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DOI: 10.1055/s-0041-108313
Asthma Update 2015 – Was die zellbiologisch-pneumologische Grundlagenforschung dem Lungenarzt anbieten kann
Asthma Update 2015 – What Cell Biology in Basic Pulmonary Research Can Offer to the PneumologistSubject Editor: M. Witzenrath, Berlin
Korrespondenzadresse
Publication History
eingereicht 20 August 2015
akzeptiert nach Revision 16 October 2015
Publication Date:
07 December 2015 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Asthmaprävention
- Asthmaexazerbationen
- Neue Ansätze bei der Asthmatherapie
- Literatur
Zusammenfassung
Asthma bronchiale ist eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen weltweit und verursacht vor allem in industrialisierten Ländern erhebliche sozioökonomische Kosten. Asthma wird zunehmend als eine polysymptomatische Krankheit verstanden, die eine ganze Reihe unterscheidbarer Asthmaphänotypen bzw. molekular definierter Asthmaendotypen umfasst. Diese Heterogenität des Asthmas erklärt ihrerseits, warum die Standardmedikation mit inhalativen Steroiden und β-Sympathomimetika nicht in allen Fällen, vor allem nicht während akuter Exazerbationen, eine vollständige Symptomkontrolle ermöglicht. Dementsprechend stehen derzeit Konzepte zur primären Asthmaprävention sowie phänotyp- bzw. endotypspezifische Therapieansätze im Fokus der Asthmaforschung.
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Abstract
Bronchial asthma is one of the most common chronic inflammatory diseases world-wide causing an enormous socio-economic burden especially in industrialized countries. Currently, asthma is increasingly considered to be a poly-symptomatic disease comprising a variety of different asthma phenotypes and endotypes. This heterogeneity of asthma explains why the standard treatment with corticosteroids and β-agonists cannot achieve full symptom control in all cases, especially not during acute exacerbations. Therefore, current asthma research focuses on primary prevention of asthma as well as on novel approaches towards a phenotype- and endotype-specific asthma therapy.
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Einleitung
Nach Schätzungen der Global Initiative for Asthma (www.ginasthma.org) [1] sind derzeit ca. 300 Millionen Personen weltweit von Asthma betroffen. Damit und aufgrund der weiter zunehmenden Prävalenz und entsprechend steigender Gesundheitskosten stellt diese Erkrankung ein ernstes globales Gesundheitsproblem dar.
Der Prävalenzanstieg von Asthma wird seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts in industrialisierten Ländern beobachtet und erreicht mit wachsendem sozioökonomischem Wohlstand zunehmend auch bevölkerungsreiche Schwellenländer wie Brasilien und China. In Deutschland stieg die Lebenszeitprävalenz von Asthma bronchiale bei Frauen nach Angaben des „Weißbuch Lunge 2014“ von 2003 bis 2009 um 4 Prozentpunkte auf 10 % an [2]. Bei Männern wurde im selben Zeitraum ein Anstieg von 5,2 % auf 8 % festgestellt. Die höchsten Prävalenzraten werden aktuell in England und Irland beobachtet [3]. In einigen Hochprävalenzländern scheint die Häufigkeit von Asthma derzeit auf dem hohen Niveau zu stagnieren.
Asthma beginnt meistens – aber nicht ausschließlich – im Kindesalter und kann lebenslang fortbestehen. Allein in Europa sind etwa 30 Mio. Kinder bis 14 Jahre betroffen. Basierend auf Symptomabfragen beträgt laut ISAAC-Studie die Prävalenz bei 6 – 7-jährigen Kindern 11,5 % bzw. 14,1 % bei 13 – 14-Jährigen [4]. Asthma gilt daher auch als die häufigste chronische Erkrankung des Kindesalters.
