 2 Algorithmus zum Management von Leberenzymerhöhungen unter Nintedanib adaptiert nach [38 ].
Leberenzymwerte sollten vor Therapiebeginn mit Nintedanib im ersten Behandlungsquartal vierwöchentlich und anschließend periodisch (ca. alle 3 Monate), oder wenn klinisch indiziert, geprüft werden.
Bei Transaminasenerhöhung ≥ 3 × ON wird eine Dosisreduktion oder Unterbrechung der Therapie empfohlen, gefolgt von einer engmaschigen Überwachung.
Nach Rückgang der Transaminasen auf das Ausgangsniveau kann die Behandlung mit Nintedanib je nach maximalem Transaminasenwert in reduzierter Dosis wieder begonnen werden, mit evtl. anschließender Erhöhung auf die volle Dosis unter regelmäßiger Transaminasenkontrolle.
5 Wie soll nach Dosisreduktion oder -unterbrechung infolge UAW unter Nintedanib vorgegangen werden?
Wie unter Abschnitt 3 erwähnt zählen gastrointestinale Beschwerden zu den häufigsten UAWs unter Therapie mit Nintedanib (s. a. [Tab. 2 ]). Art und Schwere der UAWs stellen die zentralen Kriterien im Hinblick auf weiterführende Therapieentscheidungen mit Nintedanib dar. Hier stehen ggf. die Optionen (1) Dosisreduktion, (2) temporäre Behandlungsunterbrechung oder (3) Behandlungsabbruch zur Verfügung. Nachfolgend werden die Erfahrungen zum Thema aus den INPULSIS-Studien zusammengefasst.
Temporäre Dosisreduktionen von Nintedanib
Aufgrund von UAWs wurde bei 27,9 % der Patienten unter Nintedanib eine Dosisreduktion vorgenommen (3,8 % unter Placebo). In den allermeisten Fällen (25,5 % aller Patienten) war die Dosisreduktion einmalig, bei 2,0 % zweimalig und bei 0,3 % mehr als zweimalig [38 ].
Im zeitlichen Verlauf der Therapie unter Nintedanib waren die Dosisreduktionen relativ gleichmäßig verteilt, es wurden keine auffälligen Häufungen in frühen oder späten Therapiestadien beobachtet [38 ].
Temporäre Behandlungsunterbrechungen von Nintedanib
Behandlungsunterbrechungen aufgrund von UAWs wurden bei 23,7 % der Patienten unter Nintedanib vorgenommen (9,9 % unter Placebo). Bei der großen Mehrheit der Patienten (17,7 % aller Patienten) wurde die Therapie mit Nintedanib einmalig unterbrochen, bei 4,7 % zweimalig und bei 1,3 % mehr als zweimalig [38 ].
Ähnlich wie bei den Dosisreduktionen war auch bei den Therapieunterbrechungen keine auffällige Häufung in frühen oder späten Behandlungsstadien unter Nintedanib zu beobachten [38 ].
Permanente Dosisreduktion von Nintedanib und Therapieabbruch
In den INPULSIS-Studien führten UAWs unter Nintedanib bei 15,8 % der Patienten zu einer permanenten Dosisreduktion (0,5 % unter Placebo) und bei 19,3 % aller Patienten zu einem Therapieabbruch. 78,6 % der behandelten Patienten konnten die Therapie trotz Diarrhoe oder Übelkeit mit Nintedanib 150 mg 2 × täglich fortsetzen [38 ].
Die häufigsten Gründe für einen Therapieabbruch waren Diarrhoe (4,4 %), Übelkeit (2,0 %), Progression der IPF (2,0 %) oder Appetitverlust (1,4 %) [38 ].
Zusammenfassung der Erfahrungen aus INPULSIS 1/2
UAWs, die zur Dosisreduktion von Nintedanib führen, können auch nach längerer Behandlungsdauer auftreten, häufig ist eine Dosisreduktion nur einmalig erforderlich.
