Augenheilkunde up2date 2018; 8(03): 187-202
DOI: 10.1055/s-0042-122988
Bindehaut, Hornhaut, Lederhaut
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Moderne Hightech-Kontaktlinsen 2018 – mehr als nur ein Refraktionsausgleich

Modern High-Tech Contact Lenses 2018 – More than Correction of Refractive Error
Gudrun Bischoff
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Gudrun Bischoff
Augenpraxis und Augenklinik
Berner Heerweg 173 – 175
22159 Hamburg

Publication History

Publication Date:
20 August 2018 (online)

 

Kontaktlinsen gibt es schon seit mehr als 100 Jahren. Aber erst in den letzten Jahren hat die moderne Kontaktlinsenherstellung durch die Entwicklung neuer Materialien und Technologien die Indikationen stark erweitert. Ein Hot Topic mit weltweiter Beachtung ist die Prävention der fortschreitenden Myopie durch Einsatz speziell geformter Kontaktlinsen. Inzwischen werden Kontaktlinsen mit medizinischen Messgeräten kombiniert, was den Rahmen des reinen Refraktionsausgleichs sprengt.


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Abstract

In the last decades contact lenses have conquered a first place in curing refraction errors as well as treatment option in the medical field especially for corneal diseases. The reason is the advanced technology in cutting design variations. Each type of refraction error can be solved. Complications post Lasik as secondary ectasia are managed by contact lenses as well as keratoconus eyes. There is a new-build strong teamwork with surgery. New and more common today are special designed lenses for presbyopia correction, contact lenses for myopia prevention and corneal bending, the Ortho-K lenses and lenses for amblyopia treatment. The diversity in literature regarding terms are explained. Also shown is the view to global acting companies which explore para-contactological indications like e.g. contact lenses bearing microchips and nanotechnology.


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Abkürzungen

CAB: Cellulose-Aceto-Butyrat
DK/t: Sauerstoffdurchlässigkeit (DK) in Relation zur Linsenmittendicke (t)
FDA: Food and Drug Administration (Arzneimittel-Zulassungsbehörde der USA)
GKV: Gesetzliche Krankenversicherung
HEMA: Hydroxyethylmethacrylat
HH: Hornhaut
ISO: Internationale Organisation für Normung
KL: Kontaktlinse
Lasik: Laser-in-situ-Keratomileusis
MPG: Medizinproduktegesetz
OK-Linse: Orthokeratologielinse
PMMA: Polymethylmethacrylat (Plexiglas)
 

Kontaktlinsentypen – Basiseinteilung

Kontaktlinsen bestehen chemisch aus sog. inerten, biochemisch inaktiven Kunststoffen. Die Grobeinteilung definiert sich nach der Verformbarkeit: formstabil und weich ([Abb. 1]). Nach den ersten Kontaktlinsen aus Glas formte man formstabile Kontaktlinsen aus dem biologisch verträglichen Material PMMA, das ist Plexiglas. Diese Linsen waren aber sauerstoffundurchlässig, der Hornhautstoffwechsel war deprimiert. Nach einigen Stunden Tragezeit entstand ein Hornhautödem [1].

Die nächste Stufe in der Entwicklung waren Kontaktlinsen aus Cellulose-Aceto-Butyrat (CAB), mit geringer Sauerstoffdurchlässigkeit, die längere Tagestragezeiten zuließen [2]. Weitere Zusatzstoffe wie z. B. Halogene verbesserten den Gasaustausch. Inzwischen hat jeder Materialhersteller sein eigenes Rezept, um die optimale Balance zu erreichen zwischen Stabilität der Linsen und physiologischer Verträglichkeit [2].

Die ersten weichen Kontaktlinsen sind in den frühen 1970er-Jahren entwickelt worden, ein bekannter Name ist Otto Wichterle [3]. Die Träger forderten mehr Tragekomfort. Diese ersten Linsen aus HEMA (Hydroxyethylmethacrylat) hatten einen guten Komfort, aber erhebliche Nebenwirkungen. Die Augen wurden nach einigen Stunden rot und es bildeten sich über die Zeit limbusnahe Gefäßeinsprossungen. Auch hier hat die weitere Forschung und Entwicklung dazu geführt, dass die chemische Zusammensetzung der Weichlinsenkunststoffe genau die Vielfalt erreichte, die uns heute eine abgestimmte individuelle und vor allen Dingen gesunde Anpassung ermöglicht [4].

Die nächste bahnbrechende Stufe in der Kontaktlinsenentwicklung waren die Silikon-Hydrogel-Linsen. Sie sind zwar flexibel, aber etwas steifer als die klassischen Hydrogellinsen. Durch den Anteil an Silikon haben diese Linsen eine sehr gute Sauerstoffdurchlässigkeit [5]. Die Tagestragezeiten haben sich dadurch deutlich verlängert [6], manche Linsen dürfen auch über Nacht als sog. „continous (extended) wear“ (Dauertragelinsen) getragen werden.

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Abb. 1 Historische Entwicklung der Kontaktlinsentechnologie. a Formstabile Kontaktlinsen. b Große weiche Kontaktlinsen. c Silikon-Hydrogel-Kontaktlinsen.

Eine Übersicht über die Charakteristika von Kontaktlinsen fasst [Tab. 1] zusammen.

Tab. 1 Charakteristika von Kontaktlinsen.

