Rofo 2016; 188(10): 980-984
DOI: 10.1055/s-0036-1585616
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Entwicklungen im Bereich der Teilberufsausübungsgemeinschaft für Radiologen

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Publikationsdatum:
27. September 2016 (online)

 

Einführung

Als methodendefiniertes Fachgebiet ist die Radiologie besonders anfällig für Verstöße gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt. Dies beruht überwiegend nicht auf einem initialen Verhalten des Radiologen, sondern ist oftmals dem Umstand geschuldet, dass der Radiologe für seine diagnostische und therapeutische Tätigkeit auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Organfächern angewiesen ist. Diese verstehen die Überweisung der Patienten nach § 13 Abs. 4 BMV-Ä mitunter jedoch nicht als einen notwendigen Schritt in der arbeitsteiligen ärztlichen Zusammenarbeit, der dem Fachgebiet der Radiologie als hinzuzuziehendes Fachgebiet nach der Weiterbildungsordnung innewohnt und unentgeltlich zu erfolgen hat. Vielmehr nehmen manche Fachärzte das Rechtsinstitut der Überweisung zum Anlass, sich an den Einnahmen des Radiologen zu beteiligen.

Daher sehen sowohl § 18 Abs. 1 der (Muster-)Berufsordnung und die entsprechenden Bestimmungen der Berufsordnungen der Landesärztekammern, als auch § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV vor, dass die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, nur dann zulässig ist, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt dient. Eine Umgehung des Zuweisungsverbots liegt insbesondere vor, wenn der Gewinn ohne Grund in der Teilberufsausübungsgemeinschaft (Teil-BAG) in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keinen Leistungsanteil dar. Insofern werden an die Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge einer solchen Berufsausübungsgemeinschaft besondere Anforderungen gestellt, zumal die Ärztekammern und die Zulassungsausschüsse sich diese zur inhaltlichen Überprüfung vorlegen lassen.

In2 aktuellen Entscheidungen hat sich das Bundessozialgericht (BSG) eingehend mit den Anforderungen an den Gesellschaftsvertrag einer Teil-BAG sowie den Anforderungen an die Zusammenarbeit der Ärzte untereinander auseinandergesetzt und die gesetzlichen Vorgaben näher konkretisiert.


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Zulässigkeit einer Teil-BAG unter Beteiligung von Radiologen

Im Vertragsarztrecht war die Gründung einer Teil-BAG früher nur zulässig, sofern diese nicht zur Erbringung „überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern“ gebildet wurde. Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Einschränkung veranlasst, um berufsrechtswidrige „Kick-back-Konstellationen“ zu unterbinden. Dieses Verbot tangierte jedoch nicht die Zulässigkeit der Bildung von Teilgemeinschaftspraxen innerhalb eines methodendefinierten Fachgebiets, z. B. zwischen mehreren Radiologen an verschiedenen Standorten. Ebenfalls zulässig waren bereits nach alter Rechtslage entsprechende Vertragskonstellationen zwischen verschiedenen methodendefinierten Fachgebieten, z. B. zwischen Radiologen und Nuklearmedizinern, da aufgrund des Verbots der Weiterüberweisung durch einen überweisungsabhängigen Vertragsarzt gemäß § 24 BMV-Ä, § 27 EKV die in der Gesetzesbegründung beschriebene Gefahr von „Kick-back-Konstellationen” nicht besteht (eingehend zur alten Rechtslage Wigge, RöFo-Beitrag 10/2006, S. 1041 ff. und 11/2006, S. 1162 ff.).

Demgegenüber war die Regelung im ärztlichen Berufsrecht bereits früher deutlich weiter gefasst. Eine Umgehung des § 31 MBO-Ä lag gemäß § 18 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä (a. F.) insbesondere dann vor, wenn

  1. sich entweder der Beitrag des Arzts auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teilgemeinschaftspraxis beschränkte (1. Alternative) oder

  2. der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, der nicht dem Anteil der von ihnen persönlich erbrachten Leistungen entspricht (2. Alternative).