Gleiches gilt für Behandlungsunterbrechungen, die dann in der Mehrzahl der Fälle (53,6 %) entweder zu einer Dosisreduktion führen, oder aber zu einer Beibehaltung der Dosis (45,7 %) von Nintedanib führen [38 ].
UAW-bedingte Dosisreduktionen oder temporäre Unterbrechungen scheinen nicht zu einer signifikanten Reduktion der therapeutischen Wirksamkeit von Nintedanib zu führen [38 ]
[42 ]. Dauerhafte Therapieabbrüche sind seltener und werden meist durch gastrointestinale UAWs ausgelöst.
Empfehlungen zum Management von Dosisreduktionen/Behandlungsunterbrechungen unter Nintedanib
Nach übereinstimmenden Erfahrungen der Experten erscheinen Dosisreduktionen oder Behandlungsunterbrechungen unter Nintedanib im Behandlungsalltag seltener erforderlich zu sein, als die Daten in den INPULSIS-Studien vermuten lassen.
Generell sollten IPF-Patienten unter kritischer Würdigung von UAWs möglichst mit Nintedanib 150 mg 2 × täglich behandelt werden, da hierfür die beste Evidenz zur Wirksamkeit aus klinischen Studien vorliegt.
Bei UAWs mit moderater Ausprägung (s. a. [Tab. 3 ]) erscheint primär eine temporäre Behandlungsunterbrechung mit/ohne nachfolgender Dosisreduktion angezeigt, mit dem Ziel, die Behandlung mit Nintedanib in der ursprünglichen oder ggf. reduzierten Dosis nach Abklingen der Symptome wiederaufzunehmen.
Auch bei mehrfachen UAWs im zeitlichen Verlauf sollte in Abhängigkeit von der Schwere der Symptome eine Behandlungsunterbrechung als primäre Reaktion in Betracht gezogen werden, mit anschließender Wiederaufnahme der Nintedanib-Therapie mit/ohne Dosisreduktion.
Bezüglich der Dosierung von Nintedanib bei Wiederaufnahme der Therapie gibt es nach Erfahrungen der Expertenrunde kein einheitliches klinisches Vorgehen. Wir empfehlen deshalb eine individuelle Vorgehensweise, evtl. auch den Versuch eines erneuten Hochtitrierens von Nintedanib. Eine schrittweise Erhöhung der Nintedanibdosis bei Wiederaufnahme kann aus rein psychologischen Gründen hilfreich sein, der Patient fasst so leichter wieder Zutrauen in die künftige Verträglichkeit der Therapie.
Die o. g. Aussagen zur Dosierung von Nintedanib bei Wiederaufnahme der Therapie stehen unter dem Vorbehalt einer erkennbaren individuellen Wirksamkeit von Nintedanib. Eine solche kann im Einzelfall vorliegen, obwohl eine Abnahme der Vitalkapazität dokumentiert wird. (s. a. Abschnitt 6).
IPF-Patienten sollten, wenn möglich, unter kritischer Würdigung von UAWs mit der vollen Dosis Nintedanib (150 mg 2 × täglich) behandelt werden.
Bei anhaltenden UAWs trotz symptomatischer Begleittherapie wird eine Dosisreduktion und/oder Behandlungsunterbrechung empfohlen, mit dem Ziel, nach Abklingen der Symptome die Behandlung mit Nintedanib in der ursprünglichen oder ggf. reduzierten Dosis wiederaufzunehmen.
Hinsichtlich der Dosierung von Nintedanib bei Wiederaufnahme der Therapie wird eine individuelle Vorgehensweise empfohlen.