Bei den meisten Patienten lässt sich Asthma durch β-Sympathomimetika und inhalative Steroide gut kontrollieren. Etwa 10 % der Patienten haben jedoch auch unter maximaler Therapie Symptome und/oder häufige Exazerbationen. Diese schweren Asthmaformen verursachen den Großteil der direkten und indirekten Gesundheitskosten, die in Europa bei geschätzten 72 Mrd. € jährlich liegen. Asthma belegt damit hinsichtlich der Höhe der Gesundheitskosten – nach Bronchialkarzinomen (106 Mrd. €) und COPD (141 Mrd. €) – den 3. Rang innerhalb respiratorischer Erkrankungen. Die übrigen Lungenerkrankungen folgen mit weitem Abstand [3]. Diese hohe sozioökonomische Bedeutung spiegelt sich auch in Daten wider, die im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes erhoben wurden, wonach durch Asthma bronchiale mit etwa 368 000 Arbeitsunfähigkeitstagen ähnlich hohe Ausfälle zu verzeichnen sind wie z. B. durch Diabetes mellitus Typ-I und -II (etwa 394 000 Arbeitsunfähigkeitstage) und nicht sehr viel weniger als durch chronisch-ischämische Herzkrankheiten (etwa 524 000 Arbeitsunfähigkeitstage) [5].
Für eine Verbesserung der Behandlung dieser Patienten, bei denen eine Symptomkontrolle mit den derzeit verfügbaren Therapien nur unzureichend erzielt wird, ist es daher vordringlich a) Konzepte zur primären Asthmaprävention zu entwickeln und b) neue therapeutische Ansätze für schweres Asthma, insbesondere zur Früherkennung und Behandlung von Asthmaexazerbationen, zu erarbeiten.
Solche Ansätze werden insbesondere dadurch erschwert, dass Asthma keine einheitliche Erkrankung ist, sondern in verschiedenen Phänotypen bzw. Endotypen auftritt, die sowohl hinsichtlich ihrer Symptomausprägung als auch ihrer Pathophysiologie unterschiedlich sind und daher von einigen Autoren unter dem Sammelbegriff „Asthma-Syndrom“ subsummiert werden [6]. Bereits in den 1940er Jahren wurden einfachste Asthmaphänotypen für „individualisierte Therapie“ unterschieden: Francis M. Rackemann beschrieb die Trias Allergie, Krankheitsalter unter 30 Jahren und Assoziation mit „Vasomotor Rhinitis“ als Charakteristika extrinsischen Asthmas [7]. Diesem stellte er intrinsisches Asthma mit Beginn nach dem 40. Lebensjahr und ohne Vorliegen einer Allergie gegenüber und vermutete hier bakterielle Auslöser. Als typischen Vertreter des intrinsischen Asthmas beschrieb er den „old gentleman who is depleted by a hectic career and finally succumbs to an infection which thereupon precipitates asthma“. Der Autor vermutete in seiner Arbeit bereits weitere klinische Subphänotypen.
Neben der Unterscheidung in allergisches und nicht allergisches Asthma werden seither laufend Anstrengungen zur verbesserten Klassifizierung von Patienten unternommen, um so präzisere Vorhersagen zu Therapieantworten auf definierte Therapeutika für einzelne Patientengruppen treffen zu können [8]. Die Unterscheidungen erfolgen entweder nach bewusst ausgewählten Merkmalen bzw. Merkmalsgruppen, so z. B. klinischen Charakteristika wie Altersbeginn („early – vs. late onset“), Vorliegen einer Adipositas („obesity-related“), bzw. pathobiologischen Kennzeichen (eosinophiles vs. neutrophiles vs. paucigranulozytäres Asthma; Beteiligung von T-Helfer(Th)-2-Zellen, Th17-Zellen) [9]. Alternativ können Phänotypen mit Hilfe statistischer Clusteranalysen, die eine Vielzahl verfügbarer Parameter integrieren, identifiziert werden. Dieses Verfahren vermindert die Gefahr einer unbeabsichtigten Vorfestlegung [10] [11]. Allerdings ist der so definierte Phänotyp einer leicht verständlichen Begriffsbestimmung entzogen. Obwohl durch Clusteranalysen definierte Phänotypen sich bereits in unterschiedlichen Kollektiven reproduzieren ließen, ist hier noch weiterer Forschungsbedarf vorhanden. Durch klinisch leichter fassbare Merkmale definierte Phänotypen werden ihre Bedeutung daher nicht verlieren und erlauben ebenfalls wichtige Rückschlüsse auf die Pathogenese der Erkrankung. Beispielsweise liegt bei kindlichem Asthma häufiger eine Atopie vor, und es besteht eine stärkere Assoziation mit Polymorphismen im Asthmarisiko-Gen ORMDL3 als bei Asthma des Erwachsenen [10]. Weiter ist nicht-atopisches, nicht-eosinophiles Asthma häufiger mit Steroidresistenz vergesellschaftet [12]. Diese Beispiele zeigen jedoch auch, dass bei unterschiedlichen Patientengruppen unterschiedliche Pathomechanismen vorliegen können, die ein angepasstes therapeutisches Vorgehen erfordern. Aus dieser Erkenntnis wurde das Konzept der Endotypen abgeleitet [13], das versucht, Gruppierungen anhand gemeinsamer pathogenetischer Prozesse vorzunehmen und so die Grundlage für nicht nur zielgenauere, sondern an den mechanistischen Ursachen ansetzende Therapien zu liefern [14]. Solche Ansätze haben sich in jüngster Zeit bei dem durch eine ausgeprägte Th2-Entzündung charakterisierten Asthma als vielversprechend dargestellt [15].
