Aktuelle Urol 2016; 47(04): 282-283
DOI: 10.1055/s-0036-1582389
Referiert und kommentiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rezidivierende Urethrastrikturen - Verfahren bei Revisionseingriffen

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Publication Date:
08 August 2016 (online)

 

Die Angaben zur Prävalenz von Urethrastrikturen schwanken deutlich und liegen zwischen 229 und 627/100 000 Männer. Eine der wirksamsten Interventionen bei kurzen Stenosen der bulbären Harnröhre stellt die Exzision der Striktur mit anschließender End-zu-End-Anastomosierung dar. Inwieweit dieses Vorgehen auch bei Revisionseingriffen erfolgreich ist, haben Siegel et al. untersucht.
J Urol 2015; 194: 1316–1322


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mit Kommentar

Bei kurzstreckigen Strikturen der bulbären Urethra stellt die Exzision der Striktur mit unmittelbar anschließender spannungsfreier End-zu-End-Anastomosierung auch bei Rezidiven ein wirksames Verfahren dar. Zu diesem Ergebnis kommen die Mediziner aus Dallas, die Daten ihrer Klinik für die Jahre 2007 bis 2014 retrospektiv beurteilt haben.

Insgesamt 305 Männer wurden in die Auswertung aufgenommen. Die Eingriffe umfassten

  • Gruppe 1: eine erstmalige End-zu-End-Anastomosierung eines Erstbefunds mit gutem Erfolg bei 268 Männern (88%)

  • Gruppe 2: eine End-zu-End-Anastomosierung als Revisionseingriff bei 37 Männern (12%), davon

    • Gruppe 2a: eine wiederholte End-zu-End-Anastomosierung nach vorheriger End-zu-End-Anastomosierung bei 19 Männern

    • Gruppe 2b: eine sekundäre End-zu-End-Anastomosierung nach vorheriger anderweitiger Striktur­operation bei 18 Männern

Zwei Drittel der Männer in Gruppe 2a waren primär außerhalb des Zentrums der Autoren behandelt worden, im Median 13 Monate vor dem Auftreten des Rezidivs. In Gruppe 2b waren als Primäreingriffe eine einzeitige Plastik mit Gewebetransfer (n = 10, in jeweils 5 Fällen von Penishaut und Wangenschleimhaut), eine zweizeitige Plastik mit Transfer von Wangenschleimhaut (n = 2) oder mit Hautlappen (n = 3) erfolgt. Bei 3 Patienten war die Art des Voreingriffs nicht bekannt.

Die Autoren beurteilten die Erfolgsrate in den 3 Gruppen, definiert als Freiheit von weiteren Eingriffen, und verglichen dabei Revisionseingriffe mit Ersteingriffen.

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Urethrastriktur vor End-zu-End-Anastomose (retro- und antegrade Darstellung). (Bild: Kocot A, Spahn M, Riedmiller H. Komplikationen bei der Harnröhrenchirurgie. In: Anheuser P, Steffens J. Risiken und Komplikationen in der Urologie. Stuttgart: Thieme; 2012)

Im Hinblick auf demografische Faktoren, Body Mass Index und Begleiterkrankungen waren die 3 Gruppen vergleichbar, Ähnliches galt für die Länge der Striktur (2,0 cm in Gruppe 1, 2,1 cm in Gruppe 2a und 2,3 cm in Gruppe 2b). Die Erfolgsraten betrugen über eine mittlere Nachbeobachtungszeit von 30 Monaten

  • 94% in Gruppe 1
    (251 von 268 Männern)

  • 95% in Gruppe 2a
    (18 von 19 Männern) und

  • 94% in Gruppe 2b
    (17 von 18 Männern).

Komplikationen wurden nicht beschrieben, insbesondere traten keine Penisdeviationen auf.

Fazit

Auch als Zweiteingriff kann eine End-zu-End-Anastomosierung bei kurzen bulbären Harnröhrenstrikturen zu guten Erfolgen führen, fassen Siegel et al. zusammen. Die Autoren gehen sogar noch weiter und meinen, dass auch längere Strikturen (> 2–2,5 cm) möglicherweise mit dieser Technik behandelt werden könnten – in der beschriebenen Serie betrug die längste Struktur 3,5 cm (in Gruppe 2a). Allerdings wurden alle hier ausgewerteten Eingriffe von einem einzigen Urologen durchgeführt, sodass die Ergebnisse nicht verallgemeinert werden können.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim

Kommentar

Gute Erfolgsrate für wiederholte End-zu-End-Anastomose

Die Arbeitsgruppe um Allen Morey untersuchte das Ergebnis initialer, sekundärer und wiederholter End-zu-End-Anastomosen bei bulbären Harnröhrenstrikturen. Von insgesamt 898 Harnröhrenrekonstruktionen zwischen 2007 und 2014 wurden 305 Patienten mit einer End-zu-End-Harnröhrenrekonstruktion bei bulbärer Striktur versorgt, diese wurden in einer prospektiv geführten Datenbank identifiziert. Patienten mit Lichen sclerosus, Bestrahlung, Beckenfrakturen, distalen Strikturen und / oder Hypospadien wurden von der Auswertung ausgeschlossen.