6 Was ist zu bedenken, wenn sich IPF-Patienten unter Therapie mit Nintedanib verschlechtern?
Daten zur Krankheitsprogression unter Nintedanib aus INPULSIS 1/2
Die positiven Ergebnisse der Zulassungsstudien INPULSIS 1/2 wurden erzielt, ohne dass die Therapie im Individualfall bei messbarem Abfall der Lungenfunktion modifiziert wurde. Die Patienten blieben also in dem Therapiearm, in den sie randomisiert wurden (Verum oder Placebo). Es liegen inzwischen auch Daten aus der Verlängerungsstudie INPULSIS-ON vor, die bei Patienten mit einer Ausgangs FVC < 50 % ähnliche Progressionsraten unter Therapie und eine vergleichbare Verträglichkeit zeigen wie für Patienten mit einer Ausgangs FVC ≥ 50 % [28 ].
Eine post hoc-Analyse gepoolter Patientendaten aus INPULSIS 1/2 bestätigte die Beobachtung unabhängiger Studien, dass sich der FVC-Verlauf eines Patienten nicht als prognostischer Marker für den weiteren Krankheitsverlauf eignet (Abstract ERS 2016) [12 ]
[13 ]
[14 ]. Bei Fehlen einer therapeutischen Alternative könnte also trotz eines Abfalls der FVC die Fortführung einer Therapie mit Nintedanib im Einzelfall sinnvoll sein (diese Aussage wird durch Beobachtung des Krankheitsverlaufs in den Placebogruppen von INPULSIS 1/2 gestützt) [12 ]
[15 ].
Behandlungsempfehlungen, falls sich der IPF-Patient unter Nintedanib verschlechtert
Grundsätzlich spielen Lungenfunktionsparameter (FVC, Diffusionskapazität) für die Bewertung der Krankheitsprogression der IPF eine wesentliche Rolle. In der Gesamtbetrachtung müssen jedoch weitere klinische Faktoren (Dyspnoe, Husten, körperliche Belastbarkeit, etc.) und mögliche Komplikationen (z. B. Exazerbationen, Hospitalisierungen, pulmonale Hypertonie, Entwicklung eines Lungenkarzinoms) berücksichtigt werden, um ein sicheres Bild über die Verschlechterung des Krankheitsbildes zu erhalten.
Auch wenn in die INPULSIS 1/2-Studien nur Patienten mit einer Ausgangs-FVC von ≥ 50 % eingeschlossen wurden, so ist unter Therapie mit Nintedanib ein Abfall der FVC auf < 50 % des Sollwerts im Erkrankungsverlauf kein alleiniges Abbruchkriterium.
Daten, inwiefern und wann ein Therapiewechsel z. B. auf Pirfenidon möglich und sinnvoll ist, existieren zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Allerdings liegen erste Fallberichte vor [43 ]
[44 ].
Beim Therapiewechsel aufgrund von Nebenwirkungen sollten die Symptome vor der Umstellung abgeklungen sein. Nach vier Tagen ist mit einer weitgehenden Elimination von Nintedanib zu rechnen, bei Pirfenidon beträgt die Zeitspanne mehr als 24 Stunden [32 ]
[45 ]. Aufgrund unterschiedlicher Wechselwirkungspotenziale von Nintedanib (Substrat des P-Glykoproteins P-gp) und Pirfenidon (CYP-Interaktionen) kann eine Anpassung verabreichter Begleitmedikationen erforderlich sein.
Wir empfehlen deshalb, im individuellen Fall einer wiederholt nachweisbaren Progression unter kritischer Würdigung von Progressionsrate, Symptomlast und Nebenwirkungen die Option eines Therapiewechsels mit dem Patienten zu besprechen. In jedem Fall sollten weitere Optionen (z. B. der Einschluss in eine Therapiestudie) geprüft werden, ebenso die aktive Listung zur Lungentransplantation oder die Einleitung palliativer Therapiemaßnahmen.
Für die Bewertung der IPF-Krankheitsprogression müssen neben der Verschlechterung von Parametern der Lungenfunktion weitere klinische Faktoren bzw. Komplikationen berücksichtigt werden.
Der Verlauf der Lungenfunktion (FVC) in den ersten 6 Monaten der Therapie mit Nintedanib erlaubt keine Prognose über die Wirksamkeit im weiteren Therapieverlauf.
