Kapitel 2: Themenkomplexe
1. Epidemiologie
Die Prävalenz der H. pylori-Infektion variiert mit der geografischen Verteilung (Industrienationen und Entwicklungsländer), der ethnischen Zugehörigkeit und dem sozioökonomischen Status. Sie zeigt eine altersabhängige Zunahme. Die H. pylori-Infektion hat in den letzten Dekaden weltweit abgenommen.
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Die Prävalenz der H. pylori-Infektion variiert stark zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern, verschiedenen Regionen (z. B. UK 13,4 %, Korea 80,8 %) und auch innerhalb einzelner Gesellschaften [3 ]. Es wird angenommen, dass 50 % der erwachsenen Weltbevölkerung mit H. pylori infiziert ist [4 ].
Unterschiede in der Prävalenz zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen sind Folge einer unterschiedlichen Expositionsintensität gegenüber H. pylori (sozioökonomische Faktoren, Ernährungs- und Umweltfaktoren) [5 ]
[6 ]
[7 ]. Auch die genetische Veranlagung des Menschen spielt eine Rolle. So wurde kürzlich ein Toll-like-Rezeptor 1 (TLR1) Polymorphismus als Suszeptibilitätsgen in einem populationsbasierten Ansatz in zwei unabhängigen Kohorten identifiziert [8 ]. Nach Immigration in ein Industrieland stellt das Geburtsland einen Risikofaktor für eine Infektion mit H. pylori dar, wobei das Risiko negativ mit der Aufenthaltsdauer im Immigrationsland korreliert [9 ]. Die Prävalenz der Infektion ist vom sozioökonomischen Status (Beruf, Einkommen, Wohnungssituation) insbesondere während der Kindheit, in der die Übertragung am häufigsten stattfindet, abhängig [10 ]. Innerhalb einer Population weist sie eine altersabhängige Zunahme (ca. 1 % pro Lebensjahr in den Industrienationen) auf. Dies wird als Ausdruck eines Geburtskohorteneffektes interpretiert [11 ]
[12 ]. Die Prävalenz der Infektion ist in den Entwicklungsländern bereits im Alter von unter 20 Jahren hoch und kulminiert in der dritten Lebensdekade [13 ].
Die Prävalenz der H. pylori-Infektion in Deutschland liegt zwischen 3 % (Kinder) und 48 % (Erwachsene). Sie ist deutlich höher bei Immigranten (36 – 86 %).
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Die Prävalenz der H. pylori- Infektion beträgt bei deutschen Kindern im Alter von 4 Jahren 3,0 % [14 ] und im Alter zwischen 5 und 7 Jahren 5 – 7 % [15 ]. Wesentlicher Faktor für die Infektion im Kindesalter ist der Infektionsstatus der Mutter (OR 13,0; 95 % KI 3,0 – 55,2) [14 ]. Zuletzt hat sich die Infektionsrate bei Kindern stabilisiert, eine weitere Abnahme ist nicht zu verzeichnen [16 ]. Bei Frauen/Männern im Alter unter 30 Jahren liegt die Durchseuchungsrate bei 19/25 %, bei über 30-Jährigen bei 35/55 % und im Alter über 65 Jahre bei 69/90 % [17 ]
[18 ]. Interessanterweise nimmt das Risiko für eine H. pylori- Infektion in Deutschland mit der Zahl der Geschwister zu (OR 1,65). Wird jedoch für Alter, Geschlecht, Ausbildung, Auftreten von Magenkarzinomen in der Familie, Nikotin und Alkoholkonsum korrigiert, so zeigt sich keine erhöhte Prävalenz mehr [19 ]. Auch in Deutschland besteht eine große Variation der H. pylori- Prävalenz in Abhängigkeit von der Abstammung und dem Geburtsland. Bei Immigranten aus der Türkei wird die Prävalenz mit 30 % angegeben gegenüber 44,5 % bei Türken, die in der Türkei leben und 13 % bei Deutschen in einer altersgematchten Kohorte [20 ].
Die Übertragung von H. pylori erfolgt von Mensch zu Mensch. Der genaue Übertragungsmodus (oral-oral, gastral-oral, fäkal-oral bzw. deren Kombination) ist unklar.
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H. pylori kann aus Erbrochenem, Stuhl und Speichel kultiviert werden [21 ]. Insbesondere der erbrochene Mageninhalt weist eine hohe Bakteriendichte auf [22 ]. H. pylori-Übertragungen auf Kontaktpersonen wurden nach Ausbrüchen akuter gastrointestinaler Infektionen beobachtet [23 ]. Der enge Kontakt mit durch H. pylori-kontaminierten Körpersekreten innerhalb von Familien erklärt das intrafamiliär gehäufte Auftreten der Infektion. Interessanterweise findet die Ansteckung mit H. pylori außerhalb der Familie nicht gleichermaßen statt, wie in einer Metaanalyse aus 16 Studien von Kindern im Kindergarten bzw. in Krippen gezeigt wurde [24 ]. Denkbar wäre, dass die erhöhte Übertragungsrate innerhalb der Familie durch Suszeptibilitätsgene wie z. B. TLR1 vermittelt wird [7 ]. Es bestehen keine eindeutigen Hinweise auf eine zoonotische Übertragung von H. pylori, wobei jedoch der Keim auch in Primaten und, seltener, in anderen Tieren nachgewiesen werden konnte [25 ]
[26 ]
[27 ].
Der enge Kontakt von Kindern mit H. pylori-infizierten Familienangehörigen stellt den wichtigsten Übertragungsweg dar.
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Die intrafamiliäre Übertragung von H. pylori ist gut belegt [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]. Es besteht eine hohe molekularbiologische maternale Übereinstimmung einzelner übertragener H. pylori-Stämme mit denjenigen der infizierten Kinder [32 ]
[33 ]. Die Zahl der Familienmitglieder und die Größe des Wohnraumes werden als zusätzliche Risikofaktoren aufgeführt [34 ]. Das Stillen von Neugeborenen hat keinen Einfluss auf die Übertragung von H. pylori [35 ]
[36 ]. Vor allem ältere infizierte Geschwister stellen einen Prädiktor für eine H. pylori-Infektion dar [37 ]. Die Inzidenzrate der H. pylori-Infektion ist am höchsten bei Kindern unter 3 Jahren und nimmt ab einem Alter von 5 Jahren deutlich ab [38 ]. Eine transiente Infektion im Kindesalter ist beschrieben [39 ].
Eine Kontamination von Trinkwasser und Nahrungsmittel mit H. pylori ist beschrieben. Die Keimübertragung durch Gewässer oder Abwässer wird kontrovers diskutiert.
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Die Bedeutung von Gewässern und Abwässern als mögliche Infektionsquelle wird kontrovers diskutiert [40 ]
[41 ]
[42 ]
[43 ]
[44 ]. Obwohl H. pylori-DNA in Gewässern und Abwässern nachgewiesen werden konnte, ist ein kultureller Nachweis nur selten beschrieben [45 ]. Aufgrund der eingeschränkten metabolischen und regulatorischen Funktionen von H. pylori außerhalb des Magenmilieus ist ein langfristiges extragastrales Überleben des Bakteriums kaum möglich [46 ]
[47 ].
Die Rate an Rezidivinfektionen bei Erwachsenen nach erfolgreicher Eradikationstherapie ist in Industrieländern niedrig.
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Die Rate an Rezidivinfektionen bei Erwachsenen nach erfolgreicher H. pylori-Eradikation liegt bei ca. 2 % pro Jahr in Industrieländern und bei 6 – 12 % in Entwicklungsländern [48 ]. Die Rezidivinfektionsrate bei Kindern über 5 Jahren beträgt 2 % pro Jahr [49 ]. Bei einer Infektion innerhalb des ersten Jahres nach Eradikationstherapie wird in 60 % der Fälle der gleiche Stamm gefunden, während beim Nachweis der Infektion nach Ablauf von 12 Monaten ein neuer Stamm nachgewiesen wurde. Es ist zu vermuten, dass es sich beim Wiederauftreten von H. pylori innerhalb von 12 Monaten um ein Rezidiv bzw. eine Rekrudeszenz und nicht um eine Neuinfektion handelt [50 ].
Es existieren keine anerkannten Präventionsstrategien zur Verhinderung einer H. pylori-Infektion. Eine wirksame Impfung steht zurzeit nicht zur Verfügung.
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Derzeit steht keine wirksame H. pylori-Impfung zur Verfügung. Nach Schätzungen könnte eine effiziente Vakzine nach einem 10-jährigen Impfprogramm eine signifikante Reduktion der H. pylori-Prävalenz und ihrer assoziierten Erkrankungen bewirken [51 ]. Bei einer Effektivität von 55 % wäre sie auch kosteneffektiv. In einer Studie, die nach der Konsensuskonferenz publiziert wurde, konnte an 4464 Probanden die Effektivität einer oralen rekombinanten Impfung gegen H. pylori gezeigt werden [52 ]. Der Impferfolg betrug 71,8 % (95 % Konfidenzintervall 48,2 – 85,6), die Nebenwirkungsrate lag unter 1 %. Die Bewertung des Langzeiterfolges steht bei einer Nachbeobachtung von derzeit 3 Jahren noch aus. Kosten-Nutzen-Berechnungen müssen die Prävalenz der Infektion sowie der Folgeerkrankungen berücksichtigen. Die variable und sinkende Prävalenz von H. pylori lässt eine aktuelle Kosten-Nutzen-Rechnung nicht zu [53 ]
[54 ].
Eine spontane Elimination einer H. pylori-Infektion ist unwahrscheinlich. In einer deutschen Studie mit über 2235 Vorschulkindern konnte bei 30 von 104 H. pylori-positiven Kindern nach 2 Jahren der Keim nicht mehr nachgewiesen werden [55 ]. Eine Elternbefragung war bei 25 der 30 Kinder möglich. Die meisten Kinder erhielten entweder eine dreifache H. pylori-Eradikationtherapie (18/25) oder Antibiotika aus anderen Gründen (4/25). Somit ist eine spontane Elimination der H. pylori-Infektion im Kindesalter (in der zitierten Studie 3/25 Kindern, 12 %), als selten einzustufen.
Nach partieller Magenresektion wurde eine spontane Elimination von H. pylori in 43 % beobachtet [56 ]. Der Verlust des Antrums mit sekundärer Achlorhydrie wird als Mechanismus der spontanen H. pylori-Elimination angesehen [57 ]. Auch ein enterogastraler Gallereflux ist mit einer verminderten H. pylori-Besiedlung assoziiert [58 ]. Eine weitere Ursache für die spontane Elimination einer H. pylori-Infektion im Erwachsenenalter ist die Achlorhydrie bei schwerer Atrophie der Korpusschleimhaut, Progredienz des Infektionsprozesses und bei autoimmmuner Gastritis [59 ].
Die gastroduodenale Ulkuskrankheit, das Magenkarzinom und das gastrale Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des MALT sind mit der H. pylori-Infektion assoziierte Erkrankungen.
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Die H. pylori-Infektion induziert eine chronisch aktive Gastritis. Mögliche Komplikationen oder Folgeerkrankungen sind die gastroduodenale Ulkuskrankheit, das Adenokarzinom des Magens und das Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des MALT (mucosa-assoaciated-lymphoid tissue) [60 ]
[61 ]
[62 ].
Eine H. pylori-Infektion erhöht das Risiko für ein distales Magenkarzinom um den Faktor 2 – 3 (OR 1,92 – 2,56) im Vergleich zu nicht infizierten Individuen. Die Assoziation der H. pylori-Infektion mit den unterschiedlichen Typen des Magenkarzinoms ist dabei ähnlich hoch: intestinaler Typ OR 2,49 – 4,45; diffuser Typ OR 2,58 – 3,39 [63 ]
[64 ]
[65 ]
[66 ]
[67 ]. Die relativen Risiken sind höher, wenn zeitlich weit vor der Karzinomdiagnose zurückliegende Serumproben zur Diagnose einer H. pylori-Infektion herangezogen werden (OR 5,9), da die Assoziation zwischen H. pylori und Magenkarzinom aufgrund eines möglichen Verlustes des Erregers im Verlauf der Karzinomerkrankung unterschätzt werden kann [68 ]
[69 ]. Wird eine vorangegangene H. pylori-Infektion durch länger persistierende CagA-Antikörper im Serum belegt, erhöht sich das geschätzte Magenkarzinomrisiko auf das 18 – 20fache [70 ]
[71 ].
Die Inzidenz des MALT-Lymphoms korreliert mit der Prävalenz der H. pylori-Infektion. Das relative Risiko, ein primäres Magenlymphom zu entwickeln, ist bei serologisch nachgewiesener H. pylori-Infektion in großen Fall-Kontroll-Studien um den Faktor 6 erhöht [72 ]. Das überwiegend zoonotisch vorkommende Bakterium Helicobacter heilmannii weist beim Menschen eine Prävalenz von ca. 0,5 % auf und ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für ein gastrales MALT-Lymphom assoziiert [73 ]
[74 ].
Die NHANES III-Studie aus den USA zeigt, dass eine H. pylori-Infektion nicht mit einer erhöhten Mortalitätsrate assoziiert ist und sogar protektive Effekte für die Schlaganfallentwicklung hat [75 ]. Zwar ist das Risiko für ein Magenkarzinom bei H. pylori erhöht, aufgrund der geringen Inzidenz und Prävalenz des Magenkarzinoms wirkt sich dies indessen nicht auf die Sterblichkeit der Kohorte aus. Das Adenokarzinom des Ösophagus ist invers mit einer H. pylori-Infektion assoziiert, wobei eine plausible Kausalität hierfür noch nicht beschrieben wurde [76 ]. Weiterhin ist die H. pylori-Infektion in epidemiologischen Studien mit einem um 18 % reduzierten Risiko für Atopie assoziiert. Ungeklärt bleibt, ob diese Assoziation kausal ist [77 ].
Der direkte ärztliche oder pflegerische Patientenkontakt stellt keinen relevanten Risikofaktor für eine H. pylori-Infektion dar.
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Der direkte ärztliche oder pflegerische Kontakt mit H. pylori-infizierten Personen stellt keinen signifikanten Risikofaktor für die Infektion dar [78 ]. Eine Metaanalyse von 15 Studien zeigt allenfalls ein gering erhöhtes Risiko einer H. pylori-Infektion für Gastroenterologen (RR 1,6; 95 % KI 1,3 – 2,0) und Endoskopieassistenzpersonal (RR 1,4; 95 % KI 1,1 – 1,8) [79 ].
Empfehlung/Statement 1.10
Die direkte Übertragung einer H.pylori-Infektion zwischen Lebenspartnern ist möglich, wenngleich selten. Der Übertragungsweg ist nicht klar.
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Die direkte Übertragung einer H. pylori-Infektion zwischen Lebenspartnern ist möglich. Eine Übertragung gilt aber nur dann als gesichert, wenn der Nachweis (z. B. fingerprint) des gleichen Stammes bei beiden Lebenspartnern gelingt. In einer serologischen Studie an 389 Ehepartnern aus dem Vereinigten Königreich bestand für den Ehepartner ein erhöhtes Infektionsrisiko [80 ]. In einer Studie aus Deutschland mit 670 Ehepaaren war das Risiko für eine H. pylori-Infektion nur bei den Personen erhöht, die mit einem Partner nicht deutscher Abstammung verheiratet waren (OR 6,05; 95 % KI 1,31 – 17,96) [81 ]. Der Übertragungsweg ist nicht klar, wobei eine oroorale Übertragung unwahrscheinlich scheint [82 ]. Nach erfolgreicher H. pylori-Eradikation wird eine Reinfektion auch im Falle eines H. pylori-positiven Partners nur sehr selten beobachtet [83 ].
2. Diagnostik
Die nachfolgenden Methoden zum Nachweis von H. pylori sind ausreichend validiert und können unter Berücksichtigung der klinischen Fragestellung zur Infektionsdiagnostik angewendet werden.
Invasive Methoden: Kultur; Histologie; Urease-Schnelltest; PCR
Nicht invasive Methoden: Harnstoff-Atemtest, Stuhl-Antigentest mit monoklonalen Antikörpern; IgG-Antikörper im Serum.
Konsensusstärke: starker Konsens
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Die genannten Methoden sind hinreichend validiert, unterscheiden sich jedoch teilweise in der Testgenauigkeit [84 ]
[85 ]
[86 ]
[87 ]
[88 ]
[89 ]
[90 ]. Auch haben die verschiedenen Tests unterschiedliche Anwendungsbereiche.
Für Sensitivität und Spezifität der Nachweismethoden gelten, das Fehlen von Störfaktoren vorausgesetzt, folgende Anhaltszahlen, ([Tab. 4 ]).
Tab. 4
Sensitivität und Spezifität der verschiedenen Nachweismethoden von H. pylori.
Sensitivität (%)
Spezifität (%)
invasive Methoden
Kultur
70 – 90
100
Histologie
80 – 98
90 – 98
Urease-Schnelltest
90 – 95
90 – 95
PCR
90 – 95
90 – 95
nicht invasive Methoden
Harnstoff-Atemtest
85 – 95
85 – 95
Stuhl-Antigentest auf Basis monoklonaler Antikörper
85 – 95
85 – 95
IgG-Antikörpernachweis im Serum
70 – 90
70 – 90
Keine Testmethode ist für sich allein absolut genau. Mit Ausnahme der Spezifität der Kultur, die definitionsgemäß als 100 % anzusehen ist, gibt es für jedes Verfahren mehr oder weniger große Einschränkungen der Testgenauigkeit. In Studien zur Validierung neuer Testmethoden werden daher übereinstimmende Ergebnisse mehrerer etablierter Testverfahren als Referenz herangezogen [84 ]
[85 ]
[86 ].
Die Auswahl der Tests sollte nach der klinischen Indikation erfolgen. Die Entscheidung zwischen Endoskopie und nicht invasiven Tests sollte Risiken, Kosten und dem Zeitaufwand der einzelnen Methoden Rechnung tragen. Für den Stuhltest sollten nur noch monoklonale Antikörper zum Antigennachweis benutzt werden [87 ]
[89 ]
[91 ].
