Dialyse aktuell 2015; 19(07): 348-349
DOI: 10.1055/s-0035-1564377
Fachgesellschaften
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

20 Jahre nephrologische Fachweiterbildung in Deutschland

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Publication Date:
22 September 2015 (online)

 
 

Seit 1972 gibt es in Deutschland Bemühungen, eine staatlich anerkannte Fachweiterbildung im Bereich der Nephrologie analog der Weiterbildung Anästhesie-/Intensivmedizin zu etablieren. Die anfänglichen Anstrengungen der Arbeitsgemeinschaft für klinische Nephrologie (DAGKN) waren zunächst nur in einzelnen nephrologischen Einrichtungen erfolgreich.

In Ulm wurde 1980 nach den Empfehlungen der DAGKN mit der 2-jährigen berufsbegleitenden Weiterbildung für nephrologisches Pflegepersonal begonnen. Seit 1982 wurde die Fachweiterbildung von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Ärzten, Pflegeverbänden (AfnP e. V. und EDTNA/ERCA), Organisationen von Fortbildungsveranstaltungen und Vertretern des Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e. V. (KfH) und der Patienten-Heimversorgung (PHV) bearbeitet.

Frühe Entwicklungen

Aus den bestehenden Erfahrungen unter Berücksichtigung der technischen Weiterentwicklungen sowie organisatorischer und ökonomischer Gesichtspunkte wurde ein praktikabler Lehrplan entwickelt. Nach langen Jahren führten die gemeinsamen Bemühungen unter Mitwirkung der DAGKN schließlich am 09.03.1995 zur DKG-Empfehlung (DKG: Deutsche Krankenhausgesellschaft) zur Weiterbildung für Krankenpflegepersonal in der Nephrologie [ 1 ]. In Baden-Württemberg gibt es zusätzlich eine landesrechtlichen Regelung (Weiterbildungsordnung Nephrologie des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 19.12.2000) [ 2 ]. Teilnehmer erhalten eine staatliche Anerkennung.

In der Übergangszeit wurden per Übergangsregelung 6300 Pflegekräfte qualifiziert, davon 2300 durch Prüfung. Im Zeitraum 1997–2014 haben 2314 Pflegekräfte erfolgreich die Weiterbildung abgeschlossen.

An Unikliniken in Baden-Württemberg wird die nephrologische Fachpflegekraft in der Bezahlung und Eingruppierung der Fachpflegekraft Anästhesie/Intensiv gleichgestellt. Mit dem Abschluss erwirbt man einen höheren Bildungsabschluss und ist berechtigt, zu studieren.


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BAG und BANP

1995 gründete sich die Bundesarbeitsgemeinschaft nephrologischer Weiterbildungsstätten (BAG). Diese trifft sich 2-mal im Jahr. Die Schulleitungen der einzelnen Maßnahmenträger tauschen sich ständig aus und haben einheitliche Qualitätskriterien erstellt. Damit soll im Norden wie im Süden ein einheitlicher Lehrplan umgesetzt werden – für die deutsche Bildungslandschaft ziemlich einzigartig. Seit 2012 ist die BANP (Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege) der Träger der BAG.

Die BAG wurde im Jahr 2007 mit Zustimmung der DKG mit der Erstellung eines kompetenzbasierten Rahmenlehrplans für die Nephrologie beauftragt, der den fächerorientierten Unterricht ablöst. Der kompetenzbasierte Rahmenlehrplan nephrologische Fachweiterbildung wurde von der BAG am 02.11.2009 verabschiedet [ 3 ].


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Auszug aus Rahmenlehrplan

Finden Sie hier einen Auszug aus dem Rahmenlehrplan [ 3 ]:

„Der Lehrplan besteht aus 4 Lernbereichen mit 10 untergeordneten Themenfeldern […]. Die darin beschriebenen Kompetenzen stellen das Weiterbildungsziel dar und sorgen damit für Transparenz der Pflegeleistung bei den Absolventen der nephrologischen Fachweiterbildung. Die Themenfelder gliedern sich in:

  • spezifische Aspekte der Versorgung nierenkranker Menschen aller Altersstufen in den Themenfeldern 1–6

  • allgemeine Aspekte jeder Fachpflegequalifizierung in den Themenfeldern 7–10

Durch die vorgenommene Aufteilung der Themenfelder ist eine Modularisierung der Fachweiterbildung Nephrologie erreicht, die den umfassenden Kompetenzerwerb sicherstellt. Die Themenfelder 7–10 erlauben außerdem eine Vergleichbarkeit der Kompetenzen mit anderen Fachweiterbildungen und eine mögliche Anrechenbarkeit bei Absolvierung verschiedener Weiterbildungen. Das Prinzip des handlungsorientierten Unterrichts wird für die Zielsetzung der Arbeit empfohlen, unter besonderer Berücksichtigung von Projektunterricht, problembasiertem Lernen (PBL) und weiteren Methoden des selbstgesteuerten Lernens.

