Psychiatr Prax 2016; 43(02): 116-119
DOI: 10.1055/s-0042-101218
Mitteilungen BDK
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen aus der Bundesdirektorenkonferenz (BDK)

Thomas Pollmächer
1   Ingolstadt
,
Wolfgang Schreiber
2   Deggendorf
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Publication Date:
08 March 2016 (online)

 

Flüchtlinge in Not – Fachverbände und Kliniken sind gefordert: Psychiatrische und psychotherapeutische Hilfe frühzeitig anbieten

Eine Stellungnahme der Bundesdirektorenkonferenz (BDK)

H. J. Assion, M. Bender, E. Koch, T. Pollmächer


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Einführung

Deutschland und Europa erleben in diesen Tagen einen Andrang an Flüchtlingen, der allenfalls vergleichbar ist mit den Flüchtlingstracks nach dem Zweiten Weltkrieg [1]. Aufgrund der Menschenrechtsverletzungen im seit einigen Jahren anhaltenden syrischen Bürgerkrieg verlassen die Bewohner scharenweise das Land. Mehrere Millionen sind auf der Flucht; in die Türkei sind bereits über 2 Mio. von der Krise in der Region Betroffene ausgewandert.


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Die meisten Asylanträge werden in Deutschland derzeit von syrischen Staatsbürgern gestellt [2]. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Mehr Menschen als je zuvor suchen in Deutschland Schutz und Sicherheit. Nach Auskunft des Bundesinnenministeriums wurden 2015 ca. 1,1 Mio. Flüchtlinge registriert und offiziell bislang knapp 500 000 Asylanträge gestellt [3] [4]. Hochrechnungen gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren weiterhin eine große Zahl von Anträgen zu erwarten ist.

In aktuellen Stellungnahmen zur Lage von Flüchtlingen wurde jüngst bereits von mehreren Fachgesellschaften auf die prekäre Situation von Flüchtlingen weltweit, in Europa und in Deutschland aufmerksam gemacht (WACP, EPA, DGPPN u. a.; [5] [6] [7]).

Menschen auf der Flucht nehmen Belastungen in Kauf, Gefahren und erhebliche Anstrengungen. Sie verlassen die Heimat, das Zuhause und oft die Familie, lassen ihren Besitz und ihre Habe zurück. Sie nehmen einen weiten Weg und Entbehrungen auf sich, um einer ungewissen und unsicheren Zukunft entgegenzugehen. Fernab der zahlreichen Veränderungen, bedeutet die Flucht zugleich ein gesundheitliches Risiko.

Allgemeine Hilfen und medizinische Versorgung

Zunächst ist für die basalen Bedürfnisse der Menschen zu sorgen, für ausreichende Nahrung, Kleidung, für Sicherheit und eine geschützte Umgebung [8]. Die erste Anlaufstelle für die ankommenden Asylbewerber ist zunächst die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE). Dort erfolgt üblicherweise eine erste allgemein-medizinische Untersuchung. In der zentralen Unterbringungseinheit (ZUE) verbleiben die Asylsuchenden, bis sie den Kommunen zugeteilt werden. Auch dort gibt es für den Akutfall medizinische Hilfe. Sicherlich ist eine der ersten wichtigen Überlegungen, wie z. B. Infektionskrankheiten vermieden werden können.

Eine Vielzahl von Aufgaben sind bei der Organisation (u. a. auch der somatisch-medizinischen Versorgung von Flüchtlingen) durch die kommunalen Träger zu leisten. Eine breite Erfahrung hat das UNHCR und bietet mit dem „Humanitarian Intervention Guide“ ein Tool-Kit, das als Leitlinie für das generelle Management von Notfallsituationen dienen kann [8]. Selbstverständlich sind die bestehenden Hilfesysteme, ob Krankenhäuser oder Träger von psychosozialen Hilfesystemen, miteinzubeziehen.

Gesundheitspolitische Aspekte des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes, Verfahrens- und Abrechnungsaspekte gilt es zu klären. Die elektronische Gesundheitskarte allein ist noch kein wesentlicher Fortschritt, da die Kosten weiterhin bei den Kommunen verbleiben. Besser wäre eine reguläre Versicherung in der GKV zulasten des Bundes, um die Kommunen zu entlasten. Außerdem ist zu empfehlen, die Helfenden auf ihre Aufgabe – z. B. in interkulturellen Trainings – vorzubereiten.