Demzufolge war eine Teil-BAG unter Beteiligung eines methodendefinierten Fachgebiets in berufsrechtlicher Hinsicht schon bereits bisher zulässig.

Im Zuge des GKV-VStG vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 283) wurde das in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV enthaltene Verbot einer Teil-BAG mit überweisungsabhängigen Fachgebieten im Vertragsarztrecht aufgehoben und stattdessen eine Regelung aufgenommen, wie sie wortgleich (bereits) in § 18 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä a. F. enthalten war. Seitdem ist auch in der vertragsärztlichen Versorgung die Gründung einer Teil-BAG zwischen überweisungsabhängigen und überweisungsberechtigten Fachärzten grundsätzlich zulässig.

Die ebenfalls im Rahmen des GKV-VStG eingefügte Vorschrift in § 73 Abs. 7 S. 1 SGB V gestattet es Vertragsärzten nicht, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Der nach § 73 Abs. 7 S. 2 SGB V entsprechend anzuwendende § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V rechnet den unzulässigen Zuwendungen auch „Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen“, zu. Daher ist eine Teil-BAG nicht genehmigungsfähig, in der therapeutisch tätige Ärzte und Radiologen zusammengeschlossen sind und die therapeutisch tätigen Ärzte dem Radiologen in maßgeblichem Umfang Untersuchungsleistungen zuweisen, ohne dass diese selbst an der Erbringung dieser Leistungen beteiligt sind.

Mit Urteil vom 15.5.2014 hat der Bundesgerichtshof (BGH) indes entschieden, dass die Regelung nach § 18 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 der ärztlichen Berufsordnung, der zufolge „sich der Beitrag [des überweisungsabhängigen Facharzts] nicht allein auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der zuweisungsberechtigten Mitgesellschafter beschränken darf“, mit dem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit des betreffenden Arzts nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar und daher nichtig ist (siehe dazu Wigge / Broß, RöFo-Beitrag 10/2014, S. 975 ff.). Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass die Berufsordnung eine Umgehung des § 31 MBO-Ä mit der Folge eines Verbots einer Teilgemeinschaftspraxis auch in den Fällen fingiere, in denen eine unerlaubte Zuweisung nach den erkennbaren Umständen nicht vorliege. Zudem seien, so der BGH in seiner Urteilsbegründung weiter, die in § 18 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä normierte Vorgabe zur Gewinnverteilung sowie die in Satz 4 enthaltene Regelung betreffend den zu erbringenden Leistungsanteil geeignet, das Verbot der unerlaubten Zuweisung (§ 31 MBO-Ä) durchzusetzen.

Keine Aussage hat das Gericht demgegenüber zu der gleichlautenden Bestimmung in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV getroffen. Daher stellt sich die Frage, ob dieses Verbot im Vertragsarztrecht auch nach der Entscheidung des BGH weiterhin Gültigkeit hat. Insofern stellt sich die Frage, ob die Besonderheiten des Vertragsarztrechts eine abweichende Beurteilung erfordern. Zum einen lässt sich argumentieren, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V), dessen Wahrung von § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV ebenfalls bezweckt wird, nicht umgegangen werden darf. Demzufolge ist der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betreffenden Ärzte zulässig, da nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Wirtschaftlichkeit der Versorgung im Interesse der Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung einen hinreichenden Rechtfertigungsgrund für entsprechende Eingriffe in die Berufsfreiheit darstellt. Anknüpfend an das Wirtschaftlichkeitsgebot sichert die Regelung zum anderen den Überweisungsvorbehalt bei methodendefinierten Fächern (§§ 13 Abs. 4, 24 BMV-Ä) ab. Dieser dient seinerseits der Transformation der Beschränkungen des allgemeinen Berufsrechts in das Vertragsarztrecht, mithin der grundsätzlichen Beschränkungen der Berufstätigkeit des Facharzts auf sein Fachgebiet, der Verhinderung medizinisch nicht indizierter Mengenausweitung sowie der Verhinderung der Mehrfachinanspruchnahme von Fachärzten. Aus diesen Gründen erscheint es zumindest nicht abwegig, dass im Vertragsarztrecht eine abweichende Regelung gilt. Demgemäß ist in der vertragsärztlichen Versorgung die Gründung einer Teil-BAG zwischen überweisungsabhängigen und überweisungsberechtigten Fachärzten unzulässig, wenn sich der Beitrag allein auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der zuweisungsberechtigten Mitgesellschafter beschränkt.