Zur klinischen Diagnostik der H. pylori-Infektion soll aus solchen Tests ausgewählt werden, die eine aktuelle Infektion nachweisen: Urease-Test, Histologie, Kultur, PCR, Antigen-Stuhltest, Harnstoff-Atemtest.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
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Zur klinischen Diagnostik einer aktuellen Infektion sind Tests geeignet, die das Bakterium als Ganzes (Histologie, Erregeranzucht), als repräsentatives Antigen (Stuhl-Antigentest) oder aufgrund spezifischer Stoffwechselprodukte (Ammoniak beim Urease-Schnelltest, Kohlendioxid beim Harnstoff-Atemtest) nachweisen. Dagegen kann ein positiver Serumantikörpertest auch auf eine frühere, inzwischen aber eliminierte Infektion zurückzuführen sein. Nach therapeutischer oder spontaner H. pylori-Elimination können Serumantikörper noch Monate, mitunter sogar Jahre nachweisbar bleiben. Klinisch sinnvoll ist die Serologie bei blutenden Magenläsionen, wenn bereits eine PPI-Therapie eingeleitet wurde.
In epidemiologischen Studien wird häufig die Serologie wegen der Verfügbarkeit von Serumproben verwendet. Dabei nimmt man bewusst eine gewisse Testungenauigkeit in Kauf, oder man ist an Informationen über zurückliegende Infektionen interessiert. Ein weiterer Grund für einen falsch positiven Serumtest können kreuzreagierende Antikörper sein. Falsch negative Serumtests können durch fehlende Immunantwort oder unterschwellige Antikörpertiter bedingt sein. Außerdem besitzt H. pylori eine große genetische Variabilität und damit Antigendiversität, die insbesondere beim Vergleich zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kontinenten von Bedeutung sein kann. Daher sollten Testkits zum Nachweis von H. pylori IgG-Antikörpern im Serum für den Gebrauch in Europa validiert sein.
Biopsien für die Histologie sollten umfassen: zwei aus dem Antrum, 2 – 3 cm vor dem Pylorus sowie zwei aus dem mittleren Korpus, jeweils eine von der großen und kleinen Kurvatur.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
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Die Biopsieentnahmestellen basieren auf der Sydney Klassifikation der Gastritis [92 ]. Sie sind in [Abb. 1 ] schematisch wiedergegeben. Die inhomogene Dichte und die teils fleckförmig angeordnete Verteilung von H. pylori im Magen erklären, warum die Sensitivität der Histologie mit der Anzahl der Biopsien steigt [93 ]
[94 ]. Histologische Studien mit multiplen Magenbiopsien („mapping“) belegen jedoch die hohe diagnostische Genauigkeit der beschriebenen Biopsietechnik für den H. pylori-Status.
Abb. 1 Biopsieentnahmestellen für die Histologie nach dem Sydney-System. Magenantrum: eine Biopsie an der großen (A1) und eine an der kleinen Kurvatur (A2), jeweils 2 bis 3 cm vor dem Pylorus; Magencorpus: eine Biopsie an der großen Kurvatur, ca. 8 cm distal der Cardia (C1), und eine Biopsie an der kleinen Kurvatur ca. 4 cm oral der Angulusfalte (C2)
Zudem kann mit dem empfohlenen bioptischen Vorgehen der Typ der Gastritis diagnostiziert werden, was unter anderem für die Abschätzung des Karzinomrisikos von Bedeutung ist. So hat eine korpusdominante H. pylori-Gastritis ein wesentlich höheres Karzinomrisiko als eine antrumdominante. Es ist daher angezeigt, Antrum- und Korpusbiopsien in separat gekennzeichneten Gefäßen dem Pathologen zuzusenden. Die Biopsien einer Magenregion von kleiner und großer Kurvatur werden dagegen in der Regel in ein Gefäß gegeben. Die Rationale für diese gegenüberliegenden Biopsielokalisationen ist, dass Atrophie und intestinale Metaplasie sich häufiger entlang der kleinen als der großen Kurvatur finden. Beide histologische Veränderungen sind zugleich mit einem höheren Karzinomrisiko assoziiert, indessen weniger dicht mit H. pylori besiedelt [95 ]
[96 ]
[97 ]. Wenn speziell die Fragestellung nach prämalignen Läsionen ansteht, sollte auch eine separate Biopsie von der Angulusfalte erfolgen, da hier die höchste Prävalenz solcher Läsionen zu finden ist [92 ]
[98 ]
[99 ]
[100 ] (zur Risikostratifizierung mit OLGA und OLGIM siehe 4.3). Läsionen wie Erosionen, Ulzera oder Polypen sind separat zu bioptieren. Die Biopsien zur H. pylori-Diagnostik sollten aus endoskopisch möglichst unauffälliger Mukosa entnommen werden.
Die Sensitivität der Histologie zum Nachweis von H. pylori kann durch folgende Spezialfärbungen gegenüber der HE-Färbung ohne Verlust an Spezifität erhöht werden: Giemsa, Warthin-Starry, Immunhistochemie.
Konsensusstärke: starker Konsens
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Giemsa ist die bevorzugte Spezialfärbung. Warthin-Starry-Färbung und Immunhistochemie haben zwar die höchste Sensitivität, sind jedoch wegen ihres labortechnischen Aufwandes und der Kosten besonderen Fragestellungen, wie z. B. positiver Stuhl-Antigennachweis oder positiver Urease-Test und gleichzeitig negative Histologie mit Giemsa, vorbehalten [101 ]
[102 ]. Auch die Kontrolle des Eradikationserfolges beim H. pylori-assoziierten MALT-Lymphom erfordert eine maximale Genauigkeit, zumindest wenn das Lymphom persistiert. Avitale Persisterformen können weder histologisch noch immunhistochemisch, jedoch mit PCR-Methoden nachgewiesen werden, sind indessen klinisch kaum relevant.
Für Urease-Test, Kultur und PCR sollen Biopsien aus dem Magenantrum und Korpus entnommen werden. Hierbei ist jeweils eine Biopsie von der großen Kurvatur ausreichend.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
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Im Gegensatz zur Histologie fokussieren die Biopsien für diese Nachweismethoden nur auf die Magenregionen mit hoher Keimdichte: große Kurvatur > kleine Kurvatur. Zwar ist eine größere Keimdichte häufiger im Magenantrum im Vergleich zum Korpus anzutreffen, doch kann bei Hypoazidität H. pylori allein im Magenkorpus nachweisbar sein [103 ]. Neue Daten weisen darauf hin, dass sich Biopsien aus Antrum und Korpus hinsichtlich der Resistenzprävalenz unterscheiden können, sodass Biopsien aus beiden Magenregionen für die Kultur mit Resistenzbestimmung repräsentativer sind [104 ]
[105 ].
Für die klinische Diagnostik sollen folgende Tests nicht angewendet werden: Antikörpernachweis in Urin oder Speichel, Schnelltests zum Antikörpernachweis im Vollblut, Schnelltest zum Antigennachweis im Stuhl.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
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Auch wenn solche Tests teilweise laborunabhängig in der Praxis anwendbar sind (in-office-Tests), sollte man sie in der klinischen Diagnostik derzeit nicht einsetzen, da sie bislang nicht ausreichend validiert und/oder nicht ausreichend genau sind [106 ]
[107 ]
[108 ].
Störfaktoren sollen bei der Auswahl der Testverfahren und deren Interpretation berücksichtigt werden.
Zu falsch positiven Befunden bei Urease-abhängigen Tests kann eine bakterielle Überwucherung des Magens führen.
Zu falsch negativen Befunden bei Tests zum Nachweis einer aktuellen Infektion können führen:
Vorbehandlung mit Protonenpumpeninhibitoren (PPIs)
obere gastrointestinale Blutung
vorangegangene Magenteilresektion
Mukosaatrophie und intestinale Metaplasie
Magenkarzinom und MALT-Lymphom
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
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Urease-abhängige Tests sind Harnstoffatemtest und Urease-Schnelltest. Urease spaltet Harnstoff in Kohlendioxid und Ammoniak. Kohlendioxid dient beim Harnstoffatemtest, Ammoniak beim Urease-Schnelltest als Nachweisreagenz. H. pylori zeichnet sich zwar durch eine sehr hohe Urease-Aktivität aus, doch sind auch andere Bakterien des Magendarmtraktes zur Harnstoffspaltung befähigt. Eine bakterielle Überwucherung des Magens mit anderen Urease-bildenden Bakterien als H. pylori kann sich vor allem bei verzögerter Magendarmmotilität oder Hypochlorhydrie finden und dann gelegentlich zu falsch positiven Urease-abhängigen Tests führen [109 ]
[110 ]. Andere Urease-bildende Bakterien als H. pylori sind auch der Grund, warum im Urease-Schnelltest ein später Farbumschlag beobachtet werden kann. Daher ist es wichtig, den maximalen, vom Hersteller angegebenen Ablesezeitpunkt zu beachten.
Die Sensitivität aller Tests zum Nachweis einer aktuellen Infektion (d. h. Serologie ausgenommen) wird durch Bedingungen reduziert, die zu einer verminderten Keimdichte führen [103 ]
[104 ]. Eine herabgesetzte Keimdichte wird insbesondere unter einer Therapie mit Protonenpumpenhemmern oder H. pylori-wirksamen Antibiotika beobachtet. Dagegen reduzieren H2 -Blocker die Sensitivität nur gering. Eine verminderte Keimdichte findet sich weiterhin bei Hypochlorhydrie und Mukosaatrophie, Magenkarzinom oder MALT-Lymphom des Magens [111 ]
[112 ].
Die Sensitivität biopsiebasierter Tests ist bei der akuten oberen gastrointestinalen Blutung auf ca. 70 % vermindert, während die Spezifität erhalten bleibt. Die Ursache für diese Beobachtung ist bisher nicht vollständig geklärt. Der Atemtest, obwohl weniger gut validiert, zeigt in einer Metaanalyse diese Einschränkung der Sensitivität nicht [113 ]. Eine PCR scheint die sensitivste Methode in dieser Situation zu sein, ist aber nicht verbreitet [114 ]
[115 ]. Als praktische Konsequenz kann man ableiten bei der oberen gastrointestinalen Blutung möglichst frühzeitig die Histologie anzuwenden oder einen serologischen Test zu veranlassen.
Nach Magenteilresektion ist die Sensitivität insbesondere des Harnstoff-Atemtests beeinträchtigt, wozu die verminderte Fläche der Magenschleimhaut und die beschleunigte Magenentleerung beitragen [116 ]. Auch hier ist die Histologie zu bevorzugen.
Für eine zuverlässige H. pylori-Diagnostik sollten folgende Mindestzeitintervalle ohne H. pylori-suppressive Therapie eingehalten werden:
2 Wochen nach Ende einer Protonenpumpeninhibitor (PPI) Therapie
4 Wochen nach vorangegangener H. pylori-Eradikations- oder sonstiger Antibiotikatherapie.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Nach Beendigung einer säuresuppressiven oder antibiotischen Therapie nimmt die Rückkehr zur ursprünglichen Keimdichte mehrere Tage oder Wochen in Anspruch, selbstverständlich auch in Abhängigkeit von Intensität und Dauer der vorangegangenen Therapie. In dieser Zeit ist die Sensitivität aller direkten Tests reduziert. In der klinischen Praxis stellt dies insofern ein bedeutsames Problem dar, als bei Dyspepsie häufig erst mit einem PPI behandelt wird, ehe die Indikation zu einer H. pylori-Diagnostik oder Endoskopie gestellt wird.
Werden die genannten Zeitintervalle eingehalten, sind alle Testmethoden zum Nachweis einer aktuellen Infektion (2.2) als auch als Kontrolle des Eradikationserfolges geeignet [88 ]
[117 ].
Empfehlung/Statement 2.10
Für eine zuverlässige H. pylori-Diagnostik sollten zwei positive Testergebnisse vorliegen. Ausnahmen sind:
Beim Ulkus duodeni führt bereits ein positives Testergebnis zur Diagnose H. pylori-Infektion.
Ein histologischer Nachweis von H. pylori in Kombination mit einer chronisch-aktiven Gastritis ist zu nahezu 100 % spezifisch und damit ausreichend.
Eine positive Kultur ist für sich allein zu 100 % spezifisch und ausreichend. Konsensusstärke: mehrheitliche Zustimmung – Empfehlung.
Kommentar
Der erste Satz dieses Statements war wie bei der vorhergehenden Konsensuskonferenz zur S3 Leitlinie 2009 [1 ] umstritten und erhielt eine mehrheitliche Zustimmung. Nur eine Minderheit sprach sich dafür aus, dass schon ein positiver Test zur Diagnose einer H. pylori-Infektion führen sollte, wie sich dies im Maastricht IV/Florenz Konsensusreport findet [118 ].
Die Forderung nach positiven Ergebnissen in mindestens zwei Tests für eine zuverlässige positive Diagnose begründet sich in der niedrigen und weiter sinkenden Prävalenz der H. pylori-Infektion in den industrialisierten Ländern. Bei niedriger Prävalenz wirkt sich ein konstanter Anteil falsch positiver Befunde stärker aus als bei höherer Prävalenz und führt so zu einem niedrigen positiven prädiktiven Wert.
Eine hohe H. pylori-Prävalenz ist dagegen beim Ulkus duodeni gegeben, sodass in dieser Situation schon ein positiver Befund in nur einem Test zur Diagnose einer H. pylori-Infektion reicht. Andere Bedingungen einer hohen Prävalenz sind Herkunft aus Regionen mit hoher H. pylori-Prävalenz oder ein Ulkus ventrikuli ohne andere Ursache wie z. B. nicht steroidale Antirheumatika.
Eine H. pylori-positive Histologie ist nahezu 100 % spezifisch. Bei einem geschulten Histopathologen ist die Zuordnung der Bakterienmorphologie zu H. pylori sehr zuverlässig. Zudem ist der Nachweis einer typischen chronisch-aktiven Gastritis mit starker Infiltration von neutrophilen Granulozyten ein weiteres Kriterium. Die Aktivität der Gastritis als Kriterium heranzuziehen setzt voraus, dass die Biopsien nicht aus dem Bereich von Erosionen oder Ulzera entnommen worden sind. Auch daher gilt die oben genannte Empfehlung, Läsionen separat zu bioptieren. Wird der H. pylori-Nachweis invasiv-endoskopisch angestrebt, empfiehlt sich, außer bei Vorliegen eines Ulkus duodeni, die Kombination von Urease-Schnelltest und Histologie, da zum Untersuchungszeitpunkt das histologische Ergebnis nicht vorliegt.
Bei ordnungsgemäßer Kultur kann es definitionsgemäß keine falsch positiven Befunde geben, d. h. die Spezifität ist 100 % (siehe 2.1. und [Tab. 1 ]). Für die klinische Diagnostik ist die Kultur jedoch zu aufwendig. Sie hat ihren Platz in der Resistenzdiagnostik (siehe unten).
Empfehlung/Statement 2.11
Die Untersuchung auf Virulenzfaktoren soll außerhalb von wissenschaftlichen Fragestellungen nicht durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Pathogenitätsfaktoren von H. pylori haben Einfluss auf die Entwicklung von Folgeerkrankungen der H. pylori-assoziierten Gastritis wie das gastroduodenale Ulkus oder das Magenkarzinom. Für das klinische Vorgehen ist die Kenntnis über das Vorhandensein solcher Virulenzfaktoren jedoch nicht relevant [119 ].
Empfehlung/Statement 2.12
Nach zweimaligem Therapieversagen soll eine Resistenztestung durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Bereits nach einem Therapieversagen steigen die Resistenzraten gegenüber Clarithromycin auf etwa 60 %, nach zwei erfolglosen Therapieversuchen auf etwa 80 % [120 ]. Mehr als 60 % der H. pylori-Isolate zeigen nach zweimaligem Therapieversagen eine kombinierte Resistenz gegenüber Clarithromycin und Metronidazol. Weiterhin sind zunehmend Resistenzen gegenüber Chinolonen zu beobachten [120 ]
[121 ]. Die Möglichkeiten, weitere empirische Behandlungsschemata erfolgreich einzusetzen, sind dadurch stark eingeschränkt. Die kulturelle Anzucht von H. pylori und die Durchführung einer Empfindlichkeitstestung ermöglichen indessen eine gezielte Therapie.
Die antimikrobielle Empfindlichkeit von H. pylori kann mittels Agardiffusion bestimmt werden. Ein sehr gut standardisiertes Agardiffusionsverfahren zur Resistenzbestimmung ist die Testung mittels E-Test [122 ]. Dies ist ein mit einem Konzentrationsgradienten eines Antibiotikums beschichteter Kunststoff- oder Papierstreifen. Nach Auflage des Streifen auf eine sich auf einem Festnährboden befindliche H. pylori-Kultur diffundiert das entsprechende Antibiotikum gemäß seinem Konzentrationsgradienten in den Festnährboden und ermöglicht so das exakte Ablesen einer minimalen Hemmkonzentration. Diese ermöglicht dann gemäß dem Europäischen Komitee für antimikrobielle Empfindlichkeitstestung (www.eucast.org) die Einteilung zwischen empfindlich und resistent.
Für die üblicherweise in der Eradikationstherapie angewandten Antibiotika Clarithromycin, Metronidazol, Levofloxacin, Tetracyclin und Amoxicillin sind Etest® Streifen kommerziell erhältlich. Für die Testung der Empfindlichkeit gegenüber Rifabutin kann ersatzweise ein Rifampicin-Teststreifen angewandt werden.
Die Empfindlichkeitstestung von H. pylori gibt Auskunft über In-vitro-Resistenzen. Die tatsächliche klinische Bedeutung solcher Resistenzen bedarf aber erfahrungsgemäß wegen der besonderen pharmakokinetischen Verhältnisse im Magen der Absicherung durch klinische Studien. Deshalb sollten Antibiotika für die Eradikationstherapie nicht nur basierend auf dem Ergebnis der Empfindlichkeitstestung, sondern immer auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen in klinischen Studien miteinander kombiniert werden.
Bei zu erwartender hoher Clarithromycin Resistenz (z. B. bei Patienten mit einer erfolglosen vorherigen Eradikation, bei Patienten mit Migrationshintergrund oder bei jungen Patienten) kann eine Empfindlichkeitstestung vor einer Erst- oder Zweitlinientherapie durchgeführt werden. Eine solche Empfindlichkeitstestung kann in einem mikrobiologischen Laboratorium mittels phänotypischer oder genotypischer Methoden erfolgen [123 ]. Für letztere können auch für die Pathologie oder für den Urease-Schnelltest routinemäßig entnommene Magenbiopsien verwendet werden [124 ]
[125 ].
