Aktuelle Dermatologie 2016; 42(05): 167
DOI: 10.1055/s-0042-105837
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Malignes Melanom – Erfolg trotz Nebenwirkungen

Contributor(s):
Friederike Klein

J Eur Acad Dermatol Venereol 2016;
30(2): 250-257
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Publication History

Publication Date:
27 June 2016 (online)

 

    Die Therapie des BRAF-mutierten malignen Melanoms mit dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib hat fast immer Nebenwirkungen an der Haut zur Folge, die auch einen höheren Schwergrad erreichen können. Wie oft dies zum Therapieabbruch führt und ob Dabrafenib dann eine Alternative darstellt, haben L. Peuvrel et al. untersucht.
    J Eur Acad Dermatol Venereol 2016; 30: 250–257

    Retrospektiv analysierten die Autoren Daten von 131 Patienten, die zwischen November 2010 und Dezember 2014 wegen eines malignen Melanoms mit Vemurafenib (960 mg 2-mal täglich) behandelt worden waren. Dabei interessierte sie die Art und die Schwere der dokumentierten Hauttoxizitäten, die Notwendigkeit der Anpassung der Vemurafenib-Therapie und der Einfluss eines Wechsels auf eine Therapie mit Dabrafenib (300 mg / Tag). Dazu führten sie auch eine Landmark-Analyse durch, um den Einfluss der Maßnahmen auf das Gesamtüberleben zu untersuchen.

    Hauttoxizität oft intolerabel, aber prognostisch günstig

    Von 131 mit Vemurafenib behandelten Patienten entwickelten 116 (89 %) eine Hauttoxizität an der Haut, 34 (26 %) eine Hauttoxizität des Grads 3–4. In 15 Fällen (11 % der Gesamtkohorte) führte diese Hauttoxizität zu einem permanenten Therapieabbruch, v. a. aufgrund schwerer makulopapulöser Exantheme (n = 14) und einer diffusen Keratosis pilaris (n = 3) sowie wegen klassischer Hautnebenwirkungen wie Steven-Johnson-Syndrom (n = 1) oder Arzneimittelreaktionen mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (n = 1). 19 der Patienten mit Hauttoxizitäten des Grads 3–4 konnten die Therapie fortsetzen, 14 ohne Änderung, 5 nach einer Dosisreduktion auf 75 % (n = 4) oder 50 % der Anfangsdosis (n = 1). Eine Photosensitivität führte nur in einem von insgesamt 8 Fällen zu einem permanenten Therapieabbruch, Basalzell- oder Plattenepithelkarzinome in keinem Fall. Bei fast allen Patienten (94 %) mit Hauttoxitäten des Grads 3–4 fanden sich klinische oder biologische Auffälligkeiten wie z. B. Niereninsuffizienz, erhöhte Aminotransferasewerte, Lymphopenie, Hypereosinophilie etc. 10 Patienten wurden direkt nach Auftreten einer schweren Hauttoxizität oder nach dem Versuch der Therapieanpassung auf Dabrafenib umgestellt. Nur in einem Fall kam es zu einem Wiederaufflammen der Nebenwirkungen an der Haut.

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    Unter Vemurafenib-Therapie kann sich eine Photosensitivität entwickeln. Ein Grund, die Behandlung abzubrechen? (© PhotoDisc)

    Patienten mit einem frühen Auftreten von schweren Hauttoxizitäten unter Vemurafenib hatten ein deutlich längeres Überleben als Patienten ohne diese Nebenwirkungsschwere. Bei Auftreten schwerer Nebenwirkungen innerhalb von 4 Wochen nach Therapiebeginn mit Vemurafenib lag das mediane Überleben bei 17,1 Monaten, bei Hauttoxizitäten des Grads 1–2 in diesem Zeitraum bei 11,9 Monaten und bei fehlender Hauttoxizität bei 5,6 Monaten (p = 0,014). Bezogen auf die Nebenwirkungen innerhalb von 8 Wochen lag das mediane Überleben bei 17,1, 11,9 und 7,8 Monaten (p = 0,038). Über 12 Wochen zeigte sich dann nur noch ein Trend hin zu einem Überlebensvorteil (p = 0,052). Das mediane Gesamtüberleben war auch verlängert bei Patienten, die nur einen schweren Ausschlag entwickelten.

    Fazit

    Vemurafenib führte bei einem guten Viertel der Patienten (26 %) zu Hauttoxizitäten des Grads 3–4. Etwas mehr als die Hälfte dieser Patienten (56 %) konnte die Therapie dennoch fortführen, was wegen eines deutlich besseren Überlebens bei einem frühen Auftreten der Toxizitäten von großer Bedeutung ist. Schwere Nebenwirkungen an der Haut können eine Kontraindikation für die Fortführung der Vemurafenib-Therapie darstellen. Bei Ekzemen sollte aber eine erneute Therapie ggf. mit geringeren Dosen versucht werden. Bei Wiederauftreten scheint Dabrafenib eine Alternative darzustellen. Photosensitivät und weißer Hautkrebs unter der Therapie sind nach dieser Auswertung kein Grund, eine Vemurafenib-Behandlung anzupassen oder abzubrechen, so die Autoren.


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    Unter Vemurafenib-Therapie kann sich eine Photosensitivität entwickeln. Ein Grund, die Behandlung abzubrechen? (© PhotoDisc)