Pneumologie 2015; 69(12): 698
DOI: 10.1055/s-0035-1570263
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Thromboembolie – Sekundärprophylaxe: Wie lange antikoagulieren?

Contributor(s):
Horst Gross
Couturaud F et al.
JAMA 2015;
314: 31-40
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Publication History

Publication Date:
09 December 2015 (online)

 

Die passagere Antikoagulation nach einer spontanen Thromboembolie wirkt nicht nachhaltig prophylaktisch. Unabhängig von der Dauer lässt sich nur ein kurzfristig überhängender präventiver Effekt nachweisen. Nach Therapieende sind Patienten deshalb langfristig gefährdet, wie die prospektive Studie von F. Couturaud et al. aufzeigt.
JAMA 2015; 314: 31–40

Bei thromboembolischen Ereignissen ohne eine klare Ursachenzuordnung (z. B. Trauma oder OP) besteht ein erhöhtes Rezidivrisiko. Deshalb ist es gängige Praxis diese Patienten kurzzeitig auf einen Vitamin- K-Antagonisten einzustellen. Unklar bleibt dabei, wie lange diese Sekundärprophylaxe durchgeführt werden sollte und ob sich hieraus ein präventiver Effekt ergibt, der auch nach Abschluss der Antikoagulation anhält.

Bei den 371 Studienpatienten war es zu einer spontanen Thromboembolie gekommen. Alle Patienten bekamen für 6 Monate nach dem Ereignis einen Vitamin-K-Antagonisten und wurden auf eine therapeutische INR eingestellt. Im Anschluss erhielten sie randomisiert für zusätzliche 18 Monate entweder Warfarin oder Placebo. Beide Gruppen wurden anschließend 18 Monate nachbeobachtet. Die Forscher registrierten in dieser Zeit alle thromboembolischen Ereignisse. Diese stellten, zusammen mit schweren Blutungskomplikationen, den primären Studienendpunkt dar. Die Thromboembolien differenzierten die Forscher entsprechend der klinischen Relevanz.

Studienabbruch

Komplikationsbedingt brachen 38 mit Warafin behandelten Patienten in der prolongierten Vitamin-K- (Hauptursache Blutungen) und 49 Patienten in der Placebogruppe (Hauptursache Thromboserezidiv) die Studie ab. Unter der verlängerten Antikoagulation (18 Monate Vitamin-K-Antagonist) kam es bei 3,3 % der Patienten zu einem Endpunktereignis. In der Placebogruppe (6 Monate Vitamin-K-Antagonist plus Placebo)dagegen waren 14 % betroffen.

Kumulativ ereigneten sich während der Studienphase unter verlängerter Antikoagulation bei 14 % eine Thromboembolie und bei 3 % eine Blutung. In der Gruppe mit verkürzter Antikoagulation trat bei 22 % eine Embolie und bei 3 % eine Blutung auf. Die verlängerte Antikoagulation hatte das Thromboembolierisiko, allerdings nur im Studienzeitraum, wesentlich vermindert (Hazard Ratio 0,22).

Dabei handelte es sich nur um einen kurzzeitigen, wenige Monate anhaltenden präventiven Effekt: Im gesamten 42-monatigen Beobachtungszeitraum, der 24 Monate therapiefreie Nachbeobachtung beinhaltete, erlitten 21 % mit prolongierter Prophylaxe und 24 % mit verkürzter Prophylaxe ein Endpunktereignis. Diese Differenz erreichte das Signifikanzniveau nicht (p = 0,22). Die während der gesamten Beobachtungszeit erfassten 4 fatalen Lungenembolien traten in der Gruppe mit verlängerter Antikoagulation auf.

Fazit

Die Strategie, Patienten mit spontaner Thromboembolie zur Sekundärprophylaxe kurzfristig zu antikoagulieren, ist insuffizient. Das Risiko einer sekundären Embolie wird hierdurch nur zeitweise vermindert. Die Autoren empfehlen deshalb eine langfristige Antikoagulation mit ASS oder einem der neuen Antikoagulanzien zu erwägen.


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