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DOI: 10.1055/s-0042-113221
Pleomorphes dermales Sarkom am Capillitium: Deckung mit Dermisersatzpräparat in einer Sitzung
Pleomorphic Dermal Sarcoma on Scalp: One-Stage Defect Closure with a Dermal Substitute- Zusammenfassung
- Abstract
- Anamnese
- Dermatologischer Befund
- Histopathologischer Befund
- Therapie und Verlauf
- Diskussion
- Literatur
Zusammenfassung
Das dermale pleomorphe Sarkom ist ein eher seltener bösartiger Tumor chronisch belichteter Areale, der vor allem ein hohes Lokalrezidivrisiko hat. Hier zeigen wir einen Fall mit ausgedehntem Befall des behaarten Kopfes, bei dem nach tiefer Präparation einschließlich Galearesektion mittels sofortiger Anwendung eines dermalen Äquivalentes eine drohende Wundheilungsstörung vermieden werden konnte.
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Abstract
The dermal pleomorphic sarcoma represents a rare tumor of chronically sun-exposed skin with an especially high local recurrence risk. Here we demonstrate how a possible disturbance of the development of the local granulation tissue after a deep excision including the galea could be avoided by immediately using a dermal equivalent.
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Anamnese
In unserer Klinik stellte sich ein 79-jähriger Patient mit einer schnell gewachsenen, knotigen Hautveränderung am Capillitium vor, die zu Spontanblutungen neigte.
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Dermatologischer Befund
Zum Aufnahmezeitpunkt zeigte sich am behaarten Kopf mittig ein solitärer, ca. 4 × 4 cm großer, rötlich-livide verfärbter, zentral ulzerierter, kaum verschieblicher Tumorknoten ([Abb. 1 a]). In der Umgebung zeigten sich multiple, erythematöse Maculae mit keratotischer Oberfläche im Sinne von aktinischen Präkanzerosen bei ausgeprägter Feldkanzerose.


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Histopathologischer Befund
Nach operativer Entfernung des Tumors zeigte sich histopathologisch in der Dermis und Subkutis ein infiltrativ wachsender, ausgedehnter, wenig differenzierter, spindelzelliger Tumor ([Abb. 2 a u. b]). Die Tumorzellen zeigten mit atypischen Mitosen, multinukleären Zellen und Einzelzellnekrosen alle Kennzeichen der Malignität. Die immunhistochemische Untersuchung zeigte Positivität für Faktor 13 und eine hohe Proliferation mit Ki-67, während S100, HMB 45 und Melan A, sowie CD34 und Panzytokeratin negativ waren. Wir bestätigten daher die klinische Diagnose eines pleomorphen dermalen Sarkoms.


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Therapie und Verlauf
Unter der klinischen Vermutung eines dermalen Sarkoms wurde eine radikale Exzision des Tumors mit 1,5 cm Sicherheitsabstand bis einschließlich der Galea durchgeführt ([Abb. 1 b]). In gleicher Sitzung erfolgte eine ausgedehnte Abtragung der Feldkanzerose mittels tiefreichender Erbium-Yag-Laser-Abtragung in Lokalanästhesie. Aufgrund der sicher zu erwartenden Granulationsstörung bei dieser Exzisionstiefe verwendeten wir in gleicher Sitzung das kollagenhaltige Dermisersatz-Produkt Integra© ([Abb. 1 c]). Nach 4-wöchiger konventioneller Wundbehandlung konnte nach Entstehung eines tragfähigen Granulationsgewebes die Defektdeckung mittels Spalthauttransplantation durchgeführt werden. Staging-Untersuchungen mittels MRT Schädel und CT Hals bis Becken ergaben keinen Hinweis auf Fernmetastasierung. Die Wundheilung zeigte sich im Verlauf komplikationslos, es zeigte sich lediglich eine kosmetisch störende Hyperpigmentierung ([Abb. 3 a]) im Bereich des Transplantates, die wir mittels Neo-Dyn-YAG-Laser aufhellen konnten ([Abb. 3 b]).