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Rechtliche Rahmenbedingungen und Leistungsumfang der medizinischen Versorgung

Flüchtlinge und Asylsuchende haben die Verpflichtung, sich in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) einer Untersuchung auf übertragbare Krankheiten bzw. Infektionskrankheiten, einschließlich einer Röntgenaufnahme des Thorax, zu unterziehen (§ 62 Abs. 1 AsylG). Darüber hinausgehende Untersuchungen fallen in die Zuständigkeit der EAE, die entsprechend die Kostenübernahme zu erklären hat. Transporte zu Krankenhäusern sind von der EAE zu organisieren und zu finanzieren.

Nach Verlassen der EAE und einer anschließenden kommunalen Unterbringung greift das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Landesregierung oder eine beauftragte Landesbehörde bestimmen, welche Behörden oder Kostenträger das Gesetz durchführen und ob der Ablauf des Verfahrens konkreter zu gestalten ist.

Die nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigten und ausreisepflichtigen Ausländer sind in ihrem Leistungsanspruch beschränkt. Es können lediglich akute Krankheitszustände oder erhebliche Gesundheitsschäden behandelt werden. Es gilt, diese durch die Behandlung zu vermeiden und auch, Gefahren für die Allgemeinheit abzuwehren.

Wer sich bereits seit 15 Monaten oder länger in Deutschland aufhält und nach § 2 AsylbLG leistungsberechtigt ist, erhält den vollen Behandlungsumfang der GKV ([Tab. 1]).

Tab. 1

Rechtliche Regelungen im Überblick.

Personenkreis

Leistungen

Zuständigkeit

Besonderheiten

alle Asylsuchenden

Eingangsuntersuchung nach § 62 AsylG

Einrichtung (z. B. EAE)

landesrechtliche Zuständigkiet

Notfallbehandlung nach § 6a AsylbLG

Erstaufnahmeeinrichtung

Asylbewerber n. § 1AsylbLG

eingeschränkte Leistungen nach §§ 4 u. 6 AsylbLG

Sozialbehörde

Behandlungs-, Überweisungs-, Einweisungsschein

Krankenkasse

Vorlage der Gesundheitskarte (Bremen, Hamburg, teils. NRW)

Asylbewerber n. § 2 AsylbLG

entsprechend GKV

Krankenkasse

Gesundheitskarte

Minderjährige unbegleitete

wie GKV (weitgehend)

EAE

Kommune

Flüchtlinge

Jugendhilfeträger

Behandlungsanspruch (§ 40 SGB VIII)

Das AsylbLG umfasst für Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG u. a. folgende Leistungen:

  • Ein Behandlungsanspruch besteht nur, wenn die Erkrankung akut oder schmerzhaft ist. Bei Schmerzzuständen besteht ein Anspruch sowohl bei akuten als auch bei chronischen Zuständen (§ 4 Abs. 1, Satz 1 AsylbLG).

  • Schwangere haben den gleichen Anspruch auf Leistungen wie gesetzlich Versicherte, z. B. bei Vorsorgeuntersuchungen, Entbindungen oder Hebammenhilfe.

  • Bei Krankenhausbehandlung ist vorab eine Kostenübernahmeerklärung durch den Sozialleistungsträger erforderlich, außer es handelt sich um einen Notfall.

  • Für ambulante Mit- oder Weiterbehandlungen sind Überweisungen durch den erstbehandelnden Arzt erforderlich.

  • Die Verordnung von Arznei- und Verbandsmitteln ist an die Vorgehensweise der GKV angelehnt (§ 4 und § 6 AsylbLG); weitere Maßnahmen bedürfen der Zustimmung des Sozialleistungsträgers.

  • Hin- und Rücktransporte von Flüchtlingen gehören zu den „sonstigen Leistungen“ (§ 4 Absatz 1 AsylbLG). Es besteht keine Pflicht für das Krankenhaus, die Transporte zu organisieren oder zu finanzieren.