Mikrobiologische Laboratorien, die Methoden zur genotypischen Resistenztestung etabliert haben, können diese als verlässliche Tests zur Resistenzbestimmung verwenden. Mit Ausnahme von Metronidazol sind die molekularen Resistenzmechanismen für die in der Eradikationstherapie verwendeten Antibiotika bekannt. Sie basieren auf Mutationen der entsprechenden mikrobiellen Rezeptormoleküle und erlauben im Einzelfall eine genotypische Resistenztestung [126 ].
Da Resistenzen gegenüber Tetracyclin und Rifabutin selten sind und eine Resistenz gegenüber Amoxicillin in Deutschland praktisch nicht vorkommt [120 ], können Testverfahren, welche resistenzvermittelnde Mutationen gegenüber Clarithromycin und/oder Levofloxacin nachweisen, verwendet werden. Solche Tests sind kommerziell erhältlich und ausreichend validiert. Zwischen den Ergebnissen der phänotypischen und genotypischen Resistenztestung besteht eine sehr gute Übereinstimmung [127 ]
[128 ]
[129 ]. Alternativ können auch validierte In-house- Methoden zum Einsatz kommen. Solche Methoden zur molekulargenetischen Resistenztestung sind gegebenenfalls ausreichend, um eine angemessene First- oder Second-line-Therapie zusammenzustellen [130 ].
3. Indikation zur Therapie Peptisches Ulkus
Eine H. pylori-Infektion bei einem peptischen Ulkus ventrikuli oder duodeni soll einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Es liegen mehrere homogene Metaanalysen vor, die den Nutzen einer Eradikationsbehandlung bei peptischen Ulzera des Magens und Duodenums mit und ohne Komplikationen eindeutig belegen [131 ]
[132 ]
[133 ]
[134 ]
[135 ]
[136 ]
[137 ]. Gleichwohl machen die abnehmende Assoziation zwischen H. pylori und Ulzera ventrikuli/duodeni vor dem Hintergrund einer zurückgehenden Prävalenz der Infektion in den westlichen Industrieländern und einer zugleich ansteigenden Häufigkeit von ASS/NSAR-assoziierten Ulzera den Nachweis von H. pylori zwingend notwendig (siehe hierzu auch Themenkomplex 1 und 2).
Gastrales Marginalzonen-B-Zell-Lymphom (MZBZL) des MALT (Mucosa-associated-lymphoid-tissue) (MALT-Lymphom)
Bei H. pylori-positiven gastralen MALT-Lymphomen soll eine Keimeradikation durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Alle gastralen MALT-Lymphome werden, unabhängig vom Stadium, zunächst einer Eradikationsbehandlung zugeführt. Sie ist die Therapie der ersten Wahl mit kurativem Anspruch [118 ]
[138 ]. Nach einer Metaanalyse bewirkt eine erfolgreiche H. pylori-Eradikation in den Stadien I und II in 77,5 % (78 % im Stadium I und 56 % im Stadium II) eine komplette Lymphomremission [139 ]. Diese ist auch im Langzeitverlauf stabil, sodass eine Mehrheit der Patienten mit gastralen MALT-Lymphomen durch die alleinige Eradikationsbehandlung geheilt wird [140 ]
[141 ]. Rezidive werden nur in 3 – 7 % beobachtet, eine hochmaligne Transformation stellt mit 0,05 % eine absolute Rarität dar [139 ]
[140 ]
[141 ].
Minimale histologische Residuen eines MALT-Lymphoms nach erfolgreicher H. pylori-Eradikation und Normalisierung des endoskopischen Befundes zeigen auch ohne onkologische Behandlung langfristig einen günstigen Krankheitsverlauf, sodass in dieser Situation eine Watch-and-wait-Strategie mit regelmäßigen endoskopisch-bioptischen Kontrollen empfohlen werden kann [142 ]. Selbst bei H. pylori-negativen Patienten können sich, nach einer Metaanalyse in ca. 15 %, Lymphomremissionen nach einer üblichen Eradkationsbehandlung einstellen [143 ].
Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL) des Magens
Diffuse großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL) des Magens mit oder ohne MALT-Komponente im Stadium I– II können einer H. pylori-Eradikation zugeführt werden. Standardtherapie dieser Lymphome ist eine Immunchemotherapie mit Rituximab plus CHOP, die bei Ausbleiben einer Lymphomregression auf die H. pylori-Eradikation frühzeitig (1 – 2 Monate) einzuleiten ist.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Patienten mit H. pylori-positiven DLBCL im Stadium I können unter der strikten Maßgabe engmaschiger klinischer und endoskopisch-bioptischer Kontrollen zunächst einer alleinigen Eradikationsbehandlung zugeführt werden [138 ]. In der Literatur sind Lymphomremissionen in unterschiedlicher Häufigkeit beschrieben worden [144 ]
[145 ]
[146 ]. Bleiben eindeutige Zeichen einer Lymphomregression nach H. pylori-Eradikation aus, sollten diese Patienten frühzeitig (1 – 2 Monate) einer Immunchemotherapie mit dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab und einer Chemotherapie nach dem CHOP-Protokoll zugeführt werden.
Funktionelle Dyspepsie (Reizmagen)
Bei Patienten mit funktioneller Dyspepsie (Reizmagen) und H. pylori-Infektion kann eine Eradikation durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Die Beseitigung der H. pylori-Infektion bei Patienten mit länger (≥ 4 Wochen) bestehenden dyspeptischen Beschwerden und negativem endoskopischen Befund führt in bis zu 10 % zu einer anhaltenden Symptombesserung. Die number-needed-to-treat (NNT) liegt bei etwa 12 [147 ]. In einer aktuellen Metaanalyse von 14 randomisierten kontrollierten Studien fand sich eine signifikante Besserung der dyspeptischen Symptome nach Eradikation im Vergleich zu den Kontrollen: OR 1,38; 95 % Konfidenzintervall 1,18 – 1,62; p < 0,001 [148 ]. Dieser Benefit gilt für Populationen in Amerika, Asien und Europa. Weitere, in der Metaanalyse z. T. noch nicht berücksichtigte Studien neueren Datums zeigen für die H. pylori-Eradikation unterschiedliche Auswirkungen auf die allgemeine Symptombesserung oder einzelne Symptome der funktionellen Dyspepsie [149 ]
[150 ]
[151 ]
[152 ]
[153 ]
[154 ]. Nach dem Kyoto Konsensusreport 2015 zur H. pylori-Gastritis stellt die H. pylori-Eradikation die zu bevorzugende primäre therapeutische Option dar [155 ].
Bei der individuellen Entscheidung für eine H. pylori-Eradikation können neben dem Patientenwunsch und subjektiven Leidensdruck weitere Argumente berücksichtigt werden: Fehlen therapeutischer Alternativen; Aspekte der Karzinomprävention (siehe Themenkomplex 4); Reduktion der Arztbesuche [156 ] und der Endoskopien [157 ]. Andererseits beträgt die Wahrscheinlichkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen durch die Eradikationsbehandlung etwa 10 – 25 %, wobei diese zumeist nur pasagerer Natur sind.
Eine nicht invasive Testung auf H. pylori mit nachfolgender Eradikationsbehandlung kann für Deutschland nicht allgemein empfohlen.
Konsensusstärke: mehrheitliche Zustimmung – Empfehlung offen
Kommentar
Diese Empfehlung fand sich bereits in der alten S3 Leitlinie 2009. Sie wurde durchaus kontrovers diskutiert. Letztlich gründete sie auf den spezifischen Gegebenheiten in Deutschland, wie niedrige und weiter abnehmende H. pylori-Prävalenz sowie hohe Verfügbarkeit und niedrige Kosten der endoskopischen Diagnostik, die unverändert bestehen. Die Diskussion über eine Test-and-treat- Strategie fokussiert auf Patienten mit dyspeptischen Beschwerden und lässt präventive Aspekte der H. pylori-Diagnostik und Therapie bei asymptomatischen Individuen außer acht, auf die im Themenkomplex 4 eingegangen wird.
Reflux
Refluxsymptome oder eine Refluxösophagitis stellen keine Indikation für eine H. pylori-Eradikation dar. Die Entscheidung für eine H. pylori-Eradikation aus anderer Indikation kann unabhängig von etwaigen Refluxsymptomen oder einer Refluxkrankheit getroffen werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – keine Empfehlung
Kommentar
Epidemiologische Studien sprechen für eine negative Assoziation zwischen H. pylori und der Refluxkrankheit [158 ]
[159 ]
[160 ]
[161 ]. Auch Barrett-Ösophagus und ösophageale Adenokarzinome werden bei H. pylori-Infektion seltener beobachtet, wenngleich eine jüngere Metaanalyse keine klare Assoziation zwischen H. pylori und Barrett-Ösophagus nachweisen konnte [162 ]
[163 ]. Daraus ließe sich die Schlussfolgerung ableiten, dass H. pylori protektiv wirkt und eine Keimeradikation mit dem Auftreten einer Refluxkrankheit bzw. deren Verschlechterung einhergehen könnte. In der Mehrzahl der Studien konnte ein negativer Einfluss der H. pylori-Eradikation auf Refluxsymptome oder Refluxösophagitis indessen nicht belegt werden [164 ]
[165 ]
[166 ]
[167 ]
[168 ]. Über eine H. pylori-Eradikation kann daher unabhängig von dem Vorhandensein von Refluxbeschwerden oder einer Refluxkrankheit entschieden werden.
Eine Langzeittherapie mit PPI erfordert indessen insofern eine H. pylori-Eradikation, als sich unter der Medikation atrophische Veränderungen der Magenkorpusschleimhaut und eine korpusdominante H. pylori-Gastritis entwickeln können. Letztere gilt als Risikogastritis für ein Magenkarzinom. Dagegen geht die langfristige Einnahme eines PPI nicht mit einer erhöhten Rate von Magenkarzinomen oder NETs einher [169 ].
Weitere Indikationen (ITP, M. Menetrier, lymphozytäre Gastritis, Eisenmangelanämie)
Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura (ITP) sollen auf eine H. pylori-Infektion untersucht und bei Keimnachweis einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Zwei systematische Literaturanalysen ergaben, dass eine H. pylori-Eradikation bei der Hälfte der Patienten zu einem signifikanten Anstieg der Thrombozyten führt [170 ]
[171 ]. Auch bei Kindern zeigten sich signifikant höhere Thrombozytenwerte nach einer Keimeradikation [172 ].
Patienten mit Morbus Menetrier und nachgewiesener H. pylori-Infektion sollten einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Hierzu liegen nur unkontrollierte Fallbeschreibungen vor [173 ]
[174 ]
[175 ]
[176 ]
[177 ]
[178 ].
Patienten mit lymphozytärer Gastritis und nachgewiesener H. pylori-Infektion sollten einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Neben einer aktuellen Fallbeschreibung bei einem Kind liegen hierzu eine Literaturübersicht und eine randomisierte placebokontrollierte Studie vor [179 ]
[180 ]
[181 ]. Sie zeigen einen positiven Effekt der Eradikation auf die lymphozytäre Gastritis.
Empfehlung/Statement 3.10
Patienten mit (nach adäquater Diagnostik) ungeklärter Eisenmangelanämie können auf eine H. pylori-Infektion untersucht und bei Keimnachweis einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Es liegen zwei Metaanalysen zu dieser Thematik vor [182 ]
[183 ]. Danach fand sich bei mit H. pylori-infizierten Personen ein erhöhtes Risiko für einen Eisenmangel (OR 1,38; 1,16 – 1,65) und eine Eisenmangelanämie (OR 2,8; 95 % Kofidenzintervall 1,9 – 4,2) [182 ]. Die Assoziation einer H. pylori-Infektion mit einer Eisenmangelanämie bestätigte sich, bei insgesamt sehr heterogenen Ergebnissen, auch in einer Metaanalyse von 15 Observationsstudien (OR 2,22; 1,52 – 3,24; p < 0,0001). In fünf randomisierten kontrollierten Interventionsstudien verbesserte die H. pylori-Eradikation nicht signifikant Hämoglobin und Serumferritin [183 ].
Neuere Daten legen ebenfalls eine Assoziation von Eisenmangel(anämie) mit einer H. pylori-Infektion nahe. Bei 311 Kindern korrelierte H. pylori mit Ferritin und Hämoglobin [184 ]. Ebenfalls bei Kindern vergrößerten die H. pylori-Eradikation plus orale Eisensubstitution den funktionellen Eisenpool [185 ]. In einer kleinen Fallserie von 20 Erwachsenen mit unklarer Eisenmangelanämie führte eine Keimeradikation zu einem besseren Ansprechen auf die orale Eisengabe [186 ].
ASS und nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)
Empfehlung/Statement 3.11
Vor einer geplanten Dauermedikation mit niedrig dosiertem ASS sollen Patienten mit einer Ulkusanamnese auf eine H. pylori-Infektion untersucht und bei Keimnachweis einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Dieses Statement präzisiert das der alten S3-Leitlinie, als man keine generelle Empfehlung für eine Untersuchung auf H. pylori vor einer niedrig dosierten ASS-Dauertherapie aussprach, durch die Eingrenzung auf Patienten mit einer Ulkusanamnese. Für diesen Personenkreis kann ein Ulkus präventiver Effekt durch die Eradikation angenommen werden, wenngleich der langfristige Nutzen eines solchen Vorgehens bislang unklar ist.
Empfehlung/Statement 3.12
Patienten, die unter ASS eine gastroduodenale Blutung entwickeln, sollen auf eine H. pylori-Infektion untersucht und bei Keimnachweis einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
In einer randomisierten Studie konnte gezeigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Ulkusblutung bei Einnahme von ASS nach einer H. pylori Eradikation bzw. unter ei
ner Omeprazoldauermedikation (1,9 bzw. 0,9 % in 6 Monaten) vergleichbar sind [187 ]. In einer weiteren Studie aus Hongkong fand sich ebenfalls eine Senkung des Risikos für eine Rezidivulkusblutung bei Patienten mit Einnahme von niedrig dosiertem ASS (< 160 mg/d) nach H. pylori Eradikation [188 ]. Dagegen hatten Patienten mit H. pylori negativer Ulkusblutung unter ASS weiterhin ein hohes Risiko für eine erneute Ulkusblutung. Daraus kann man auch die Konsequenz ziehen, nach einer erfolgreichen Keimeradikation nur den Patienten eine dauerhafte PPI-Begleitmedikation zu verordnen, die über die ASS-Einnahme hinaus weitere Risikofaktoren für ein Ulkusrezidiv aufweisen. H. pylori-negative Patienten benötigen dagegen nach einer Ulkusblutung einen permanenten PPI-Schutz, wenn die Einnahme von ASS fortgesetzt wird (siehe hierzu auch Themenkomplex 7).
Empfehlung/Statement 3.13
Vor einer geplanten Dauermedikation mit nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) sollen Patienten mit einer Ulkusanamnese auf eine H. pylori Infektion untersucht und bei Keimnachweis einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Bei NSAR-naiven Patienten wird das Risiko für die Entwicklung von gastroduodenalen Ulzera durch eine H. pylori-Eradikation signifikant gesenkt [189 ]
[190 ]. Allerdings hat sich in einer Metaanalyse die Eradikation im Vergleich zu einer PPI-Komedikation als weniger protektiv erwiesen [191 ]. Patienten unter einer bereits bestehenden Langzeit-NSAR-Medikation profitieren nicht von der H. pylori-Eradikation [192 ]
[193 ]
[194 ].
Empfehlung/Statement 3.14
Patienten, die unter nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) eine gastroduodenale Blutung entwickeln, sollen auf eine H. pylori-Infektion untersucht und bei Keimnachweis einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Angesichts der Tatsache, dass H. pylori und NSAR unabhängige Risikofaktoren für gastroduodenale Ulzera und deren Komplikationen sind, darf man einen protektiven Effekt der Eradikation annehmen. Dieser ist indessen geringer als derjenige einer PPI-Dauertherapie. In der randomisierten Studie aus Hongkong lag nach unter Omeprazol abgeheiltem Ulkus das Risiko für eine erneute Ulkusblutung unter fortgesetzter Einnahme von Naproxen nach alleiniger Eradikation bei 18,8 % und bei begleitender Omeprazolmedikation bei 4,4 % [187 ]. Deshalb ist nach Ulkusblutung unter NSAR bei Fortsetzung dieser (an sich kontraindizierten) Medikation in jedem Fall eine begleitende PPI-Therapie angezeigt. Die Frage, ob PPI plus H. pylori-Eradikation in dieser Situation das Rezidivrisiko noch weiter reduziert, ist nicht untersucht.
4. Prävention
Helicobacter pylori ist der wesentliche Risikofaktor für das Magenkarzinom. Dies gilt auch für eine Subgruppe von Karzinomen am ösophagogastralen Übergang.
Konsensusstärke: starker Konsens
Kommentar
Schon 1994 wurde H. pylori von der WHO als Karzinogen der Klasse 1 eingestuft. Dabei ist das Risiko für den intestinalen und diffusen Typ vergleichbar [195 ]. Es gibt Hinweise auf einen frühen Einfluss der Infektion in der Karzinogenese, auch auf genetischem Niveau [196 ]
[197 ]
[198 ]. Das Risiko der Karzinomentstehung hängt allerdings auch von Wirts- [199 ]
[200 ]
[201 ], Umwelt- [202 ] und bakteriellen Virulenzfaktoren [203 ]
[204 ]
[205 ]
[206 ] ab. Ernährungsgewohnheiten tragen ebenfalls zum Karzinomrisiko bei [207 ]
[208 ]
[209 ]. Eine H. pylori-Eradikation kann die Progression bzw. das Neuauftreten von prä-/parakanzerösen Veränderungen wie Atrophie und intestinaler Metaplasie verhindern [210 ].