Einzelne Altersgruppen stellen zusätzlich eine besondere diagnostische und therapeutische Herausforderung dar: Im Vorschulalter ist Asthma schwierig von anderen – meist viralen – Ursachen von Giemen zu unterscheiden. Darüber hinaus sind bleibende Strukturveränderungen der Atemwege (“airway remodeling“) bereits bei sehr jungen Kindern des Vorschulalters nachweisbar [16].
Ferner ist unklar, in welchem Ausmaß auch in höherem Alter (≥ 65 Jahre) Asthmaerkrankungen neu auftreten [17]: Dieser Frage ist schwierig nachzugehen, da die Abgrenzung zu COPD und anderen alterstypischen Erkrankungen schwierig sein kann. Erste Pilotdaten deuten allerdings darauf hin, dass Asthma auch bei älteren Menschen unabhängig von Komorbidität neu auftreten kann und dann häufiger einen schweren Verlauf mit erhöhter Mortalität nimmt.
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Asthmaprävention
Der kurze Zeitraum von wenigen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts, in dem die starke Zunahme der Asthmaprävalenz zu verzeichnen war, wird derzeit durch die Interaktion von Umweltexpositionen mit genetischer Prädisposition und epigenetischen Faktoren erklärt. Diese Interaktion wird vor allem wirksam, wenn sie während früher, kritischer Entwicklungsfenster stattfindet. Weiter wird postuliert, dass selbst nach späterem Wegfall des initial auslösenden Umweltfaktors das Krankheitsrisiko über Generationen weitergegeben wird und so zu einer Perpetuierung des Erkrankungsrisikos beiträgt.
Bisher wurde für eine Vielzahl pränataler Expositionen wie mütterliches Asthma [18], mütterliche Ernährung [19] [20], Stressfaktoren während der Schwangerschaft [21] [22] oder Umweltschadstoffe [23] [24] eine Assoziation mit respiratorischen Erkrankungen untersucht. Zu den am besten belegten Risikofaktoren für eine beeinträchtigte Entwicklung der Lungenfunktion des Kindes zählt mütterliches Rauchen während der Schwangerschaft [25] [26] [27] [28] [29]. Darüber hinaus erhöht pränatale Rauchexposition das Risiko für frühkindliches Giemen [30] [31] [32], Asthma [31] [32] und COPD [33] [34] bei den Nachkommen. Obwohl in einigen Ländern die Raucherquote sinkt [35], bleibt die absolute Anzahl rauchender Frauen weiterhin hoch. Weiter ist der Trend zu immer jüngerem Einstiegsalter besorgniserregend: Während generell mehr Männer als Frauen rauchen, nimmt dieser Unterschied bei Jugendlichen ab, woraus letztlich mehr Frauen resultieren, die auch in der Schwangerschaft rauchen [36] [37].
So berichtet das CPC (Committee for Program and Coordination of the WHO) im PRAMS (Pregnancy Risk Assessment Monitoring System) Report 2013, dass im Durchschnitt – bei sehr großen regionalen Unterschieden – ca. 14 % aller Frauen in den USA während der Schwangerschaft rauchen. In Europa liegt die Prävalenz rauchender Schwangerer länderabhängig bei 4 – 26 % [38]. Da diese Informationen überwiegend per Fragebogen erhoben werden, ist es wahrscheinlich, dass die tatsächlichen Prävalenzen unterschätzt werden. In der Tat ergaben Studien, die parallel zu Fragebogendaten Cotinin-Werte erhoben, Hinweise auf deutliches „Underreporting“ [39] [40]. Gleichzeitig ist die Rate von Frauen, die in der Schwangerschaft aufhören zu rauchen, niedrig, bei zusätzlich sehr hohen Rückfallquoten in den ersten 6 Monaten nach Entbindung [41].