  • Auch die bei ausländischen Patienten erforderlichen Dolmetscherkosten für die Aufklärung oder Behandlung können den Trägern von Sozialleistungen unter bestimmten Voraussetzungen in Rechnung gestellt werden.
    Bei Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG lassen sich unter den „sonstigen Leistungen“ auch die Kosten für Dolmetscher geltend machen, wenn die ärztliche Tätigkeit nicht ohne die Sprachmittlung geleistet werden konnte (§ 6 AsylbLG). Die Ermessensleistung wird durch das zwingende und unerlässliche Erfordernis des Dolmetschens zu einer verpflichtenden Leistung.

§ 4 Abs. 1 AsylbLG: Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren.

§ 6 Abs. 1 AsylbLG: Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind.

Bei Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG kann ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Dolmetschertätigkeit auf der Grundlage des SGB XII (§ 73 Satz 1) ebenfalls entstehen. Die Vorschrift liegt auch hier im Ermessen des Leistungsträgers. Bei Unerlässlichkeit der Sprachmittlung reduziert sich das Ermessen und wird quasi zu einer verpflichtenden Leistung [9].


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Psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung

Auf einer weiteren, nachgeordneten Ebene der Versorgungspyramide gewinnen die Hilfen der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung dann zunehmend an Bedeutung, was bei der primär erforderlichen basalmedizinischen Versorgungsnotwendigkeit nicht aus dem Blick geraten sollte [8].

Der Wegzug aus der gewohnten Umgebung und dem gewohnten kulturellen Umfeld stellt einen relevanten Risikofaktor für eine Vielzahl psychischer Störung dar. Gerade Flüchtlinge sind besonders gefährdet für Angststörungen, Depressionen, Suchterkrankungen und posttraumatische Belastungsstörungen.

Ein frühzeitiges Erkennen auch der psychischen Störungen und deren frühzeitige Behandlung ersparen individuelles Leid und verhindern möglicherweise, dass diese Erkrankungen einen stärkeren Schweregrad erreichen oder chronifizieren. Es liegt folglich nahe, dass in den Unterkünften für Flüchtlinge nicht allein eine allgemein-medizinische Versorgung erfolgt; idealerweise sollte möglichst auch ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Angebot gemacht werden. Die Gesundheitsämter der Kommunen wären dann die ersten Anlaufstellen, über die weitergehende Hilfsangebote abgesprochen und organisiert werden könnten.

Es ist sinnvoll, dass Betroffene möglichst frühzeitig als hilfsbedürftig erkannt werden. Es ist von daher vorteilhaft, wenn fachlich qualifiziertes Personal vor Ort eingesetzt wird, um dort bereits therapeutische Maßnahmen zu ergreifen oder bei entsprechender Erkrankungsschwere eine weitergehende, intensivere Behandlung in die bestehenden kommunalen Versorgungssysteme (z. B. Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft etc.) zu vermitteln. Die Möglichkeiten und Angebote der Regelversorgung sind in jedem Fall konzeptuell in die Versorgung von Flüchtlingen einzubinden.

Aufgrund des hohen und zukünftig steigenden Bedarfs sind die ambulanten Versorger, die psychiatrischen Kliniken und Abteilungen vor Ort – gleichermaßen auch die Fachverbände – jetzt gefragt und gefordert, sich (frühzeitig) auf die anstehenden Aufgaben vorzubereiten. Ein aktives Handeln ist notwendig und erforderlich. Konzepte für eine aufsuchende Versorgung sind langfristig zu entwickeln und mit den Gesundheitsämtern, den kommunalen Trägern von Flüchtlingsheimen und Unterkünften abzustimmen, ebenso wie die Einbindung in die Regelversorgung. Eine Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch für nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigte wird in mehreren Bundesländern im Verlauf des Jahres 2016 möglich werden oder ist in der Planung.

Nachfolgend werden Vorschläge im Sinne eines Maßnahmenkatalogs für eine konkrete Umsetzung von Hilfen für Flüchtlinge bei der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung gemacht. Diese sollten als Anregung verstanden werden, um sich entsprechend der jeweiligen regionalen Voraussetzungen auf die anstehenden Aufgaben vorzubereiten. Es werden Aspekte auf verschiedener Ebene angesprochen. So werden nachgehend allgemeine Hinweise gegeben, klinikinterne Aufgaben angesprochen, die Kommunikation nach außen und schließlich Anregungen zu weitergehenden Versorgungsangeboten gegeben.