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Zulässiger Gewinnverteilungsschlüssel in der Teil-BAG

Da § 18 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 BO BW in seinem Wortlaut identisch mit § 18 MBO-Ä ist, wurde im Rahmen des 118. Deutschen Ärztetags 2015 in Frankfurt a. M. beschlossen, diese Einschränkung im Berufsrecht ersatzlos zu streichen. Damit besteht im ärztlichen Berufsrecht lediglich die Unrechtsvermutung der 2. Alternative fort (nunmehr § 18 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä). Demzufolge ist im Gesellschaftsvertrag nur die Vereinbarung eines Gewinnverteilungsschlüssels zulässig, der den auszuschüttenden Gewinn in Relation zu den persönlich erbrachten Leistungen bzw. Leistungsanteilen bemisst. Zu beachten ist, dass sich der Leistungsanteil nicht zwingend auf ärztliche Leistungen beziehen muss. Vielmehr ist unter ärztlicher Berufsausübung jede Tätigkeit von Ärzten zu verstehen, bei der ärztliche Fachkenntnisse eingesetzt oder mit verwendet werden können. Dies können neben kurativen Tätigkeiten auch nicht kurative Tätigkeiten wie beispielsweise die Befundung und Beratung sein.

Abweichungen von einer leistungsadäquaten Gewinnverteilung können nur getroffen werden, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Denn die pauschale oder prozentuale Gewinnbeteiligung an den Leistungen der übrigen Kollegen birgt die Gefahr, dass sich der begünstigte Arzt bei der Entscheidung, ob er den Patienten an einen anderen Gesellschafter verweist, nicht mehr ausschließlich an dem Patientenwohl sondern auch an dem wirtschaftlichen Vorteil orientiert. Zu beachten ist, dass § 18 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä ebenso wenig wie § 31 MBO-Ä keine Bagatellgrenze vorsieht. Bei der Teil-BAG besteht somit das Erfordernis, den Wert des durch den potentiellen Zuweiser erbrachten Leistungsanteils ins Verhältnis zum Wert der Gesamtleistung zu setzen. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf die mit der Arbeitsleistung erzielten Einnahmen. Verzichtet der zuweisungsabhängige Mitgesellschafter hingegen ohne sachlichen Grund auf seinen Gewinnanteil oder erhält der zuweisende Gesellschafter unabhängig vom wirtschaftlichen Gesamtergebnis einen festen prozentualen Anteil aufgrund der Patientenzuführung als Gewinn, spiegelt die Gewinnverteilung den eigenen Leistungsbeitrag nicht mehr in zulässiger Weise wieder. Ein reines Gewinnpooling ist deswegen ebenfalls unzulässig.


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Konkretisierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das BSG

Das BSG hat in 2 Entscheidungen (BSG, Urt. v. 25.3.2015, Az.: B 6 KA 24/14 R; Urt. v. 25.3.2015, Az.: B 6 KA 21/14 R) die Anforderungen an die Ausgestaltung einer Teil-BAG nach § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV näher konkretisiert. Die beiden Urteile sind auch für das Fachgebiet der Radiologie von Bedeutung, da sich die Erwägungen übertragen lassen.