Die karzinogene Bedeutung des H. pylori gilt auch für eine Subgruppe der Tumoren am ösophagogastralen Übergang. Für AEG 3-Karzinome entsprechend der Siewert-Klassifikation [211 ] kann die Rolle des H. pylori als Karzinogen bestätigt werden [212 ]. Bei den AEG 2-Tumoren, den „klassischen Kardiakarzinomen“, scheint es sich um zwei unterschiedliche Entitäten zu handeln: H. pylori und Reflux assoziierte Karzinome [213 ]
[214 ]
[215 ]
[216 ]. Eine Unterscheidung dieser Subtypen ist derzeit nur über Surrogatparameter möglich [217 ]
[218 ]. Weiter proximal gelegene Tumoren haben eine andere Ätiologie [219 ]
[220 ]
[221 ]
[222 ]
[223 ]
[224 ].
Die Helicobacter pylori-Eradikation mit dem Ziel der Magenkarzinomprophylaxe sollte bei Risikopersonen durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Die Häufigkeit der Pan-Gastritis und/oder der korpusdominanten H. pylori-Gastritis innerhalb einer Population korreliert mit dem Magenkarzinomrisiko [221 ] und dem Status einer Hochrisikopopulation [226 ]. Für Deutschland gilt keine Hochrisikosituation bezüglich der Magenkarzinominzidenz, hier rückt das individuelle Risiko in den Vordergrund. Die Pan-Gastritis und die korpusdominante H. pylori-Gastritis weisen ein 34fach erhöhtes Risiko für ein Magenkarzinom auf. Mukosale Atrophie und intestinale Metaplasie bedingen ein 5fach erhöhtes Risiko [227 ]. Die korpusdominante H. pylori-Gastritis kommt signifikant häufiger bei Magenkarzinompatienten [228 ], bei Verwandten 1. Grades von Patienten mit Magenkarzinom [229 ] sowie bei Patienten mit Adenomen [230 ] und hyperplastischen Polypen [231 ] vor.
Die Eradikation von H. pylori hat grundsätzlich das Potenzial, die Entstehung eines Magenkarzinoms zu verhindern [232 ]. Neben Studien aus dem asiatischen Raum konnte dies auch in einer großen finnischen Kohorte sowie in einer Metaanalyse bestätigt werden [233 ]
[234 ]
[235 ]
[236 ]. Entscheidend für die Effizienz der H. pylori-Eradikation zur Prävention des Magenkarzinoms ist der Zeitpunkt der Behandlung [237 ]. Sie ist vor allem dann wirksam, wenn noch keine prä-/paraneoplastischen Veränderungen wie Atrophie oder intestinale Metaplasie vorliegen [237 ]
[238 ]
[239 ], kann aber auch bei fortgeschrittenen Veränderungen, wie beispielsweise nach endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms, noch effektiv sein [240 ]
[241 ]
[242 ]
[243 ]
[244 ]
[245 ]. Eine individuelle Risikostratifizierung lässt sich mit der OLGA-oder OLGIM-Klassifikation vornehmen [246 ]
[247 ]
[248 ] (siehe auch 4.3). Da diese Scores auch bei Individuen ohne aktive H. pylori-Gastritis falsch hoch sein können, sollten sie nur bei Personen mit aktiver H. pylori-Gastritis angewendet werden (persönliche Mitteilung P. Malfertheiner). Zu beachten ist, dass der sogenannte point of no return bezüglich dieser Risikoparameter bislang noch nicht eindeutig bestimmt ist. Aufgrund der vergleichsweise geringen Prävalenz der H. pylori-Infektion und der geringen Inzidenz des Magenkarzinoms ist ein Massenscreening in Deutschland nicht kosteneffektiv [249 ]. Die Kosteneffizienz der prophylaktischen H. pylori-Eradikation erhöht sich allerdings, wenn die gleichzeitige Prävention weiterer H. pylori-assoziierter Erkrankungen (Ulkus ventrikuli/ duodeni, MALT-Lymphom, Dyspepsie) berücksichtigt wird [250 ].
Eine H. pylori-Eradikation unter präventiven Gesichtspunkten sollte bei Risikoindividuen durchgeführt werden, wie sie im Maastricht IV/Florenz Konsensusreport definiert sind [232 ] ([Tab. 5 ]). Dies schließt u. a. Patienten mit Magenkarzinom und vorausgegangener Magenteilresektion [251 ], Ulkuspatienten [252 ], Patienten mit langfristiger PPI-Einnahme [253 ] und Verwandte ersten Grades von Patienten mit Magenkarzinom [254 ]
[256 ] mit ein. Bei korrektem Ausschluss einer Rekrudeszenz liegt die Reinfektionsrate nach erfolgreicher H. pylori-Eradikation in Industrienationen bei etwa 1,5 % [50 ]
[256 ]. Auch wenn eine familiäre Häufung für einen positiven H. pylori-Status gezeigt werden konnte [257 ]
[258 ], war ein Einfluss auf die Reinfektionsrate nicht zu bestätigen [259 ]
[260 ]. Eine Partneruntersuchung auf H. pylori oder eine Behandlung sind in Deutschland daher nicht indiziert, sofern nicht Beschwerden oder Risikokonstellationen vorliegen, die dies rechtfertigen.
Tab. 5
Risikoindividuen bzw. -konstellationen, bei denen eine H. pylori-Eradikation unter karzinomprotektiven Aspekten sinnvoll ist.
Risikopersonen/-konstellationen (gemäß 1,2 und 231)
Anmerkungen
Risikogastritis
Pan-Gastritis oder korpusdominante Gastritis
erstgradig Verwandte von Magenkarzinompatienten
frühere Magenneoplasien
endoskopische Resektion oder Magenteilresektion bei Magenadenom oder Frühkarzinom; MALT-Lymphom
PPI-Langzeitmedikation
> 1 Jahr
mögliche weitere Indikationen
Atrophie und/oder intestinale Metaplasie
ausgedehnte, mutlifokale Atrophie
Polymorphismen immunregulatorischer Gene spielen in der Karzinogenese eine wichtige Rolle. Am besten untersucht ist die Risikoassoziation bei Polymorphismen im Gen des proinflammatorischen Zytokins IL1ß. Auch wenn sich in Metaanalysen für Kaukasier insgesamt eine positive Risikoassoziation für die Entwicklung eines Magenkarzinoms gezeigt hat, ist die Datenlage doch heterogen [262 ]
[263 ]
[264 ]
[265 ]
[266 ]. Gleiches gilt für Polymorphismen bestimmter Loci des TNFalpha Gens [267 ]
[268 ]
[269 ]
[270 ]. Für Polymorphismen des IL10 Gens zeigt sich in einigen Analysen ein protektiver Effekt [271 ]
[272 ], die Daten zu IL8 sind unklar und scheinen von tumorspezifischen Faktoren abhängig zu sein [273 ]
[274 ]
[275 ]. Weiterhin ist auch ein Risiko bei Vorliegen von Polymorphismen in Toll-like-Rezeptorgenen beschrieben [276 ]
[277 ]
[278 ]
[279 ]. Eine genetische Testung jedweder Parameter ist aufgrund der unklaren Datenlage sowie der niedrigen Magenkarzinominzidenz in Deutschland weder kosteneffektiv noch diagnostisch oder therapeutisch sinnvoll [280 ].
Atrophie und intestinale Metaplasie (IM) sind mit einem erhöhten Magenkarzinomrisiko assoziiert. Aus diesem Grund können Patienten mit fortgeschrittener Atrophie/IM auch nach erfolgreicher H. pylori-Eradikation endoskopisch-bioptisch überwacht werden.
Konsensusstärke: Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Fokale Atrophie und IM sind histologische Diagnosen. Speziell für die Graduierung der Atrophie der Magenschleimhaut besteht eine hohe Inter- und Intraobservervariabilität. Das Risiko für ein Magenkarzinom erhöht sich bei IM und/oder Atrophie jeweils um das 5fache [237 ]. Zur Risikostratifizierung bieten sich bei aktiver H. pylori-Gastritis Schemata wie OLGA und/oder OLGIM an, bei denen die nach überarbeiteter Sydney-Klassifikation beurteilte Gastritis in Stadien eingeteilt wird [246 ]
[247 ]
[248 ] ([Tab. 6 ]; [Abb. 1 ]). Obwohl sich für OLGIM eine geringere Interobservervariabilität gezeigt hat, scheint insbesondere die Kombination beider Schemata optimale Resultate zur Risikoprädiktion zu zeigen (höchstes Risiko in Stadien III und IV) [281 ]
[282 ]
[283 ]
[284 ].
Tab. 6
Präneoplatische Risikostratifizierung nach dem OLGA-Ssytem Die Stadieneinteilung resultiert aus den nach der überarbeiteten Sydney-Klassifikation graduierten mukosalen Veränderungen. Magenkarzinome wurden überwiegend bei Patienten mit initialem OLGA-Stadium III oder IV beobachtet [246 ].
OLGA-Stadien
Korpus
Schweregrad der Atrophie
keine Atrophie
geringgradige Atrophie
mittelgradige Atrophie
hochgradige Atrophie
Antrum (inlusive Angulusfalte)
keine Atrophie
Stadium 0
Stadium I
Stadium II
Stadium II
geringgradige Atrophie
Stadium I
Stadium I
Stadium II
Stadium III
mittelgradige Atrophie
Stadium II
Stadium II
Stadium III
Stadium IV
hochgradige Atrophhie
Stadium III
Stadium III
Stadium IV
Stadium IV
Bei Detektion von entsprechenden prä-/paraneoplastischen Veränderungen wie Atrophie und IM kann eine endoskopisch-bioptische Überwachung unter dem Aspekt durchgeführt werden, dass sich trotz erfolgreicher H. pylori-Eradikation eine Progression zum Magenkarzinom entwickeln kann [237 ]
[285 ]
[286 ]
[287 ]
[288 ]
[289 ]. Europäische Leitlinien empfehlen bei diesen Patienten eine Endoskopie inklusive Biopsien nach dem Sydney-Protokoll alle drei Jahre [290 ]. Dieses Vorgehen wurde jüngst in mehreren europäischen Multicenterstudien untermauert [291 ]. Auch wurde bestätigt, dass ein dreijähriges Überwachungsintervall bei Patienten mit fortgeschrittener gastraler Atrophie oder IM in Europa kosteneffektiv ist [292 ]. In den Niederlanden wird alternativ ein einmaliges Populationsscreening im 60. Lebensjahr vorgeschlagen, wobei hier insbesondere prämalignen Konditionen im Korpus eine prädiktive Aussagekraft für eine weitere neoplastische Progression zugeschrieben wird [293 ]
[294 ].
Die serologische Bestimmung von Pepsinogen I sowie des Verhältnisses von Pepsinogen I zu Pepsinogen II (PgI/II-Ratio) kann angewendet werden, um Patienten mit fortgeschrittener Magenschleimhautatrophie zu identifizieren, die einer weiteren Abklärung durch Endoskopie und Histologie zugeführt werden sollten. PgI wird ausschließlich in den Hauptzellen des Korpus produziert, während PgII auch in der Kardia, dem Pylorus und von den duodenalen Brunner‘schen Drüsen sezerniert wird [295 ]. Eine verminderte PgI/II-Ratio spricht mit einer Sensitivität von 66,7 – 84,6 % und einer Spezifität von 73,5 – 87,1 % für eine fortgeschrittene Drüsenkörperatrophie [296 ]
[297 ]
[298 ]. Eine japanische Metaanalyse von Daten aus 40 Studien mit mehr als 30 000 Individuen zeigte, dass mithilfe der Bestimmung der PgI/II-Ratio im Serum Personen mit erhöhtem Magenkarzinomrisiko identifiziert werden können, die von weiteren diagnostischen Maßnahmen profitieren [299 ]. In Japan und Südkorea werden Individuen anhand des Serum-Pepsinogen-Tests und ihres serologischen H. pylori-Status in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt, um so eine individuelle Risikostratifizierung und damit eine ökonomischere endoskopische Überwachung zu ermöglichen [300 ]. Damit konnte eine Reduktion Magenkarzinom bedingter Todesfälle um bis zu 76 % erreicht werden [301 ]. Eine kürzlich erschienene Metaanalyse von Studien aus dem asiatischen Raum beschreibt, dass das Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms bei einem pathologischem serumpepsinogen Test und positiver H. pylori-Serologie um 6 – 60fach erhöht ist [302 ]. Mehrere Kohortenstudien, auch aus Europa, mit langen Beobachtungszeiträumen bis zu 14 Jahren belegen den Nutzen dieser Strategie in ähnlicher Weise [303 ]
[304 ]
[305 ]
[306 ].
Patienten mit asymptomatischer H. pylori-Gastritis sollte eine Eradikationsbehandlung angeboten werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Es gibt keine klare Empfehlung zur Eradikation bei asymptomatischer, zufällig diagnostizierter H. pylori-Gastritis. Allerdings kann unter den Aspekten einer möglichen zukünftigen Therapie mit ASS oder NSAR bzw. der allgemeinen Karzinomprävention, bei gleichzeitiger angemessener Berücksichtigung potenzieller Nebenwirkungen, eine Eradikationstherapie in dieser Situation erfolgen (siehe auch Themenkomplex 3, 3.11 – 3.14 und [Tab. 5 ]).
5. Therapie der Helicobacter pylori-Infektion
Vor Einleitung einer Therapie der H. pylori-Infektion soll neben einer allgemein akzeptierten Indikation (siehe Themenkomplex 3) der Nachweis der Infektion geführt worden sein.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Keine gastroduodenale Erkrankung ist in einem so hohen Prozentsatz mit H. pylori assoziiert, dass auf einen Nachweis der Infektion verzichtet werden kann. Dies schließt auch das Ulkus duodeni ein [307 ]
[308 ]
[309 ]. Ausgenommen von dieser Empfehlung ist das H. pylori-negative MALT-Lymphom des Magens im Frühstadium, da hier in Einzelfällen eine Eradikation auch bei negativem Ausfall aller H. pylori-Testverfahren zu einer Lymphomregression führen kann [143 ].
Im Falle eines endoskopisch nachgewiesenen Ulkus duodeni genügt ein eindeutig positiver Urease-Schnelltest für die Einleitung einer Eradikationstherapie (siehe auch 2.10).
Konsensusstärke: starker Konsens
Kommentar
Da bei Patienten mit Ulkus duodeni eine H. pylori-Infektion häufig ist, liegt ein hoher positiver prädiktiver Wert des Urease-Tests mit entsprechend geringer Wahrscheinlichkeit falsch positiver Testergebnisse vor. Bei funktioneller Dyspepsie dagegen sollte die Infektion durch eine validierte komplementäre Methode bestätigt werden, da ansonsten aufgrund einer niedrigen H. pylori-Prävalenz, insbesondere bei jungen Patienten, mit einer inakzeptabel hohen Rate falsch positiver Testergebnisse zu rechnen ist.
Der alleinige serologische Nachweis von Antikörpern gegen H. pylori oder seine Virulenzfaktoren genügt zur Therapieentscheidung nicht.
Konsensusstärke: Konsens
Kommentar
Die Serologie lässt keine Aussage darüber zu, ob eine aktive Infektion vorliegt oder nicht (siehe auch 2.2).
Die prätherapeutische Resistenzlage von H. pylori ist von großer therapeutischer Relevanz.
Konsensusstärke: Konsens
Kommentar
Vorbehandlungen mit Antibiotika – auch aus anderer Indikation – sollten bei der Auswahl des Therapieregimes berücksichtigt werden. Insbesondere eine Resistenz gegen das Schlüsselantibiotikum Clarithromycin der Standard-Triple-Therapie gilt als Hauptgrund für ein Therapieversagen. In Deutschland zeigt sich aktuell eine stabile Resistenzlage. Allerdings kam es in den letzten Jahren ebenso wie in anderen europäischen Ländern zu einer deutlichen Zunahme der Resistenzen [311 ]
[312 ]
[313 ]. Eine prätherapeutische Resistenz gegen Amoxicillin ist extrem selten. Bei Resistenz gegen sogenannte Reserveantibiotika (Levofloxacin, Moxifloxacin, Tetrazyklin, Rifabutin) ist mit einem Wirkungsverlust zu rechnen [118 ]
[313 ]
[314 ].
Beeinflussbare Faktoren für die Wirksamkeit einer H. pylori-Therapie sind Therapietreue (Compliance), Rauchen und das Ausmaß der Säurehemmung.
Konsensusstärke: starker Konsens
Kommentar
Die Aussage beruht auf explorativen Analysen klinischer Studien. Korrekte Verordnung, ein möglichst einfach durchzuführendes Protokoll, Motivation zur Therapietreue sowie Rauchstopp sind Maßnahmen, die den Behandlungserfolg verbessern können. Die Säuresuppression ist ausreichend hoch zu wählen. Das Ausmaß der Säurehemmung ist für die Wirksamkeit von Amoxicillin und Clarithromycin entscheidend. Weitere, nicht beeinflussbare Faktoren sind z. B. die Indikation zur H. pylori-Therapie und das Alter des Patienten [315 ]
[316 ]
[317 ]
[318 ]
[319 ]
[320 ].
Die Therapietreue kann durch eingehende Aufklärung über Indikation und Durchführung der Behandlung sowie potenzielle Nebenwirkungen günstig beeinflusst werden. Das Ausmaß der Säurehemmung wird bestimmt durch Auswahl, Dosierung und Einnahmefrequenz des Protonenpumpeninhibitors (PPI) sowie durch den genetischen Polymorphismus des Cytochrom-P450 2C19 (gilt v. a. für razemisches Omeprazol und Lansoprazol; eingeschränkt auch für die übrigen PPI). Mit höherem Lebensalter ändert sich die Nieren-/Leberfunktion, sodass individuell wesentlich höhere Medikamentenspiegel bei gleicher Dosis resultieren können.
Eine H. pylori-Testung sollte nur dann erfolgen, wenn ein positives Testergebnis auch zu therapeutischen Konsequenzen führt.
Konsensusstärke: Konsens – Empfehlung
Kommentar
Ein positives Testergebnis ohne nachfolgende H. pylori-Therapie ist im Arzt-Patienten-Gespräch schwierig zu vermitteln, zudem ist eine Diagnostik ohne therapeutische Konsequenz ökonomisch nicht sinnvoll. Eine prophylaktische Bestimmung des H. pylori-Status im Hinblick auf eine eventuell zu einem späteren Zeitpunkt evident werdende Indikation (z. B. vor Einleitung einer ASS- oder NSAR-Therapie) ist abzulehnen, da zeitnah vor Einleitung einer gegen H. pylori-gerichteten Therapie der Infektionsnachweis geführt werden sollte.