Im Falle einer schnellen Krankheitsprogression unter Nintedanib kann nach kritischer Abwägung die Option eines Therapiewechsels in Erwägung gezogen werden, hierzu liegen allerdings keine systematisch erhobenen Studiendaten oder prognostische Kriterien vor.
7 Wann sollte eine Therapie mit Nintedanib beendet werden?
Evidenzlage zur Therapie
In der INPULSIS-ON Studie konnte für eine kleine Kohorte (n = 41) von IPF Patienten mit einer FVC ≤ 50 % bei Therapiebeginn gezeigt werden, dass der jährliche FVC-Abfall unter Behandlung mit Nintedanib bei ca. 90 ml lag, also vergleichbar war mit dem FVC-Abfall unter Nintedanib-Therapie bei IPF Patienten mit einer Ausgangs FVC > 50 % [28 ]. Diese Beobachtung unterstützt die Annahme, dass auch Patienten mit stärkerer Lungenfunktionseinschränkung positiv auf Nintedanib ansprechen und von der Therapie profitieren könnten.
Wie eingangs dargelegt, existieren derzeit keine prognostischen Marker zur Abschätzung des künftigen Krankheitsverlaufs, oder um die Wirksamkeit der antifibrotischen Therapie verlässlich zu bewerten.
Empfehlungen bezüglich eines Therapieabbruchs unter Nintedanib
Ein Abfall der FVC auf Werte < 50 % von Sollwert stellt per se kein Kriterium zum Therapieabbruch mit Nintedanib dar.
Die Behandlung mit Nintedanib sollte beendet werden, wenn Nebenwirkungen auch durch Begleitmedikation, Dosisreduktionen oder temporäre Behandlungsunterbrechungen nicht zu beherrschen sind (s. a. Abschnitt 5). Das Vorgehen sollte im Konsens mit dem Patienten erfolgen.
Der Therapieabbruch ist das Resultat einer umfassenden Nutzen-Risikobewertung unter Berücksichtigung der Krankheitsschwere, des bisherigen Verlaufs unter Therapie, bestehender Therapiealternativen und Abschätzung zukünftiger Risiken des Patienten.
8 Was tun bei akuter Exazerbation oder schwerer Infektion unter Therapie mit Nintedanib?
Daten zur Inzidenz von akuten Exazerbationen oder Infektionen unter Nintedanib aus INPULSIS 1/2 und TOMORROW
In einer gepoolten Auswertung von IPF-Patienten mit akuten Exazerbationen der Studien TOMORROW (Phase II), INPULSIS-1 und -2 (Phase III) war das Risiko für das Auftreten einer ersten akuten Exazerbation unter Nintedanib im Vergleich zu Placebo signifikant reduziert (HR 0,53 [95 % KI = 0,34 – 0,83] p = 0,0047) [46 ]. In einer Metaanalyse wurde gezeigt, dass Nintedanib das derzeit einzige Arzneimittel zur Behandlung der IPF ist, bei dem eine signifikante Risikoreduktion akuter Exazerbationen nachgewiesen wurde [47 ].
Eine vorab definierte Subgruppenanalyse zeigte, dass die antifibrotische Behandlung mit Nintedanib besonders bei IPF-Patienten mit weiter fortgeschrittener Erkrankung (FVC ≤ 70 % des Sollwerts) einen deutlichen, klinisch relevanten Einfluss auf die Zeit bis zur ersten akuten Exazerbation hatte ([Abb. 3 ]) [23 ].
Abb. 3 INPULSIS Subgruppenanalyse – Zeit bis zur 1. Exazerbation über 52 Wochen [23 ].
In einer gepoolten Analyse von INPULSIS 1/2- und TOMORROW-Studiendaten zeigten sich zwischen Nintedanib und Placebo keine signifikanten Unterschiede in der Infekthäufigkeit (inklusive Pneumonien) [46 ].