Der Königsweg, Tabakrauch-induziertes Asthma zu verhindern, ist daher, durch intensive Anti-Rauchkampagnen den Einstieg bereits im jugendlichen Alter zu verhindern. Allerdings gibt es erste Hinweise, dass Rauchen der Großmutter während ihrer Schwangerschaft – unabhängig davon, ob deren Tochter während der eigenen Schwangerschaft rauchte – ausreicht, um das Risiko des Enkelkindes, an Asthma zu erkranken, zu erhöhen [42] [43]. Hintergrund ist, dass die Keimzellen der Enkelgeneration bereits in der Mutter angelegt sind und so möglicherweise bereits Raucheinflüssen ausgesetzt sind. Obwohl diese Daten nicht unumstritten sind, bedeuten sie in letzter Konsequenz, dass selbst erfolgreiche Anti-Tabakkampagnen ca. weitere 50 Jahre brauchen, um vollständig wirksam zu werden.
Aus diesem Grund wird versucht, zusätzliche Wege zu eröffnen, um die Lungenentwicklung des Kindes trotz Rauchexposition zu schützen. Im ersten Schritt müssen dazu die der Lungenfehlentwicklung zugrunde liegenden Mechanismen verstanden werden, um daraus potenzielle Interventionsmöglichkeiten abzuleiten. So zeigte eine Untersuchung, dass mehrere Varianten im RUNX1 (runt-related transcription factor 1)-Gen, welches bei der Entwicklung des Immunsystems eine Rolle spielt, mit Atemwegshyperreagibilität bei Kindern assoziiert sind [44]. Diese Assoziation wurde bei Vorliegen einer der Genvarianten durch pränatale Rauchexposition weiter modifiziert. Nach intrauteriner Rauchexposition war dieses Gen bereits in fetalen humanen Lungen verstärkt exprimiert. Im Mausmodell pränataler Rauchexposition war die RUNX1-Expression in frühen postnatalen Stadien deutlich vermindert. Die gestörte Expression dieses Gens könnte daher einen Risikofaktor für die Asthmaentstehung darstellen.
In einem Mausmodell zeigten Blacquiére et al., dass pränatale Rauchexposition nicht nur zu strukturellen Veränderungen der Atemwege führt [45], sondern auch die Expression von Genen des Wnt/β-Catenin-Signalwegs, der eine wesentliche Rolle bei der Lungenentwicklung spielt, verändert [46].
Obwohl es eine Reihe weiterer Mausmodelle pränataler Rauchexposition gibt, liegen bisher nur wenige Untersuchungen zu den dahinter liegenden Mechanismen vor. Darüber hinaus gibt es – mit einer einzigen Ausnahme [47] – bis dato kein Modell, das sich mit der Weitergabe des Asthmarisikos über mehrere Generationen hinweg beschäftigt.
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Asthmaexazerbationen
Asthmaexazerbationen, also Episoden akuter Krankheitsverschlechterung, können auf dem Boden eines jeden Asthmaphänotyps oder -endotyps entstehen, sofern ein hinreichender Trigger vorhanden ist. Verstärkte Kurzatmigkeit, Giemen, Husten und ein Engegefühl in der Brust sind typische Symptome, welche mit der etablierten Medikation zumeist nicht mehr zu kontrollieren sind [48]. Diese unkontrollierte Situation kann sogar medizinische Sofortmaßnahmen bis hin zur stationären Aufnahme und Intubation erfordern. Zuverlässige Prädiktoren, die eine akute Exazerbation ankündigen und damit präventive Maßnahmen ermöglichen, sind bislang nicht etabliert. Epidemiologische Studien legen jedoch den Schluss nahe, dass die Risikofaktoren für eine Asthmaexazerbation nicht nur von der Jahreszeit abhängen, sondern auch von der Ausprägung des jeweilig bestehenden Asthmaphänotyps [49] [50]
Sowohl die Zusammensetzung des inflammatorischen Infiltrats der Atemwege als auch die Sputumkonzentrationen verschiedener Entzündungsparameter unterscheiden sich während der Exazerbation deutlich von denen einer stabilen Asthmaerkrankung. So lassen sich deutlich erhöhte Zahlen von eosinophilen, vor allem aber auch neutrophilen Granulozyten wie auch erhöhte Level an IL-6, IL-8 und Tumornekrosefaktor α (TNF-α) [51] nachweisen. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass einer akuten Exazerbation andere pathogenetische Mechanismen zugrunde liegen als der Entwicklung der asthmatischen Grunderkrankung [52]. Welche diese im Einzelnen sind, ist bislang völlig unklar und Gegenstand der aktuellen Forschung.