Absolute Kontraindikationen gegen eine H. pylori-Therapie sind nicht bekannt.
Konsensusstärke: starker Konsens
Kommentar
Eine relative Kontraindikation für eine Therapie besteht immer dann, wenn keine ausreichende Nutzen-Risiko-Relation vorliegt. Dies gilt beispielsweise bei nachgewiesener oder vermuteter Medikamentenunverträglichkeit oder Allergie mit entsprechend erhöhtem Therapierisiko. Eine abgelaufene pseudomembranöse Kolitis stellt keine Kontraindikation dar.
Kontraindiziert ist hingegen die bloße Wiederholung eines bereits in der Vergangenheit korrekt durchgeführten, aber erfolglosen Therapieregimes.
Es sollten solche Therapieschemata angewendet werden, die in randomisierten, kontrollierten Therapiestudien bei Intention-to-treat (IIT)-Analyse eine Eradikationsrate von mindestens 80 % erreicht haben.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
In bestimmten klinischen Situationen (z. B. multiple Allergien, besondere Resistenzsituationen) kann von dieser Empfehlung abgewichen werden. Ökonomische Aspekte im Sinne von Tagestherapiekosten sind nur bei vergleichbarer Wirksamkeit von Therapieschemata relevant, ansonsten hat die Wirksamkeit (Eradikationsrate) höchste Priorität bei der Auswahl eines Protokolls, da die Folgekosten (Diagnostik, erneute Therapie) in der Regel deutlich höher liegen.
Diese Empfehlung wurde erstmals in den Maastricht-Empfehlungen gegeben, wobei die 80 %-Grenze artefiziell ist. Zulassungsbehörden (z. B. FDA) wenden z. T. andere Maßstäbe an. Von wissenschaftlicher Seite wird in jüngster Zeit die Forderung erhoben, dass nur noch Schemata mit Eradikationsraten von > 90 % (ITT) verordnet werden sollten. Dieses Ziel ist wünschenswert, vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden Medikamente, des behördlichen Zulassungsstatus und der in der Praxis häufig anzutreffenden schlechteren Bedingungen hinsichtlich der Therapietreue aber derzeit nicht realistisch [321 ]
[322 ].
Die Rate schwerwiegender Nebenwirkungen eines Therapieregimes sollte unter 5 % liegen.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Die H. pylori-Infektion ist für die meisten Infizierten eine benigne Erkrankung, zu deren Behandlung gut verträgliche und komplikationsarme Schemata zur Verfügung stehen. Auch gibt es in begründeten Einzelfällen Therapiealternativen zur Eradikation wie beispielsweise eine PPI-Dauertherapie bei Ulkuskrankheit. Dementsprechend darf unter Abwägung von Nutzen und Risiko das Morbiditätsrisiko einer gegen H. pylori-gerichteten Therapie nicht unverhältnismäßig hoch sein.
Empfehlung/Statement 5.10
Bei der Auswahl eines Erstlinientherapieschemas soll die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Antibiotikaresistenz berücksichtigt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Resistenzen von H. pylori gegen Antibiotika sind ein wichtiger Risikofaktor für das Versagen einer Eradikationstherapie [323 ]. Eine primäre Clarithromycin-Resistenz reduziert die Eradikationsrate der Erstlinientherapie mit einer Standard-Triple-Therapie mit Clarithromycin und Amoxicillin um 66 % und die einer Standard-Triple-Therapie mit Clarithromycin und Metronidazol um 35 % [314 ]. Letztere wird auch durch eine primäre Metronidazol-Resistenz negativ beeinflusst [314 ]. In einer deutschen Multicenterstudie (ResiNet) stieg die Rate der primären Clarithromycin-Resistenz von 4,8 % in den Jahren 2001/2002 auf 10,9 % in den Jahren 2011/2012 [311 ]. Europaweit existiert eine breite Spanne der primären Resistenzlage gegen Clarithromycin von 5,6 – 36,6 %, wobei Resistenzraten > 20 % vor allem in süd- und osteuropäischen Ländern beobachtet wurden [313 ]. Die Rate der primären Metronidazol-Resistenz lag in Deutschland in den Jahren 2011/2012 bei 36 % [311 ].
Empfehlung/Statement 5.11
Bei hoher Wahrscheinlichkeit für eine primäre Clarithromycin-Resistenz sollten in der Erstlinientherapie eine Bismuth-haltige Quadrupeltherapie oder eine kombinierte („konkomittierende“) Vierfachtherapie eingesetzt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Empfehlung/Statement 5.12
Bei niedriger Wahrscheinlichkeit für eine primäre Clarithromycin-Resistenz können in der Erstlinientherapie eine Standard-Triple-Therapie oder eine Bismuth-basierte Quadrupeltherapie eingesetzt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
In einer europäischen Multicenterstudie wurde gezeigt, dass die Erstlinientherapie mit einer 10-tägigen Bismut-haltigen Vierfachtherapie einer 7-tägigen Standard-Triple-Therapie mit PPI, Clarithromycin und Amoxicillin signifikant und in einem klinisch relevanten Ausmaß überlegen war (ITT Eradikationsraten 80 vs. 55 %) [324 ] ([Tab. 7 ]). Eine primäre Clarithromycinresistenz hatte einen signifikanten Einfluss auf die Standard-Triple-Therapie (Eradikation 8 %). Demgegenüber hatte eine primäre Metronidazol-Resistenz keinen Einfluss auf die Effektivität der Bismut-haltigen Vierfachtherapie. Unklar bleibt allerdings, wie groß der Einfluss der unterschiedlichen Behandlungsdauer in beiden Therapiearmen auf das Gesamtergebnis der Studie war. In einer aktuellen Metaanalyse wurde die Überlegenheit der Bismut-haltigen Vierfachtherapie gegenüber Standard-Triple-Therapien bestätigt [325 ]. Die Bismut-haltige Vierfachtherapie ist seit Januar 2013 in Deutschland zugelassen und verfügbar. Auch eine kombinierte – im internationalen Sprachgebrauch „konkomittierende“ – Bismut-freie Vierfachtherapie ([Tab. 7 ]) ist einer Standard-Triple-Therapie signifikant überlegen [326 ]
[327 ]
[328 ]
[329 ]
[330 ].
Tab. 7
Geeignete Protokolle zur Therapie der H. pylori-Infektion bei Erwachsenen.
Name
Linie
Schema
Dosierung
Dauer
Standard-Triple-Therapie (italienisch)
1°-Linie
PPI[1 ]
Clarithromycin 250 – 500 mg
Metronidazol 400 – 500 mg
1 – 0-1
1 – 0-1
1 – 0-1
7 – 14 Tage
Standard-Triple-Therapie (französich)
1°-Linie
PPI1
Clarithromycin 500 mg
Amoxicillin 1000 mg
1 – 0-1
1 – 0-1
1 – 0-1
7 – 14 Tage
Bismut-haltige Vierfachtherapie[2 ]
1°-Linie oder 2°-Linie nach Standard-TT
PPI2
Bismut-Kalium-Salz 140 mg
Tetracyclin 125 mg
Metronidazol 125 mg
1 – 0-1
1 – 1-1 – 1
1 – 1-1 – 1
1 – 1-1 – 1
10 Tage
kombinierte („konkomittierende) Vierfachtherapie
1°-Linie
PPI1
Clarithromycin 500 mg
Amoxicillin 1000 mg
Metronidazol 400 – 500 mg
1 – 0-1
1 – 0-1
1 – 0-1
1 – 0-1
7 Tage
Fluorochinolon-Tripletherapie
2°-Linie
PPI1
Levofloxacin 500 mg oder Moxifloxacin 400 mg Amoxicillin 1000 mg[3 ]
1 – 0-1
1 – 0-1
1 – 0-1
10 Tage
1 Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Rabeprazol 20 mg.
2 Fixe Kombination (Pylera® ) zugelassen in Kombination mit Omeprazol 20 mg.
3 Bei Penicillinunverträglichkeit Rifabutin 150 mg 1 – 0-1.
Zur Sequenztherapie (PPI plus Amoxicillin Tag 1 – 5 gefolgt von PPI plus Clarithromycin und Imidazolderivat Tag 6 – 10) liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. In einer älteren Metaanalyse war die 10-tägige Sequenztherapie signifikant effektiver als eine 7-tägige Standard-Triple-Therapie [331 ]. In aktuellen, randomisierten Multicenterstudien aus Asien konnte jedoch keine Überlegenheit einer 10-tägigen Sequenztherapie gegenüber der Standard-Triple-Therapie nachgewiesen werden [330 ]
[332 ]
[333 ]
[334 ]. Zudem wurde in diesen Studien gezeigt, dass auch die Effektivität der Sequenztherapie sowohl durch eine Metronidazol- als auch durch eine Clarithromycin-Resistenz reduziert wurde. Eine weitere Metaanalyse, die bisher nur in Abstract-Form vorliegt (UEGW 2014), zeigte zudem eine Überlegenheit der kombinierten („konkomittierenden“) Vierfachtherapie gegenüber der Sequenztherapie. Unter Berücksichtigung aller Daten kann eine Sequenztherapie somit nicht empfohlen werden. Mittlerweile wurden verschiedene Vierfachtherapieschemata in der Erstlinientherapie in randomisierten, multizentrischen Studien direkt miteinander verglichen und Eradikationsraten um oder über 90 % berichtet [335 ]
[336 ]
[337 ].
In mehreren prospektiven randomisierten Studien wurde die Levofloxacin-haltige Triple-Therapie in der Erstlinientherapie untersucht und mit der Standard-Triple-Therapie verglichen [338 ]
[339 ]
[340 ]. Darüber hinaus existieren zwei aktuelle Metanalysen [341 ]
[342 ]. Diese konnten keinen signifikanten Vorteil der Levofloxacin-haltigen Triple-Therapie gegenüber der Standard-Triple-Therapie zeigen.
Der 2012 publizierte europäische Maastricht IV Konsensus Report empfiehlt in Regionen mit einer primären Clarithromycin-Resistenzrate > 20 % primär eine Bismut-haltige Vierfachtherapie oder eine andere Vierfachtherapie (Sequenztherapie, Bismut-freie Vierfachtherapie) einzusetzen. Liegt die primäre Clarithromycin-Resistenzrate unter 20 %, kann eine Standard-Triple-Therapie oder eine Bismut-haltige Vierfachtherapie eingesetzt werden [118 ].
Eine Verlängerung der Standard-Triple-Therapie von 7 auf 14 Tage erhöht den Therapieerfolg [343 ].
Empfehlung/Statement 5.13
Nach erfolgloser primärer Standard-Triple-Therapie sollte eine Bismuth-basierte Quadrupeltherapie erfolgen.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Im Falle einer Kontraindikation gegen diese oder Unverträglichkeit kann nach Ausschluss einer Resistenz eine Fluorochinolon-haltige Triple-Therapie erfolgen.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Nach Versagen der Standard-Triple-Therapie steigt die Wahrscheinlichkeit einer Resistenz von H. pylori gegen Clarithromycin und Metronidazol auf ca. 60 % an [311 ]
[312 ]. Aus diesem Grund wird eine erneute Clarithromycin- und/oder Metronidazol-haltige Triple-Therapie ohne vorherige Resistenztestung nicht empfohlen. In prospektiven Studien haben sowohl die Bismut-haltige Quadrupeltherapie als auch Fluorochinolon-haltige Triple-Therapien Eradikationsraten zwischen 70 und 90 % gezeigt [344 ]
[345 ].
[Abb. 2 ] empfiehlt einen Therapiealgorithmus zur Eradikation von H. pylori gemäss 5.11-5.13. [Tab. 7 ] zeigt die jeweiligen Therapieschemata, Dosierung der Medikamente und die Dauer der Behandlung.
Abb. 2 Empfohlener Therapiealgorithmus zur H. pylori Eradikation.
Empfehlung/Statement 5.14
Eine zusätzliche Probiotikagabe zu einer wirksamen H. pylori-Therapie kann erfolgen, um die Verträglichkeit der Eradikationsbehandlung zu verbessern. Probiotika allein führen nicht zu einer H. pylori-Eradikation.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Probiotika können neben einer Verminderung der H. pylori-Kolonisation die Nebenwirkungsrate der Eradikationstherapie senken und dadurch die Compliance verbessern. Dies kann in einer Steigerung der Eradikationsrate resultieren. Insbesondere bei Patienten mit vorangegangenem Eradikationsversagen können Probiotika die Wirksamkeit einer erneuten Therapie verbessern [346 ]
[347 ]
[348 ]
[349 ].
Empfehlung/Statement 5.15
Beim komplizierten H. pylori-positiven Ulkus (z. B. Blutung) soll die Eradikationstherapie nach Wiederaufnahme der oralen Ernährung begonnen werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Eine intravenöse Eradikationstherapie ist nicht notwendig. Es gibt keine Daten, die einen günstigen Effekt einer Eradikation im Akutstadium auf die Prognose belegen. Einzelne kleine Studien deuten zwar an, dass eine H. pylori-Therapie (Omeprazol, Amoxicillin, Metronidazol) auch intravenös erfolgen kann, eine medizinische Notwendigkeit für ein derartiges Vorgehen ist aber nicht ersichtlich. Der entscheidende Therapiebaustein bei einem komplizierten Ulkus ist neben der gegebenenfalls notwendigen endoskopischen Therapie die profunde Säurehemmung. Da diese den Therapieerfolg einer oralen Eradikationstherapie nicht relevant schmälert, soll die Eradikationstherapie nach sicherer Beherrschung der akuten Komplikation mit Wiederbeginn der oralen Nahrungsaufnahme erfolgen [350 ].
Empfehlung/Statement 5.16
Eine Überprüfung des Therapieerfolges soll erfolgen.
Konsensusstärke: Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Die Ulkuskrankheit kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen, die durch eine Eradikationstherapie häufig verhindert werden können [351 ]. Dementsprechend ist es erforderlich, den Erfolg der H. pylori-Therapie mit geeigneten Methoden zu überprüfen. Dies kann bei einem unkomplizierten Ulkus duodeni ein nicht invasiver Atem- oder Stuhltest sein. Beim komplizierten Ulkus duodeni und in jedem Fall beim Ulkus ventrikuli ist ohnehin eine Kontrollendoskopie erforderlich, die so terminiert werden sollte, dass zugleich Eradikationserfolg und Ulkusheilung beurteilt werden können. Beim MALT-Lymphom ist eine Überprüfung der Eradikation mit invasiven Testmethoden (bei ohnehin obligater Endoskopie) zwingend erforderlich, da bei fehlendem Eradikationserfolg ein Progress der Tumorerkrankung möglich ist und Therapiealternativen zur Verfügung stehen. Es ist ratsam, auch bei anderen Therapieindikationen eine Erfolgskontrolle durchzuführen, da die Feststellung einer persistierenden H. pylori-Infektion prognostische Relevanz hat, die Therapietreue des Patienten durch die systematische Planung einer Erfolgskontrolle vermutlich gesteigert wird und der Therapeut Übersicht über die Wirksamkeit der von ihm durchgeführten Eradikationstherapien behält (Qualitätsaspekt).
Empfehlung/Statement 5.17
Zwischen Ende der Antibiotikatherapie und Überprüfung des Eradikationserfolges sollen mindestens 4 Wochen liegen.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Ist der Zeitabstand zwischen Ende der Antibiotikatherapie und Überprüfung des Therapieerfolges kürzer als 4 Wochen, ist ein „negativer Bakterienbefund” nicht verwertbar, da es sich um eine bloße Keimsuppression unter die Nachweisbarkeitsgrenze und nicht um eine dauerhafte Elimination (= Eradikation) handeln kann. In dieser Situation wären falsche Schlussfolgerungen für den weiteren Krankheitsverlauf die Folge (siehe auch 2.8).
Empfehlung/Statement 5.18
Zwischen Ende einer PPI-Therapie und zuverlässiger Überprüfung des Eradikationserfolges sollen mindestens 2 Wochen liegen.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Fällt das Intervall kürzer aus, können durch die PPI in bis zu 80 % falsch negative Testergebnisse vorgetäuscht werden, da diese zu einer Suppression von H. pylori führen. H2 -Rezeptorantagonisten in einmal täglicher Standarddosis oder Antazida führen in der Regel nicht zu falsch negativen Resultaten (siehe auch 2.8).
Empfehlung/Statement 5.19
Bei Patienten mit MALT-Lymphom, Ulkus duodeni mit Komplikationen und Ulkus ventrikuli soll eine Kontrollendoskopie durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Die Argumente für dieses Vorgehen finden sich im Kommentar zu 5.16.
Empfehlung/Statement 5.20
Ist eine Kontrollendoskopie nicht erforderlich, soll die Eradikationskontrolle durch einen 13C-Harnstoff-Atemtest oder einen monoklonalen Stuhl-Antigentest erfolgen.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Liegt keine Indikation für eine erneute Endoskopie vor, kommen 13C-Harnstoff-Atemtest und monoklonaler Stuhlantigentest als gleichwertige Optionen für eine Eradikationskontrolle in Betracht. Ein serologischer Befund wäre nur dann verwertbar, wenn im Vergleich zu einem prätherapeutischen Test mit identischem Kit ein relevanter Titerabfall (um mehr als 50 %) nachgewiesen werden kann. Es kann indessen bis zu einem Jahr dauern, bis ein solcher Abfall gesehen wird. Bei manchen Patienten bleibt er trotz erfolgreicher Eradikation zudem gänzlich aus. Deshalb ist die Serologie als klinische Verlaufskontrolle generell nicht zu empfehlen (siehe auch 2.2).
Empfehlung/Statement 5.21
Eine routinemäßige Suche nach einer H. pylori-Reinfektion sollte nicht erfolgen, wenn die primäre Eradikationskontrolle korrekt vorgenommen worden ist.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Daten aus entwickelten Ländern sprechen für eine geringe Reinfektionswahrscheinlichkeit (< 1 % pro Jahr), sofern die „Eradikation“ mit einer empfohlenen Therapie (s. o.) durchgeführt, der Eradikationserfolg mit einer Kombination verlässlicher Methoden frühestens 4 Wochen nach Abschluss der Antibiotikatherapie überprüft und Einflussfaktoren, wie z. B. eine Keimsuppression durch PPI zum Zeitpunkt der Diagnostik ausgeschlossen worden sind. Bei einem derartigen Vorgehen ist eine routinemäßige Überprüfung abzulehnen. Bei „vitaler“ Indikation (z. B. Status nach Ulkusblutung, MALT-Lymphom) kann eine erneute Überprüfung der „dauerhaften Eradikation“, z. B. nach einem Jahr, durchaus ratsam sein.
6. Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen
Ein invasiver oder nicht invasiver diagnostischer Test auf eine H. pylori-Infektion sollte bei Kindern und Jugendlichen nur durchgeführt werden, wenn im Falle eines positiven Testergebnisses eine Therapie vorgesehen ist.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Die chronische H. pylori-Infektion wird auch in Ländern mit niedriger Prävalenz wie Deutschland meist im jungen Kindesalter erworben. Die beobachtete immunologische Reaktion auf die Infektion ist bei Kindern im Vergleich zum Erwachsenenalter meist milder. Dies ist auf eine Herunterregulierung der Immunantwort und eine Zunahme von regulatorischen T-Zellen und antiinflammatorischen Zytokinen, z. B. IL 10, zurückzuführen [352 ]. Im Mausmodell vermindert eine frühe H. pylori-Infektion, aber auch die Gabe eines H. pylori-Extraktes, das Risiko für Asthma [353 ]
[354 ]
[355 ] und eine Dextran sodium sulfat (DSS) induzierte Kolitis [356 ]. Epidemiologische Studien zeigen eine inverse Beziehung der Infektion mit Asthma [357 ] und Atopie [358 ]. Diese potenziell positiven Langzeiteffekte einer frühen Infektion auf die Gesundheit müssen gegen die möglichen Risiken einer späteren Ulkuskrankheit oder eines Magenkarzinoms abgewogen werden. Die chronische Infektion ist im Kindesalter selten symptomatisch. Das Risiko für ein Ulkus liegt bei symptomatisch infizierten Kindern und Jugendlichen bei 6 – 7 %, H. pylori-bedingte Malignome kommen bei ihnen nicht vor [359 ]. Im Kontrast dazu sind die verfügbaren Therapieoptionen im Kindesalter im Vergleich zum Erwachsenenalter begrenzter. Auch scheinen die gleichen Therapieregime weniger wirksam zu sein. Die Heilungsraten liegen nach Ersttherapie nur um 70 % (intention to treat).
Zusammenfassend liegt bei Kindern und Jugendlichen eine andere Nutzen-Risiko-Abwägung als bei Erwachsenen vor. Eine Testung auf die Infektion sollte bei Kindern und Jugendlichen daher auf diejenigen Individuen beschränkt bleiben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit unmittelbar durch eine Eradikationstherapie profitieren. Eine Therapie zur Prävention von Komplikationen im späteren Lebensalter sollte auf das Erwachsenenalter verschoben werden.
Kinder und Jugendliche mit chronischen Bauchschmerzen/Dyspepsie sollten nicht im Rahmen der Abklärung mit einem nicht invasiven Test auf eine H. pylori-Infektion untersucht werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Nicht invasive Tests sind in Deutschland leicht verfügbar, ihre Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Die Schwelle, solch einen Test auch bei unspezifischen Beschwerden, wie z. B. Bauchschmerzen, oder bei asymptomatischen Kindern und Geschwistern von infizierten Personen zu ordern, liegt daher sehr niedrig. Ein positiver Testausfall impliziert, dass das Ergebnis den Eltern und dem Patienten mitgeteilt werden muss. Die potenziellen Risiken und die Kosten einer sich daraus ergebenden weiterführenden Diagnostik (einschließlich oberer Endoskopie) und Therapie stehen dem fehlenden unmittelbaren Nutzen für das Kind gegenüber, da die meisten Beschwerden auch bei H. pylori-infizierten Kindern funktioneller Natur sind.
Bauchschmerzen sind häufige Beschwerden im Kindes- und Jugendalter. Die Analyse der KIGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ergab, dass 69,3 % der 3 – 10-jährigen Kinder und 59,6 % der Jugendlichen von 11 – 17 Jahren mindestens einmal in den letzten 3 Monaten an Bauchschmerzen litten, 14,5 bzw. 18,0 % in den beiden Altersklassen häufiger als einmal pro Woche [360 ]. Eine systematische Literaturübersicht mit Metaanalyse von 38 zwischen 1966 und 2009 publizierten Arbeiten kam zu dem Ergebnis, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Bauchschmerzen oder anderen gastrointestinalen Beschwerden wie Erbrechen oder Durchfall und einer H. pylori-Infektion bei Kindern und Jugendlichen gibt [361 ]. Bei epigastrischen Beschwerden sind die Ergebnisse widersprüchlich. Bei stationären Patienten fand sich eine positive Assoziation zu unspezifischen Bauchschmerzen, allerdings kann hier ein Selektionsbias nicht ausgeschlossen werden.
Wegen folgender Krankheiten oder Situationen sollte bei Kindern und Jugendlichen nicht auf eine H. pylori-Infektion getestet werden: chronische ITP, Otitis media, chronische Urtikaria, Kleinwuchs oder eine H. pylori-Infektion bei Personen der Hausgemeinschaft.
Konsensusstärke: Konsens – Empfehlung
Kommentar
Epidemiologische Querschnitt- oder Fall-Kontroll-Studien zur Assoziation zwischen den o. g. extragastrointestinalen Erkrankungen und einer H. pylori-Infektion im Kindes- und Jugendalter müssen berücksichtigen, dass H. pylori häufiger bei Personen mit niedrigem sozioökonomischen Status und Migrantenstatus vorkommt. Faktoren wie schlechtes Wachstum, Eisenmangel und Infektionen der Atemwege haben ebenfalls bei niedrigem Sozialstatus eine höhere Prävalenz, sodass nur kontrollierte Interventionsstudien einen kausalen Zusammenhang nachweisen können [362 ]. Bei epidemiologischen Studien muss für den Sozialstatus, aber auch für Einflussfaktoren, die mit einem niedrigen Sozialstatus assoziiert sind, adjustiert werden. Dazu gehören z. B. die prä- und postpartale Exposition von Passivrauch, das Geburtsgewicht, die postnatale Ernährung und die Elterngröße.
Kleinwuchs
Während Studiendaten aus Süd- und Mittelamerika auf ein geringeres Längenwachstum bei H. pylori-positiven Kindern im Vergleich zu H. pylori-negativen bzw. erfolgreich therapierten Patienten hinweisen [363 ]
[364 ]
[365 ], fehlt ein entsprechender Beleg für Kinder und Jugendliche in Europa. Eine tschechische Querschnittsstudie konnte nach Adjustierung für das Ausbildungsniveau der Eltern keinen statistischen Zusammenhang zwischen H. pylori-Infektion und Körpergröße nachweisen [366 ]. Kleinwuchs oder eine verminderte Wachstumsgeschwindigkeit sind keine Indikation, auf eine H. pylori-Infektion zu testen.
Chronische ITP und chronische Urtikaria
Wie bei anderen Autoimmunerkrankungen werden bei der cITP-Infektionen als Trigger vermutet. Diese können bei Kindern und Erwachsenen jedoch unterschiedlich sein. In Ländern mit niedriger Prävalenz waren die meisten Kinder mit cITP nicht infiziert, z. B. nur 3 von 33 Kindern in Holland [367 ] und keines in einer finnischen Studie [368 ]. Die Ergebnisse aus zwei italienischen Kohortenstudien deuten darauf hin, dass einzelne Patienten mit cITP von einer H. pylori-Eradikationstherapie profitieren könnten, allerdings haben beide Studien erhebliche methodische Schwächen [369 ]
[370 ]. Prospektive randomisierte Interventionsstudien liegen für die cITP und die chronische Urticaria bei Kindern und Jugendlichen nicht vor.
Familienmitglieder
Der Nutzen einer Therapie von infizierten Mitgliedern einer Hausgemeinschaft für einen Indexpatienten mit dem Ziel, dessen Risiko für eine Reinfektion klein zu halten, ist umstritten. Insgesamt ist die Reinfektionsrate bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland mit 2,3 % pro Jahr gering [371 ]. Eine irische Studie bestätigte die niedrige Reinfektionsrate von nur 2 % pro Jahr, obwohl 81 % der Kinder mindestens ein infiziertes Elternteil und zwei Drittel ein infiziertes Geschwisterkind hatten [372 ].
Bei Kindern und Jugendlichen mit therapierefraktärer Eisenmangelanämie, bei denen andere Ursachen (z. B. okkulte Blutverluste, Zöliakie, Parasitenbefall) ausgeschlossen wurden, soll auf H. pylori untersucht und bei Nachweis einer Infektion eine Eradikationsbehandlung durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Von allen extragastrointestinalen Manifestationen einer H. pylori-Infektion liegt für die Eisenmangelanämie die beste Evidenz für einen kausalen Zusammenhang vor. Pacifico et al. haben die bei Kindern durchgeführten Studien und die möglichen biologischen Mechanismen zusammengestellt [362 ]. Die meisten Interventionsstudien wurden in Entwicklungsländern oder Populationen mit niedrigem Sozialstatus durchgeführt, bei denen der Anteil von Kindern mit anderen Risikofaktoren für einen Eisenmangel (Wurminfektionen, geringe Vitamin C und Eisenzufuhr, Mangelernährung) hoch ist [373 ]
[374 ]
[375 ]
[376 ]. In Deutschland ist eine Eisenmangelanämie bei Kindern und Jugendlichen meist nutritiv oder durch eine zugrundeliegende Organerkrankung (z. B. Zöliakie, chronische Blutverluste bei chronischer Darmerkrankung, Refluxösophagitis etc.) verursacht. Daher stellen ein Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie primär keine Indikation zur H. pylori-Diagnostik dar. Erst wenn es zu keinem Ansprechen unter Eisentherapie bzw. zu einem erneuten Hb-Abfall nach Absetzen kommt und Organerkrankungen weitgehend ausgeschlossen wurden, sollte endoskopisch im Rahmen der diagnostischen Abklärung auch auf eine H. pylori-Infektion untersucht werden.
Wenn bei Kindern während einer Ösophagogastroduodenoskopie der Verdacht auf eine H. pylori-Infektion besteht (Nodularität im Antrum, gastrales oder duodenales Ulkus oder Erosionen), sollten Biopsien für Histologie und antibiotische Resistenztestung (Kultur oder PCR) entnommen werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Bei Kindern und Jugendlichen mit H. pylori-Infektion und gastroduodenalem Ulkus oder Erosionen soll eine Keimeradikation erfolgen.
Konsensusstärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Bei Kindern und Jugendlichen mit nachgewiesener H. pylori-Gastritis kann eine Keimeradikation durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Bei Patienten mit einer H. pylori-Gastritis ohne früher dokumentiertes Ulkus, die nach fehlgeschlagener Eradikationstherapie keine Symptome mehr haben, kann während des Kindes- und Jugendalters auf eine erneute Eradikationstherapie verzichtet werden.
Konsensusstärke: Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Die Indikation zur Ösophagogastroduodenoskopie wird bei Kindern strenger gestellt als bei Erwachsenen. Funktionelle Beschwerden stellen keine Indikation dar. Wird eine obere Endoskopie durchgeführt, werden in der Regel Stufenbiopsien entnommen, sodass eine vorhandene H. pylori-Infektion histologisch identifiziert wird und sich damit die Frage einer Behandlung stellt. Diese ist im Falle eines Ulkus oder bei Erosionen klar mit ja zu beantworten ist, da auch bei Kindern bei fortbestehender Infektion das Rezidivrisiko für ein Ulkus hoch ist.
Falls eine alleinige Gastritis vorliegt, was bei > 90 % der Kinder der Fall ist [359 ], ergibt sich keine zwingende Therapieindikation. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um einen Zufallsbefund, z. B. im Rahmen einer Zöliakiediagnostik, handelt. Die bei 70 – 80 % der H. pylori-infizierten Kinder gefundene Nodularität im Antrum steht in keinem Zusammenhang zu Symptomen und stellt keine Indikation zur Therapie dar. Kinder mit fehlgeschlagener Therapie ohne Ulkusnachweis bei der initialen Therapie unterliegen denselben Überlegungen wie bei der primären Therapieentscheidung.
In Fällen einer alleinigen Gastritis (primär oder nach fehlgeschlagener Therapie) muss mit den Eltern der Nutzen und das Risiko der Therapie, auch eines möglichen Therapieversagens, diskutiert werden. Dabei spielen Alter des Kindes, mögliche Beschwerden, die Familienanamnese für Komplikationen einer H. pylori-Infektion und die Histologie (aktive oder korpusdominante Gastritis) eine Rolle.
Entscheiden sich Arzt bzw. Eltern/Patient für eine Therapie, richtet sich die Wahl der Antibiotika nach den Ergebnissen der antibiotischen Resistenztestung [377 ]. Da die Entscheidung der Eltern für oder gegen eine Therapie zum Zeitpunkt der Endoskopie noch nicht gefallen ist, empfiehlt sich bei endoskopischem Verdacht auf eine Infektion neben der Abnahme von Biopsien für die Histologie auch die Gewinnung von Gewebsproben für Kultur oder PCR zur Testung der Antibiotikaempfindlichkeit.
Der 13 C-Harnstoff-Atemtest ist zum nicht invasiven Nachweis einer H. pylori-Infektion und zur Überwachung des Therapieerfolges bei Kindern und Jugendlichen geeignet.
Konsensusstärke: starker Konsens
Empfehlung/Statement 6.10
Von den zur Zeit verfügbaren Stuhltests ist nur der ELISA basierend auf monoklonalen Antikörpern zur nicht invasiven Diagnostik einer H. pylori-Infektion und zur Therapiekontrolle bei Kindern und Jugendlichen geeignet.
Konsensusstärke: starker Konsens
Kommentar
Von den nicht invasiven Tests sind der 13 C-Harnstoff-Atemtest (13 C-HAT) [378 ] und der monoklonale Stuhlantigentest mittels ELISA [379 ]
[380 ] zum Nachweis einer aktiven H. pylori-Infektion geeignet. Die Indikation für diese Tests liegt vor allem in dem Monitoring nach erfolgter Infektion, da es nur wenige Indikationen für einen nicht invasiven Test im Rahmen der primären Diagnostik gibt. Zu diesen Ausnahmen kann z. B. die Testung von Kindern, deren Elternteil ein Magenkarzinom entwickelt hat, gehören. Falls der Test negativ ist, kann bei den Kindern auf eine Endoskopie verzichtet werden. Unspezifische Beschwerden (Bauchschmerzen, Dyspepsie) stellen keine Indikation dar (siehe 6.2). Beide Testverfahren sind für epidemiologische Studien geeignet.
Praktische Hinweise:
Antibiotika müssen mindestens 4 Wochen und PPI mindestens 2 Wochen vor dem Test abgesetzt sein.
Beim 13 C-HAT kann eine bakterielle Fehlbesiedlung zu falsch positiven Ergebnissen führen.
Bei Kindern unter 6 Jahren sind falsch positive Ergebnisse beim 13 C-HAT häufiger [378 ]. Allerdings ergibt sich bei so jungen Kindern sehr selten eine Indikation für eine Therapie.
Der 14 C-HAT sollte bei Kindern wegen der Strahlenbelastung bei allgemeiner Verfügbarkeit des 13 C-HAT (stabile, nicht strahlende Isotope) nicht durchgeführt werden.
Der monoklonale ELISA zum Antigen-Nachweis im Stuhl zeigt keine Altersabhängigkeit, sollte aber in der lokalen Bevölkerung validiert worden sein [380 ]
[381 ].
Sogenannte one-step oder Schnelltests (bed-side-test) und polyklonale ELISA sind für den klinischen Einsatz nicht geeignet [379 ]
[382 ].
Empfehlung/Statement 6.11
Verfahren zum Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen H. pylori in Serum, Vollblut, Urin oder Speichel sollten zur Diagnostik einer Infektion bei Kindern und Jugendlichen nicht angewendet werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Der Antikörpernachweis kann nicht zwischen akuter oder bereits erfolgreich therapierter Infektion unterscheiden und ist damit zum Monitoring des Therapieerfolges nicht geeignet. Für epidemiologische Studien ist zu beachten, dass die Antikörperantwort bei Kindern insgesamt geringer ausgeprägt ist [383 ], sodass die Sensitivität der Tests im Vergleich zu Erwachsenen geringer ausfällt [384 ]. Die meisten bei Kindern evaluierten neueren Tests, die z. B. auf einer multiplex Technologie beruhen, sind bei infizierten Kindern unter 6 Jahren nicht validiert, sodass ihre Zuverlässigkeit nicht beurteilt werden kann [385 ].
Empfehlung/Statement 6.12
Eine antibiotische Resistenztestung sollte bei mit H. pylori-infizierten Kindern und Jugendlichen vor erster Therapie durchgeführt werden. Die Wahl der Antibiotika sollte nach dem Ergebnis ausgerichtet werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Da bei Kindern und Jugendlichen zahlreiche Reservemedikamente der Eradikationstherapie wie Bismuthsalze, Tetrazyklin, Gyrase-Hemmer und Rifabutin nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, gar nicht zugelassen oder sogar kontraindiziert sind, gilt bei Kindern noch mehr als bei Erwachsenen, dass mit der ersten Therapie eine möglichst hohe Heilungsrate erreicht werden sollte. Eine oder mehrere fehlgeschlagene Therapien bedeuten für Kinder und ihre Eltern eine besondere Belastung: Induktion von Angst; ggf. eine erneute Endoskopie zur Biopsiegewinnung bei unklarer Resistenzlage; weitere Therapien mit ihren potenziellen Nebenwirkungen.
Der Erfolg einer Therapie hängt von der Empfindlichkeit der Erreger gegen die zum Einsatz kommenden Antibiotika, Dosis und Dauer der Medikation und der Zuverlässigkeit der Medikamenteneinnahme ab. Untersuchungen zur Antibiotikaresistenz von H. pylori haben große Unterschiede in verschiedenen Populationen aufgezeigt [359 ]
[386 ]. In Deutschland liegen die Raten für eine primäre Resistenz gegen Clarithromycin und Metronidazol bei etwa 20 %, und etwa 5 % der Kinder weisen bereits vor erster Therapie einen doppelt resistenten Keim auf [387 ]. Bei einer Triple-Therapie (PPI und zwei Antibiotika) ist eine Resistenz gegen Clarithromycin hochprädiktiv für ein Therapieversagen, wenn Clarithromycin Bestandteil des Therapieregimes ist [388 ]. Aber auch eine Metronidazol-Resistenz beeinträchtigt den Heilungserfolg, wenngleich durch höhere Dosen von Metronidazol und eine längere Therapiedauer die In-vitro-Resistenz zum Teil überwunden werden kann [388 ].
