Pneumologie 2016; 70(02): 82
DOI: 10.1055/s-0042-101573
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische Versorgung von Flüchtlingen – Medizinische Versorgung von Flüchtlingen Asylsuchende werden häufiger stationär behandelt

Contributor(s):
Marion Rukavina

Disparities in health and access to healthcare between asylum seekers and residents in Germany: a population-based cross-sectional feasibility study.

BMJ Open 2015;
5(11)
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Publication History

Publication Date:
02 March 2016 (online)

 

    Die große Anzahl an Flüchtlingen ist eine Herausforderung für Gesundheits- und Sozialsysteme. In Deutschland steht Asylsuchenden nur dann eine medizinische Behandlung zu, wenn sie unter akuten Gesundheitsproblemen leiden. C. Schneider et al. haben nun den Gesundheitszustand und die Versorgung von Flüchtlingen und der Allgemeinbevölkerung verglichen.
    BMJ open 2015; 5: e008784

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    (©beerkoff/www.Fotolia.com/Symbolbild)

    Für die bevölkerungsbasierte Querschnittsstudie des Forscherteams aus Tübingen und Heidelberg wurden 614 von 1017 registrierten Asylsuchenden aus 3 Landkreisen in Baden-Württemberg erfasst. Hiervon nahmen letzlich 156 Personen (25,41 %) an der Studie teil, 35 davon waren Frauen. Das Durchschnittsalter betrug 31,7 Jahre, der Untersuchungszeitraum dauerte 3 Monate. Die Studiendaten wurden zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 gesammelt.

    Die Daten der Allgemeinbevölkerung lieferten die deutschen Gesundheitsbefragungen aus den Jahren 2008 bis 2011 (n = 8152) und die europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen aus dem Jahr 2012 (n = 23 065). Gemessen wurden Selbstauskünfte über den Gesundheitsstatus und den Zugang zur medizinischen Versorgung laut den Kriterien des ECHI (European Core Health Indicators). Das Odds ratio wurde sowohl aus den Rohdaten als auch stratifiziert nach Geschlecht und Alter berechnet.

    Die Asylsuchenden hatten deutlich häufiger einen schlechten Gesundheitsstatus (Odds ratio [OR] 1,72; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,23–2,41). Weiterhin berichteten sie öfter über eine eingeschränkte Aktivität (OR 1,97; 95 %-KI 1,39–2,79). Jüngere Flüchtlinge litten außerdem häufiger an chronischen Erkrankungen.

    Weiterhin konsultierten Asylsuchende deutlich seltener einen Arzt als die heimische Bevölkerung (OR 0,1; 95 %-KI 0,07–0,16). Sie wurden allerdings öfter stationär und psychologisch behandelt (OR 2,29; 95 %-KI 1,54–3,34 bzw. OR 4,07; 95 %-KI 2,48–6,43. Weiterhin gaben die Flüchtlinge häufiger ungedeckte medizinische Bedürfnisse an (OR 3,74; 95 %-KI 2,62–5,21).

    Die Studie ist empirisch und die Ergebnisse sind daher nicht als allgemeingültig anzusehen, so die Autoren. Weitere limitierende Faktoren sind die eingeschränkte Herkunft der Daten (3 Landkreise) und die vergleichsweise geringe Rücklaufquote von 25,41 % bei den Asylsuchenden. Ferner merken die Autoren an, dass nur wenige weibliche Asylsuchende teilgenommen hatten. Zudem stammen die Daten aus Selbstauskünften und können daher einem Bias unterliegen.

    Fazit

    Die ECHI-Kriterien erwiesen sich in der Studie als geeignet, um Unterschiede in der medizinischen Versorgung zwischen Flüchtlingen und der Bevölkerung zu quantifizieren. Allerdings seien die Ergebnisse nicht repräsentativ, schränken die Autoren ein.


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