Kontaktlinsenparameter

Daten auf der Box und im Herstellerkatalog

Materialeinteilung

formstabile (harte) und weiche Linsen

Radius/Basiskurve

Rückflächenkrümmung der Kontaktlinse gemessen in mm, abhängig vom Linsentyp

Durchmesser

je nach Linsentyp von 8,00 – 25,0 mm

Randabflachung der Linse – angepasst an die Form der Hornhaut

Maßeinheit numerische Exzentrizität ε, das ist die Abweichung von der Kreisform mit ε 0, normale Hornhaut 0,5

sphärische Stärke/Brechwert

− 30,0 dpt bis + 30,0 dpt bei ausgewählten Herstellern, in der Regel bis ± 12 dpt

zylindrische Stärke

sehr hoch möglich, individuell bis 15,0 zyl dpt

Achsenlage

häufig in Schritten von 5° oder 10°, bei individuellen Linsen auch in 1°-Schritten

Frontoptikzone

Größe der korrigierenden zentralen Fläche, abgestimmt auf Stärke der Linse und Randgestaltung

Innenoptikzone = Geometrie der Linsenrückfläche

Areal, welches innen der Hornhaut i. d. R. parallel aufliegt, u. a. verantwortlich für den Sitz der Linse

Stabilisierungsprinzip bei torischen Kontaktlinsen

prismatisch und/oder dynamisch, abzulesen in der Beschreibung des Herstellers

Wassergehalt

(indirekter Parameter für Komfort und Gasdurchlässigkeit, hoher Wassergehalt = flexible Linsen)

moderne Materialien haben ein hohes Wasserbindungsvermögen

Sauerstoff-/Gasdurchlässigkeit

→ wichtig für die physiologische Verträglichkeit

DK = Materialkonstante pro definiertem Areal

DK/t-Transmissibilität

Wert unter Einbeziehung der Dicke der jeweiligen Kontaktlinse,

Einheit gemessen bei Linsen − 3,0 dpt

Wert ab 100: sehr gute Sauerstoffversorgung

Einteilung der Materialien nach FDA

FDA Gruppe I – IV: Klassifikation nach Wassergehalt, elektrischer Oberflächenspannung

Zuordnung nach ISO-Standard

bei multifokalen Linsen Größe und Sitz des Nah- und Fernzusatzes

nach Herstellerinformation, vielfältige Variationen möglich

Nutzungszeit der Kontaktlinse/Kontaktlinsentyp, Kennzeichnung auf der Box

Tageslinse, Monatslinse, Multifokallinsen, torische Linsen etc.

CE-Kennzeichnung mit Angabe einer Zahl

Für den Vertrieb nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) in Europa zwingend vorgeschrieben. Die Zahl unter dem CE-Zeichen ist der Code für die sog. Benannte Stelle, welche die Prüfung vorgenommen und das CE-Zeichen vergeben hat

Verfalldatum

Chargen-/Lot-Nummer

Werte auf der Box, die nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) bei Abgabe dokumentiert werden müssen


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Kontaktlinsen und Qualität

In Europa dürfen nur Kontaktlinsen als Medizinprodukt mit der CE-Kennzeichnung des zertifizierten Prüflabors (benannte Stelle) vertrieben werden. Alle CE-gekennzeichneten Kontaktlinsen unterliegen einem geprüften und dokumentierten Herstellungsverfahren und sind für die erklärten Indikationen geeignet. Das erlaubt keine Aussage über die individuelle Verträglichkeit der Kontaktlinsen.

Die Auswahl des individuell geeigneten Linsentyps, hier am Beispiel der wasserhaltigen weichen Kontaktlinsen, wird erleichtert bei Kenntnis der Materialeigenschaften. Diese sind nach internationalen Standards (ISO 18369-1) eingeteilt. Aus der Gruppeneinteilung ([Tab. 2]) lassen sich die Oberflächeneigenschaften ablesen. Eine ionische Oberfläche, also eine Oberfläche mit elektrischer Ladung, zieht mehr Ablagerungen an, deshalb sollte dieses Material bevorzugt für Kontaktlinsen zum kurzen Tragen, z. B. von Tageslinsen, eingesetzt werden.

Tab. 2 Einteilung der wasserhaltigen weichen Kontaktlinsen nach ISO 18369-1.

Einteilung

Materialeigenschaften

Gruppe I

unter 50% H2O und nicht ionisch (< 1% ionische Monomere)

Gruppe II

über 50% H2O und nicht ionisch (< 1% ionische Monomere)

Gruppe III

unter 50% H2O und ionisch (> 1% ionische Monomere)

Gruppe IV

über 50% H2O und ionisch (> 1% ionische Monomere)

Bei der Materialkomposition suchen die Hersteller das jeweilige Optimum zwischen Komfort, Stabilität, Reißfestigkeit, guter Handhabung und natürlich physiologischer Verträglichkeit und dadurch die Akzeptanz des Trägers.

Kontaktlinsen fallen nach dem MPG unter die Kategorie Implantate der Klasse 2, weil sie in das vordere Augensegment „eingebracht“ werden. Die Verträglichkeit ist deshalb zum einen definiert durch einen guten Visus, also die Funktion der Linse, aber auch durch ein gesundes, normal aussehendes und reizfreies Auge.

Die Abstimmung auf die individuellen Voraussetzungen des Trägers erfolgt nach folgenden Kriterien:

  • Art des Refraktionsfehlers,

  • anatomische Gegebenheiten des Auges (HH-Topografie),

  • Tränenfilmstatus,

  • Arbeitsumgebung,

  • Vorerkrankungen

  • eventuelle Medikamenteneinnahmen,

  • gewünschte Tragezeit,

  • Allergieneigung.

Merke

Durch die Erweiterung der Kontaktlinsenparameter aufgrund des technologischen Fortschritts ist es heute möglich, fast jeden Refraktionsfehler kontaktoptisch auszugleichen. Im Einzelfall sendet der Anpasser die Topografiedaten an den Hersteller, und der fertigt danach die Linse.

Eine Sitzkontrolle erfolgt bei formstabilen Linsen nach dem Fluoresceinbild unter der aufgesetzten Kontaktlinse, ferner unter Beurteilung der Bewegungs- und Zentriereigenschaften der Linsen. Einzelne Anpassprogramme der Hersteller simulieren auf dem Topografen dieses Bild. Die rechnerische Dicke des Tränenfilms unter der Linse wird farbkodiert dargestellt ([Abb. 2]). Dadurch wird die Anpassung virtuell und leichter und die Patientenzeit („chair time“) in der Praxis verkürzt.