In 268 Fällen (88%) handelte es sich hierbei um die initiale Operation, in 37 Fällen (12%) um Rezidiv-Operationen. Von den 37 Patienten mit Rezidiv-Rekonstruktion erhielten 19 (51%) eine erneute End-zu-End-Anastomose, 18 (49%) eine sekundäre End-zu-End-Harnröhrenrekonstruktion nach vorhergegangener anderer Form der Rekonstruktion. Die vorangegangenen Rekonstruktionen umfassten Haut-Flaps und ein- und zweizeitige Mundschleimhaut-Urethroplastiken.

Die Erfolgsrate der wiederholten End-zu-End-Anastomose lag bei 95% (18 von 19 Patienten) und war damit vergleichbar der initialen End-zu-End-Anastomose (251 von 168 Patienten, 94%) wie auch der sekundären End-zu-End-Harnröhrenrekonstruktion (17 von 18 Patienten, 94%; p = 0,975). Die mediane Strikturlänge war ähnlich in allen Gruppen (2,1 cm, 2,0 cm und 2,3 cm) und das Follow-up lag im Median bei 41,5 Monaten (Range 6–90) und bei einem mittleren Follow-up über 30 Monate in allen Gruppen.

Zusammenfassend wird von einer guten Erfolgsrate für die wiederholte End-zu-End-Anastomose berichtet, vergleichbar der der initialen oder sekundären End-zu-End-Harnröhrenrekonstruktion.

Die Frage der Erfolgsrate von Harnröhrenrekonstruktionen beim Striktur-Rezidiv nach verschiedenen Formen der Vorbehandlung ist Gegenstand einiger früherer Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen. Für Harnröhrenrekonstruktionen nach Urethrotomie berichten Hudak et al. [1] in einer Untersuchung von Harnröhrenplastiken bei 101 Patienten, von denen 50 keine oder eine Urethrotomie erhalten hatten und 51 Patienten ≥ 2, eine größere Komplexität der Strikturen nach mehrfacher Urethrotomie. Breyer et al. [2] beschreiben in einer Kohorte von 443 Pa- tienten ein erhöhtes Strikturrezidivrisiko durch vorherige Urethrotomien bei anschließender Harnröhrenplastik.

Für bulbäre Harnröhrenrekonstruktionen mit Mundschleimhaut bei Striktur-Rezidiv nach offener Harnröhrenrekonstruktion berichten Pansadoro et al. [3] eine Erfolgsrate von 90% bei einem medianen Follow-up von 41 Monaten. Ähnliches konnten wir an einem eigenen Patientenkollektiv für die offene Rekonstruktion bei Striktur-Rezidiven zeigen [4], bei dem 33 Patienten mit Rezidiv-Striktur nach offener Rekonstruktion nachuntersucht wurden. Die Patienten wurden mittels eines standardisierten Fragebogens bestehend aus Fragen zu Voroperationen, Erfolgsraten und Komplikationen sowie dem IIEF- und dem J-PROM-Fragebogen (International Index of Erectile Function und Jackson patient-reported outcome measure [5]) evaluiert. Hier zeigte sich eine Erfolgsrate von 88,2% (15/17 Patienten) für bulbäre und von 68,8% (11/16 Patienten) für penile Strikturen. Die Erfolgsrate liegt damit etwas unter der der primären Operation, wenngleich sie immer noch hoch ist. Blaschko et al. [6] berichten von einer Langzeit-Erfolgsrate von 78% (102/130 Patienten) für Harnröhrenplastiken nach erfolgloser offener Rekonstruktion (medianes Follow-up 55 Monate, Range 6 Monate bis 20,75 Jahre).

