physiopraxis 2016; 14(05): 64
DOI: 10.1055/s-0042-104892
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Die Rechtsfrage – Ist die Rückfahrt vom Hausbesuch eine Pause?

Karsten Bossow

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Publication Date:
20 May 2016 (online)

 

Karsten Bossow

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Karsten Bossow ist seit 1999 Rechtsanwalt. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht beantwortet seit 2012 Ihre Leserfragen.

„Laut meinem Arbeitgeber beginnt meine Pause direkt nach einem Hausbesuch – egal, ob ich fünf Minuten oder eine Stunde für die Rückfahrt in die Praxis benötige. Das empfinde ich als sehr unfair. Muss ich wirklich meine komplette Pause opfern, um von einem Hausbesuch in die Praxis zurückzufahren?”
Physiotherapeutin via Facebook

Die Antwort unseres Experten

Grundsätzlich gilt: Arbeit beinhaltet jede Tätigkeit, die ein Arbeitnehmer auf Weisung und im Interesse des Arbeitgebers ausführt. Pausen hingegen sind feststehende Unterbrechungen der Arbeitszeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit leisten noch sich dafür bereithalten muss. Vielmehr kann er frei darüber verfügen, wo und wie er die Pause verbringen will. Eine Einschränkung gibt es jedoch: Oft muss sich der Arbeitnehmer notwendigerweise im Umkreis seiner Arbeitsstelle aufhalten, wenn die Pause nicht lang genug ist, um zum Beispiel in den Park zu gehen.

Die Fahrt von der eigenen Wohnung zur Arbeitsstelle, also der Praxis, ist keine Arbeit bzw. Arbeitszeit. Dasselbe gilt für den Rückweg nach Hause.

Fallen jedoch Fahrten im Laufe des Arbeitstages zu Hausbesuchen an, finden sie auf Weisung des Arbeitgebers statt. Dann macht er die Fahrzeit zur Arbeitszeit. Demzufolge kann die Fahrt vom Hausbesuch zur Praxis oder zum nächsten Hausbesuch keine Pause sein. Pausen muss Ihr Arbeitgeber zusätzlich gewähren, gegebenenfalls auch als Unterbrechung zwischen zwei Hausbesuchen. In Ihrer Praxis wird dies nicht richtig gehandhabt. Allerdings kann der Arbeitgeber für Fahrzeiten eine andere Vergütung vereinbaren als für sonstige Arbeitszeiten. In diesen Fällen muss er die Mindestlohnregelungen beachten.

Problematischer ist es, wenn der erste Hausbesuch bereits auf dem Weg von der eigenen Wohnung in die Praxis liegt bzw. die Fahrt vom letzten – auswärtigen – Termin nach Hause. Gibt es einen festen Arbeitsort wie die Praxis und spart der Arbeitnehmer Zeit, indem er auf dem Arbeitsweg bereits einen Hausbesuch wahrnehmen kann, muss er sich diese Zeitersparnis anrechnen lassen. Beträgt also der übliche Arbeitsweg von der eigenen Wohnung zur Praxis 30 Minuten und der Weg zwischen Wohnung und Hausbesuch 20 Minuten, kann der Arbeitgeber die Ersparnis von 10 Minuten von der Arbeitszeit abziehen. Gibt es hingegen keinen festen Arbeitsort, sind auch die Fahrt von der eigenen Wohnung zum ersten Hausbesuch und die Fahrt nach dem letzten Hausbesuch Arbeitszeit.

→ Wirft auch Ihr Berufsalltag rechtliche Fragen auf? Dann schreiben Sie eine E-Mail an Simone.Gritsch@thieme.de .


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