Aspekte von generellem Interesse

  • Primär sind die Angebote der niedergelassenen Ärzteschaft zu nutzen.

  • Die psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) können sekundär für die akute ambulante psychiatrische Behandlung tätig werden. Diese Zuständigkeit sollte komplementär den niedergelassenen Bereich unterstützen.

  • Im Sinne eines bundesdeutschen Qualitätsstandards sollte der Einsatz von Dolmetschern im stationären und ambulanten Bereich immer dann erfolgen, wenn die sprachliche Verständigung nicht gewährleistet ist.


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Kommunikation nach innen und klinikinterne Aufgaben

  • Themen, die sich auf die Behandlung von Flüchtlingen und Asylbewerbern beziehen, sollten in Kliniken regelhaft in die klinikinterne Regelkommunikation aufgenommen werden.

  • Sinnvoll und hilfreich ist eine in Kliniken zu implementierende (z. B. quartalsweise tagende) Plattform. Mögliche Teilnehmer könnten der Migrationsbeauftragte der Klinik, Mitarbeiter des Sozialdienstes, Vertreter der Ärzteschaft und/oder des Pflegedienstes sein.

  • Ein fachbereichsübergreifender Austausch (KPP, KJP, Psychosomatik) ist sinnvoll, auch wenn solche Vernetzungen vielerorts noch nicht üblich sind. Die Möglichkeiten der Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auf dem Gelände von Kliniken ist jeweils entsprechend der lokalen Gegebenheiten im Einzelfall zu prüfen und zu erörtern.

  • Gezielte Gewinnung, Integration und Einstellung von medizinischem Fachpersonal mit Kultur- oder Sprachkompetenz, ggf. aus der Gruppe der Geflüchteten.


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Kommunikation nach außen und Vernetzung

  • Eine aktive Beteiligung an Netzwerktreffen der Flüchtlingsunterstützer (z. B. runder Tisch „Integration“) ist sinnvoll. Es wird empfohlen, primär die Migrationsbeauftragten und/oder Mitarbeiter des Sozialdienstes mit dieser Aufgabe zu betrauen. Es sollte regelmäßig eine klinikinterne Weitergabe der Informationen aus den Netzwerktreffen erfolgen.

  • Zudem sollte ein regelmäßiger Wissensaustausch mit den lokalen Flüchtlingseinrichtungen stattfinden.

  • Ein verstärkter Netzwerkaufbau zu Schulen, die Flüchtlinge betreuen, wird empfohlen.

  • Die unterschiedlichen Interessen, die sich aus dem Asylrecht, der medizinischen Versorgungsnotwendigkeit und den Menschenrechten ergeben, können im Einzelfall eine persönliche Kontaktaufnahme mit der jeweils zuständigen Ausländerbehörde sowie der zuständigen Polizeidienststelle erforderlich machen. Hier kann es um konkrete Absprachen zum Schutz von Patienten bei Fragen einer drohenden Abschiebung oder vielfältigen anderen Aspekten gehen.


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Anpassung der Versorgungsangebote

  • Die bestehenden „Kommstrukturen“ gewährleisten für Flüchtlinge den allgemein etablierten Zugang zu den psychiatrischen Versorgungsangeboten. Niedergelassene Kolleginnen oder Kollegen und/oder Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der örtlich zuständigen PIAs sollten idealerweise – bei aller Problematik, die ein solches Versorgungsangebot auf vielerlei Ebene mit sich bringt – auch ein Vorortangebot erwägen.
    Das würde eine Erweiterung bestehender Hilfsstrukturen bedeuten, z. B. in Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE), zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) oder Übergangswohnheimen für Flüchtlinge. Feste, regelmäßige Sprechstunden zu bestimmten Zeiten dürften hier eine hilfreiche Erweiterung darstellen. Damit könnten frühzeitig psychische Erkrankungen erkannt, Krisen ggf. präventiv vermieden und das Betreuungspersonal (meist Laienhelfer) in den Einrichtungen für psychische Störungen sensibilisiert und zugleich mittels interkultureller Supervision qualifiziert werden. Ein Problem könnte aber – je nach örtlichen und baulichen Gegebenheiten – eine mögliche Stigmatisierung durch den öffentlich wahrnehmbaren Kontakt mit psychiatrischen Versorgungsangeboten sein.

