Aktuelle Urol 2016; 47(06): 440
DOI: 10.1055/s-0036-1597162
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Prostatakarzinom – Fehlentwicklung im Gesundheitswesen

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Publication Date:
29 December 2016 (online)

 

    Mindestens 50 Operationen pro Jahr empfiehlt die deutsche Prostatakrebsleitlinie als Orientierungswert für Zentren, die eine komplette operative Entfernung der Prostata anbieten. Doch die Studie „Robots drive the German radical prostatectomy market” (Prostate Cancer Prostatic Dis 2016, doi 10.1038/PCAN.2016. 34) belegt, dass diese Empfehlung in Deutschland zunehmend ignoriert wird. Immer häufiger nehmen Krankenhäuser diese Radikaloperationen vor, obwohl sie die dafür empfohlene Mindestfallzahl unterschreiten.


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    Im Untersuchungszeitraum von 2006 bis 2013 hat sich der Anteil dieser Krankenhäuser von 49 auf 67% erhöht. Die Dres­dner Urologen fordern deshalb Maßnahmen, um die Patientenversorgung zu zentralisieren. Denn eine Operation in Häusern mit hohen Fallzahlen steigert die Patientensicherheit und führt seltener zu schweren Nebenwirkungen wie Impotenz oder Inkontinenz.

    Die Untersuchung der Klinik für Urologie belegt erstmals, dass sich das deutsche Gesundheitswesen immer weiter von der Leitlinienempfehlung für Radikaloperationen der Prostata entfernt. Studienleiter PD Dr. Huber fasst die Analyse aller 221 000 Eingriffe in Deutschland von 2006 bis 2013 so zusammen: „Statt der gebotenen Zentralisierung der Versorgung werden immer mehr Patienten in Kliniken operiert, die weniger als die empfohlenen 50 Eingriffe pro Jahr vornehmen. Zwischen 2006 und 2013 hat sich der Anteil dieser Patienten von 16 auf 28% fast verdoppelt.“ Das hat beträchtliche Auswirkungen auf die Patientensicherheit und die Versorgungsqualität in Deutschland. Denn es existieren gute Belege dafür, dass die Ergebnisse in erfahreneren Zentren deutlich besser sind. Diese Erkenntnis trifft insbesondere für die Radikaloperation der Prostata bei Prostatakrebs zu. Daher empfiehlt die deutsche Prostatakrebsleitlinie ganz ausdrücklich, dass die komplette Entfernung der Prostata nur in Einrichtungen mit mindestens 50 Operationen pro Jahr erfolgen soll. „Dieses Ziel hat die Leitliniengruppe mit dem höchsten Empfehlungsgrad und auf der Basis von sehr belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen formuliert”, bekräftigt Prof. Manfred Wirth, Direktor der Klinik für Urologie am Uniklinikum und Vorsitzender der für die Leitlinie zuständigen Steuergruppe.

    Nach einer Pressemitteilung (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden)


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