Zu den auslösenden Faktoren einer Asthmaexazerbation gehören verstärkte Expositionen gegenüber Allergenen oder Umweltnoxen, Stress, ein veränderter Hormonstatus und vor allem Atemwegsinfektionen, wobei virale Infekte dominieren. So zeigen epidemiologische Studien, dass 44 % aller Erwachsenen und 80 – 85 % aller Schulkinder mit Asthmaexazerbation ebenfalls an einem durch Viren hervorgerufenen Atemwegsinfekt litten [53]. Rhinoviren, Respiratory-Syncytial-Virus und Influenzaviren sind am häufigsten mit einer Asthmaexazerbation assoziiert, während humane Metapneumoviren, Coronaviren oder Parainfluenzaviren eher seltener beobachtet wurden [54]. Allen diesen Viren ist gemein, dass sie einzelsträngige RNA als Genom nutzen. Diese wiederum wird vom Körper durch den Toll-like Rezeptor 3 (TLR-3) als körperfremd erkannt und löst eine Immunreaktion aus. Somit könnte dem TLR-3 innerhalb der Pathogenese akuter, Virus-induzierter Exazerbationen besondere Bedeutung als Ziel therapeutischer Interventionen zukommen.
Neueste Studien an krankheitsrelevanten Tiermodellen konnten zeigen, dass allein die Stimulation von TLR-3 ausreichend ist, um eine akute Exazerbation des Krankheitsphänotyps auszulösen, was sich wiederum in einer deutlich verstärkten allergischen Atemwegsentzündung, einer erhöhten Mukusproduktion und einer verschlechterten Lungenfunktion äußerte. Diese Exazerbation war allein abhängig von der Freisetzung des Zytokins Interleukin 17 (IL-17), das von TH17-Zellen und vor allem NK-Zellen produziert wird. Tiere, in denen NK-Zellen depletiert wurden, zeigen keine erhöhte IL-17-Produktion mehr und folglich konnte in diesen Tieren auch keine Exazerbation mehr ausgelöst werden [55]. Diese neuen Befunde legen nahe, dass TLR-3 exprimierende NK-Zellen, die innerhalb der viralen Infektabwehr ganz wesentliche Funktionen übernehmen, auch eine wichtige Rolle bei der Entwicklung Virus-induzierter Exazerbationen spielen könnten. Damit böten sich diese Zellen als neues Therapieziel an.
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Neue Ansätze bei der Asthmatherapie
Derzeit stützt sich die medikamentöse Behandlung von Asthmapatienten im Wesentlichen auf die Gabe von β-Sympathomimetika und Kortikosteroiden, deren Häufigkeit und Dosierung vom diagnostizierten Schweregrad der Erkrankung bestimmt wird. Ist mit einer gegebenen Dosierung keine Kontrolle des Krankheitszustands zu erreichen, wird diese folgerichtig erhöht und gegebenenfalls mit einer Zusatzmedikation unterstützt. Da die entzündungshemmende Wirkung nur eine Facette des sehr breiten Wirkungsspektrums der Kortikosteroide ist, steigt mit der Erhöhung der Dosis auch die Wahrscheinlichkeit unerwünschter Nebenwirkungen. Daneben führt diese Strategie bei 10 % aller Asthmaerkrankungen nicht zur erwünschten Kontrolle der Erkrankung [56]. In dem Maße also, wie sich Asthma in seiner Heterogenität in klar definierte Phänotypen bzw. Endotypen einteilen lässt, ergibt sich die Möglichkeit, die verschiedenen Ausprägungen dieser Erkrankung möglichst spezifisch, d. h. an den mechanistischen Ursachen ansetzend, zu therapieren.
