Osteologie 2022; 31(03): 208
DOI: 10.1055/s-0042-1755866
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Narrativ der Namensherleitung für das Os sacrum

Ramin Julian Andresen
1   Sigmund Freud Privatuniversität, Medizinische Fakultät , Wien
,
Hans-Christof Schober
2   Klinikum Südstadt Rostock, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Rostock, Klinik für Innere Medizin IV, Rostock
› Institutsangaben
 

Einleitung Einer der größten und stabilsten Knochen des menschlichen Skeletts ist das Os sacrum. Die Entstehung dieses Namens geht auf verschiedene Einflüsse zurück, die im Folgenden untersucht werden.

Methode Die vorhandene Literatur zur Entstehung des Namens wurde gesichtet und auf religiöse und anatomische Bezüge geprüft.

Ergebnisse Das Os sacrum (Kreuzbein, "heiliger Knochen", Os sacrale), entstammt der Bezeichnung des Altgriechischen ίερòν óστέον (hieròn ostéon), hieros gleich heilig. Hieros heißt aber auch groß, weit und geräumig, wobei die griechischen Ärzte heilig meinten und somit bei der Übersetzung ins Lateinische mit dem Os sacrum gleich "heiliger Knochen" und nicht großer Knochen, kein Fehler gemacht wurde. Das Attribut "heilig" findet sich zusätzlich in Verwendung des Knochens bei Opferriten der vorchristlichen Griechen an ihre Götter, wobei hier die Bedeutung kritisch gesehen wird, da die fleischarme Region des Sakrums als nicht unumstritten opferungswürdig erschien. Die Rolle des Knochens beim Schutz der Genitalien (die selbst als heilig angesehen werden) und die Notwendigkeit von der Unversehrtheit dieses Knochens als Nidus für die Auferstehung am Tag des Gerichts erscheinen bedeutsam. Im Yoga steht dieser Bereich für ursprüngliche Lebenslust und die göttliche Schaffenskraft. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass die Heiligkeit des Sakralknochens ein Attribut war, das von den alten Ägyptern entlehnt wurde, die diesen Knochen für Osiris, den Gott der Auferstehung und der Landwirtschaft, als heilig betrachteten. Im Deutschen heißt der dreiecksförmige, nach dorsal konvexe Knochen Kreuzbein in Analogie zur alten Bezeichnung für Kreutz (Erhabenheit, schwere Last). Das alte Kreutz, im Niedersächsischen Krütz genannt, entspricht auch der deutlichen Erhabenheit am Ende des Pferderückens, dem französischen Crouppe. Mit dem Symbol des Christentums hat dieses Kreuz jedoch nichts zu tun. Das christliche Kreuz, das sogenannte Andreaskreuz, zeigt nicht die Gestalt des Kreuzes, an welches die Römer ihre Verbrecher schlugen. Das Sakrum, der „heilige Knochen“, das „Heiligenbein“ ist wahrscheinlich aufgrund seiner Größe der letzte Knochen des Achsenskeletts, welcher nach dem Tod zerfällt.

Diskussion Der Begriff des Sakrums hat sowohl eine religiöse Bedeutung als auch einen praktischen Lebensbezug – das Tragen einer Last (das Kreutz) [1] [2] [3] [4].

Keywords Kreuzbein, heiliger Knochen, Os sacrale, Os sacrum, Sakrum

Korrespondenzadresse Julian Ramin Andresen, Sigmund Freud Privatuniversität, Medizinische Fakultät, Freudplatz 3, 1020 Wien, Austria, E-Mail: 61815097@mail.sfu.ac.at



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. September 2022

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  • Literatur

  • 1 Kudlien F. Os sacrum [Os sacrun]. Gesnerus 1976; 33: 183-187
  • 2 Nilsson MP. Geschichte der griech. Religion. München; 1967. Band I. Seite: 144
  • 3 Sugar O. How the sacrum got its name. JAMA 1987; 257: 2061-2063
  • 4 Hyrtl J. Onomatologia Anatomica. Geschichte und Kritik der anatomischen Sprache der Gegenwart, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Barbarismen, Widersinnlichkeiten, Tropen, und grammatikalischen Fehlern. Wien: Wilhelm Braumüller Verlag, K. K. Hof- und Universitätsbuchhändler; 1880. Seite: 457-458