Verletzungen der Wirbelsäule gehen in ca. 20 % der Fälle mit Schädigungen des Myelons einher, wobei dies gehäuft bei Verletzungen der unteren HWS sowie der oberen bis mittleren BWS auftritt. Zumeist liegen traumatische Ursachen durch ein indirektes Trauma zugrunde, wobei Verkehrsunfälle weiterhin den größten Anteil ausmachen. An Begleitverletzungen sind das Schädel-Hirn-Trauma bei HWS- Verletzungen, Thoraxtraumata bei Schädigungen der BWS und stumpfe Abdominalverletzungen bei LWS-Frakturen am häufigsten zu verzeichnen.
Die Diagnostik erfolgt primär durch die klinische und neurologische Diagnostik und wird durch CT und MRT zur besseren OP-Planung und Bestimmung der Prognostik ergänzt. Die Klassifikation der Wirbelsäulenverletzungen erfolgt in der Regel nach der AO-Klassifikation und die Klassifikation der Rückenmarkläsion wird nach der ASIA-Einteilung vorgenommen.
Durch eine zeitnahe operative Versorgung von Wirbelsäulenverletzungen innerhalb der 6-Stunden-Grenze ist eine mögliche neurologische Erholung größer. Die hoch dosierte Kortisongabe nach NASCIS-Schema ist umstritten und wird eigentlich nicht mehr durchgeführt. Während HWS-Verletzungen von ventral zu stabilisieren sind, sollten thorakale und lumbale Wirbelsäulenverletzungen initial von dorsal stabilisiert werden.
Komplikationen können durch Verlagerungen von traumatisiertem Gewebe in den Spinalkanal, Schraubenfehllage oder Durchblutungsstörungen verursacht werden.
Ein gleichzeitiges Durchführen von Akuttherapie und Rehabilitation in einem Querschnittszentrum hat sich in den letzten Jahren als vorteilhaft erwiesen. Für die weitere Perspektive ist eine Minimierung der das Myelon schädigenden Sekundärprozesse durch neuro- und gliaprotektive Substanzen wichtig. Auch die Verbesserung der Reizleitung durch neurorestaurative Substanzen sowie eine Unterstützung der neuronalen Regeneration ist von Bedeutung.
Literatur
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