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Abb. 2a Große formstabile Kontaktlinse. b Fluorescein unter der Kontaktlinse.

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Die klassischen medizinischen Kontaktlinsenindikationen

Im unkomplizierten kosmetischen Bereich werden die Kontaktlinsen je nach Refraktion und Tragewunsch ausgewählt. Für nur gelegentliches Tragen, z. B. für sportliche Aktivitäten, eignen sich besonders weiche Monats- oder Tageslinsen.

Bei den medizinisch-optischen Indikationen ist oft die Kontaktlinsenversorgung die einzige Möglichkeit, eine optische Rehabilitation zu erreichen.

Eine Übersicht über die Indikationen nach dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands zeigt [Tab. 3].

Tab. 3 Indikationen nach dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands.

Befund

Wert

hohe Myopie

ab 8 dpt (nur für gesetzliche Krankenkassen)

hohe Hyperopie

ab 8 dpt (nur für gesetzliche Krankenkassen)

Anisometropie

ab 2 dpt

Aniseikonie

ab 7%

Aphakie

einseitig (wegen der hohen Anisometropie)

Astigmatismus rectus und inversus

ab 3 dpt

Astigmatismus obliquus

ab 2 dpt

Irislinse bei Substanzverlust der Iris

ohne Stärke

klinische Definition hohe Myopie

ab 6 dpt

klinische Definition hohe Hyperopie

ab 6 dpt

Okklusionslinsen

Okklusionslinsen werden bevorzugt eingesetzt in der Schieltherapie. Grundsätzlich wird in der Literatur darauf hingewiesen, besonders Kinder frühzeitig voll mit Brillen oder Kontaktlinsen auszukorrigieren.

Dunkel gefärbte Kontaktlinsen dienen als wenig störender Okkluder in der Amblyopiebehandlung. Besonders bei Schulkindern werden sie gut akzeptiert. Man unterscheidet Kontaktlinsen mit schwarz gefärbter Pupille, die aber immer noch etwas Licht durchlassen. Ab einem Visus von 0,5 sind diese Linsen in der Amblyopiebehandlung brauchbar. Unter einem Visus von 0,5 empfiehlt es sich, Kontaktlinsen zu verwenden, die schwarz unterlegt und absolut lichtdicht sind. So kann das Kind mit völliger Unterdrückung des Seheindrucks aus der schweren Amblyopie geholt werden.

Für den Gebrauch der Okklusionslinsen werden die Eltern in der Handhabung geschult. Es erfolgen regelmäßige augenärztliche Kontrollen der Therapie.

Merke

Junge Patienten in der Amblyopiebehandlung müssen regelmäßig kontrolliert werden. Bei unsachgemäßer Anwendung der Okklusion besteht sonst die Gefahr einer induzierten Amblyopie auf dem okkludierten gesunden Auge.

Im Unterschied dazu reicht es bei störender Diplopie, das Auge zu vernebeln mit Linsen im hohen Plusbereich. Das hat auch den Vorteil, dass das periphere Gesichtsfeld erhalten bleibt, was Unsicherheiten beim Gehen vorbeugt und die Sturzgefahr mindert. Diese Therapie ist schonend, preiswert und effektiv für die meist älteren Menschen mit Diplopie nach Paresen.


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Farblinsen und Partylinsen

Farbige Kontaktlinsen dienen primär kosmetisch der Umgestaltung der Augen. Sie werden häufig genutzt von jungen Damen und im Filmgewerbe. Eine beliebte Besonderheit sind Linsen mit dunklem Rand an der Iriszeichnung. Optisch wirkt das Auge groß. Seit wenigen Jahren sind farbige Kontaktlinsen auch als Hilfsmittel anerkannt und unterliegen in der Qualität den europäischen Richtlinien. Davor gab es erheblichen Missbrauch in Bezug auf Hygiene und Sorgfalt. Linsen wurden getauscht und „secondhand“ verkauft, mit allen bekannten Risiken.

Partylinsen sind bemalt zum Fasching und zu Halloween im Einsatz. Auch diese Linsen dürfen nicht von einem Träger zum nächsten gereicht werden.

Cave

Partylinsenträger müssen in der Praxis besonders sorgfältig untersucht werden. Oft wird die Anamnese nicht vollständig angegeben, und es wurde doch ein Linsentausch vorgenommen. Vorsicht vor Übertragung von Krankheitserregern bei nachlässiger Hygiene und Desinfektion!


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Babylinsen

Neugeborene mit einer deutlichen offensichtlich visusreduzierenden Katarakt werden sehr früh operiert. Innerhalb weniger Tage muss dann die Kontaktlinsenversorgung erfolgen, da sich sonst eine Amblyopie entwickelt. Geeignet sich Silikonlinsen mit einer extrem hohen Sauerstoffdurchlässigkeit von einem DK/t über 300.

Silikonlinsen werden kontinuierlich getragen und alle 3 – 4 Wochen gereinigt und ausgetauscht, wenn die Ablagerungen zu stark geworden sind. Das Silikon zieht Lipide an, die Linsen werden schlierig und lassen in der Abbildungsqualität nach. Silikonkontaktlinsen neigen auch dazu, sich festzusetzen, was wegen der hohen Sauerstoffdurchlässigkeit dieses Materials für kürzere Zeiten toleriert werden kann.

Tipp

Silikonlinsen gibt es nur von wenigen Herstellern, und sie haben längere Lieferzeiten, deshalb empfiehlt es sich immer, ein Reservepaar für die kleinen Patienten vorrätig zu halten.

Es gibt auch Babylinsen aus Silikon-Hydrogel, die aber eine etwas reduzierte Transparenz aufweisen. Babylinsen gehen in der Stärke bis + 40 dpt, die Linsen sind dick. Es kommt auf den Einzelfall an, welcher Typ zum Einsatz kommen wird.

