Z Orthop Unfall 2016; 154(03): 235-236
DOI: 10.1055/s-0042-110183
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial für die Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie

D. C. Wirtz
,
U. Stöckle
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Korrespondenzadressen

Univ.-Prof. Dr. med. Dieter C. Wirtz
Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
Universitätsklinikum Bonn
Sigmund-Freud-Straße 25
53105 Bonn
Telefon: 02 28/2 87-1 41 70   
Fax: 02 28/2 87-1 41 75   

 

Univ.-Prof. Dr. Ulrich Stöckle
Ärztlicher Direktor
BGU Klinik Tübingen
Schnarrenbergstraße 96
72076 Tübingen
Telefon: 0 70 71/6 06-10 01   
Fax: 0 70 71/6 06-10 02   

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. Juni 2016 (online)

 

Liebe Leserinnen und Leser,

auch im 3. Heft unseres Jahrgangs ist wieder ein außerordentlich interessantes Portfolio von sowohl berufspolitischen Informationen als auch klinisch-wissenschaftlichen Studien zusammengetragen.


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In der Rubrik „Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell“ wurde erneut das Thema Qualitätssicherung mit Routinedaten aufgearbeitet. Dieses wird seit einigen Jahren zwischen Krankenkassen auf der einen und den Leistungserbringern/Krankenhäusern auf der anderen Seite durchaus kontrovers diskutiert. Dabei ist seit Januar 2016 durch die Vorgabe des Krankenhausstrukturgesetzes klar, dass nach dem „Pay for performance-Prinzip“ sowohl die finanzielle Entgeltung im Krankenhaus als auch die zukünftige Krankenhausplanung anhand von belastbaren Qualitätsindikatoren durchgeführt werden muss. Insofern ist das ZfOU-Interview mit Herrn Fischer als Leiter des Referats Qualitätsmanagement bei der Krankenhausgesellschaft NRW sehr lesenswert; nach seiner Einschätzung ist mit den bisherigen Abrechnungsdaten der Krankenhäuser keine saubere Risikoadjustierung und damit keine belastbare Berechnungsgrundlage für die Qualitätssicherung mit Routinedaten möglich. Im Gegensatz dazu ist in einem weiteren ZfOU-Interview mit Herrn Günster als Vertreter des WIdO-Instituts der Ortskrankenkassen die gegensätzliche Meinung vertreten, dass das Verfahren und die Methodik zur Qualitätssicherung mit Routinedaten zwischenzeitlich so ausgereift seien, dass diese für eine gesetzliche Qualitätssicherung genutzt werden könne. Im dritten ZfOU-Interview mit Herrn Selbmann als Emeritus des Instituts für Medizinische Informationsverarbeitung der Universität Tübingen wurde ein „unabhängiger Experte“ zu dieser Kontroverse befragt. Nach seiner Einschätzung haben Routinedaten durchaus ein hohes Potenzial für eine mögliche Bewertung, müssen jedoch validiert sein, was bisher wohl nicht gegeben ist. Aus diesem kurzen Abriss der abgedruckten 3 Interviews zeigt sich die „hohe Sprengkraft“, die hinter dieser Thematik für die Kliniken steckt. Das Lesen der Interviews lohnt sich daher auf jeden Fall.

Wie schon in den vergangenen Editorials angekündigt, wollen wir zunehmend auch Leitlinien und Kommentare zu Leitlinien aus unserem Fachgebiet publizieren. Diesbezüglich wird in der vorliegenden Heftausgabe von C. Niedhart die S3-Leitlinie Osteoporose (letzter Aktualisierungsstand 2014) [1] dargestellt und entsprechend mit der seitdem erschienenen aktuellen Literatur kommentiert.

In der nachfolgend aufgeführten Arbeit von Hotfiel et al. [2] ist eine aktuelle Übersicht über die Klassifikationen, diagnostischen Vorgehensweisen und aktuellen Behandlungsempfehlungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Evidenzlage bei Muskelverletzungen aufgeführt. Dabei wird besonders hervorgehoben, dass es bei Infiltrationsbehandlungen mit Lokalanästhetika zu myotoxischen Effekten kommt, jedoch bei singulärer Glukokortikoid-Infiltration dieser myotoxische Effekt nicht zu beobachten ist.

In der Arbeit von Arnscheidt et al. [3] wurden für das Krankheitsbild der Arthrose die aktuellsten Erkenntnisse im Bereich moderner, zum Teil noch experimenteller Bildgebung und biochemischer Methoden, die sich für eine Frühdiagnose der Arthrose eignen, dargestellt. Das besondere Potenzial dieser neuen translationalen Techniken liegt vor allem darin, die Arthrose möglichst frühzeitig zu erkennen und dann präventiv behandeln zu können.

