Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(05): 363
DOI: 10.1055/s-0041-100835
Fachwissen
Aus Fachgremien
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Renale Denervation bei nicht-kontrollierter arterieller Hypertonie

Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Hochdruckliga, Deutschen Gesellschaft für Kardiologie / Herz- und Kreislaufforschung, Deutschen Gesellschaft für Angiologie / Gefäßmedizin, Deutschen Gesellschaft für Nephrologie und Deutschen Röntgen GesellschaftRenal denervation in refractory hypertension: Joint Statement of the German Hypertension League DHL eV and the German Societies of Cardiology, Angiology, Nephrology and Radiology
Oliver Vonend
1   DKD HELIOS Klinik Wiesbaden
,
Michael Böhm
2   Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg
,
Siegfried Eckert
3   Klinik für Kardiologie, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen
,
Martin Hausberg
4   Medizinische Klinik I, Städtisches Klinikum Karlsruhe
,
Harald Rittger
5   Klinik für Herz- und Lungenerkrankungen, Klinikum Fürth
,
Lars-Christian Rump
6   Klinik für Nephrologie, Universitätsklinik der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf
,
Roland Schmieder
7   Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinikum Erlangen
,
Karl-Ludwig Schulte
8   Innere Medizin, Klinik für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge, Berlin
,
Heribert Schunkert
9   Deutsches Herzzentrum München, Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen im Erwachsenenalter, München
,
Michael Uder
10   Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen
,
Roland Veelken
7   Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinikum Erlangen
,
Dierk Vorwerk
11   Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Klinikum Ingolstadt
,
Joachim Weil
12   Medizinische Klinik II, Kardiologie und Angiologie, Sana-Kliniken Lübeck
,
Ulrich Wenzel
13   III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Zentrum für Innere Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Felix Mahfoud
2   Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenz

Prof. Dr. med. Oliver Vonend
PD Dr. med. Felix Mahfoud
Sprecher der Kommission Interventionelle Hochdrucktherapie
Deutsche Hochdruckliga e. V. DHL®; Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
Berliner Straße 46
69120 Heidelberg

Publication History

Publication Date:
03 March 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Die arterielle Hypertonie stellt einen bedeutenden Risikofaktor für die kardiovaskuläre Sterblichkeit dar und ist trotz der Verfügbarkeit effizienter Medikamente in Deutschland unzureichend kontrolliert. Die Schein-Prozedur kontrollierte Symplicity HTN-3 Studie erreichte den Sicherheitsendpunkt, verfehlte jedoch den primären Effektivitätsendpunkt. Die Fachgesellschaften vertreten den Standpunkt, dass die renale Denervation keine Alternative zu einer etablierten nicht medikamentösen und medikamentösen Therapie darstellt. Sie ist bei therapierefraktären Patienten im Einzelfall als zusätzliches Verfahren zu sehen und bleibt spezialisierten Zentren vorbehalten. Die renale Denervation muss in randomisierten, kontrollierten Studien weiter kritisch evaluiert werden


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Abstract

Arterial hypertension is a major risk factor for cardiovascular mortality and remains insufficiently controlled in Germany. The sham controlled Symplicity HTN-3 trial did meet its primary safety endpoint but failed to meet its primary efficacy endpoint. Renal denervation can not replace established, well-proven therapies. It can only be used in selected truly resistant hypertensive patients as an additive approach and should be performed by specialized centers only. Randomized controlled trials are needed to further evaluate renal denervation.


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Die Hypertonie ist einer der Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Morbidität und Sterblichkeit – das ist bekannt und hinlänglich gesichert [1]. Dennoch erreichen in Deutschland zu wenig Patienten mit Bluthochdruck die empfohlenen Zielwerte. Interventionelle Therapien sollten in diesen Fällen nur nach sehr engen Regeln eingesetzt werden – so dieses Positionspapier.

Die renale Denervation ist ein interventionelles Verfahren zur Verödung efferenter sympathischer und afferenter sensorischer Nervenfasern in der Adventitia der Nierenarterien. Die ersten Studienergebnisse zur Blutdrucksenkung mit diesem Verfahren wurden 2009 veröffentlicht [2]. Es folgten Stellungnahmen nationaler und internationaler Fachgesellschaften [3] [4] [5]. Die bisher vorliegenden Studienergebnisse, die eine signifikante Blutdrucksenkung belegen, stammen aus ausgewählten europäischen Zentren; alle Patienten wurden wissenschaftlich nachverfolgt.