Die Striktur-Resektion mit spannungsfreier Anastomose wird zwar seit längerem auch für Rezidiv-Operationen diskutiert [7], bisher gibt es jedoch keine Studie, die die Erfolgsraten der initialen, der sekundären und der wiederholten End-zu-End-Anastomose an einer größeren Patientenzahl miteinander vergleicht.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Studie sehr interessant, da sie am bisher größten Kollektiv in einer definierten Lokalisation (bulbäre Strikturen) die Ergebnisse für eine End-zu-End-Rekonstruktion untersucht. Ausgespart bleiben Fragen zum funktionellen Ergebnis. So liegen weder Daten zu erektiler Dysfunktion, noch zu Veränderungen der Ejakulationsfunktion oder der Kontinenz vor. Lediglich zur Penisdeviation liegen Ergebnisse vor, hier wurden trotz der teils beträchtlichen Strikturlänge (bis zu 5,0 cm in der Gruppe der initialen End-zu-End-Anastomose) im Follow-up keine Verkrümmungen beobachtet.

An unsere Leser

Die Bedeutung der Arbeit liegt vor allem darin, dass sie die Möglichkeit der erneuten Striktur-Resektion und Anastomose unterstreicht. Bei bulbären Rezidivoperationen lässt sich so häufig eine Substitutions-Urethroplastik umgehen, deren Erfolgsrate etwas niedriger ist als die der End-zu-End-Harnröhrenrekonstruktion. Die Frage der Auswirkung der Rezidiv-Operation auf Erektionen, Ejakulation und Kontinenz bleibt in dieser Studie allerdings unberücksichtigt.

Dr. Daniel Pfalzgraf, Mannheim


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Dr. Daniel Pfalzgraf


ist Erster Oberarzt der
Urologischen Klinik der
Universitätsmedizin
Mannheim

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  • Literatur

  • 1 Hudak SJ, Atkinson TH, Morey AF. Repeat transurethral manipulation of bulbar urethral strictures is associated with increased stricture complexity and prolonged disease duration. J Urol 2012; 187: 1691-1695
  • 2 Breyer BN, McAninch JW, Whitson JM et al. Multivariate analysis of risk factors for long-term urethroplasty outcome. J Urol 2010; 183: 613-617
  • 3 Pansadoro V, Emiliozzi P, Gaffi M et al. Buccal mucosa urethroplasty in the treatment of bulbar urethral strictures. Urology 2003; 61: 1008-1010
  • 4 Pfalzgraf D, Kluth L, Reiss P et al. Redo-urethroplasty: comparison of early functional results and quality of life in penile and bulbar strictures. World J Urol 2014; 32: 1191-1197
  • 5 Jackson MJ, Sciberras J, Mangera A et al. Defining a patient-reported outcome measure for urethral stricture surgery. Eur Urol 2011; 60: 60-68
  • 6 Blaschko SD, McAninch JW, Myers JB et al. Repeat urethroplasty after failed urethral reconstruction: outcome analysis of 130 patients. J Urol 2012; 188: 2260-2264
  • Morey AF, Duckett CP, McAninch JW.. Failed anterior urethroplasty: guidelines for reconstruction. J Urol 1997; 158: 1383-1387

  • Literatur

  • 1 Hudak SJ, Atkinson TH, Morey AF. Repeat transurethral manipulation of bulbar urethral strictures is associated with increased stricture complexity and prolonged disease duration. J Urol 2012; 187: 1691-1695
  • 2 Breyer BN, McAninch JW, Whitson JM et al. Multivariate analysis of risk factors for long-term urethroplasty outcome. J Urol 2010; 183: 613-617
  • 3 Pansadoro V, Emiliozzi P, Gaffi M et al. Buccal mucosa urethroplasty in the treatment of bulbar urethral strictures. Urology 2003; 61: 1008-1010
  • 4 Pfalzgraf D, Kluth L, Reiss P et al. Redo-urethroplasty: comparison of early functional results and quality of life in penile and bulbar strictures. World J Urol 2014; 32: 1191-1197
  • 5 Jackson MJ, Sciberras J, Mangera A et al. Defining a patient-reported outcome measure for urethral stricture surgery. Eur Urol 2011; 60: 60-68
  • 6 Blaschko SD, McAninch JW, Myers JB et al. Repeat urethroplasty after failed urethral reconstruction: outcome analysis of 130 patients. J Urol 2012; 188: 2260-2264
  • Morey AF, Duckett CP, McAninch JW.. Failed anterior urethroplasty: guidelines for reconstruction. J Urol 1997; 158: 1383-1387

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Urethrastriktur vor End-zu-End-Anastomose (retro- und antegrade Darstellung). (Bild: Kocot A, Spahn M, Riedmiller H. Komplikationen bei der Harnröhrenchirurgie. In: Anheuser P, Steffens J. Risiken und Komplikationen in der Urologie. Stuttgart: Thieme; 2012)