Sachverhalte

In dem 1. Verfahren stand die Genehmigung einer (überörtlichen) Teil-BAG zwischen einem konservativ tätigen Augenarzt und 2 ophtalmologischen Kataraktoperateuren in Streit. Gemäß dem Gesellschaftsvertrag sollte der konservativ tätige Augenarzt seine Praxis unverändert in E. weiterführen. Die ophtalmologischen Operateure, die ihre eigene Praxis in Sch. hatten, sollten die präoperative Diagnostik, die Operationen sowie die Nachsorge ebenfalls in den Räumlichkeiten in E. durchführen. Ihre Tätigkeit an von dem konservativ tätigen Augenarzt zugewiesenen Patienten unterschied sich mit Ausnahme des Tätigkeitsorts nicht von der zuvor gelebten Überweisungspraxis. Gleichwohl waren alle Gesellschafter paritätisch am Betriebsergebnis beteiligt.

In einer 2. Entscheidung desselben Tages stand ebenfalls die Genehmigung einer (überörtlichen) Teil-BAG zwischen einer Ärztin, die überwiegend diabetologische Leistungen erbringt, und einem Arzt, der vorwiegend außerhalb der Diabetologie hausärztlich tätig ist, in Streit. Sie beabsichtigten, sich zum Zwecke der diabetologischen Versorgung inklusive Fußambulanz zusammenzuschließen. Der Gewinn der Gesellschaft sollte nach der „Leistungserbringerkennzeichnung in der Praxissoftware“ verteilt werden.


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Umfang des Leistungsspektrums

Im 1. Fall versagte das BSG die Zulassung des Kooperationsmodells, weil dieses nicht den Anforderungen des § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV entsprechend auf „einzelne Leistungen“ bezogen ist, sodass bereits terminologisch keine Teil-BAG vorliegt. Genehmigungsfähig sind danach nur Kooperationen, in denen jeder beteiligte Leistungserbringer einen Teil seines Leistungsangebots in die Teil-BAG einbringt und im Übrigen seine vertragsärztliche Tätigkeit weiter eigenständig und unabhängig ausübt. Im vorliegenden Fall beabsichtigte der konservativ tätige Augenarzt hingegen seine gesamte Praxis, d. h. sein gesamtes Leistungsspektrum einzubringen. Dies widerspricht jedoch dem Wesen einer Teil-BAG, welches gerade darin liegt, dass nicht der gesamte Tätigkeitsbereich der beteiligten Ärzte zum Gegenstand der gemeinsamen Berufsausübung gemacht wird, sondern sich diese Kooperation auf die Erbringung „einzelner Leistungen“ beschränkt. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2474, S. 31) kann dieser „Mangel“ auch nicht dadurch geheilt werden, dass andere beteiligte Ärzte nur einen Teil ihres Leistungsspektrums in die Teil-BAG einbringen. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass neben der Teil-BAG noch jeweils eine (Rest-) Einzelpraxis bestehen bleiben muss („neben ihren weiterhin bestehenden Einzelpraxen“).

Weiterhin deutet die überdurchschnittliche Gewinnbeteiligung des konservativ tätigen Augenarzts an den deutlich besser bewerteten operativen Leistungen bei von ihm ursprünglich behandelten Patienten daraufhin, dass es sich um eine unzulässige Zuwendung gegen Entgelt handelte. Dieser Frage konnte das Gericht indes nicht weiter nachgehen, da die Angaben der Ärzte zu den vertraglichen Abreden, insbesondere zur Gewinnermittlung und -verteilung unklar und zum Teil widersprüchlich waren. Es hob deswegen noch einmal hervor, dass durch vertragliche Abreden sichergestellt sein muss, wie die Zusammenarbeit konkret ausgestaltet werden soll und dass der Gewinn leistungsabhängig verteilt werden muss. Die Ärzte dürfen am Gesamtergebnis (nur) in dem Verhältnis beteiligt werden, in welchem der Wert der von ihnen erbrachten Leistungen zum Wert der Gesamtleistung steht.