Die im März 2014 publizierte Zulassungsstudie Symplicity HTN-3 – gefördert von der US-amerikanischen Federal Drug Administration (FDA) – erreichte den primären Sicherheitsendpunkt von periprozeduralen und vaskulären Komplikationen nach 6 Monaten. Jedoch wurde der primäre Effektivitätsendpunkt – Senkung des Gelegenheitsblutdruckes – verfehlt [6]. Die Autoren der Studie haben mittlerweile methodische Schwächen eingeräumt [7]; diese wurden an anderer Stelle bereits ausführlich diskutiert [8] [9] [10] und auch die European Society of Hypertension [11] sowie die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie haben in ihren Stellungnahmen darauf hingewiesen [8].

Der aktuelle deutsche Kommentar [12] zur ESH / ESC-Leitlinie 2013 zum Management der arteriellen Hypertonie, der nach Veröffentlichung der HTN3-Studie erschienen ist, besagt: Ein invasives Verfahren wie die renale Denervation kann erst in Betracht gezogen werden, wenn unter einer maximalen medikamentösen Behandlung die Zielwerte nicht erreicht werden [12].

Es wird empfohlen, die invasiven Therapien nur bei wirklich therapieresistentem Bluthochdruck anzuwenden:

  • systolisch ≥ 160 mmHg oder

  • diastolisch ≥ 110 mmHg und

  • nach Ausschluss einer Pseudoresistenz durch Langzeitblutdruckmessung.

Bis Beweise für eine langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der renalen Denervation vorliegen, wird empfohlen, dass

  • Diagnostik und Nachverfolgung auf spezialisierte Zentren beschränkt bleiben und

  • invasive Verfahren von erfahrenen Interventionalisten durchgeführt werden (Definition spezialisiertes Zentrum: [3]).

Hieran haben nach unserer Ansicht die Ergebnisse von Symplicity HTN-3 nichts geändert (s. o.).

Die behandelten Patienten müssen vollständig in einem – möglichst Industrie-unabhängigen – Register gemeldet werden. Die renale Denervation muss in randomisierten, kontrollierten Studien in Deutschland weiter kritisch evaluiert werden, um den Stellenwert des Verfahrens abschließend beurteilen zu können. Renale Denervation ist keine Alternative zu einer etablierten medikamentösen und nicht medikamentösen Therapie. Vielmehr ist sie bei konservativ therapierefraktären Patienten im Einzelfall als zusätzliches Verfahren zu sehen. Die Entscheidung über die Indikationsstellung auf Basis klarer Kriterien muss ärztliche Aufgabe sein und bleiben.


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Interessenkonflikte

O. V.: Vortragshonorare und / oder Beratertätigkeit für Medtronic, St. Jude und Boston Scientific; M. B. und F. M.: Studienunterstützung, Vortragshonorare und / oder Beratertätigkeit für Medtronic, St. Jude und Cordis;
S. E.: Vortragshonorare von St. Jude Medical; H. R.: keine; L-C. R.: Vortragshonorare und Beratertätigkeit für Medtronic; R. S.: Vortragshonorare und Beratertätigkeit für Boston Scientific, Kona Medical, Medtronic, Recor, Terumo und Medtronic; M. U.: Vortragshonorare von Medtronic J. W.: Vortragshonorare von Medtronic und ReCor