Der Einsatz sogenannter „Biologicals“, wie z. B. Antikörpern, bietet tatsächlich die Möglichkeit einer phäno- bzw. endotypspezifischen Asthmatherapie. Omalizumab, ein monoklonaler Antikörper (mAk), der IgE bindet und damit seine Wirkung neutralisiert, stellt dabei das erste zugelassene Beispiel einer solchen Therapieoption dar. Derzeit befindet sich eine Vielzahl weiterer Biologicals in der klinischen Testung, welche die Wirkung einzelner Mediatoren unterbinden, die innerhalb der Asthmapathogenese eine Rolle spielen. Da bereits Anfang der 1990er Jahre die zentrale Stellung der Th2-Zelle innerhalb der allergischen Immunantwort erkannt wurde, richten sich verschiedene Biologicals gegen Th2-typische Zytokine wie die Interleukine IL-4, IL-5, IL-9 und IL-13 beziehungsweise gegen Mediatoren, die eine solche Immunantwort unterstützen, wie IL-33 und das sogenannte thymic stromal lymphopoetine (TSLP). Die erste zytokinspezifische Interventionsstrategie richtete sich gegen das IL-5, welches für die Reifung und das Überleben eosinophiler Granulozyten essenziell ist. Der anti-IL-5 mAk Mepolizumab reduzierte in ersten klinischen Studien effektiv die Anzahl eosinophiler Granulozyten in Blut und Sputum, bewirkte jedoch keinen wesentlichen Therapieerfolg, woraufhin der Einsatz solcher Anti-Zytokin-Strategien generell in Frage gestellt wurde [57]. Aktuelle klinische Studien zeigen allerdings, dass die Neutralisierung von IL-5 spezifisch in Asthmapatienten mit hohen Zahlen von eosinophilen Granulozyten im Sputum durchaus wirksam ist. Der Einsatz von Mepolizumab verringerte die Häufigkeit akuter Asthmaexazerbationen und verbesserte die Lungenfunktion bei Patienten mit Sputumeosinophilie. Darüber hinaus konnte die zur Asthmakontrolle notwendige Dosierung an Kortikosteroiden deutlich abgesenkt werden [58] [59]. Ähnliche Ergebnisse zeigte auch der anti-IL-5 mAk Reslizumab [60]. Ein mAk, der sich gegen den IL-5-Rezeptor richtet (Benralizumab), befindet sich ebenfalls in der Entwicklung. Gerade diese Studienergebnisse verdeutlichen nochmals die Heterogenität der Erkrankung Asthma und damit auch die Notwendigkeit einer endotypspezifischen Therapie.
Neben IL-5 werden im Hinblick auf eine neue Interventionsstrategie bei Asthmatikern mit ausgeprägter Th2-Immunantwort und Atemwegseosinophilie vor allem zwei weitere Zytokine getestet: IL-4 und IL-13. Während IL-4 u. a. essenziell ist für die Differenzierung naiver Th0-Zellen hin zu Th2-Zellen, fördert IL-13 vor allem die Mukusproduktion in den Atemwegen und die Freisetzung pro-inflammatorischer Mediatoren. Beide Zytokine induzieren darüber hinaus den Klassenwechsel hin zur Produktion von IgE. Da erste klinische Studien für die alleinige Neutralisierung von IL-4 keinen wesentlichen Therapieerfolg darstellen konnten, wurde diese Strategie nicht weiter verfolgt. Jedoch bietet der Umstand, dass die α-Kette des IL-4-Rezeptors (IL-4Rα) sowohl an der Bildung des heterodimeren Rezeptors für IL-4 als auch für IL-13 beteiligt ist, die Möglichkeit, durch Blockade des IL-4Rα die Wirkung gleich beider Zytokine zu inhibieren [61]. Diese Strategie wird derzeit sowohl mit mAks, wie AMG317 oder Dupilumab, als auch mit einer IL-4-Mutante verfolgt, die die jeweilige Bindung von IL-4 und IL-13 an IL-4Rα blockiert [62] [63] [64].
