Rofo 2021; 193(S 02): S81-S82
DOI: 10.1055/s-0041-1732531
Vorträge GPR 2021

Der Einfluss von Alkoholexposition auf die pränatale, regionale Hirnentwicklung – eine atlas-basierte fetale MRT-Studie

Marlene Stümpflen, Ernst Schwartz, Mariana C. Diogo, Sarah Glatter, Birgit Pfeiler, Elisabeth Krampl-Bettelheim, Daniela Prayer, Gregor Kasprian
 
 

Einleitung und Ziel: Zahlreiche Studien haben Patienten mit Fetalen Alkohol-Spektrum-Erkrankungen (FASD) postnatal untersucht und strukturelle, zerebrale Anomalien wie vergrößerte, malformierte Hippocampi nachgewiesen [1], [2]. Ziel dieser atlas-basierten Fetal-MRT-Studie ist die Detektion früher regionaler Effekte von pränataler Alkoholexposition (PAE) auf die intrauterine Entwicklung des kindlichen Gehirns und deren Quantifizierung mittels Volumetrie.

Methode: Diese prospektive Single-Center-Studie identifizierte zur Fetal-MRT zugewiesene schwangere Frauen mit unterschiedlich ausgeprägtem Alkoholkonsum im Laufe der Schwangerschaft mittels zweier standardisierter Fragebögen (PRAMS und TACE) [3], [4]. Eine Postprozessierung zur Berechnung von Superresolutionrekonstruktionen sowie semiautomatisierter, atlas-basierter Segmentationen wurde durchgeführt. Mittels visueller Überprüfung der Bildqualität und manueller Korrektur der Daten wurde eine atlas-basierte Analyse multipler fetaler Hirnstrukturen durchgeführt. Dabei wurden lineare Modelle mit einem zusätzlichen Faktor zur Berücksichtigung des Altersunterschieds angewandt und multiple Vergleiche nach Benjamini-Yekutlieli korrigiert [5].

Ergebnis: Nachdem Patienten mit strukturellen Hirnanomalien und/oder schlechter Superresolution-Bildqualität ausgeschlossen wurden, konnten wir insgesamt 27 Feten mit PAE sowie 36 Kontrollen ohne PAE analysieren (20. – 37. Schwangerschaftswoche, Mittelwert 27,2 SSW). In den alkohol-exponierten Feten konnten wir statistisch signifikant vergrößerte Hippocampi beidseits (links p = 0,035, rechts p = 0,024, jeweils Durchschnittsvolumina ± SD) und Corpora callosa (p = 0,035) feststellen, wohingegen die periventrikuläre Zone/Germinalmatrix (p = 0,003) signifikant verkleinert war.

Schlussfolgerung: Wenngleich der kausale Zusammenhang zwischen PAE und der Entstehung von neurologischen Entwicklungsstörungen bekannt ist, dokumentiert diese pränatale MRT-Studie erstmals systematisch die selektiven Auswirkungen von maternalem Alkoholkonsum auf spezifische Hirnstrukturen in vivo und in utero. Somit ist es gelungen, nicht nur die bereits postnatal beschriebene Größenreduktion einzelner Hirnareale bereits pränatal nachzuweisen, sondern auch vermutlich transiente Effekte von PAE im Sinne einer Größenzunahme anderer Regionen erstmals zu detektieren.

marlene.stuempflen@meduniwien.ac.at


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Article published online:
19 August 2021

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