Für den Nachweis einer Antibiotikaresistenz stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Sie unterscheiden sich bei Kindern nicht von denen bei Erwachsenen.
Es sollten dafür immer mindestens eine Biopsie aus dem Antrum und eine aus dem Korpus gewonnen werden, da Mischinfektionen mit verschiedenem Resistenzmustern bei 10 – 15 % der Kinder gefunden werden [383 ].
Praktische Hinweise:
Die kulturelle Anzucht des Keimes aus der Magenbiopsie mit anschließender Resistenztestung mittels E-Test auf verschiedene Antibiotika stellt zur Zeit das Verfahren der Wahl dar.
Für Clarithromycin: Molekularbiologische Verfahren aus Magenbiopsien mit direktem Nachweis einer Mutation in frischen oder in Paraffin eingebetteten Magenbiopsaten mittels PCR oder Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) [387 ].
Für Clarithromycin: Die Real-time-PCR im Stuhl ist eine attraktive nicht invasive Methode, wenngleich die Ergebnisse der kulturellen Anzucht mit E-Testung aus Magenbiopsien der Stuhluntersuchung noch überlegen sind [389 ]
[390 ]
[391 ]
[392 ].
Empfehlung/Statement 6.13
Die „Test-and-treat“-Strategie, d. h. Screening mit einem nicht invasiven Test auf H. pylori und Eradikationstherapie im Falle eines positiven Testergebnisses sollte bei Kindern und Jugendlichen nicht durchgeführt werden.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Ziel der diagnostischen Abklärung bei symptomatischen Kindern ist es, die Ursache der Beschwerden zu identifizieren und nicht eine H. pylori-Infektion zu beweisen oder auszuschließen. Die Begründung für die Ablehnung einer „Test-and-treat“-Strategie ist nicht evidenzbasiert, ergibt sich aber aus den Empfehlungen 6.2 und 6.12.
Eine „Test-and-treat“-Strategie birgt in Populationen mit hoher Prävalenz der Infektion (Immigranten) die Gefahr einer Übertherapie von Kindern mit funktionellen Beschwerden und beinhaltet zugleich die Probleme der niedrigen Eradikationsraten bei „blinder“ Therapie. In einigen Fällen würden Organerkrankungen, die für die Symptomatik verantwortlich sind, nur mit Zeitverzug identifiziert werden. In Populationen mit niedriger H. pylori-Prävalenz (< 5 %) und geringer Ulkusrate ist die „Test-and-treat“-Strategie nicht kosteneffizient. Um ein Kind mit einem H. pylori-bedingten Ulkus zu erfassen, müssten > 200 Kinder mit einem hochsensitiven diagnostischen Test untersucht werden. Der unnötige Einsatz von Antibiotika bei nicht gegebener Indikation (funktionelle Beschwerden) erhöht das Risiko für multiresistente Keime bei dem so behandelten Kind und innerhalb der Bevölkerung.
Empfehlung/Statement 6.14
Therapie der ersten Wahl sollte eine an der Resistenzlage des Keimes orientierte Dreifachtherapie über 14 Tage sein.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Ziel der Erstlinientherapie ist eine Eradikationsrate von > 90 %, wenn die Medikamente wie verordnet eingenommen werden. Für Kinder und Jugendliche gibt es bisher kein Schema, das diese Zielvorgabe erreicht. Mit der früher häufig durchgeführten einwöchigen Triple-Therapie (PPI-Amoxicillin-Clarithromycin), werden nur Heilungsraten um 70 % erreicht [393 ]. Daher ist für Kinder und Jugendliche bisher die beste Option, eine Dreifachtherapie, die sich am Ergebnis der Resistenztestung ausrichtet [394 ]
[395 ]. Bei voll sensiblem Keim oder Metronidazol-Resistenz werden PPI, Amoxicillin und Clarithromycin gegeben. Bei Clarithromycin-Resistenz wird dieses durch Metronidazol ersetzt.
Da die Heilungsraten auch von der Therapiedauer abhängig sind, wird bei einer Dreifachtherapie eine mindestens zweiwöchige Behandlung empfohlen [396 ].
Die Dosis muss bei Kindern an das Körpergewicht angepasst werden und ist pro kg Körpergewicht höher als bei Erwachsenen. Da nicht alle Antibiotika als Saft zur Verfügung stehen oder von den Patienten akzeptiert werden, wird in der Regel nach Gewichtsklasse dosiert. Es ist auf die Bedeutung einer zuverlässigen Medikamenteneinnahme für den Therapieerfolg und das Vermeiden einer Resistenzentstehung hinzuweisen. Eine schriftliche Anweisung hilft, die Compliance zu verbessern. [Tab. 8 ] fasst die empfohlenen Dosierung für PPI und Antibiotika zusammen
Tab. 8
Empfohlene Dosierung für PPI und Antibiotika.
Körpergewicht
PPI in mg
Amoxicillin in mg
Clarithromycin in mg
Metronidazol in mg
> 15 – 25 kg
20 – 10
750 – 750
250 – 250
250 – 250
> 25 – 35 kg
20 – 20
1000 – 1000
500 – 250
500 – 250
> 35 – 50 kg
40 – 20
1500 – 1500
500 – 500
500 – 500
> 50 kg
40 – 40
1500 – 1500
500 – 500
500 – 500
Empfehlung/Statement 6.15
Wegen der hohen Clarithromycin-Resistenz sollen ohne antibiotische Resistenztestung eine sequenzielle Therapie über 10 Tage oder eine Clarithromycin-basierte Triple-Therapie bei Kindern und Jugendlichen nicht angewandt werden.
Konsensustärke: Konsens – starke Empfehlung
Kommentar
Die initial hohen Erfolgsraten der sequenziellen Therapie in italienischen Studien bei Kindern [397 ] konnten andere Untersucher nicht reproduzieren [398 ]
[399 ]
[400 ]. Mit einer 10-tägigen sequenziellen Therapie werden bei pädiatrischen Patienten auch bei relativ hohen Dosen nur Heilungsraten um 80 % erreicht. Bei voll sensiblem Keim steigt die Heilungsrate auf 86 %, sinkt aber bei Resistenz gegen Metronidazol oder Clarithromycin auf 73 % und bei Doppelresistenz auf unter 30 % [401 ]. Daher kann dieses Therapieschema nicht mehr als primäre Therapie empfohlen werden.
Empfehlung/Statement 6.16
Liegt keine Resistenztestung vor, kann eine konkomittierende Vierfachtherapie verordnet werden.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Wenn keine Informationen zur Antibiotika-Resistenz, insbesondere zur Resistenz gegenüber Clarithromycin vorliegen, kann die gleichzeitige Gabe von PPI mit den drei Antibiotika Amoxicillin, Clarithromycin und Metronidazol (konkomittierende Vierfachtherapie) über 14 Tage versucht werden. Damit wurden bei Erwachsenen gute Therapieerfolge erzielt, allerdings lag die Nebenwirkungsrate höher als bei der Triple-Therapie [402 ]. Bei Kindern und Jugendlichen gibt bisher es keine Daten zu Verträglichkeit und Heilungsraten.
Alternativ kann bei Jugendlichen über 12 Jahren eine Bismuth-basierte Therapie mit Tetrazyklin eingesetzt werden [324 ]. Allerdings wird in der Fachinformation von Pylera® die Therapie zwischen 12 und 17 Jahren nicht empfohlen, da keine Studien in dieser Altersklasse durchgeführt wurden. Bei einem Gewicht unter 50 kg sollte eine Dosisreduktion erfolgen, um die Metronidazol- und Tetrazyklindosen unter 30 mg/kg Körpergewicht zu halten.
Empfehlung/Statement 6.17
Bei Therapieversagen oder einer H. pylori-Infektion mit einem Keim, der gegen Clarithromycin und Metronidazol resistent ist, ist eine individuelle Therapieentscheidung in Abhängigkeit vom Alter des Patienten und des Resistenzergebnisses zu treffen. Hierbei wird auf Reserveantibiotika zurückgegriffen.
Konsensustärke: starker Konsens
Kommentar
Mit einer 14-tägigen hochdosierten Therapie aus Esomeprazol, Amoxicillin und Metronidazol konnte bei Kindern, die mit einem doppelt resistenten Keim infiziert waren, eine Heilung der Infektion bei 41/62 (66 % intention to treat) und 33/45 (73 %, per protocol) erreicht werden [403 ]. Das ist die bisher größte Fallserie von pädiatrischen Patienten mit Doppelresistenz. Alternativen sind Bismuth-basierte Regime oder bei vorliegender Sensitivität und strenger Indikation (Ulkus) die Gabe von Levofloxacin. Auf die Gabe von Rifabutin sollte bei Kindern möglichst verzichtet werden. Ein erneuter Therapieversuch mit dem Regime, das fehlgeschlagen ist, ist ohne erneute Resistenztestung nicht sinnvoll.
Empfehlung/Statement 6.18
Einzelne oder Kombinationen von Probiotika können zur Reduktion von Nebenwirkungen der Eradikationstherapie gegeben werden. Zur alleinigen Therapie sind sie nicht geeignet.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Nur wenige Studien haben bei Kindern und Jugendlichen den Effekt einer Gabe von Probiotika zur Eradikationstherapie untersucht. Die meisten Studien haben nur wenige Kinder eingeschlossen, und es lagen häufig keine Angaben zu einer antibiotischen Resistenztestung vor. Bis auf die verwendete Hefe Saccharomyces Bourlardii blieb damit unklar, ob die Probiotika nicht von den Antibiotika der Anti-H. pylori-Therapie zerstört wurden. In einer Metaanalyse wurden sieben randomisierte Studien bei Kindern zusammengefasst. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Heilungsrate durch die Gabe von Probiotika nicht verbessert wird, allerdings traten weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu Placebo auf [404 ]. Einschränkend muss gesagt werden, dass sowohl die zum Einsatz gekommenen Probiotika als auch die Therapieregime bei den Studien unterschiedlich waren. Bei der schlechten Datenlage kann keine eindeutige Empfehlung zum Einsatz von Probiotika zur Reduktion von Antibiotika bedingten Nebenwirkungen gegeben werden. Es wurde zwar postuliert, dass sich die Medikamentenzuverlässigkeit dadurch verbessern ließe, in Studien wurde dies indessen nicht gezeigt.
Empfehlung/Statement 6.19
Eine Kontrolle des Therapieerfolges sollte mit einer zuverlässigen Methode frühestens 4 Wochen nach Therapieende erfolgen. In der Regel reicht ein nicht invasiver Test (13 C-HAT, monoklonaler Stuhltest) hierzu aus.
Konsensustärke: starker Konsens
Kommentar
Die Besserung von Symptomen ist kein Indikator für die Heilung der Infektion. Es besteht auch bei Kindern ein großer Placeboeffekt. Daher sollte bei allen Patienten der Therapieerfolg überprüft und Eltern und Patient über das Ergebnis informiert werden. Bei der Ulkuskrankheit ist dies zwingend. Falls die Infektion weiterbesteht, muss eine erneute Therapie erfolgen, bis eine Heilung der Infektion gesichert ist. Eine erneute Endoskopie ist in der Regel nicht notwendig, da maligne Veränderungen bei Kindern und Jugendlichen, auch bei einem Magenulkus, keine Rolle spielen.
7. Nicht mit Helicobacter pylori-assoziierte gastroduodenale Ulkuserkrankungen
Risikofaktoren für eine gastroduodenale Ulkusblutung bei Einnahme von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) sind ein höheres Lebensalter (≥ 65 J), eine Ulkusanamnese, eine H. pylori-Infektion, ein schwerer Verlauf einer Allgemeinerkrankung, eine Komedikation mit Glukokortikoiden, gerinnungsaktiven Medikamenten oder mit selektiven Serotonin Reuptake Inhibitoren (SSRI) [405 ]
[406 ]
[407 ]
[408 ]
[409 ]
[410 ].
Hinsichtlich des Themenkomplexes Acetylsalicylsäure (ASS)/NSAR und H. pylori-Infektion wird auf 3.11 – 3.14 verwiesen.
Kommentar
Zu den gerinnungsaktiven Substanzen gehören Vitamin K-Antagonisten (VKA), neue orale Antikoagulantien (NOAK: Faktor Xa-Hemmer [Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban] und Thrombin-Hemmer [Dabigatran]), selektive Faktor X-Hemmer (Fondaparinux), Heparine, Thrombozytenaggregationshemmer, niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (75 – 100 mg – im folgenden als ASS bezeichnet) und traditionelle nicht steroidale Antirheumatika incl. höher-dosiertes ASS (tNSAR). Glukokortikoide sind primär nicht ulzerogen. Sie bewirken indessen eine deutlich schlechtere Abheilung bestehender Ulzera und erhöhen das Risiko für eine Ulkusblutung auch bei niedriger Dosierung, wenn sie zusammen mit anderen ulzerogenen Medikamenten gegeben werden [407 ]. Bei hospitalisierten Patienten ist das Ulkusblutungsrisiko unter Kortikosteroiden erhöht [411 ].
Metaanalysen zeigen, dass die Einnahme von SSRI mit einem signifikant erhöhtem Risiko von gastroduodenalen Blutungen einhergeht, wenn gleichzeitig NSAR eingenommen werden [410 ].
Wenn eine Therapie mit einem traditionellen nicht steroidalen Antirheumatikum (tNSAR) begonnen wird, sollte gleichzeitig eine Therapie mit einem PPI durchgeführt werden, sofern mindestens ein Risikofaktor (siehe Präambel) für eine gastroduodenale Ulkusblutung vorliegt.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Zahlreiche Studien belegen, dass NSAR dosisabhängig zu gastroduodenalen Ulzera und zu vermehrtem Auftreten von oberen gastrointestinalen Blutungen führen [405 ]
[406 ]
[412 ]. Nach Metaanalysen ist die dauerhafte Gabe von tNSAR in 10 – 25 % mit gastroduodenalen Ulzera assoziiert [413 ].
Als Risikofaktoren für eine obere gastrointestinale Blutung im Rahmen einer NSAR Dauertherapie gelten neben dem Alter (≥65 Jahre) das männliche Geschlecht, die H. pylori-Infektion, eine frühere gastrointestinale Blutung bzw. eine Anamnese von gastroduodenalen Ulzera sowie die Einnahme von gerinnungsaktiven Substanzen oder Kortikosteroiden [414 ]
[415 ]
[416 ]. Ein neuer, klinisch relevanter Risikofaktor ist die Einnahme von selektiven Serotonin Reuptake-Inhibitoren (SSRI) [410 ].
Prospektive randomisierte, doppelblinde Studien haben belegt, dass das Risiko für solche Blutungen durch die Einnahme von PPI signifikant gesenkt werden kann [415 ]
[417 ]
[418 ]
[419 ]
[420 ]. Die gleichzeitige Gabe eines PPI senkt die Häufigkeit von Blutung und Perforation deutlich (1,6 – 4 %). Eine Komedikation mit einem PPI bei NSAR-Therapie sollte Patienten nicht vorenthalten werden, da eine Nutzen-Risiko-Abwägung – insbesondere bei älteren Patienten – für den Einsatz von PPI spricht [421 ]
[422 ]
[423 ]. Die prinzipielle Komedikation eines PPI bei NSAR-Einnahme bei unter 65-Jährigen ohne weitere Risikofaktoren wird nicht empfohlen. Liegen solche vor, sollten PPI zusätzlich zu tNSAR gegeben werden. Im Umkehrschluss beinhaltet diese Empfehlung aber auch, dass alle älteren Patienten über 65 Jahre prophylaktisch mit einem PPI behandelt werden sollten.
Zur Prävention einer gastroduodenalen Komplikation durch eine tNSAR-Therapie kann an die Stelle der Kombination von tNSAR plus PPI auch die Gabe eines selektiven COX-2 Inhibitors (Coxib) treten.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
COX-2 Inhibitoren haben ein deutlich niedrigeres Risiko einer Ulkusblutung und anderer tNSAR-Komplikationen, sind aber mit einem höheren Risiko für eine Dyspepsie verglichen mit tNSAR plus PPI assoziiert [239 ]
[240 ]
[241 ]
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[426 ].
Zwei prospektive randomisierte, doppelblinde Studien belegen, dass selektive COX-2 Inhibitoren eine geringere Komplikationsrate als tNSAR haben [424 ]
[425 ]. Bezogen auf Ulzera und obere gastrointestinale Blutungen ließ eine weitere prospektive randomisierte und doppelblinde Studie keinen signifikanten Unterschied zwischen der Einnahme von Celecoxib und der Kombination von Diclofenac plus Omeprazol erkennen [427 ]. Eine Metaanalyse zeigt, dass der Einsatz von Coxiben eine Möglichkeit darstellt, NSAR-induzierte Ulzera zu verhindern [428 ]. In ihrem kardiovaskulären Risikoprofil unterscheiden sich selektive COX-2 Inhibitoren und tNSAR mit Ausnahme von Naproxen nicht [429 ].
Bei einer kombinierten Therapie mit einem tNSAR und entweder ASS, einem sonstigen Thrombozytenaggregationshemmer, einem NOAK oder VKA soll eine Prophylaxe mit einem PPI durchgeführt werden.
Konsensustärke: starker Konsens – starke Empfehlung
Wird statt eines tNSAR ein Coxib in diesen Kombinationen gegeben, sollte eine Prophylaxe mit einem PPI erfolgen, wenn ein weiterer Risikofaktor (siehe Präambel) für eine gastroduodenale Ulkusblutung vorliegt.
Konsensusstärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Klinische Daten zeigen, dass bei einer kombinierten Therapie mit einem tNSAR und einer gerinnungsaktiven Medikation (low dose ASS oder VKA) eine erhöhte Blutungsgefahr besteht [408 ]
[409 ]
[430 ]. Nach einer Konsensuskonferenz der AGA wird das relative Risiko für ein oberes gastrointestinales Ereignis bei der Kombination tNSAR mit ASS auf 3,8 – 7,4 geschätzt. Auch für Coxibe ist das Risiko bei gleichzeitiger Einnahme von ASS erhöht, allerdings um 28 % geringer als bei tNSAR [431 ]. Dieser Metaanalyse liegen allerdings keine randomisierten Studien zugrunde. Auch für VKA wurde gezeigt, dass eine Kombination mit Coxiben im Vergleich zu tNSAR ein niedrigeres Blutungsrisiko bedingt [432 ]
[433 ]. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies auch für sonstige Thrombozytenaggregationshemmer und NOAKs gilt. Prospektive Daten zur Wirksamkeit einer Prophylaxe mit einem PPI liegen zwar nicht vor, aber für die Einzelsubstanzen ASS, tNSAR und Coxibe konnte dies gezeigt werden [431 ]
[434 ].
Die Kombination von tNSAR mit gerinnungsaktiven Substanzen stellt ein erhöhtes Blutungsrisiko dar. Sie kann durch die Einnahme eines PPI vermindert werden. Wird statt eines tNSAR ein Coxib in diesen Kombinationen eingesetzt, sollte gleichfalls eine Prophylaxe mit einem PPI erfolgen, sofern mindestens ein weiterer Risikofaktor (siehe Präambel) für eine gastroduodenale Ulkuskrankheit vorliegt [434 ]
[435 ].
Wenn eine Monotherapie mit ASS, einem sonstigen Thrombozytenaggregationshemmer, NOAK oder VKA durchgeführt wird, kann eine PPI-Prophylaxe erfolgen, sofern mindestens ein Risikofaktor für eine gastroduodenale Ulkusblutung (siehe Präambel) vorliegt.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Eine Acetylsalicylsäure (ASS)-Dauertherapie erhöht das Risiko ein gastroduodenales Ulkus zu entwickeln [436 ]
[437 ]
[438 ]
[439 ]. Das Risiko für eine gastroduodenale Blutung ist bei anderen gerinnungsaktiven Medikamenten vermutlich ebenfalls erhöht, auch wenn hierzu bislang keine eindeutigen Daten vorliegen. Bezogen auf ASS steigt das Risiko mit höheren Dosierungen und dem Vorliegen einer H. pylori-Infektion [440 ]. Prospektive Daten zur Wirksamkeit einer PPI-Prophylaxe liegen nicht vor, populationsbasierte Daten zeigen allerdings eine Reduktion des Blutungsrisikos [441 ].
Wenn unter einer Therapie mit ASS, einem sonstigen Thrombozytenaggregationshemmer, NOAK oder VKA eine obere gastrointestinale Ulkusblutung eintritt, sollte bei Therapiefortführung eine dauerhafte PPI-Propylaxe erfolgen. Im Falle einer gastroduodenalen Ulkusblutung unter einer Dauertherapie mit ASS sollte keine Umstellung auf eine Monotherapie mit einem anderen Thrombozytenaggregationshemmer erfolgen.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung
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Wenn eine klinisch erforderliche Dauertherapie mit ASS oder sonstigen gerinnungsaktiven Substanzen durchgeführt wird und darunter eine obere gastrointestinale Blutung auftritt, kann das Risiko für eine erneute Blutung nach Wiederaufnahme der Medikation durch die zusätzliche Gabe eines PPI vermindert werden [442 ]. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Maastricht IV/Florenz Konsensusreport [232 ]. Zwei prospektive randomisierte, doppelblinde Studien haben nachgewiesen, dass eine Kombination aus Acetylsalicylsäure mit einem PPI das Risiko von gastroduodenalen Ulzera und Blutungen effektiver senkt als der Wechsel auf eine Monotherapie mit Clopidogrel [443 ]
[444 ]. Auch wenn keine Studien dazu vorliegen, darf man annehmen, dass gleiches für sonstige Thrombozytenaggregationshemmer, NOAK und VKA gilt.
Wenn unter einer Dauertherapie mit tNSAR eine obere gastrointestinale Ulkusblutung auftritt, sollten die tNSAR bis zur Abheilung der Läsionen abgesetzt und anschließend im Falle einer erneuten Gabe eine Dauertherapie mit einem PPI vorgenommen werden.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung
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Wenn eine klinisch erforderliche Dauertherapie mit tNSAR durchgeführt wird und darunter eine obere gastrointestinale Blutung auftritt, kann das Risiko einer erneuten Blutung durch die zusätzliche Gabe eines PPI vermindert werden, wobei formal die Fortführung einer tNSAR-Therapie eigentlich kontraindiziert ist. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Maastricht IV/Florenz Konsensusreport [232 ]. Nach abgeheiltem Ulkus können alternativ Coxibe erwogen werden. Die Abheilungsrate der Ulzera wird durch eine NSAR-Pause nicht beeinflusst.
Wenn eine gastroduodenale Ulkusblutung unter einer Dauertherapie mit ASS, einem sonstigen Thrombozytenaggregationshemmer, NOAK und/oder VKA auftritt, soll eine Dauertherapie mit einem PPI vorgenommen werden.
Konsensustärke: starker Konsens – starke Empfehlung
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Prospektive randomisierte, doppelblinde Studien haben gezeigt, dass PPI im Sinne einer Sekundärprophylaxe das Risiko einer erneuten gastroduodenalen Blutung bei Patienten, die eine ASS-Dauertherapie benötigen, deutlich vermindern können [442 ]. Dabei ist eine zeitnahe Fortsetzung der ASS-Therapie bei kardiovaskulären Risikopatienten von großer Bedeutung [445 ]
[446 ].
Im Falle einer gleichzeitigen Therapie mit zwei gerinnungsaktiven Substanzen soll eine Prophylaxe mit einem PPI erfolgen.
Konsensustärke: starker Konsens – starke Empfehlung
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In diesem Punkt unterscheidet sich die aktuelle Leitlinie von den Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), die in der Leitlinie zur Myokardialen Revaskularisation Stellung zum Einsatz von PPI im Rahmen der plättchenhemmenden Therapie bei Patienten mit Koronarkrankheit nimmt [447 ]. Diese Leitlinie beschränkt die routinemäßige prophylaktische Gabe eines PPI bei doppelter Plättchenhemmung auf die Patienten mit hohem Risiko für gastrointestinale Blutungen. Dieses sind Patienten mit bekannter Ulkuskrankheit, stattgehabter GI-Blutung bzw. anderen Risikofaktoren [wie H. pylori-Infektion, zusätzlicher Gabe eines Antikoagulanz, Alter > 65 Jahre, Einnahme von nicht steriodalen Antiphlogistika oder Steroiden]).
Durch die gleichzeitige Gabe von ASS und Clopidogrel erhöht sich das Risiko für eine gastroduodenale Blutung von 1,8 bzw. 1,1 auf 7,1 [448 ]. Vor dem Hintergrund der Diskussion über eine mögliche Interaktion zwischen den PPIs und Clopidogrel mit einer Abschwächung der plättchenhemmenden Wirkung haben die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) 2010 ein gemeinsames Positionspapier publiziert [449 ]. Danach wird bei dualer Therapie mit ASS und Clopidogrel und hohem kardiovaskulären Risiko eine PPI-Komedikation abhängig vom gastrointestinalen Risiko als möglich (niedriges Risiko), sinnvoll (hohes Risiko) und obligat (sehr hohes Risiko) erachtet. Lediglich bei sehr hohem kardiovaskulären Risiko – akutes Koronarsyndrom, Hauptstamm- oder Mehrgefäßsintervention, Intervention bei reduzierter linksventrikulärer Funktion, Zustand nach Stent-Thrombose – und zugleich fehlendem gastrointestinalen Risiko wird empfohlen auf den PPI zu verzichten. Das Positionspapier äußert sich zudem zur Wahl des PPI und zur zeitlich versetzten Einnahme von Clopidogrel und PPI.
Ebenso erhöht sich durch die gleichzeitige Gabe von ASS und VKA die Blutungsrate signifikant [450 ]
[451 ]. Eine spanische Kohortenstudie zeigt, dass in einer Population mit häufiger PPI-Einnahme unter dualer Plättchenhemmung untere gastrointestinale Blutungen häufiger sind als obere [452 ]. Auf dieser Basis empfehlen wir bei Gabe von zwei gerinnungsaktiven Substanzen die Komedikation eines PPI, auch wenn es dafür keine direkt anwendbare Studie gibt.
M. Crohn-assoziierte gastroduodenale Ulzera oder deren Komplikationen sollten primär mit Glukokortikoiden in Kombination mit einem PPI behandelt werden.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Es liegen keine Studien vor, die die Therapie von M. Crohn-assoziierten gastroduodenalen Ulzera systematisch untersucht haben. Grundsätzlich ist aus der großen europäischen und amerikanischen Studie die Wirksamkeit einer Steroidtherapie für entzündliche Ulzera belegt [453 ]
[454 ]. Vorbehalte gegen den Einsatz von Steroiden in dieser Situation sind daher wahrscheinlich nicht gerechtfertigt. PPI können, soweit aus Fallserien bekannt, das Abheilen von Crohn-assoziierten gastroduodenalen Ulzera günstig beeinflussen [455 ]
[456 ]
[457 ].
Der Befall des oberen Gastrointestinaltraktes ist in der Regel mit einem schwereren Krankheitsverlauf assoziiert [458 ]. Damit stellt auch der frühe Einsatz von Anti-TNF-alpha-Antikörpern bei Steroidnebenwirkungen einen möglichen Therapieansatz dar. Bezüglich der Evidenz hierzu liegen nur Fallserien vor [459 ]
[460 ].
Empfehlung/Statement 7.10
Liegen bei gastroduodenaler Ulkuskrankheit keine H. pylori-Infektion und/oder NSAR-Medikation vor, sollte nach weiteren Ursachen gesucht werden.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Neben der H. pylori-Infektion und der Einnahme von NSAR gibt es zahlreiche weitere, wenngleich seltene Ursachen für gastroduodenale Ulzera: M. Crohn, eosinophile Gastroduodenitis, Ischämien, systemische Mastozytose, Metastasen, Strahlenulzera, Tumore (z. B. Gastrinome), Vaskulitiden, Virusinfektionen oder eine schwerwiegende konsumierende Grunderkrankung. Bei immunsupprimierten Patienten (transplantierte Patienten, HIV-Infektion) treten gehäuft CMV-Infektionen auf [460 ]
[461 ]
[462 ]. Bei einem kleinen Teil der Patienten findet man keine Ursache (idiopathische Ulzera).
Empfehlung/Statement 7.11
Solange keine Ursache für die gastroduodenale Ulkuskrankheit gefunden wird (idiopathische Ulzera), sollte eine PPI-Dauertherapie erfolgen.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung
Kommentar
Hierzu existieren keine konkreten Studien, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass eine Säurehemmung zur beschleunigten Abheilung der Ulzera führt. Zudem wiesen 120 Patienten mit Blutung aus einem idiopathischen Ulkus während einer Nachbeobachtungszeit von 7 Jahren signifikant häufiger Rezidivulkusblutungen auf als Patienten mit H. pylori-assoziierten Ulzera (42,5 versus 11,2 %) [463 ]. Die Letalität war bei Patienten mit idiopathischer Ulkusblutung ebenfalls deutlich höher. Damit lässt sich die Empfehlung einer PPI-Dauertherapie nach idiopathischer Ulkusblutung gut begründen.
Empfehlung/Statement 7.12
Das Auftreten von sogenannten „Stressulzera" und die damit assoziierte Blutung im Rahmen schwerer Erkrankungen wie ARDS, Schock mit Hypotension, Sepsis, Polytrauma, Verbrennungen, Schädelhirntraumata mit neurochirurgischen Eingriffen, Leber-/Nierenversagen sowie andauernde mechanische Beatmung kann durch die prophylaktische Gabe von PPIs reduziert werden. Als weniger wirksame Stressulkusprophylaxe steht die Gabe von H2-Rezeptorantagonisten (z. B. Ranitidin) oder Sucralfat zur Verfügung.
Konsensustärke: starker Konsens – Empfehlung offen
Kommentar
Sogenannte „Stressulzera“ im Rahmen von schweren Erkrankungen treten gehäuft bei bestimmten Risikogruppen, wie Patienten mit Verbrennungen, Koagulopathie, herzchirurgischen Patienten oder Patienten unter mechanischer Beatmung auf [464 ]
[465 ]
[466 ]. Die höchste Evidenz für Stressulzera zeigen Patienten mit Verbrennungen und Schädelhirntraumata [467 ]. Weitere Risikofaktoren sind ARDS, Sepsis, Polytrauma, Schädelhirntrauma sowie Leber- und Nierenversagen. Eine Metaanalyse zeigt, dass auch Sucralfat und H2-Rezeptorblocker die Wahrscheinlichkeit einer gastroduodenalen Stressulkusblutung vermindern [468 ]
[469 ]. Entsprechende Analysen über PPI liegen nicht vor. Da sich PPI jedoch in der Säuresuppression als überlegen erwiesen haben, kann indirekt geschlossen werden, dass diese bei Risikogruppen prophylaktisch eingesetzt werden sollten. Aus diesem Grund kommen H2-Rezeptorblocker und Sucralfat in dieser Indikation nur noch selten zur Anwendung. Sie werden von den Konsensusteilnehmern nur mit einer mehrheitlichen Zustimmung als Alternative empfohlen.
Während initiale Studien auf ein erhöhtes Risiko von nosokomialen Pneumonien unter PPI hinwiesen, ließ sich dies in späteren Studien nicht reproduzieren. Eine frühzeitige enterale Ernährung zeigt den gleichem Effekt wie H2-Blocker hinsichtlich einer Stressulkusprophylaxe, hat aber ein höheres Risiko einer krankenhauserworbenen Pneumonie [470 ].
Empfehlung/Statement 7.13
SSRI gehen mit einem erhöhten Risiko für gastroduodenale Blutungen einher.
Konsensustärke: starker Konsens
Kommentar
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Paroxetin, Fluoxetin, Citalopram und Sertralin werden zur Behandlung von Depressionen und Angstzuständen eingesetzt. Als eine mögliche Nebenwirkung wurde im vergangenen Jahrzehnt die Auslösung von Blutungen des oberen Gastrointestinaltrakts beschrieben.
Die Freisetzung von Serotonin aus den Thrombozyten spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der hämostatischen Reaktion auf eine Gefäßverletzung. Der größte Serotonin Speicher in unserem Körper liegt in den Thrombozyten. Serotonin wird aus dem Blutkreislauf durch Serotonin-Transporter neben neuronalen Strukturen auch in die Blutplättchen aufgenommen. In therapeutischer Dosierung blockieren Fluoxetin und andere SSRI die Aufnahme von Serotonin in die Thrombozyten. Das führt nach einigen Therapiewochen zu einer Verarmung an Serotonin. Man vermutet, dass die Arzneistoffe auf diesem Weg unter bestimmten Umständen die Hämostase beeinflussen und so das Blutungsrisiko erhöhen.
Der Verdacht auf vermehrt auftretende obere gastrointestinale Blutungen bei gleichzeitiger Einnahme von SSRI und NSAR wurde durch eine erste Metaanalyse 2008 belegt [471 ]. Eine aktuelle Metaanalyse zeigt unter der Einnahme von SSRI eine erhöhte Rate an gastroduodenalen Ulkusblutungen, insbesondere wenn gleichzeitig NSAR eingenommen werden [472 ]. Diese Metaanalyse aus vier Beobachtungsstudien mit insgesamt 153 000 Patienten ergab eine Verdopplung des relativen Risikos gastrointestinaler Blutungen unter SSRI (Odds Ratio 2,36), eine Verdreifachung unter NSAR (Odds Ratio 3,16) und ein Erhöhung um den Faktor 6 unter der Kombination aus SSRI und NSAR (Odds Ratio 6,33). Die Number-needed-to-harm (NNH) betrug für Patienten über 50 Jahre unter SSRI 318 pro Jahr und unter SSRI plus NSAR 82 pro Jahr. Bei Patienten mit einer Ulkuserkrankung in der Vorgeschichte war das Risiko noch deutlicher erhöht: Sie wiesen eine NNH von 70 pro Jahr unter SSRI und 19 pro Jahr unter SSRI plus NSAR auf. Eine Subgruppenanalyse von 101 Fällen zeigte, dass die Blutungen durchschnittlich nach einer 25-wöchigen Gabe von SSRI auftraten.
Angesichts des erhöhten Blutungsrisikos unter SSRI kann die Komedikation mit PPI erwogen werden, insbesondere wenn gleichzeitig NSAR eingenommen werden.
[Tab. 9 ] gibt einen Überblick über die empfohlene Begleittherapie bei Einnahme von NSAR und/oder gerinnungsaktiven Substanzen in bestimmten klinischen Konstellationen.
Tab. 9
Empfohlene Begleittherapie und Stärke der Empfehlung bei Einnahme von NSAR und gerinnungsaktiven Substanzen in bestimmten klinischen Konstellationen.[1 ]
Medikation
klinische Konstellation
begleitende PPI- Komedikation/Stärke der Empfehlung
tNSAR
Beginn einer Dauertherapie; > 1 Risikofaktor[2 ]
sollte
tNSAR
plus ASS oder sonstiger Thrombozytenaggregationshemmer oder DOAK oder VKA
soll
Coxib
plus ASS oder sonstiger Thrombozytenaggregationshemmer oder DOAK oder VKA
sollte
ASS oder sonstiger Thrombozytenaggregationshemmer oder NOAK oder VKA
Monotherapie plus > 1 Risikofaktor1
kann
ASS oder sonstiger Thrombozytenaggregationshemmer oder NOAK oder VKA
Ulkusblutung unter Monotherapie; geplante Therapiefortsetzung
sollte
tNSAR
Ulkusblutung; erneute Dauertherapie
sollte (alternativ: Coxib)
Kombination von 2 gerinnungsaktiven Substanzen
soll
idiopathische Ulzera mit Blutung
sollte
SSRI
in Kombination mit NSAR
kann
1 NOAK: direkte orale Antikoagulanzien; VKA: Vitamin K-Antagonisten; tNSAR: traditionelle nicht steroidale Antirheumatika; SSRI: selektive Serotonin Reuptake-Inhibitoren.
2 Risikofaktor gemäß Präambel zu Themenkomplex 7.