Von technischer Seite her deutlich unterschiedlich ist der Ansatz, durch den Einsatz von DNAzymen, also kleinen DNA-Molekülen mit inhärenter, katalytischer RNAse-Aktivität, die Expression bestimmter Gene zu reduzieren. Dies wurde zunächst erfolgreich im Mausmodell gegen den Transkriptionsfaktor GATA-3 durchgeführt [65]. Ohne GATA-3 können naive Th0-Zellen nicht zu Th2-Zellen differenzieren, womit die Quelle der oben beschriebenen Zytokine IL-4, IL-5, IL-9 und IL-13 gleichermaßen ausgeschaltet würde. Einer ersten klinischen Studie zufolge verminderte das DNAzym SB010 die Anzeichen der allergischen Spätphasereaktion deutlich, was mit einer verminderten Anzahl an eosinophilen Granulozyten und einer niedrigeren Konzentration an IL-5 im Sputum einherging [66].
Eine ähnliche Strategie wird verfolgt, indem man Faktoren neutralisiert, die die Polarisierung der allergischen Immunantwort unterstützen. Eine solche Funktion wurde zum Beispiel für das TSLP, den OX40-Liganden (OX40L) und das IL-33 beschrieben. Das Abfangen dieser Zytokine bietet dabei den Vorteil, dass nicht nur einzelne Th2-Zytokine, sondern deren gesamte Freisetzung vermindert wird. In einer ersten klinischen Studie verringerte der anti-TSLP mAk AMG 157 sowohl die Anzahl eosinophiler Granulozyten im Blut als auch eine reduzierte Bronchokonstriktion im Rahmen der allergischen Spätphasereaktion [67]. Die Neutralisierung des OX40L resultierte bei Patienten mit mildem, atopischem Asthma in einer geringen Reduktion des Serum-IgEs sowie einer deutlichen Verminderung eosinophiler Granulozyten im Sputum. Ein Effekt auf die AHR blieb jedoch aus [68]. Vergleichbare Effekte könnte auch die Neutralisierung des IL-33 beziehungsweise des dazugehörigen Rezeptors ST2 erzielen. In Asthma-Mausmodellen reduzierte die Applikation eines anti-IL-33 mAks sowohl die allergische Atemwegsentzündung als auch die Produktion verschiedener Th2-Zytokine und die Mukusproduktion [69]. Da es neben dem membranständigen ST2 auch eine lösliche Form gibt, die als Decoy-Rezeptor wirkt, indem sie freies IL-33 bindet und neutralisiert, könnte auch von diesem Molekül Gebrauch gemacht werden [70]. Die Ergebnisse klinischer Studien über die Effekte eines anti-IL-33 mAks oder des löslichen ST2s liegen bislang noch nicht vor.
Während sich diese Therapieansätze vor allem für Asthmatiker mit starker allergischer Komponente eignen, erhoffte man sich mit der Neutralisierung des TNF-α eine Strategie, deren Wirkungsspektrum weiter gesteckt ist und auch bei Kortikosteroid-resistenten Asthmapatienten helfen sollte. So wurden in kleineren klinischen Studien an nicht phänotypisierten Asthmatikern sowohl mit mAks gegen TNF-α (Infliximab, Golimumab) als auch mit dem TNF-α-Rezeptor-Inhibitor Etanercept durchaus Therapieerfolge erzielt. Da diese jedoch in größeren Studien nicht repliziert werden konnten, wurden weitere Entwicklungen in diese Richtung gestoppt [71] [72] [73]. Ebenso wie TNF-α wirken auch die Zytokine IL-1β und IL-6 generell entzündungsfördernd und stellen damit Ansatzpunkte für die Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen dar. Die Neutralisierung der Effekte von IL-1β wurde im Tiermodell bereits durch zwei verschiedene Strategien verfolgt: den Einsatz eines neutralisierenden anti-IL-1β mAks [74] oder die Blockade des IL-1-Rezeptors mittels eines rekombinant hergestellten IL-1-Rezeptorantagonisten [75]. Beide Ansätze zeigten eine geringfügige Verringerung der AHR, jedoch waren die Effekte auf die Atemwegsentzündung relativ gering. Die Neutralisierung von IL-6 mittels eines anti-IL-6 mAks konnte in einem Asthma-Mausmodell hingegen die allergische Atemwegsentzündung sowie die Produktion entzündungsfördernder Zytokine wie IL-17A und IL-5 deutlich reduzieren [76]. Die Blockade des IL-6-Rezeptors führte zumindest zu einer erhöhten Apoptose von Th2-Zellen [77]. Den Eingang in die klinische Testung haben allerdings weder die Neutralisierung von IL-1β noch die von IL-6 gefunden.