Einzelne Anpasser besonders aus Deutschland, Frankreich und Holland bevorzugen wegen der guten Abbildungsqualitäten schon bei den Kleinsten hochgasdurchlässige formstabile Kontaktlinsen, die kontinuierlich über mehrere Wochen im Auge bleiben. Dies wird unter den Anpassern aber durchaus kontrovers diskutiert.


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Einteilung und Benennung der Kontaktlinsensysteme

Die Literatur rund um Kontaktlinsen ist in der Begrifflichkeit vielschichtig und sogar verwirrend. Die Zuordnung der verschiedenen Kontaktlinsentypen und Designvarianten ist aber für die Anpassung und die Kontrolle wichtig. Die meisten Begriffe sind selbsterklärend und deskriptiv. Die Einteilungen können sich aber durchaus überschneiden. Eine Übersicht fasst [Tab. 4] zusammen.

Tab. 4 Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Kontaktlinsen.

Gruppeneinteilung/Überbegriff

Bezeichnung

Material/Linsenart

  • formstabil

  • flexibel

  • weich

  • Hydrogellinsen

  • Silikon-Hydrogel-Linsen

  • Silikonlinsen

Einteilung nach Größe

  • korneale Kontaktlinsen, die kleiner sind als der Hornhautdurchmesser – bis ca. 10 mm

  • semisklerale Kontaktlinsen, die gerade über den Limbus reichen – bis 14 mm

  • Sklerallinsen – bis zu 25 mm

kosmetisch-ästhetisch

alle für den Träger verträgliche Linsentypen, je nach Wunsch

Design

(wird benannt je nach Form der Vorder- und Rückfläche, wobei fast alle möglichen Kombinationen lieferbar sind)

rotationssymmetrisch, sphärisch oder asphärisch, torische nicht rotationssymmetrische KL wie z. B. rücktorisch, periphertorisch, vorderflächentorisch, quadrantenspezifisch

bi- oder multifokale KL simultan, segmental

Sonderlinsen wie z. B. Hybridkontaktlinsen = fester zentraler Bereich und weicher Rand

Keratokonuskontaktlinsen

meist genutzt werden formstabile Linsen, die exakt den Konus nachformen; es gibt aber auch weiche spezielle Keratokonuslinsen [7]

Tragezeit

(richtet sich nach den Materialeigenschaften und der Sauerstoffdurchlässigkeit)

  • Tageslinsen = zum Tragen über den Tag

  • Linsen zum flexiblen Tragen = gelegentlich auch über die Nacht

  • Dauertragelinsen („continous/extended wear“) = bis 30 Tage ohne Austausch

Austauschfrequenz

  • Tageslinsen

  • Monatslinsen

  • Dreimonatslinsen

  • Jahreslinsen

Sauerstoffdurchlässigkeit – Gasaustausch

Hypergasdurchlässigkeit mit einer Transmissibilität von DK/t > 125, hochgasdurchlässig 80 – 125, mittelgasdurchlässig 30 – 80, nicht/wenig gasdurchlässig 30

Wassergehalt

wird in % angegeben

je höher der Wassergehalt, desto weicher und fragiler die Linse; Wassergehalt

  • bei formstabilen KL 0 – 5%

  • bei weichen KL 24 – 85%

Parameter und Lieferumfang

  • konventionell – mit definierten vorgegebenen Parametern

  • individuell – nach den Daten des Trägers gefertigt

Therapielinsen (Verbandlinsen)

zur Heilung oberflächlicher Hornhautverletzungen – alle weichen Kontaktlinsen, die aufgrund der hohen Sauerstoffdurchlässigkeit verlängert getragen und eine Zulassung als Verbandlinse haben

Kontaktlinsen zur operativen Nachbehandlung

in der Regel weiche Therapielinsen

Ausnahme: steifere Silikon-Hydrogel-Linsen zur Glättung einer oberflächlichen Topografie nach z. B. Keratoplastik

Beschreibung der Indikationen

  • klassische Kontaktlinsen

  • Babykontaktlinsen

  • Farblinsen/Sonnenschutzlinsen

  • Kontaktlinsen zur Myopieprävention

  • Presbyopiekontaktlinsen

  • Keratokonuslinsen

  • Okklusionslinsen zum Abdecken eines Auges

  • Partylinsen

Infektionsrisiko

je nach Material und Tragezeit:

  • das geringste Risiko haben die formstabilen Kontaktlinsen im Tagestragen

  • das höchste Risiko von infektiösen Komplikationen haben die weichen Dauertragelinsen mit einer Komplikationsrate von 28,9/10 000 [8]

Kontaktlinsen als Medikamententräger

am besten geeignet: Kontaktlinsen mit großen Poren und hohem Wassergehalt


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Kontaktlinsen und Presbyopie

Kontaktlinsenträger aus den frühen 1970er-Jahren kommen jetzt in das Presbyopiealter, und besonders diese Träger möchten keine Lesebrille tragen.

Presbyopiekontaktlinsen haben im Falle von Bifokallinsen einen doppelten Fokus, einen für die Nähe und einen für die Ferne, was die nachlassende Akkommodation entlastet ([Abb. 3]). Optisch wird das erreicht mit einer simultanen Anordnung von Ringen unterschiedlicher Stärke oder segmentaler Anordnung wie bei einer Brille. Bei den simultanen Linsentypen kann die Korrektur für die Nähe oder für die Ferne im Zentrum der Linse angeordnet sein. Auch gibt es diese beiden Varianten in multifokaler Ausführung, ähnlich einem Gleitsichtbrillenglas. Damit kann im Gegensatz zur Brille ein blickrichtungsunabhängiges Sehen in allen Entfernungsbereichen erreicht werden.

