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DOI: 10.1055/s-0041-110481
Kompetenz und Organisation für den Massenanfall von Patienten in der Seeschifffahrt – Forschungsprojekt KOMPASS
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
15. Dezember 2015 (online)
Verschiedene Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit, wie zum Beispiel der Brand auf der Fähre Lisco Gloria, die Havarie der Costa Concordia oder die Kollision eines Containerschiffs mit einem Gebäude im Hafen von Genua, zeigen, dass Großschadenslagen im maritimen Umfeld jederzeit eintreten und eine große Zahl von Personen betreffen können.
Ein Massenanfall von Patienten auf See birgt im Vergleich zu einem Großschadensereignis an Land zahlreiche besondere Umstände, wie zum Beispiel erschwerter Zugang für Rettungskräfte, eingeschränkte Platzverhältnisse und begrenzte Transportmittel, insbesondere bei schweren Wetterbedingungen. Übungen und Realeinsätze auf See haben gezeigt, dass schon die Versorgung von über 10 Patienten mit den derzeitigen Mitteln nur unzureichend durchgeführt werden kann.
Ziele des Forschungsprojekts
Die Verbesserung dieser Situation ist das Ziel des Forschungsprojekts KOMPASS, welches innerhalb des Förderprogrammes „Forschung für die zivile Sicherheit“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger VDI Technologiezentrum GmbH begleitet wird. Innerhalb des Verbundvorhabens soll ein integratives Managementsystem zur verbesserten Patientenversorgung auf See konzipiert werden, welches sich aus strukturellen, organisatorischen und technischen Maßnahmen zusammensetzt.
Die in diesem Zusammenhang angestrebten wissenschaftlichen und technischen Arbeitsziele können wie folgt zusammengefasst werden:
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Erfassung der an einem Massenanfall auf See gegebenenfalls beteiligten Behörden, Institutionen und Vereine, ihrer Beziehungen zueinander sowie Darstellung ihrer Zuständigkeiten, Kompetenzen und Einsatzmittel.
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Auswertung von Fallbeispielen von Großschadenslagen auf See, Analyse der aufgetretenen Probleme sowie deren Ursachen und Folgen – Erarbeitung von strategisch organisatorischen Optimierungsvorschlägen zur effektiveren Zusammenarbeit von Schiffsbesatzung / Rettungskräften und anderen externen Akteuren.
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Erarbeitung von beispielhaften Schadensszenarien, wie Explosion, Brand, Infektionsgefahr und Aufstellung von zu erwartenden typischen Verletzungsmustern bei diesen Szenarien.
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Erarbeitung von seespezifischen Sichtungskonzepten und Behandlungsstrategien als Handlungs- und Entscheidungshilfen für Notärzte und Verletztenversorgungsteams unter seetypischen Bedingungen.
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Konzept eines medizinischen Materialmanagements zur ausreichenden und rechtzeitigen Bereitstellung von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung.
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Entwicklung von medizinischer Ausrüstung zur Versorgung einer Vielzahl von Patienten auf See, insbesondere Beatmungskapazitäten.
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Erstellung einer IT-Unterstützung zur Transportorganisation unter anderem zur Effektivierung des Einsatzes von Hubschrauberkapazitäten und der Verteilung von Patienten auf naheliegende Krankenhäuser.
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Qualifizierung der Besatzung als Ersthelfer durch die Entwicklung von Trainingsmaterialien.
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Technische und organisatorische Integration von Telemedizin in einen MANP.
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Untersuchung zu rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit einem Massenanfall auf See (Datenschutz, Haftungsfragen).
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Unterschiedliche Kompetenzen im Konsortium vereint
Die Bearbeitung dieser Themengebiete erfolgt durch ein Konsortium, welches maritime, medizinische, juristisch-soziologische und softwaretechnische Kompetenzen einbringen kann. So sind das Unfallkrankenhaus Berlin, die Unfallmedizin Greifswald, die mainis IT-Service GmbH, GS Elektromedizinische Geräte G. Stemple GmbH (Corpuls), die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – Institut für Soziologie sowie das Institut für Sicherheitstechnik / Schiffssicherheit e. V. als Projektkoordinator direkte Partner im Projekt. Begleitet wird das Vorhaben von assoziierten Partnern wie AIDA Cruises, der Bugsier-, Reederei- und Bergungs-Gesellschaft mbH & Co. KG und dem Seemanns- und Hafenamt in Rostock. Zudem haben von Beginn an verschiedene Institutionen und Organisationen, wie zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin, das Hamburg Port Health Center oder der Verband Deutscher Reeder, ihr Interesse an der Thematik bekundet und sich aktiv in die Diskussion zu den einzelnen Arbeitspunkten eingebracht.
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Aktive Beteiligung auf Internetseite möglich
Erste Projekttreffen haben gezeigt, dass eine besondere Herausforderung bei der betrachteten Problematik in der Vielzahl der beteiligten Institutionen und Behörden liegt, welches unter anderem auf die föderale Aufteilung von Zuständigkeiten zurückzuführen ist. Eine weitere Problematik besteht in der geringen Datenlage zur Thematik, da nur wenige Fallbeispiele mit auswertbaren und vergleichbaren Daten genutzt werden können.
Auf der Website www.kompassprojekt.de sind die Angaben zum Projekt zusammengefasst. Interessierte haben dort auch die Möglichkeit, sich über die aktuellen Ergebnisse auf dem Laufenden zu halten beziehungsweise sich aktiv einzubringen. Dies bezieht sich vor allem auf den Fragenkatalog, der von den Projektpartnern erarbeitet wurde und der eine Vielzahl von Fragen beinhaltet, die sich aus der bisherigen Projektarbeit unter anderem aus Besuchen und der Befragung verschiedener, an einem Massenanfall von Patienten auf See beteiligten Institutionen und Behörden ergeben haben.
Dr. Dana Meißner, Rostock-Warnemünde
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