Empfehlungen zur Vorgehensweise bei akuter Exazerbation oder schwerer Infektion unter Therapie mit Nintedanib
Hinsichtlich der Ausgangsfrage, welche therapeutischen Maßnahmen unter Therapie mit Nintedanib bei Auftreten einer akuten Exazerbation vorteilhaft sind, liegen gegenwärtig keine belastbaren Studiendaten vor.
Erleidet der IPF-Patient unter antifibrotischer Therapie mit Nintedanib eine akute Exazerbation, so empfehlen wir – neben der eventuellen Einleitung weiterer therapeutischer Maßnahmen (gemäß Leitlinien) – eine Fortsetzung der Behandlung mit Nintedanib, wenn der Patient in seiner schwierigen klinischen Situation die therapieassoziierten Nebenwirkungen (sofern vorhanden) tolerieren kann. Gleiches gilt, wenn der Patient unter Nintedanib einen schweren Infekt erleidet.
Kommt es, bedingt durch die akute Exazerbation, unter Nintedanib zu einer deutlichen Krankheitsprogression, so verweisen wir auf die Aussagen unter Abschnitt 6 unter Berücksichtigung der Zulassungsindikation von Pirfenidon. Allerdings liegen keine Daten zum Krankheitsverlauf nach Therapiewechsel vor, wir empfehlen diesen Punkt intensiv mit dem Patienten zu diskutieren.
Zur praktischen Vorgehensweise bei akuten Exazerbationen wird auf die Empfehlungen der nationalen/internationalen Leitlinien verwiesen [1 ]
[2 ]
[3 ].
Die Behandlung mit Nintedanib reduzierte das Risiko für das Auftreten einer ersten akuten Exazerbation signifikant (gepoolte Auswertung).
Für weitere therapeutische Maßnahmen bei akuter Exazerbation liegen keine belastbaren Studiendaten vor, es wird auf die Empfehlungen der Leitlinien verwiesen.
9 Wie soll vor/nach elektiven chirurgischen Eingriffen oder Lungentransplantation unter Therapie mit Nintedanib vorgegangen werden?
Unter Therapie mit Nintedanib kann unter Umständen ein elektiver chirurgischer Eingriff erforderlich werden. Eine Beeinträchtigung der Wundheilung ist auf Basis des Wirkmechanismus von Nintedanib grundsätzlich nicht auszuschließen, allerdings wurden hierzu keine speziellen Studien durchgeführt.
Die perioperative Mortalität von Lungentransplantationen liegt bei ca. 5 – 10 %, wobei Infektionen/Sepsis, primäres Transplantatversagen oder die perakute Abstoßung des transplantieren Organs die häufigsten Ursachen darstellen [48 ].
Erfahrungen zu chirurgischen Eingriffen und Lungentransplantationen unter Therapie mit Nintedanib
Zum Vorgehen vor Lungentransplantation liegen keine systematisch erhobenen Daten vor. Basierend auf kleinen Fallzahlen aus den Transplantationszentren in München (7 Fälle) und Hannover (5 Fälle) berichteten die teilnehmenden Experten über ihr Vorgehen bei Lungentransplantationen unter Therapie mit Nintedanib. Dabei wurde Nintedanib jeweils bis zum Tag des Eingriffs verabreicht, ohne dass es zu Auffälligkeiten im Sinne von Blutungskomplikationen oder Wundheilungsstörungen kam.
Empfehlungen zum Vorgehen bei elektiven Eingriffen oder Lungentransplantation unter Therapie mit Nintedanib
In Bezug auf die perioperative Anwendung von Nintedanib bei größeren elektiven Eingriffen liegen keine systematisch erhobenen klinischen Daten vor. Wir verweisen hierzu auf die Angaben der Fachinformation [32 ]: Diese empfehlen mit Hinweis auf mögliche Blutungsrisiken bzw. Wundheilungsstörungen das Pausieren von Nintedanib vor größeren Eingriffen. Basierend auf seiner Halbwertzeit sollte Nintedanib perioperativ eine Woche vor dem geplanten (elektiven) Eingriff abgesetzt werden, um eine ausreichende Elimination des Wirkstoffes zu gewährleisten. Werden bei Patienten mit IPF chirurgische Interventionen durchgeführt, so ist grundsätzlich besondere Vorsicht geboten. Solche Eingriffe, speziell im thorakalen Bereich oder bei Überdruckbeatmung während der Operation (auch außerhalb des Thorax), werden als potenzielle Auslöser von akuten Exazerbationen angesehen [49 ].