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Abb. 3 Prinzipien der Presbyopielinsen. a Segmentale bifokale Kontaktlinse. b Simultane multifokale Kontaktlinse

Möglich ist die Fernkorrektur zentral an einem Auge, das zweite Auge hat eine zentrale Nahkorrektur, ausgewählt je nach dominantem Auge und für den entsprechenden gewünschten Arbeitsabstand.

Für Presbyopielinsen ist der binokulare Seheindruck entscheidend.

Tipp

Diese Linsen haben alle mehr oder weniger ausgeprägte optische Nebenwirkungen wie z. B. Halos. Deshalb erfordert diese Anpassung einen kooperierenden und motivierten Träger. Er muss seine individuelle Linsenkonfiguration verstehen und den erreichten Sehkomfort akzeptieren [9]. Die klinische Erfahrung zeigt, dass anderenfalls die Anpassung von Presbyopielinsen nicht erfolgreich ist.

Fallbeispiel

Fall 1: Wunsch nach Kontaktlinsenanpassung

Die Patientin, Ende 40, arbeitet im Büro, ständig am PC, schreibt nach Diktat und wenig nach Vorlagen. Sie wünscht keine Lesebrille.

Es liegt keine Kontaktlinsenkontraindikation vor. Zuerst erfolgt die Überprüfung der Kontaktlinsenmotivation. Bi- und multifokale Kontaktlinsen trennen den Seheindruck und das Gehirn selektiert. Dadurch ist der einzelne Bereich etwas schlechter als bei monofokalen Linsen. Bei manchen Patienten erfordert das eine gewisse Eingewöhnungszeit, darüber wird aufgeklärt.

Ist es wichtig, die Sicht im mittleren Arbeitsabstand zum PC zu erleichtern, dann bieten sich als erste Maßnahme Kontaktlinsen mit aplanatischer Abflachung zum Rande hin an. Wird diese ursprüngliche optisch fehlerhafte Abbildung einer Linse nicht mathematisch korrigiert, dann hat die Linse mehrere Brennpunkte. Dieser multifokale Effekt wird genutzt, er erleichtert das Sehen in verschiedenen Abständen. Das Auge sucht, zerebral gesteuert, selektiv den richtigen Fokus aus. Störende weitere Bilder werden unterdrückt.

Linsen mit reinem aplanatischem Design werden angepasst wie einfache sphärische Linsen und sind für Jungpresbyope sehr gut in der Verträglichkeit.

Wünscht die Patientin eine ständige Korrektur der Presbyopie, kommen multifokale Kontaktlinsen infrage. Die Auswahl geht über eine genaue Bestandsaufnahme der Sehwünsche. Wird lange am PC gearbeitet, dann muss der mittlere Fokalbereich möglichst groß sein, man wählt eine PC-Kontaktlinse. Wird daneben viel im nahen Bereich gearbeitet, werden Vorlagen gelesen und korrigiert, darf der additive Nahzusatz nicht zu gering und zu klein ausfallen. In Abhängigkeit von der Binokularität gibt es die Auswahl mit unterschiedlichen Additionen und unterschiedlichen Größen der einzelnen Bereiche. Außerdem zu beachten ist die Weite der Lidspalte, da manche Kontaktlinsen sich beim Blick nach unten erst in die richtige Position schieben.

Letztendlich ist jeder Patient gut zu versorgen. Schon diese Aufzählung macht aber deutlich, dass bei der Versorgung mit einer Presbyopielinse der Anpasser seinen bevorzugten Linsenhersteller und dessen Linsen gut kennen muss, der Träger muss seine Wünsche ausdrücken können und verständig sein.

Fazit für die Praxis

Bei jüngeren Patienten um die 42+ Jahre immer nach einem Kontaktlinsenwunsch zur Presbyopiekorrektur fragen. Oft bestehen bei Jungpresbyopen hierzu Schwellenängste.


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Kontaktlinsen bei Keratokonus

Keine andere Augenerkrankung ist in den letzten Jahren häufiger diskutiert worden als der Keratokonus. Das hat verschiedene Gründe. Einmal tritt der Konus als progressiv ektatische Erkrankung der Hornhaut ethnisch gehäuft auf bei jungen Menschen aus dem östlichen Mittelmeerraum und dem mittleren Osten. Diese klinische Erfahrung macht jeder Anpasser. Andererseits gibt es inzwischen mit der exzellenten Kontaktlinsenversorgung und dem Cross-Linking bis hin zu den verschiedenen Methoden der operativen Hornhautversorgung sehr erfolgreiche und gute Behandlungsmethoden.

Durch die Gewebeschwäche beim Keratokonus kommt es zu einer Vorwölbung der Hornhaut:

  • zentral in leichten Fällen,

  • vorwiegend versetzt nach nasal unten bei stärkerer Ausprägung.

Die Therapieoption der ersten Wahl ist die Kontaktlinsenversorgung mit formstabilen Linsen. Einfach gestaltet sich dies bei zentrischen kleinen runden Koni. Erleichtert wird die Keratokonusanpassung mit den verfügbaren EDV-Programmen der Hersteller, welche den Linsensitz simulieren und über eine mathematische Berechnung der Dicke des Tränensees ein simuliertes Fluoresceinbild erstellen.

Eine Optimierung des KL-Sitzes kann ebenfalls virtuell durch Veränderung der Basiskurven, Exzentrizitäten und Durchmesser vorgenommen werden, bis nach dem Fluoresceinbild der Linsensitz passend erscheint. So hat die moderne EDV-gestützte Anpassung auch diese schwierigen Versorgungen deutlich verbessert und erleichtert ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Kontaktlinsenanpassung bei Keratokonus. a Topografie des Keratokonus. b Keratokonuslinse mit leicht exzentrischem Sitz. c Fluoresceinbild eines Keratokonus.