In der 2. Entscheidung sah das Gericht die Teil-BAG als zulässig an. Der Genehmigung stand nicht entgegen, dass sich der Tätigkeitsbereich auf alle diabetologischen Leistungen der beteiligten Ärzte erstreckte, mithin ein vollständiger Leistungskomplex vergesellschaftet werden sollte. Mit Blick auf die zuvor genannte Entscheidung ist eine Abgrenzung zur unzulässigen „asymmetrischen“ Teil-BAG, bei der ein Vertragsarzt seine gesamte ärztliche Tätigkeit einbringt, erforderlich. Nach Meinung des BSG ist diese Abgrenzung vom Versorgungsauftrag bzw. von der Behandlungsausrichtung her vorzunehmen. Leistungen, die zur Behandlung bestimmter, im Vertrag der an der Kooperation beteiligten Ärzte beschriebener Krankheitsbilder erforderlich sind, können in einer Teil-BAG vergesellschaftet werden. Die in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV geforderte Zusammenarbeit bei „einzelnen Leistungen“ schließt es demzufolge nicht aus, dass – über eine Mehrzahl von Leistungen hinaus – auch abgrenzbare Leistungskomplexe erfasst sein können, bei denen mehrere Gebührenordnungspositionen des EBM-Ä erfüllt sind. Dieses Merkmal ist auch dann gewahrt, wenn sich die Kooperation auf Leistungsinhalte bezieht, die dem Inhalt einer Zusatzweiterbildung entsprechen (z. B. pädiatrische Radiologie). Jedoch ist zu beachten, dass die Leistungen nicht mit dem Angebot identisch sein dürfen, welches die beteiligten Ärzte in ihrer Hauptpraxis erbringen. Folglich dürfte eine Teil-BAG, in die ein Vertragsarzt alle zu seiner Schwerpunktbezeichnung gehörenden Leistungen einbringt, in der Regel unzulässig sein, weil jenseits seines Schwerpunkts kein maßgeblicher vertragsarztrechtlicher Leistungsanteil verbleibt.


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Bedürfnis einer gemeinschaftlichen Patientenversorgung

Nach § 15a Abs. 5 S. 2 BMV-Ä soll eine Teil-BAG nur zulässig sein, wenn das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte erforderlich ist, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung der in der Teil-BAG zusammengeschlossenen Ärzte bedürfen, und die Ärzte gemeinschaftlich im Rahmen der Bestimmungen zur Präsenzpflicht am jeweiligen Vertragsarztsitz zur Verfügung stehen. In der Literatur wurde bereits eingewandt, dass es an einer gesetzlichen Grundlage fehle, welche die Bundesmantelvertragspartner zum Erlass dieser Regelung ermächtige (Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 Rn. 60). Dieser Kritik hat sich das BSG angeschlossen und in beiden Entscheidungen festgestellt, dass § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV keine Grundlage für eine positive Erforderlichkeitsprognose bietet, aufgrund dessen § 15a Abs. 5 S. 2 BMV-Ä, der ein solches Erfordernis aufstellt, mit höherrangigem Recht nicht zu vereinen und damit unwirksam ist. Die Bundesmantelvertragspartner sind nicht berechtigt, über § 33 Abs. 2 S. 3 bis 5 Ärzte-ZV hinausgehende Anforderungen an die Bildung einer Teil-BAG zu stellen. Daher ist das prinzipielle Erfordernis, dass die Ärzte „gemeinschaftlich […] zur Verfügung“ stehen müssen, ebenfalls abzulehnen, da auch eine überörtliche Teil-BAG zulässig ist. Diese Anforderung gilt nur dort, wo ein medizinisches Bedürfnis nach gemeinsamer Versorgung und einem gemeinschaftlichen – d. h. gleichzeitigen – Zur-Verfügung-Stehen der in der Teil-BAG zusammengeschlossenen Ärzte, besteht.