Die Arbeitsgruppe von Bernhardt et al. [4] untersuchte die Fragestellung, in wie weit der Einsatz eines peripheren Neuromonitorings die Schraubenfehllage bei transpedikulärer Instrumentation der Lendenwirbelsäule verringern kann. Es zeigte sich jedoch, dass dies durch die angewendete Neuromonitoringmethodik nicht bestätigt werden kann, sodass dieser durchaus interessante Ansatz für die klinische Anwendung nicht empfehlenswert ist.

Die Arbeit von Langenhan et al. [5] untersuchte die Auswirkungen auf die Arbeitsunfähigkeit bei komplexen Claviculaschaftfrakturen und bei dislozierten Schaftfrakturen bei Schwerarbeitern. Dabei konnten sie zeigen, dass mit der intramedullären Schienung die frühfunktionelle Nachbehandlung von dislozierten Claviculaschaftfrakturen gegeben ist und nicht das Frakturmuster, sondern insbesondere der Grad der physischen Arbeitsbelastung maßgeblich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist.

Aus der Arbeitsgruppe von Büren et al. [6] wurden die für die traumatologischen Eingriffe der palmaren Plattenosteosynthese am distalen Radius, der proximalen Femurnagelung und der Implantation einer Duokopfprothese im Rahmen des Team-Time-Outs geschätzten Schnitt-Naht-Zeiten den nachfolgend tatsächlichen Operationszeiten gegenübergestellt. Hierbei zeigte sich kein signifikanter Unterschied, sodass lediglich bei nicht zu erwartenden intraoperativen Komplikationen auch Ausreißer im Sinne „überdurchschnittlich langer Schnitt-Naht-Zeiten“ resultierten.

Durch die Arbeitsgruppe von Seeber et al. [7] wurde die Fragestellung der Planungsgenauigkeit, der Zeitersparnis und der Kosteneffektivität unter Verwendung eines patientenspezifischen Instrumentariums für die unilaterale Schlittenprothese untersucht. Dabei konnte anhand von insgesamt 24 analysierten Operationen gezeigt werden, dass die Planung intraoperativ sogar in der Mehrzahl der Fälle verändert werden musste, die OP-Zeit sich deutlich verlängerte und ein deutlich erhöhter Kostenaufwand im Vergleich zum Standardvorgehen resultierte. Nach Einschätzung der Autoren sind daher die Erwartungen an eine patientenspezifische Instrumentationstechnologie für die Schlittenendoprothese derzeit nicht erfüllt.

In der Studie von Bornemann et al. [8] wurde die Temperaturverteilung im angrenzenden Gebiet bei der Radiofrequenzablation spinaler Tumormetastasen untersucht. Dabei zeigte sich bei korrekter Sondenlage kein erhöhtes Schädigungspotenzial für die neuralen Strukturen im Spinalkanal und/oder des Neuroforamens. Von den Autoren wurde daher die Radiofrequenzablation bei Wirbelkörpermetastasen als sicheres Verfahren eingestuft.

Von Prokop et al. [9] wurde eine sehr interessante Kasuistik unter Reflexion der diesbezüglich zur Verfügung stehenden Literatur zum Schädigungspotenzial von Tabletten in Blisterpackungen bei kognitiv eingeschränkten Patienten dargestellt. Als Konsequenz wurde als Dienstanweisung in der Autorenklinik vorgegeben, dass die Ausgabe von Tabletten in Blisterpackung am Patientenbett zukünftig untersagt ist.

Im Videopaper von Chmielnicki und Prokop [10] wurde die perkutane Achillessehnennaht nach Zwipp mit dem Dresdner Instrumentarium dargestellt und über die eigenen durchaus positiven Ergebnisse mit dieser Methode berichtet.

Im Refresher-Teil unserer Zeitschrift wurde ausführlich und detailliert das sogenannte „Gluteussehnensyndrom“ dargestellt. Es beschreibt letztendlich die „Rotatorenmanschettenruptur“ am Hüftgelenk, die sicherlich in der klinischen Praxis häufig verkannt und mit der Diagnose Bursitis trochanterica nicht ausreichend beschrieben ist. Es lohnt sich also sehr, diesen Refresher-Artikel zu lesen.

Als Herausgeber der ZfOU möchten wir weiterhin dem Konzept treu bleiben, Ihnen sowohl mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch Refresher-Artikeln einen interessanten Mix als Informationsgewinn für die tägliche Arbeit zusammenzustellen. Dabei ist zusätzlich der gerade in diesem Heft zusammengestellte Themenkomplex zur Qualitätssicherung mit Routinedaten ein solch aktuelles gesundheitspolitisches Thema, an dem keiner, der im Gesundheitssystem arbeitet, „vorbei kommt“.

Ihre
D. C. Wirtz
U. Stöckle


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D. C. Wirtz

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U. Stöckle

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