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Diskussion
Das pleomorphe dermale Sarkom wurde erstmals Anfang der 1960er-Jahre von Helwig definiert [1]. In den darauffolgenden Jahren wurden von mehreren Autoren ähnliche Weichteiltumoren beschrieben, die ursprünglich als malignes Fibroxanthom bzw. malignes fibröses Histiozytom (MFH) betitelt wurden und definitionsgemäß bis in die tiefe Subkutis reichen [2]. Das MFH wurde zu diesem Zeitpunkt als häufigste Tumorentität der Weichteilsarkome des Erwachsenenalters betitelt [3]. Das atypische Fibroxanthom wurde damals als oberflächliche Variante des malignen fibrösen Histiozytoms angesehen. 2002 fasste Fletcher beide Diagnosen zum Begriff des undifferenzierten pleomorphen Sarkoms (UPS) zusammen [4].
Klinisch zeigt sich das undifferenzierte pleomorphe Sarkom unspezifisch. Meist imponiert ein derber, häufig zentral ulzerierter, nicht oder kaum verschieblicher, hautfarbener bis erythematöser Knoten, in dessen Umgebung sich häufig eine massiv lichtgeschädigte Haut zeigt. Der Tumor findet sich in mehr als 80 % im Kopf-Hals-Bereich, vor allem das Capillitium zeigt sich häufig betroffen. Der Altersgipfel bei Diagnosestellung liegt zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr, Männer sind dabei deutlich häufiger als Frauen betroffen. Als ursächlich für die Entstehung eines UPS werden vor allem die jahrelange UV-Exposition sowie eine Bestrahlungstherapie oder das Bestehen einer Immundefizienz angesehen. Patienten mit definierten genetischen Defekten, wie z. B. dem Xeroderma pigmentosum, haben ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines undifferenzierten pleomorphen Sarkoms.
Die Herkunft der Tumorzellen ist nach wie vor nicht sicher geklärt. Als Ursprung werden sowohl Histiozyten und auch Fibroblasten diskutiert. Einige Autoren sind auch der Meinung, dass das undifferenzierte pleomorphe Sarkom aus einem entdifferenzierten Karzinom hervorgehen kann, zumal sich in unmittelbarer Umgebung des Tumors häufig fortgeschrittene Dysplasien im angrenzenden Epithel im Sinne einer Feldkanzerose zeigen [5]. Dies war auch bei unserem Patienten der Fall und konnte mittels radikaler operativer Erbium-Yag-Laser-Therapie in Lokalanästhesie weitestgehend beseitigt werden.
Differenzialdiagnostisch sollten klinisch und histologisch vor allem ein Basalzellkarzinom, ein spinozelluläres Karzinom, ein malignes Melanom (amelanotisch), ein Granuloma teleangiectaticum sowie das Merkelzellkarzinom ausgeschlossen werden.
Leitliniengerechte Empfehlungen bezüglich der notwendigen weiterführenden apparativer Diagnostik existieren bisher nicht.
Die Therapie der Wahl ist die mikrografisch kontrollierte, chirurgische Entfernung des Hauttumors. Es wird ein Sicherheitsabstand von mindestens 1 – 2 cm empfohlen. In einer Studie von 2009 konnte nachgewiesen werden, dass bei Einhaltung eines Sicherheitsabstandes 96,6 % der Tumoren vollständig exzidiert waren und auch kein Rezidiv nachgewiesen werden konnte [6].
Die Neigung zu Lokalrezidiven liegt allgemein bei einer Wahrscheinlichkeit von ungefähr 7 %. Diese treten in der Regel meist innerhalb der ersten 2 – 3 Jahre nach primärer Exzision auf. Wir vermuten, dass diese hohe Rezidivrate am behaarten Kopf durch bewusstes, intraoperatives Belassen der Galea zur Vermeidung von Wundheilungsstörungen bedingt ist.