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Besondere Kontaktlinsenversorgungen

Nach einer Lasik-Operation mit den Geräten einer frühen Generation können manchmal späte sekundäre Ektasien auftreten (s. a. [Fallbeispiel 2]). Darunter versteht man eine kegelartige Vorwölbung der Hornhaut aufgrund fehlender Stabilität [10]. Diese Komplikation, die in der Art und Ausprägung dem idiopathischen Keratokonus gleicht, wird genau wie dieser behandelt. Bei geringer Ausprägung reicht die Anpassung von formstabilen Kontaktlinsen. Bei stärkerer Ausprägung führt der Ophthalmochirurg ein Cross-Linking (s. [Definition]) durch. Nach Abheilung und Epithelschluss werden Kontaktlinsen angepasst.

Definition

Ophthalmochirurgisches Cross-Linking

Biochemische Versteifung der Kornea durch Quervernetzung der Kollagenfibrillen unter B12-Benetzung und Bestrahlung mit UV-Licht. Vorübergehend wird dadurch die Keratozytenzahl vermindert.

Tipp

Neue Studien zeigen, dass es in Einzelfällen sinnvoll sein kann, schon während der Lasik-Prozedur ein prophylaktisches Cross-Linking durchzuführen [11].

Sekundäre Ektasien findet man auch nach perforierender Keratoplastik aufgrund eines Keratokonus. Nach ca. 10 Jahren übernimmt das Transplantat die pathologische Hornhautform. Hier erfolgt die Behandlung nach dem gleichen Schema mit Cross-Linking und nachfolgender Kontaktlinsenversorgung [12].

Eine weitere Kombination von Kontaktlinsen und Operation ist die Kontaktlinsenanpassung nach halbmondförmiger kornealer Segmentimplantation beim Keratokonus. Hier wird erst die ektatische Topografie durch die intrakornealen Ringe angehoben, ggf. kann zur weiteren Stabilisierung ein Cross-Linking aufgesetzt werden. Dann erfolgt die Kontaktlinsenkorrektur. Oft ist in der Folge nur eine Kontaktlinse mit einfacher Geometrie notwendig [13].

Einfache glatte perforierende Verletzungen werden schon seit Langem behandelt, indem über eine gewisse Zeit eine gut verträgliche Therapielinse aufgesetzt wird. Diese adaptiert die Wundränder, es entsteht nur eine zarte strichförmige Narbe. Diese Bandagenwirkung durch die Linse nutzt auch der Chirurg, falls es nach Katarakt-OP zu Schnittdehiszenzen kommt. Auch nach filtrierender Glaukomoperation kann die Höhe und die Größe des Filterkissens mit einer großen bandagierenden Therapielinse reguliert werden.

Tipp

Die Kombination von Kontaktlinsen zur Unterstützung der Heilung, zur Schmerzlinderung und zur schnellen Rehabilitierung der Patienten und zur Problemlösung nach operativen Eingriffen erfordert ärztliche Kreativität, kontaktoptische Kenntnisse und eine gute kollegiale Zusammenarbeit.

Fallbeispiel

Fall 2: Visusverschlechterung bei Z. n. Lasik

Der Patient ist Mitte 40, hatte eine Lasik vor 20 Jahren und stellt sich jetzt vor, weil die Sehleistung sich in den letzten Jahren verschlechtert.

Genaue Anamnese

Welche Art der Behandlung wurde durchgeführt?

Wie umfangreich war die präoperative Untersuchung?

Diagnostik

Die aktuelle Diagnostik erfolgt idealerweise mit einer Scheinpflug-Kamera unter Einbeziehung der inneren Hornhauttopografie.

Gründe gibt es viele, wenn sich nach Jahren eine sekundäre vordere Ektasie ausbildet. Heute beachtet man neben der Hornhautdicke auch die Rigidität der Hornhaut. Danach wird die Ablationstiefe bestimmt. An der Struktur der inneren Hornhaut kann ein früher Keratokonus, eine „forme fruste“, diagnostiziert werden.

Therapie

Die Behandlung erfolgt, wenn möglich und die Hornhaut noch eine restliche Dicke von mindestens 400 µm aufweist, klassisch mit Cross-Linking und anschließender Kontaktlinsenversorgung.

Fazit für die Praxis

Nicht immer ist eine jahrzehntealte Ablationszone gut zu sehen. Deshalb bei Hinweis oder Verdacht auf eine frühere Lasik-Behandlung sorgfältige Spaltlampenkontrolle vornehmen.


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Orthokeratologie

Zwischen der refraktiven Chirurgie und dem täglichen Tragen von Kontaktlinsen ist die Orthokeratologie angesiedelt. Man nennt diese Linsen auch OK-Linsen oder „Nachtlinsen“. Die formstabilen OK-Linsen werden nur stundenweise im Schlaf getragen. Durch eine Abflachung im zentralen Bereich verformen sie die Hornhaut um ca. 30 µm und verändern so deren Brechkraft ([Abb. 5]). Man nutzt diesen sog. Ortho-K-Effekt für Myopien bis ca. 4 – 6 dpt, je nach Hersteller und Linsentyp. Bei höheren Dioptrienwerten wäre der zentrale abgeflachte Bereich zu klein bzw. kleiner als die mittlere Pupillenweite. Lichtreflexe durch Brechung am Rande der komprimierten Zone werden dann als sehr störend empfunden.

Beim OK-Träger ist eine Refraktionskorrektur über den Tag nicht mehr nötig. Dieser Emmetropieeffekt hält für 8 – 12 Stunden. Wenn darüber hinaus noch volle Sehkraft gewünscht wird, trägt der Patient seine OK-Linsen, die ihn voll korrigieren.

Studien haben gezeigt, dass nach völligem Absetzen der OK-Linsen die Hornhaut wieder ihre ursprüngliche Form annimmt. Diese Linsen schaden dem Auge und seinen Strukturen nicht.

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Abb. 5 Prinzip der Orthokeratologielinsen. a Schematische Darstellung der Orthokeratologie. b Fluoresceinbild einer OK-Linse. c Topografiebeispiel einer OK-Linse. d OK-Topografiebild im Verlauf der Anpassung.