Da gerade die Kortikosteroid-Resistenz mit dem verstärkten Auftreten neutrophiler Granulozyten assoziiert ist, richtet sich ein weiterer zytokinspezifischer Ansatz gegen verschiedene Subtypen der IL-17-Familie, vor allem IL-17A und IL-17F. Diese zeigen eine starke pro-inflammatorische Wirkung und induzieren u. a. im Atemwegsepithel die Produktion neutrophilotaktischer Chemokine [78]. Brodalumab, ein mAk gegen den IL-17-Rezeptor, zeigte in einer ersten Studie bei schweren Asthmatikern zumindest eine verbesserte Lungenfunktion [79]. Jedoch sind sicherlich weitere Untersuchungen notwendig, um die Wirkung dieses Therapieansatzes eingehender zu beschreiben.
Genauso wie bei der Neutralisierung einzelner Zytokine oder Wachstumsfaktoren wie dem granulocyte-macrophage colony stimulating factor (GM-CSF) oder vascular-endothelial growth factor (VEGF) wurden auch Chemokine, hierbei vor allem diejenigen, die eosinophile Granulozyten an den Ort der Entzündung locken, als Ziel einer therapeutischen Intervention identifiziert. Diese Ansätze richteten sich vor allem auf die Eotaxine 1 – 3 und deren Hauptrezeptor CCR-3. Dabei wurde eine ganze Reihe von Antagonisten sowie ein blockierender Antikörper (CAT-213, Bertilimumab) entwickelt, die in Tiermodellen zum Teil deutliche therapeutische Effekte zeigten [80] [81] [82] [83]. Bislang ist jedoch keiner dieser Antagonisten beziehungsweise Antikörper in klinischen Studien getestet worden.
Neben den sezernierten Proteinen wie den Zytokinen, Wachstumsfaktoren und Chemokinen wurden mit der Entdeckung nicht-kodierender microRNAs (miRNA) als Regulatoren verschiedener Entzündungsprozesse neue Möglichkeiten der Intervention erschlossen. Solche miRNA wirken regulatorisch auf die Transkription verschiedener Mediatoren, die wiederum in die Steuerung der Entzündungsreaktion eingebunden sind. So wurde zum Beispiel in T-Zellen von Asthmapatienten entdeckt, dass die miRNA miR-19 die Produktion von Th2-Zytokinen verstärkt [84]. Andere miRNAs wirken hingegen regulierend auf die entzündungsfördernden Zytokine TNF-α (miR-125b, miR-145, miR-146, miR-149, miR-187, miR-221), IL-1β (miR-146, miR-149, miR-181, miR-187) und IL-6 (miR-132, miR-146, miR-149, Let-7) [85]. Die Blockade oder Förderung dieser regulatorischen miRNAs könnte in Zukunft durchaus eine weitere Möglichkeit sein, die jeweilige Entzündungsreaktion, die der Entwicklung eines bestimmten Asthmaendotyps zugrunde liegt, zu verringern, und stellt damit einen neuen Therapieansatz für diese Erkrankung dar.
Die Verbindung klinischer, pathobiologischer und molekulargenetischer Forschungsergebnisse hat innerhalb der letzten Jahre zur Definition neuer asthmatischer Phänotypen sowie molekular definierter Endotypen geführt. Die Identifizierung und Einbeziehung äußerer Faktoren, die auf der einen Seite die Entwicklung eines Asthmas begünstigen oder auf der anderen Seite die Exazerbation einer bereits etablierten asthmatischen Erkrankung verursachen, ermöglichen darüber hinaus ein vertieftes Verständnis der Asthmapathogenese. Auf Basis dieser Informationen werden derzeit Ansätze etabliert, die eine auf den jeweils vorliegenden Asthmaphäno- bzw. -endotyp hin ausgerichtete Therapiestrategie verfolgen. Damit geht die Entwicklung der Asthmatherapie in Richtung personalisierte Medizin, um auch denjenigen Patienten eine optimale Behandlung zukommen zu lassen, bei denen durch die Standardmedikation auf Basis von Kortikosteroiden und β-Sympathomimetika keine Symptomkontrolle erreicht werden kann.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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