  • Spezielle therapeutische Angebote wie bspw. muttersprachliche oder englischsprachige Gruppentherapieangebote und Gruppengespräche in Übergangswohnheimen unter qualifizierter fachlicher Leitung sind (je nach regionaler Situation) weitergehende, hilfreiche Versorgungsleistungen. Die konzeptuelle Ausgestaltung und Entwicklung sollte erwogen werden.

  • Es wird empfohlen, ein Angebot von Spezialsprechstunden für psychisch erkrankte Flüchtlinge in den PIAs der jeweiligen Kliniken auf-/auszubauen. Mögliche inhaltliche Schwerpunkte könnten dabei folgende Differenzierungen sein:

  • Psychoedukation, muttersprachliche Diagnostikangebote, Förderung von Resilienz und systemische Beratung der Familien.

  • Wenn möglich, ist ein breites fremdsprachiges Angebot zu etablieren. Denkbar ist zudem eine Erweiterung des Versorgungskonzepts um traumapädagogische Behandlungsangebote für Flüchtlinge.

  • Durchaus kontrovers wird diskutiert, ob es hilfreich ist, ein überregionales stationäres Spezialangebot für Flüchtlinge mit z. B. den Schwerpunkten Krisenintervention und Traumabehandlung zu schaffen. Das wäre in Abhängigkeit von den jeweiligen regionalen Bedingungen aufzubauen und müsste die jeweiligen Vorortmöglichkeiten berücksichtigen. Sinnvoll wäre in diesem Zusammenhang, ein spezielles stationäres Angebot für adoleszente Flüchtlinge (16 – 24 Jahre) anzubieten. Insbesondere die große Gruppe der sexuell traumatisierten adoleszenten Mädchen und Frauen könnte von einer entsprechend ausgerichteten Schwerpunktstation profitieren. Ein Vorteil von übergeordneten Angeboten ist die nicht in jeder Klinik vorhandene Expertise.

  • Eine Spezifizierung für den Bereich Forensik ist bislang kaum thematisiert und bedarf ebenfalls einer weiteren Differenzierung und Entwicklung.


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Resümee

Abschließend ist zu konstatieren, dass es eine Herausforderung sein wird, für die Bereitstellung entsprechender personeller Ressourcen im niedergelassenen Bereich, in den Kommunen und Kliniken zu sorgen. Es wird erforderlich sein, sich gut abzustimmen, um die Möglichkeiten der bestehenden Synergien zu nutzen.

Die Bundesdirektorenkonferenz (BDK) setzt sich dafür ein, dass die Diskussion um die Versorgungsleistungen für Flüchtlinge und deren Finanzierung weiter angestoßen wird. Mit dieser Stellungnahme sollen Anregungen gegeben werden, wie dem steigenden Versorgungsbedarf von Flüchtlingen und Asylsuchenden begegnet werden könnte, um das Ziel eines professionellen Standards bei therapeutischen Angeboten für Flüchtlinge zu erreichen.

Autoren:

Prof. Dr. Hans-Jörg Assion
Ärztlicher Direktor
LWL-Klinik Dortmund
Marsbruchstraße 179
44287 Dortmund
E-Mail: hans-joerg.assion@lwl.org

Dr. Matthias Bender
Ärztlicher Direktor
Vitos Hadamar gem. GmbH
Mönchberg 8
65589 Hadamar

Prof. Dr. Eckhardt Koch
Ltd. Arzt Interkulturelle Psychiatrie, Migrations- und Ethikbeauftragter
Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marburg
Migrationsbeauftragter des Vitos Konzerns
Cappeler Straße 98
35039 Marburg

Prof. Dr. Thomas Pollmächer
Direktor des Zentrums für psychische Gesundheit
Klinikum Ingolstadt GmbH
Krumenauerstraße 25
85049 Ingolstadt


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