Myopie und Myopieprävention

Merke

Eine neue interessante Indikation für die OK-Linsen ist die Myopieprävention [14].

Ein wichtiges Gebiet für die medizinische Kontaktologie eröffnet sich mit der Myopieforschung. Die hohe Myopie ist als Krankheit einzustufen, sie birgt das Risiko schwerwiegender Netzhautveränderungen. So ist bei hoher Myopie die Amotiorate erhöht, es finden sich vermehrt Makulaschäden und Degenerationen. Da besonders in Asien die Myopierate der Bevölkerung schon bei knapp 90% liegt, kommt ein großer Teil der Forschung und der Studien aus dieser Region.

Die Entstehung der Myopie ist einmal genetisch bedingt, Umweltfaktoren spielen ebenso eine große Rolle. So fördert die exzessive Naharbeit und der ständige Blick auf Smartphone und Tablet die Progression. Messbar ist dies über eine Zunahme des Längenwachstums des Bulbus ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Myopie und Myopieprävention. a Peripherer Fokus bei sphärischer Kontaktlinse. b Peripherer Fokus bei Kontaktlinse mit peripherer Pluswirkung.

Ein Trigger für das zunehmende Längenwachstum des Bulbus ist u. a. die relative periphere Hyperopie bei einer einfachen sphärischen Brillen- oder Kontaktlinsenkorrektur. Auskorrigiert wird ein Patient immer mit der Fokalebene in der Makula. Der Fokus für die peripheren Netzhautareale liegt dann hinter dem Bulbus. Das regt auf humoralem Weg und interne Rückkopplung das Augenwachstum an, der Bulbus elongiert und wird stärker myop. Stoppen kann man dieses Längenwachstum mit speziellen Kontaktlinsen mit peripherer Addition. Die periphere Fokalebene wird auf die Netzhaut projiziert, der Wachstumsreiz entfällt.

Merke

Das Bulbuswachstum kann durch Linsen mit peripherer Pluswirkung gestoppt werden.

Je nach Hersteller gibt es dafür unterschiedliche und sehr aufwendige Designvarianten [15].


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Kontaktlinsen und Infektionsrisiko

Insgesamt ist das Risiko einer mikrobiellen Keratitis klein, aber im Einzelfall bedrohlich für das Augenlicht. 75% der keratitischen Ulzera sind kontaktlinsenassoziiert (s. a. [Fallbeispiel 3]). Prädisponierende Faktoren sind

  • Hornhautoberflächendefekte durch schlechten Linsensitz,

  • mangelnde Hygiene und

  • unsaubere Umgebung [16].

Bei Kontaktlinsenträgern mit Zeichen einer Infektion wird die Therapie sofort mit einem topischen Breitbandantibiotikum begonnen. Gleichzeitig erfolgt eine Isolierung des Erregers ([Tab. 5]) mittels Abstrich und Testung auf Sensibilität gegenüber gängigen Antibiotika [17].

Tab. 5 Die häufigsten Pathogene bei Kontaktlinsenproblemen.

Erreger

Im Speziellen

Bakterien

Staphylococcus aureus

Pseudomonas aeruginosa

Streptococcus pneumoniae

Serratia spp.

Pilze

Fusarium

Aspergillus

Hefen

Candida spp.

Protozoen

Acanthamoeba spp.

Die Behandlung unterscheidet sich nicht von der üblichen augenärztlichen Behandlung.

Fallbeispiel

Fall 3: Schmerzhafte Augen bei einem Kontaktlinsenträger


Der 19 Jahre alte Patient kommt mit roten Augen in die Sprechstunde, er ist Kontaktlinsenträger – wie geht man vor?


Gründliche Anamnese

  • Welche Linsen werden getragen?

  • Welche Desinfektionsprodukte kommen wie zum Einsatz?

  • Tragezeit der Kontaktlinsen?


Diagnostik


Nach der Anamnese erfolgen die Spaltlampeninspektion auch der Kontaktlinsen und ggf. ein Abstrich vom Auge und von der Flüssigkeit aus dem Linsenbehälter. Bei Verdacht auf bakterielle Infektion ist sofort mit einer Therapie zu beginnen [18].


Bei der Spaltlampenuntersuchung wird die Art der Rötung zugeordnet [19]. Klassisch für trockene Kontaktlinsenaugen und beginnende Kontaktlinsenkomplikationen ist die zirkuläre limbale violette Injektion. Periphere Infiltrate sind oft gesehen, aber nicht immer pathologisch [20]. Sie verursachen auch keine Rötung.


Die Symptome der beginnenden mikrobiellen Keratitis sind:

  • Rötung des gesamten Bulbus,

  • Schmerzen,

  • Tränen,

  • ggf. eitriges Sekret,

  • Visusminderung.


Die Symptome variieren je nach Erreger, sind in der Regel aber gravierend ([Abb. 7]).

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Abb. 7 Fall 3. a Limbäre Gefäßfülle. b Kontaktlinsen mit klassischen roten Kontaktlinsenaugen.

Weiteres Vorgehen


Die Kontrollen der Therapie erfolgen kurzfristiger als bei Nichtlinsenträgern. Der Patient wird umfangreich aufgeklärt. Im ungünstigen Fall entwickelt sich innerhalb von Stunden ein schweres Ulkus mit einer nachfolgenden Endophthalmitis, dann muss sehr schnell gehandelt werden.


Falls eine Kontaktlinsentragepause angezeigt ist, dann nur so lange wie unbedingt nötig. In dieser Hinsicht zeigen die Kontaktlinsenträger wenig Compliance. Besser ist es, für besondere Gelegenheiten Tageslinsen mitzugeben, die dann nur Stunden getragen und danach sofort entsorgt werden.