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Anforderungen an die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags

Aufgrund der zentralen Bedeutung bezog das Gericht schließlich zur Vertragsgestaltung Stellung. Der Gesellschaftsvertrag muss inhaltlich so klar und deutlich ausgestaltet werden, dass er ohne weiteres erkennen lässt, welchen Zwecken die Teil-BAG dienen soll, und dass sie den Zulassungsgremien ohne weiteres die Prüfung ermöglichen, dass eine Umgehung des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt ausgeschlossen ist. Feststehen müssen jedenfalls die Grundstrukturen der Teil-BAG. Nachträgliche Präzisierungen des Vertragsinhalts zur Beseitigung von Unklarheiten sind dagegen noch in einem gerichtlichen Verfahren zulässig; grundlegende und strukturelle Änderungen des gesellschaftsrechtlichen Konzepts bewirken hingegen keine Heilung. Im Übrigen ist es erforderlich, dass das Leistungsspektrum im Gesellschaftsvertrag konkretisiert wird, da die Definition der „einzelnen Leistungen“ eine sach- und nicht orts- oder personenbezogene gemeinsame Behandlung betrifft. Daher muss bereits dem Gesellschaftsvertrag zu entnehmen sein, welche durch die Gebührenziffern des EBM-Ä konkretisierten Leistungen im Einzelnen Gegenstand der Teil-BAG sein sollen. Es genügt allerdings, wenn die umfassten Leistungen abstrakt umschrieben werden; einer Angabe der einzelnen Leistungen bzw. Gebührenpositionen des EBM-Ä bedarf es daher im Regelfall nicht. Sofern der Vertrag über die Gründung einer Teil-BAG nicht den dargestellten Anforderungen genügt, wies das BSG abschließend daraufhin, dass diesbezügliche Unklarheiten zu Lasten der antragsstellenden Ärzte gehen.

Eine (zulässige) Teil-BAG unter Beteiligung eines Radiologen muss daher folgenden Anforderungen genügen:

  • Es bedarf einer Zusammenarbeit der Ärzte i. S. e. Schnittmenge der verschiedenen ärztlichen Tätigkeiten und Fähigkeiten. Diese Zusammenarbeit muss vertraglich fixiert und konkret bezeichnet werden. Ob eine Umgehung des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt vorliegt, ist durch eine Kontrollfrage zu klären. Sofern sich der Patient auch mittels einer schlichten Behandlung weiter versorgen ließe, liegt keine zulässige Teil-BAG vor.

  • Die in § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV geforderte Zusammenarbeit bei „einzelnen Leistungen“ schließt es nicht aus, dass – über eine Mehrzahl von Leistungen hinaus – auch abgrenzbare Leistungskomplexe erfasst sein können, bei denen mehrere Gebührenordnungspositionen des EBM-Ä erfüllt sind (z. B. MRT- und CT-Leistungen nach EBM, nicht jedoch gesamter Schwerpunkt, wie kinderradiologische Leistungen). Folglich müsste auch möglich sein, dass ein Radiologe und ein Kardiologe eine Teil-BAG hinsichtlich des Kardio-MRT gründen, sofern die sonstigen radiologischen und kardiologischen Tätigkeiten nicht vergesellschaftet werden.

  • Vertragsarztrechtlich zulässig ist die gemeinsame Erbringung von radiologischen Leistungen durch Radiologen und therapeutisch tätigen Ärzten (z. B. Orthopäden, Kardiologen) auf Veranlassung anderer Ärzte in einer Teil-BAG.

  • Die gemeinsame Leistungserbringung setzt nicht voraus, dass der Kardiologe oder Orthopäde über eine Röntgenfachkunde oder im Bereich der MRT über eine fachgebundene Zusatzweiterbildung verfügen, da die Qualifikationsvoraussetzungen nach § 135 Abs. 2 SGB V von dem Radiologen nachgewiesen werden (anders bei ausschließlicher Leistungserbringung durch den Kardiologen, vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2014, Az.: B 6 KA 24/13 R, MedR 2015, 55).

  • Soweit die Entscheidung über die rechtfertigende Indikation zum Röntgen gemeinsam getroffen werden soll, ist Voraussetzung, dass die Orthopäden oder Kardiologen tatsächlich in die Räumlichkeiten der Teil-BAG kommen, um dort zusammen mit dem Radiologen die Patienten zu untersuchen. Die gemeinsame Befundung kann hingegen auch teleradiologisch erfolgen.

