Rofo 2016; 188(03): 316
DOI: 10.1055/s-0042-102138
BDR-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neues aus dem BDR – GOÄ-Novellierung: Rückenwind für die Nussschale Bundesärztekammer

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Publication Date:
23 February 2016 (online)

 

    Nachdem die Bundesärztekammer verkündet hatte, mit ihren Verhandlungen zur Novellierung der GOÄ auf die Zielgerade einzubiegen, damit noch im Herbst, vor dem einsetzenden Wahlkampf, ein Gesetz in Kraft treten kann, war sie in stürmische See geraten. Hohe Wellen der Empörung seitens der Ärzteschaft und Ärzteverbände brachten das ohnehin schwach bemannte Boot der Verhandlungsführer mächtig ins Schlingern. Das vom BMG den Beteiligten auferlegte Schweigegelübde sorgte für viel Unmut, dem sich die BÄK am 23.01. auf einem Sonderärztetag in Berlin stellte. Der außerordentliche Ärztetag an sich war ein Erfolg, wohl sogar für beide Seiten. Den GOÄ-kritischen Gruppierungen wurde mit dem Vortrag von Dr. Wille, ÄK Berlin, die Möglichkeit zur umfassenden Darstellung gegeben, wenn gleich das Procedere der sich daran anschließenden Aussprache durchaus Verbesserungen erfahren dürfte. Redezeitbegrenzungen sind funktional, je länger eine Rednerliste ist, umso größer die Gefahr der Redundanz, aber aus Zeitdruck geschlossene Rednerlisten können auch im Nachhinein der Legendenbildung Vorschub leisten. Der Beschluss der Delegierten war schlussendlich knapp, aber eindeutig pro BÄK und stärkt die Rolle der Bundesärztekammer insgesamt auch als Verhandlungspartner. Mehr Transparenz oder gar Informationen zu Details des Verhandlungsstands brachte der Ärztetag aber in gar keinem Fall.

    Seit 2009 arbeitet die Bundesärztekammer an einem Vorschlag für die Novellierung der GOÄ und hatte damals die Berufsverbände aufgefordert, ihre Vorschläge für eine Aktualisierung des völlig veralteten Leistungsverzeichnisses vorzulegen. In der Folgezeit war nur vereinzelt heftige Betriebsamkeit zu spüren, wenn die BÄK mit knapper Fristsetzung die Berufsverbände zur Stellungnahme zu einzelnen Gebührenfragen aufgefordert hat. Ansonsten überwog der Eindruck, dass das Gebührendezernat 4 mit ständig schwindendem Personal nur mäßige Aktivität entfaltet. Im Herbst 2015 wurde dann öffentlich darauf hingewiesen, dass die Chancen für die Umsetzung einer GOÄ-Novellierung nur noch innerhalb eines relativ knappen Zeitfensters bis Herbst / Ende 2016 erkennbar sei, weil der nachfolgende Bundestagswahlkampf mit der Forderung der Ärzteschaft nach höheren Honoraren nur schlecht zu führen wäre und die politische Stoßrichtung der SPD ohnehin in Richtung Bürgerversicherung und damit ohne eigenständige GOÄ ausgerichtet sei.

    Bereits im Spätherbst ist der konkrete Gesetzesvorschlag zur Änderung der Bundesärzteordnung, der maßgeblichen Rechtsgrundlage für die GOÄ, an die Öffentlichkeit gelangt. Dort wird als wesentliches Kernelement der GOÄ der die Definition von nicht unterschreitbaren Gebührensätzen für die ärztlichen Leistungen – der sogenannte robuste Einfachsatz – festgelegt.

    Dieser soll – nach Ankündigung der BÄK – so bewertet werden, dass er mindestens dem derzeitigen Regelhöchstsatz, also der 1,8-fachen bzw. 2,3-fachen Gebühr der jetzigen GOÄ entspricht. Die Höhe einer nach fast 20-jährigem Stillstand der Gebührenbemessung erforderlichen und fälligen Steigerung – und nicht nur eines Inflationsausgleichs – ist höchst umstritten. Das ist aus Sicht der betroffenen Versicherten ebenso nachvollziehbar wie aus Sicht der Ärzte.

    Völlig neu ist die Einführung einer gemeinsamen Kommission (GeKO), bestehend aus 4 Vertretern der BÄK und je 2 Vertretern des PKV-Verbandes und der für die Beilhilfe zuständigen Bundes- und Landesbehörden. Teilweise zu Recht wird hier eine Parallelorganisation zum Gemeinsamen Bundesausschuss in der GKV-Versorgung und damit die „EBM-isierung“ der GOÄ befürchtet. Ursprünglich sollte diese Kommission allerdings den auch von Ärzteseite geforderten Zweck erfüllen, die bisherige Schwerfälligkeit bei der Weiterentwicklung und Aktualisierung der GOÄ zu beenden. Die Kommission soll nämlich Empfehlungen zur Anpassung der Gebührenordnung an den medizinischen Fortschritt und zur analogen Anwendung im Hinblick auf neue Behandlungs- und Diagnoseverfahren beschließen.

    Schon zum 1. Aufgabenbereich hat sich aber in die Gesetzesvorlage ein Zusatz eingeschlichen, der in der Tat nach GKV-Versorgung „riecht“: Die GeKO soll nämlich auch Empfehlungen „zur Sicherung der Qualität der medizinischen Versorgung“ erarbeiten. Nun hat zwar sicher kein Arzt etwas gegen qualitativ hochwertige Versorgung einzuwenden, dieser Aspekt war aber bisher nicht ein Thema der Gebührenordnung. Weiter soll die GeKO Empfehlungen zur Beseitigung von Über- und Unterbewertungen beschließen, auch hier mit dem Zusatz „bei hoher Leistungsqualität und wirtschaftlicher Leistungserbringung“. Auch diese Terminologie kennt man aus Grundsätzen der GKV-Versorgung: das klingt nach WANZ und Gutachten zu Über-, Unter-, und Fehlversorgung.

    Für BDR-Mitglieder sind die Änderungsvorschläge einschließlich der Kommentierung zu BÄO und GOÄ durch den BDR auf der Webseite abrufbar.

    RA Markus Henkel
    München

    www.radiologenverband.de

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