Pneumologie 2016; 70(08): 504
DOI: 10.1055/s-0042-112694
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intensivmedizin – Dexmedetomidin verkürzt Beatmungsdauer bei Delir

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Publication Date:
11 August 2016 (online)

 

    Viele kritisch Kranke auf Intensivstationen entwickeln ein Delir. Besonders problematisch ist die agitierte Form, da hier bei maschineller Beatmung ein erhöhtes Risiko für eine Selbst-Extubation besteht. Eine effektive Therapie gibt es bislang noch nicht.
    JAMA 2016; 315: 1460–1468

    In einer aktuellen Studie wurde nun von M. C. Raede et al. die Wirksamkeit von Dexmedetomidin als Zusatz zur Standardversorgung untersucht. Die doppelblinde, randomisierte Studie wurde zwischen 2011 und 2013 in 15 Krankenhäusern in Neuseeland und Australien durchgeführt. Ausgewertet wurden die Daten von 39 Patienten, die Dexmedetomidin erhalten hatten, und 32 Patienten aus der Placebogruppe. Alle Studienteilnehmer erhielten eine Standardtherapie aus Propofol-basierten und antipsychotischen Medikamenten. Primärer Endpunkt war die Anzahl an beatmungsfreien Stunden während des Aufenthalts auf der Intensivstation. Die 21 definierten sekundären Endpunkte umfassten u. a.

    • Zeit bis zur Extubation,

    • Notwendigkeit einer Reintubation,

    • Dauer des Delirs und der Agitation,

    • Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus insgesamt.

    In der Prüfgruppe betrug die Dexmedetomidin-Dosis zu Beginn 0,5 μg / kg / h. Danach wurde titriert bis die gewünschte Sedierung eintrat (0–1,5 μg / kg / h). Das Präparat wurde für maximal 7 Tage verabreicht.

    Unter Dexmedetomidin nahmen die beatmungsfreien Stunden im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant zu (median 144,8 vs.127,5 Stunden; p = 0,01). Keiner der 21 sekundären Endpunkte war unter Dexmedetomidin gegenüber Placebo signifikant schlechter ausgeprägt.

    Positiv durch das Präparat beeinflusst wurde die Zeit bis

    • zur Extubation (21,9 vs. 44,3 Stunden unter Dexmedetomidin bzw. Placebo; p < 0,001) sowie

    • zum Ende des Delirs (23,3 vs. 40,0 Stunden; p = 0,01).

    Unerwünschte Ereignisse waren insgesamt selten. Diesbezüglich unterschieden sich die Studiengruppen nicht.

    Fazit

    Aufgrund der positiven Effekte auf die Beatmungs- und Delirdauer empfehlen die Autoren den sedativen Alpha-2-Agonisten Dexmedetomidin als Zusatz zur Standardtherapie bei agitierten, beatmeten Delirpatienten.

    Dr. Frank Lichert, Weilburg


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