  • Aufgrund der Tatsache, dass die fachlichen Anforderungen zur Abrechenbarkeit der radiologischen Leistungen in einer Teil-BAG überwiegend seitens des Radiologen erfüllt werden, ist eine Gewinnverteilung von mindestens 60 bis 70% zugunsten des Radiologen angemessen und erforderlich.


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Strafbarkeitsrisiken gemäß §§ 299 a ff. StGB

Somit stellt sich abschließend die Frage nach den strafrechtlichen Konsequenzen im Falle eines Verstoßes gegen die berufs- und vertragsarztrechtlichen Vorgaben. Gem. § 299 b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen) ist strafbar, „wer einem [approbierten Arzt], im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er […] bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt.“ Spiegelbildlich zu § 299 b StGB sieht § 299 a StGB die Strafbarkeit der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen des Heilberufsangehörigen vor.

Das bloße Vorliegen eines Vorteils genügt mithin nicht für die Strafwürdigkeit eines Verhaltens. Stattdessen muss eine sog. Unrechtsvereinbarung zwischen überweisendem Arzt und Radiologen hinzutreten. Das bedeutet, dass sich der Vorteil (z. B. in Form einer überhöhten Gewinnbeteiligung) gerade auf die Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial beziehen muss. Erforderlich ist insoweit eine Konnexitätsbeziehung. Unter dem Zuweisungsbegriff ist entsprechend dem sozial- und berufsrechtlichen Zuweisungsbegriff der § 73 Abs. 7 SGB V und § 31 MBO-Ä jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht zu verstehen, dessen Auswahl eines Arzts oder anderer Leistungserbringer zu beeinflussen. Erfasst werden demgemäß Zuweisungen und Überweisungen sowie Verweisungen und Empfehlungen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll mit der Verwendung des Begriffes Zuführung – anstelle von „Zuweisung“ – deutlich gemacht werden, dass die Form der Einwirkung auf den Patienten unerheblich ist. Folglich werden auch mündliche und unverbindliche Empfehlungen erfasst. Da es sich bei den §§ 299 a, b StGB um abstrakte Gefährdungsdelikte handelt, muss weder der Vorteil eintreten noch muss es tatsächlich zu einer Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial kommen. Weiterhin muss die unlautere Bevorzugung des Vorteilsgebers im Wettbewerb zumindest angestrebt werden. Unlauter ist eine Bevorzugung, die geeignet ist, Mitbewerber durch Umgehung der Regeln des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen. Die Unlauterkeit ist bereits dann zu bejahen, wenn die Bevorzugung nicht auf ausschließlich sachlichen Erwägungen beruht, sondern zumindest auch durch die Vorteilsgewährung geleitet ist.

Wie die Gesetzeshistorie belegt, führt allein der Verstoß gegen die ärztlichen Berufspflichten für sich genommen nicht zu einer Strafbarkeit nach §§ 299 a, b StGB. Allerdings könnte einem Verstoß gegen § 31 MBO-Ä eine Indizwirkung in zweifacher Hinsicht zukommen. Zum einen kann einem Berufsrechtsverstoß eine Indizwirkung für eine Unrechtsvereinbarung zugesprochen werden. Zwar wurden Berufsrechtsverstößen in der Ermittlungspraxis zu § 299 StGB (Bestechung im geschäftlichen Verkehr) in der Vergangenheit kein übermäßiges Gewicht beigemessen. Es bestehen aber erhebliche Unsicherheiten, ob diese Praxis in Bezug auf §§ 299 a, b StGB fortgesetzt wird. Zum anderen lässt sich aus einem Berufsrechtsverstoß eine Indizwirkung für das Vorliegen der Unlauterkeit ableiten. Zur genaueren Bestimmung des Begriffs der Unlauterkeit kann auf die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abgestellt werden. Gem. § 3 a UWG handelt unlauter, „wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.“ Ob § 31 MBO-Ä eine solche Marktverhaltensregel darstellt, muss durch Auslegung ermittelt werden. Neben der Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit sowie der Patientenwahlfreiheit soll die Norm verhindern, dass sich Ärzte durch Vorteilsgewährung ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Berufskollegen verschaffen. Demzufolge stellt § 31 MBO-Ä eine Regelung des Marktverhaltens dar, sodass seine Verletzung einen Verstoß gegen § 3 a UWG begründet und das Verhalten daher als unlauter i. S. d. §§ 299 a, b StGB zu bewerten ist.

