Z Gastroenterol 2017; 55(05): e1-e27
DOI: 10.1055/s-0037-1603063
Kategorie „Grundlagen-orientierte Forschung“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Modulation von Differenzierungs-, Proliferations- sowie HDGF-Genexpressionsverhalten auf mRNA- und Proteinebene in durch siRNA- modifizierten und nicht-modifizierten HT29-Zellen unter Butyrat

H Steinke
1   Klinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Freiburg
2   Universitätsklinikum Würzburg, Med. Klinik und Poliklinik II, Gastroenterologie
,
D Rogoll
2   Universitätsklinikum Würzburg, Med. Klinik und Poliklinik II, Gastroenterologie
,
T Kudlich
2   Universitätsklinikum Würzburg, Med. Klinik und Poliklinik II, Gastroenterologie
,
R Melcher
2   Universitätsklinikum Würzburg, Med. Klinik und Poliklinik II, Gastroenterologie
3   Gemeinschaftspraxis für Gastroenterologie und Innere Medizin, Aschaffenburg
,
M Scheurlen
2   Universitätsklinikum Würzburg, Med. Klinik und Poliklinik II, Gastroenterologie
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Mai 2017 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Etwa jede 7. Krebserkrankung in Deutschland betrifft das Kolon. Eine erhebliche Bedeutung im Hinblick auf die primäre Prävention des kolorektalen Karzinoms (CRC) kommt den Ernährungs- und Lebensgewohnheiten zu. Im Zusammenhang mit protektiven Ernährungsgewohnheiten taucht zunehmend der Begriff der sog. Chemoprävention auf. Bei Chemopräventiva handelt es sich um spezifische Agenzien natürlichen oder chemischen Ursprungs, welche die Karzinogenese unterdrücken, herauszögern oder rückgängig machen sollen. Der kurzkettigen Fettsäure Butyrat, welche als Fermentationsprodukt von über die Ernährung zugeführten Ballaststoffen im Kolon entsteht, wird Bedeutung als ein solches chemopräventives Agens zugesprochen.

    Hepatoma-Derived Growth Factor (HDGF) stellt einen erstmals 1989 durch Nakamura et al. isolierten Wachstumsfaktor dar, dem eine weitreichende Relevanz in verschiedenen physiologischen, wie auch pathophysiologischen Prozessen nachgewiesen werden konnte, unter anderem in der kolorektalen Karzinogenese.

    Fragestellung unserer Arbeit war, sowohl das hdgf-Genexpressionsverhalten als auch das Differenzierungs- und Proliferationsverhalten der humanen Kolonkarzinom-Zelllinie HT29 unter Butyrat zu ananlysieren.

    Methoden:

    Die Etablierung der mock-transfizierten Zelllinie HT29-I-K14 erfolgte mittels Klonierung des Negativkontroll-Plasmidvektors, Amplifikation in E. coli-Bakterien und stabiler Transfektion von HT29-Zellen. Mittels Real-time detection PCR nach dem TaqMan-Prinzip erfolgte die vergleichende Bestimmung der hdgf-Genexpression der Zelllinien HT29-I-K14 sowie der knock-out-Zelllinie HT29-IV-9 und der nicht-modifizierten HT29-Zellen unter Butyrat. Analog erfolgte die Analyse der HDGF-Expression auf Proteinebene über Westernblotting. Aussagen über das Proliferationsverhalten der Zelllinien unter Butyrat wurden durch konventionelle Zellzählung getroffen. Als Marker für das Differenzierungsverhalten unter Butyrat wurde sich der Bestimmung der Aktivität der intestinalen alkalischen Phosphatase (IAP) bedient.

    Ergebnisse und Schlussfolgerung:

    Butyrat reduziert die hdgf-Genexpression in der humanen Kolonkarzinom-Zelllinie HT29. Während es unter Butyrat in nicht-modifizierten HT29-Zellen, sowie den mock-transfizierten HT29-I-K14-Zellen zu einer Redifferenzierung kommt, bleibt diese unter stabilem knock-out von hdgf in der Zelllinie HT29-IV-9 aus.

    Der gleichzeitige Differenzierungsanstieg unter Butyrat legt einen Einfluss der HDGF-Expression auf Differenzierungsvorgänge nahe. Dass die Redifferenzierung unter stabilem knock-out von hdgf unter Butyrat ausbleibt, bestätigt die Bedeutung des Wachstumsfaktors im Konzept der sog. „Non-Oncogene Addiction“. Demnach kommt HDGF in physiologischen Prozessen wie der Differenzierung eine wichtige Bedeutung zu, wobei gleichzeitig Tumoren von der Überexpression des Wachstumsfaktors abhängig sind, ohne dass dieser selbst ein Onkogen darstellt und weder notwendig noch hinreichend für die Transformation ist.

    Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse ergibt sich weitreichende Evidenz dafür, dass die Butyrat-induzierte Modulation verschiedener Zellfunktionen humaner Kolonkarzinom-Zellen durch Einflussnahme auf die HDGF-Expression und -Wirkung zustande kommt. Auf Genebene scheint vor allem die Bedeutung Butyrats als Histon-Deacetylase-Inhibitor (HDACi) denkbar als Erklärung für die Butyrat-induzierte Suppression der hdgf-Genexpression. Dass es unter Butyrat zu eben dieser Suppression kommt, kann als Teil der chemopräventiven Wirkung Butyrats angesehen werden.


    #

    Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.