Fazit für die Praxis


Durch das Tragen der Kontaktlinsen werden Schmerzen am Auge maskiert. Sie werden erst bemerkt nach Absetzen der Linse. Der Träger kommt oft sehr spät in die Sprechstunde, schnelles therapeutisches Handeln ist wichtig.


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Blick in die Zukunft

Große Weltkonzerne haben die Kontaktlinsen für sich entdeckt, forschen und entwickeln. Über Mikrochips werden Messeinrichtungen in Kontaktlinsen eingebaut, man kann den Blutzucker messen, den Augendruck. Über die Nanotechnologie werden gezielt Medikamente aus der Kontaktlinse freigesetzt. Zur Prophylaxe von Infektionen experimentiert man mit keimtötenden Oberflächenbeschichtungen [21].

Kontaktlinsen, gleich ob kosmetisch und zum gelegentlichen Tragen, ob medizinisch in der differenzierten Therapie bei diversen Augenkrankheiten oder sogar als eigentlich refraktionsfremde Vehikel, haben einen festen Platz in der modernen Welt erobert.


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Zusammenfassung

Im Beitrag werden Begriffe rund um die Kontaktlinsen erklärt.

Kontaktlinsen haben sich über die Jahre und Jahrzehnte sowohl in der Hilfsmittelversorgung als Refraktionsausgleich wie auch im medizinischen Einsatz in der Therapie von Hornhauterkrankungen einen festen Platz erobert. Ein Grund dafür ist die Vielfalt der Design- und Materialvarianten. Moderne Technologien in der Herstellung ermöglichen dies, für jede Fehlsichtigkeit kann die passende Kontaktlinse gefertigt werden.

Der Artikel weist auf besondere Indikationen der Kontaktlinsen hin: Komplikationen nach Lasik (Keratokonus) werden mit Kontaktlinsen behoben. Die Kontaktologie arbeitet in diesen Bereichen eng mit der Ophthalmochirurgie zusammen. Besondere Kontaktlinsenindikationen sind dazugekommen, wie die Presbyopiekontaktlinse, die Linsen zur Myopieprävention und die Ortho-K-Linsen, die sog. Nachtlinsen.


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Kernaussagen
  • Es gibt Kontaktlinsen in formstabiler Ausführung bis hin zu extrem flexiblen weichen Kontaktlinsen.

  • Kontaktlinsen gibt es im konventionellen und im individuellen Bereich für alle Refraktionsfehler. Das ist möglich durch moderne Technologie.

  • Kontaktlinsen sind für medizinische Indikationen zum Visuserhalt zwingend erforderlich, Beispiel Keratokonus.

  • Die Verträglichkeit der Kontaktlinsen ist abhängig von vielen Faktoren, einmal von den Materialeigenschaften und dann von der physiologischen Interaktion mit dem vorderen Augenabschnitt.

  • Formstabile Kontaktlinsen sind immer dann die erste Wahl, wenn es auf eine brillante Sehschärfe ankommt und ein Infektionsrisiko minimiert werden muss.

  • Keratokonuskontaktlinsen sind in der Regel formstabil und in der Form auf den Konus abgestimmt. Die Anpassung wird EDV-gestützt erleichtert.

  • Weiche Kontaktlinsen eignen sich hervorragend zum gelegentlichen Tragen, da sie kaum Gewöhnungszeit brauchen.

  • Silikon-Hydrogel-Kontaktlinsen haben eine sehr hohe Sauerstoffdurchlässigkeit und sind biologisch verträglich.

  • Silikon-Hydrogel-Linsen eignen sich als Therapie- und Dauertragelinsen auch nach operativen Eingriffen im Bereich des vorderen Augenabschnittes.

  • Presbyopiekontaktlinsen werden individuell angepasst und ausgewählt und erfordern einen verständigen Patienten.

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Gudrun Bischoff, Hamburg.


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Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde (doi:10.1055/a-0654-2441).


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Autorinnen/Autoren

Gudrun Bischoff

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Dr. med., Fachärztin für Augenheilkunde. Vorsitzende der Deutschen Augenärztlichen Kontaktlinsen Gesellschaft, Executive Secretary General und Past President des IMCLC, Direktor Medical Eye-Care Center Hamburg. Schwerpunkte dort: operative Versorgung des vorderen Augenabschnittes, Glaukombehandlung, pädiatrische Ophthalmologie mit Strabologie sowie Kontaktlinsenversorgung. Weiterhin: Vorsorge und die Therapie bei progredienter Myopie mit Kontaktlinsen plus additiver Verordnung von Atropin.

Interessenkonflikt

Die Autorin gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Gudrun Bischoff
Augenpraxis und Augenklinik
Berner Heerweg 173 – 175
22159 Hamburg


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Abb. 1 Historische Entwicklung der Kontaktlinsentechnologie. a Formstabile Kontaktlinsen. b Große weiche Kontaktlinsen. c Silikon-Hydrogel-Kontaktlinsen.
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Abb. 2a Große formstabile Kontaktlinse. b Fluorescein unter der Kontaktlinse.
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Abb. 3 Prinzipien der Presbyopielinsen. a Segmentale bifokale Kontaktlinse. b Simultane multifokale Kontaktlinse
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Abb. 4 Kontaktlinsenanpassung bei Keratokonus. a Topografie des Keratokonus. b Keratokonuslinse mit leicht exzentrischem Sitz. c Fluoresceinbild eines Keratokonus.
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Abb. 5 Prinzip der Orthokeratologielinsen. a Schematische Darstellung der Orthokeratologie. b Fluoresceinbild einer OK-Linse. c Topografiebeispiel einer OK-Linse. d OK-Topografiebild im Verlauf der Anpassung.
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Abb. 6 Myopie und Myopieprävention. a Peripherer Fokus bei sphärischer Kontaktlinse. b Peripherer Fokus bei Kontaktlinse mit peripherer Pluswirkung.
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Abb. 7 Fall 3. a Limbäre Gefäßfülle. b Kontaktlinsen mit klassischen roten Kontaktlinsenaugen.