Postoperativ sollte die Therapie mit Nintedanib gemäß Fachinformation dann eingeleitet bzw. wiederaufgenommen werden, wenn die Wundheilung als abgeschlossen beurteilt wird. Nach einem abdominal-chirurgischen Eingriff sollte die Therapie mit Nintedanib wegen des potenziellen Risikos einer gastrointestinalen Perforation frühestens 4 Wochen nach OP wieder begonnen werden [32 ].
Bei größeren elektiven Eingriffen, speziell chirurgischen Interventionen, wird ein zeitiges Absetzen (1 Woche) von Nintedanib mit vollständiger Elimination des Wirkstoffs vor dem Eingriff empfohlen
Postoperativ sollte die Therapie mit Nintedanib nach abgeschlossener Wundheilung wiederaufgenommen werden, nach abdominal-chirurgischen Eingriffen frühestens 4 Wochen nach der OP
Bei insgesamt kleinen Fallzahlen zu Patienten mit Lungentransplantation wurde Nintedanib bis zum Tag des Eingriffs verabreicht, ohne dass auffällige Wundheilungsstörungen oder Blutungskomplikationen berichtet wurden
10 Wann soll mit einer antifibrotischen Kombinationstherapie behandelt werden?
Im Falle einer fortschreitenden Verschlechterung von Lungenfunktion, ggf. CT-Morphologie und Symptomlast unter Therapie mit Nintedanib besteht grundsätzlich neben der Option eines Therapiewechsels (s. a. Abschnitt 6) die theoretische Überlegung einer antifibrotischen Kombinationstherapie unter Hinzunahme von Pirfenidon. Beide Substanzen (Nintedanib und Pirfenidon) besitzen wahrscheinlich verschiedene Wirkmechanismen und unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften. Konzepte zukünftiger klinischer Studien zur Behandlung der IPF werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Grundlage von Kombinationstherapien entwickelt werden [50 ]. Gegenwärtig besteht jedoch eine unzureichende Datenlage, um die Sicherheit und Wirksamkeit einer Kombinationstherapie von Nintedanib plus Pirfenidon beurteilen zu können.
Empfehlungen hinsichtlich des Einsatzes einer antifibrotischen Kombinationstherapie
Zum jetzigen Zeitpunkt kann auf Basis verfügbarer klinischer Daten [43 ]
[44 ]
[51 ] eine antifibrotische Kombinationstherapie nicht empfohlen werden [27 ]. Keiner der teilnehmenden Experten behandelt derzeit IPF-Patienten mit einer Kombination aus Nintedanib und Pirfenidon außerhalb klinischer Studien.
Gegenwärtig untersuchen zwei laufende klinische Studien über 12 Wochen (NCT02579603) bzw. 24 Wochen (NCT02598193) die Sicherheit und Verträglichkeit der Kombination von Nintedanib plus Pirfenidon in größeren IPF-Patientenkollektiven. Es bleibt abzuwarten, welche Resultate diese und weitere Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit dieser antifibrotischen Kombinationstherapie hervorbringen.
Gegenwärtig kann auf Basis verfügbarer klinischer Daten eine antifibrotische Kombinationstherapie nicht empfohlen werden.
Laufende Studien untersuchen Sicherheit und Verträglichkeit der Kombination von Nintedanib plus Pirfenidon in größeren IPF-Patientenkollektiven.
Diese Daten, und auch Studien zur Wirksamkeit, sollten vor einem Einsatz einer Kombinationstherapie abgewartet werden.