Pneumologie 2015; 69(12): 699
DOI: 10.1055/s-0035-1570264
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bronchialkarzinom – Erhöhtes Krebsrisiko in der Familie von Nichtrauchern

Contributor(s):
Friederike Klein
Lin H et al.
Lung Cancer 2015;
89: 94-98
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Publication History

Publication Date:
09 December 2015 (online)

 

    Aus populationsbasierten Studien gibt es Hinweise auf eine mögliche genetisch basierte Suszeptibilität für Lungenkrebs, die für eine familiäre Häufung der Erkrankung bei Nichtrauchern verantwortlich sein soll. Dem möglichen Zusammenhang zwischen familiärer Anamnese und dem Lungenkrebsrisiko bei Nichtrauchern sind H. Lin et al. jetzt gezielt nachgegangen.
    Lung Cancer 2015; 89: 94–98

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    Die Wissenschaftler führten hierzu eine Fall-Kontroll-Studie mit 309 Patienten mit Lungenkrebs und 509 Kontrollen durch, ketztere waren Ehepartner von Patienten und Angehörige, die wie die Patienten selbst angaben, nie geraucht zu haben. Mit Hilfe eines strukturierten Fragebogens erhoben die Autoren neben demografischen Daten (Alter, Geschlecht, Abstammung) auch Daten zu Passivrauch-Exposition, Kochgewohnheiten, Belüftung im Haushalt, beruflicher Exposition und der industriellen Schadstoffbelastung am Wohnort oder Arbeitsplatz. Zur Identifikation von Assoziationen der familiär bedingten Krebswahrscheinlichkeit adjustierten sie die multiple logistische Regressionsanalyse um diese Faktoren.

    30 % aller Patienten waren Passivraucher. 266 der 318 Patienten litten unter einem Adenokarzinom. Mehr Fälle als Kontrollen wiesen anamnestisch eine Lungenerkrankung auf (29 vs. 8 %). Die Schadstoffexposition im Haushalt und bei der Arbeit war in beiden Gruppen vergleichbar. Die Lungenkarzinom-Patienten hatten aber häufiger einen erstgradigen Familienangehörigen, der bereits an Krebs erkrankt war, als die Kontrollpersonen (34,6 vs. 22,8 %). Das galt insbesondere für die Mütter der Patienten (adjustierte Odds Ratio [aOR] 2,64, p < 0,001).

    Die familiäre Lungenkrebsanamnese war ein starker Prädiktor für das eigene Krebsrisiko (aOR 3,21; p < 0,001) wie auch für andere Krebserkrankungen (aOR 1,79; p < 0,001). Die weitere Analyse anderer von einer Krebserkrankung betroffenen Familienmitglieder zeigte einen Geschlechtsunterschied: Ein männlicher erstgradiger Verwandter des nicht rauchenden Lungenkrebspatienten hatte ein um 54 % erhöhtes allgemeines Krebsrisiko im Vergleich zu Angehörigen von Kontrollen ein. Das Risiko für ein Bronchialkarzinom für diese Verwandten stieg um den Faktor 2,25 an. Bei erstgradigen weiblichen Verwandten des Lungenkrebspatienten war das allgemeine Krebsrisiko um den Faktor 2,37 und das Lungenkrebsrisiko um den Faktor 7,31 erhöht.

    Fazit

    Die Fall-Kontroll-Studie fügt der bestehenden Evidenz für genetische Faktoren beim Bronchialkarzinom von Nichtrauchern weitere Belege hinzu. Besonders ausgeprägt ist der Einfluss solcher Faktoren bei einer mütterlichen Krebserkrankung. Ob das erhöhte Krebsrisiko der weiblichen erstgradigen Verwandten auf eine besondere Suszeptibilität für Karzinogene hinweist, oder auf andere bisher nicht bekannte Risikofaktoren zurückzuführen ist, ist nach Angaben der Autoren unklar.


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