  • Literatur

  • 1 Mancia G, Fagard R, Narkiewicz K et al. 2013 ESH/ESC Practice Guidelines for the Management of Arterial Hypertension: The Task Force for the Management of Arterial Hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2013; 34: 2159-2219
  • 2 Krum H, Schlaich M, Whitbourn R et al. Catheter-based renal sympathetic denervation for resistant hypertension: a multicentre safety and proof-of-principle cohort study. Lancet 2009; 373: 1275-1281
  • 3 Mahfoud F, Vonend O, Bruck H et al. [Expert consensus statement on interventional renal sympathetic denervation for hypertension treatment]. Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 2418
  • 4 Schmieder RE, Redon J, Grassi G et al. ESH position paper: renal denervation - an interventional therapy of resistant hypertension. J Hypertens 2012; 30: 837-841
  • 5 Mahfoud F, Lüscher TF, Andersson B et al. Expert consensus document from the European Society of Cardiology on catheter-based renal denervation. Eur Heart J 2013; 34: 2149-2157
  • 6 Bhatt DL, Kandzari DE, O‘Neill WW et al. A controlled trial of renal denervation for resistant hypertension. N Engl J Med 2014; 370: 1393-1401
  • 7 Kandzari DE, Bhatt DL, Brar S et al. Predictors of blood pressure response in the Symplicity HTN-3 trial. Eur Heart J 2015; 36: 219-227
  • 8 Böhm M, Hamm CW, Kuck KH et al. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zu der Symplicity HTN-3-Studie bei Patienten mit resistenter arterieller Hypertonie nach renaler Denervation. Kardiologe 2014; 8: 244-245
  • 9 Lüscher TF, Mahfoud F. Renal nerve ablation after SYMPLICITY HTN-3: confused at the higher level?. Eur Heart J 2014; 35: 1706-1711
  • 10 Schmieder RE. Hypertension: How should data from SYMPLICITY HTN-3 be interpreted?. Nat Rev Cardiol 2014; 11: 375-376
  • 11 European Society of Hypertension. ESH Statement on SYMPLICITY HTN-3 Results. www.eshonline.org/asset.axd?id=45225f42-8911-4b76-8c84-99c993be3813&t=635415226410030000 Stand 10.2.2015
  • 12 Kintscher U, Böhm M, Goss F et al. Kommentar zur 2013-ESH/ESC-Leitlinie zum Management der arteriellen Hypertonie. Kardiologe 2014; 8: 223-230

Korrespondenz

Prof. Dr. med. Oliver Vonend
PD Dr. med. Felix Mahfoud
Sprecher der Kommission Interventionelle Hochdrucktherapie
Deutsche Hochdruckliga e. V. DHL®; Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
Berliner Straße 46
69120 Heidelberg

  • Literatur

  • 1 Mancia G, Fagard R, Narkiewicz K et al. 2013 ESH/ESC Practice Guidelines for the Management of Arterial Hypertension: The Task Force for the Management of Arterial Hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2013; 34: 2159-2219
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  • 3 Mahfoud F, Vonend O, Bruck H et al. [Expert consensus statement on interventional renal sympathetic denervation for hypertension treatment]. Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 2418
  • 4 Schmieder RE, Redon J, Grassi G et al. ESH position paper: renal denervation - an interventional therapy of resistant hypertension. J Hypertens 2012; 30: 837-841
  • 5 Mahfoud F, Lüscher TF, Andersson B et al. Expert consensus document from the European Society of Cardiology on catheter-based renal denervation. Eur Heart J 2013; 34: 2149-2157
  • 6 Bhatt DL, Kandzari DE, O‘Neill WW et al. A controlled trial of renal denervation for resistant hypertension. N Engl J Med 2014; 370: 1393-1401
  • 7 Kandzari DE, Bhatt DL, Brar S et al. Predictors of blood pressure response in the Symplicity HTN-3 trial. Eur Heart J 2015; 36: 219-227
  • 8 Böhm M, Hamm CW, Kuck KH et al. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zu der Symplicity HTN-3-Studie bei Patienten mit resistenter arterieller Hypertonie nach renaler Denervation. Kardiologe 2014; 8: 244-245
  • 9 Lüscher TF, Mahfoud F. Renal nerve ablation after SYMPLICITY HTN-3: confused at the higher level?. Eur Heart J 2014; 35: 1706-1711
  • 10 Schmieder RE. Hypertension: How should data from SYMPLICITY HTN-3 be interpreted?. Nat Rev Cardiol 2014; 11: 375-376
  • 11 European Society of Hypertension. ESH Statement on SYMPLICITY HTN-3 Results. www.eshonline.org/asset.axd?id=45225f42-8911-4b76-8c84-99c993be3813&t=635415226410030000 Stand 10.2.2015
  • 12 Kintscher U, Böhm M, Goss F et al. Kommentar zur 2013-ESH/ESC-Leitlinie zum Management der arteriellen Hypertonie. Kardiologe 2014; 8: 223-230