Daher entschlossen wir uns bei diesem ungewöhnlich ausgedehnten Fall dazu, bereits bei der primären Operation nach radikaler Entfernung einschließlich Galea mit einem Dermisäquivalent (Integra©) zu arbeiten. In der Folge kam es zu einer guten Ausbildung von Granulationsgewebe, sodass eine Deckung mit Spalthaut bereits nach 4 Wochen möglich war. Lediglich die Hyperpigmentierung störte den Patienten kosmetisch. Hier konnten wir mit einem Neo-Dyn-Yag Laser 532 nm Abhilfe schaffen.
Insgesamt zeigt sich die Prognose bei den undifferenzierten, pleomorphen Sarkomen günstig. Die Metastasierungsrate liegt zwischen 0,5 und 10 %. In erster Linie metastasieren die Tumoren in die umliegende Haut, seltener in regionale Lymphknoten und vereinzelt in Lunge und Leber.
Die klinischen Nachsorgeuntersuchungen sollten innerhalb der ersten 2 – 3 Jahre nach Primärexzision alle 3 – 6 Monate erfolgen. Dabei empfehlen sich vor allem ein Hautscreening sowie die Palpation der angrenzenden Lymphknotenstationen. Weiterführende apparative Diagnostik sollte je nach individueller Situation additiv erfolgen [7].
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Helwig EB. Atypical fibroxanthoma. Tex J Med 1963; 59: 664-667
- 2 Kempson RL, McGavran MH. Atypical fibroxanthomas of the skin. Cancer 1964; 17: 1463-1471
- 3 Fletcher CD. Pleomorphic malignant fibrous histiocytoma: fact or fiction? A critical reappraisal based on 159 tumors diagnosed as pleomorphic sarcoma. Am J Surg Pathol 1992; 16: 213-228
- 4 World Health Organization Classification of Tumours. Pathologie and genetics of tumours of soft tissue and bone. Lyon, France: IARC Press; 2002: 120-126
- 5 Zelger B, Soyer HP. Between scylla and charybdis; mythology in dermatopathology. Dermatopathol Prac Conceptual 2000; 6: 348-355
- 6 Ang GC, Roenigk RK, Otley CC et al. More than 2 decades of treating atypical fibroxanthoma at mayo clinic: what have we learned from 91 patients?. Dermatol Surg 2009; 35: 765-772
- 7 Aigner B, Ugurel S, Kaddu S et al. Kutane Sarkome: Update ausgewählter Entitäten fibrohistiozytärer und myofibrozytärer Morphologie. Hautarzt 2014; 65: 614
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Helwig EB. Atypical fibroxanthoma. Tex J Med 1963; 59: 664-667
- 2 Kempson RL, McGavran MH. Atypical fibroxanthomas of the skin. Cancer 1964; 17: 1463-1471
- 3 Fletcher CD. Pleomorphic malignant fibrous histiocytoma: fact or fiction? A critical reappraisal based on 159 tumors diagnosed as pleomorphic sarcoma. Am J Surg Pathol 1992; 16: 213-228
- 4 World Health Organization Classification of Tumours. Pathologie and genetics of tumours of soft tissue and bone. Lyon, France: IARC Press; 2002: 120-126
- 5 Zelger B, Soyer HP. Between scylla and charybdis; mythology in dermatopathology. Dermatopathol Prac Conceptual 2000; 6: 348-355
- 6 Ang GC, Roenigk RK, Otley CC et al. More than 2 decades of treating atypical fibroxanthoma at mayo clinic: what have we learned from 91 patients?. Dermatol Surg 2009; 35: 765-772
- 7 Aigner B, Ugurel S, Kaddu S et al. Kutane Sarkome: Update ausgewählter Entitäten fibrohistiozytärer und myofibrozytärer Morphologie. Hautarzt 2014; 65: 614