Ein vergleichbares Bild zeigt sich bzgl. des Vertragsarztrechts. Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 7 SGB V begründet eo ipso keine Strafbarkeit gem. §§ 299 a, b StGB. Jedoch stellt eine Zuwiderhandlung wiederum ein starkes Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung und schließlich das Vorliegen eines unlauteren Handelns dar.


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Fazit

Durch die beiden Entscheidungen des BSG vom 25.3.2015 wurden die Anforderungen, in welchen Fallkonstellationen eine Teil-BAG genehmigungsfähig ist, konkretisiert. Das BSG fordert eine größtmögliche Transparenz bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags. Da verbleibende Zweifel zu Lasten des Vertragsarzts ausgelegt werden, bergen „weiche“ Formulierungen das Risiko, dass sie gerichtlich keinen Bestand haben. Es schließt sich daher die Frage an, inwieweit ein Regressrisiko besteht, wenn der Zulassungsausschuss nach Vorlage des Gesellschaftsvertrags die Teil-BAG genehmigt hat, ihr im Rahmen eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens aber die Genehmigungsfähigkeit abgesprochen wird. Ob in dieser Fallkonstellation die Honorarnachteile nur für die Zukunft zu befürchten sind, muss angesichts der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 23.6.2010, Az.: B 6 KA 7/09 R, MedR 2011, 298) kritisch gesehen werden. Als Fazit ist somit festzuhalten, dass nicht nur die Formulierung des Gesellschaftszwecks und der in der Teil-BAG zu erbringenden Leistungen im Gesellschaftsvertrag besonders sorgfältig erfolgen muss, sondern auch bei der Verteilung des Ergebnisses Augenmaß geboten ist.

In Zukunft wird man außerdem berücksichtigen müssen, dass derartige Fallgestaltungen im Lichte der neuen Tatbestände §§ 299 a und b StGB geprüft werden können. Indessen lassen sich die strafrechtlichen Grenzen gegenwärtig nicht rechtsverbindlich bestimmen. Rechtssicherheit wird vielmehr sukzessiv im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung und Handhabungspraxis der Strafverfolgungsbehörden entstehen. Das Risiko, dass die Staatsanwaltschaft im Falle eines Verstoßes gegen die berufs- und vertragsarztrechtlichen Vorgaben einen Anfangsverdacht annehmen und Ermittlungen einleiten könnte, ist allerdings als relativ hoch einzuschätzen. Erfolgt hingegen die Anerkennung der Teil-BAG durch die Ärztekammern bzw. die Genehmigung durch den Zulassungsausschuss, ist damit grundsätzlich ein Verstoß gegen §§ 299 a, b StGB ausgeschlossen. Voraussetzung ist aber selbstredend, dass die Gesellschaft in der Praxis auch so gelebt wird, wie sie im Gesellschaftsvertrag niedergelegt ist. Vor „Schubladenverträgen“ ist mit Nachdruck abzuraten. Bei sog. Altverträgen, die noch nicht in Einklang mit den rechtlichen Vorgaben stehen, empfiehlt sich eine kritische Überprüfung und ggf. Anpassung nach Maßgabe der geänderten Rahmenbedingungen.

Prof. Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht

Jan Harald Schütz, Wiss. Mitarbeiter

Rechtsanwälte Wigge
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