Ein einzelnes pflegetheoretisches Modell wurde ganz bewusst nicht beschrieben, um den einzelnen Einrichtungen pädagogische Freiheit zu lassen. Bei der Erstellung wurden jedoch verschiedene Modelle wie zum Beispiel Henderson, Corbin-Strauss und Orem herangezogen. Grundlegende Prinzipien der nephrologischen Fachpflege sind:

  • Qualität der Behandlung in Kooperation und Verantwortung

  • Pflegepersonen als Mitglieder des multiprofessionellen und interdisziplinären Teams

  • klinische Expertise

  • Beratung

  • Unterstützung

  • Autonomie des Patienten

  • Anwaltschaft für die Patienten

  • ständige Bereitschaft zum Lernen und zur persönlichen Entwicklung

Die Grundlage jeder pflegerischen Tätigkeit ist der Pflegeprozess als Problemlösungsprozess (PDCA-Zyklus; PDCA: „Plan–Do–Check–Act“). Wenn er hier nicht ausdrücklich erwähnt wird, so steht er selbstverständlich als leitendes Prinzip über den Themenfeldern.

Bei der Stundenverteilung innerhalb der einzelnen Themenfelder wurden die bestehende DKG-Empfehlung und Verordnung von Baden-Württemberg berücksichtigt sowie Curricula anderer Fachweiterbildungen zum Vergleich herangezogen. Die Gesamtzahl der jeweiligen Stunden teilt sich auf in Präsenzunterricht, Selbststudienanteile und praktischen Unterricht vor Ort in den jeweiligen Einsatzbereichen. Die praktischen Einsatzzeiten und -bereiche bleiben weiterhin erhalten bzw. wurden noch erweitert. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der zu erreichenden Kompetenzen der Fachpflegekräfte.“

Anhand dieses Auszugs sieht man, dass sich die Weiterbildung in den letzten 20 Jahren weiterentwickelt und sich ständig an aktuelle Veränderungen angepasst hat. Es werden alle Lebensphasen im Krankheitsverlauf der Patienten und auch viele Begleiterkrankungen wie Diabetes, Hypertonie etc. unterrichtet, um die chronisch Kranken ganzheitlich zu Beginn (präterminale Phase) und in der chronischen Phase bis hin zur palliativen Versorgung evidenzbasiert versorgen zu können.


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Derzeitige Weiterbildung

Die derzeitige Weiterbildung gliedert und baut sich wie folgt auf: Sie erstreckt sich über 2 Jahre und erfolgt berufsbegleitend. Der Mitarbeiter bleibt in seiner Betriebsstätte beschäftigt und besucht den zentralen Unterricht. Er besteht aus 280 h theoretischem und 440 h fachpraktischem Unterricht (zusammen 720 h). Zusätzlich muss der praktische Einsatz bzw. die Hospitation in mindestens 4 Bereichen erfolgen, um das Weiterbildungsziel zu erreichen. 2 Einsatzorte sind obligatorisch und 2 weitere sind fakul-tativ:

  • konservative stationäre Behandlung (75 h/2 Wochen)

  • konservative ambulante Behandlung (nephrologische Ambulanz) (75 h/2 Wochen; obligatorisch)

  • chronische Hämodialyse- (HD) oder PD-Abteilung (PD: Peritonealdialyse) (320 h; obligatorisch)

  • Nierentransplantation (75 h/2 Wochen)

  • Abteilung für akute Dialysebehandlung und Behandlung mit Spezialverfahren (75 h/2 Wochen oder 10 Behandlungen)

  • Trainingsabteilung für HD oder PD (75 h/2 Wochen)

  • diabetische Schwerpunktpraxis (38 h/1 Woche)

  • pädiatrische Nephrologie (75 h/2 Wochen): gilt nur für pädiatrische Pflegekräfte

Die Kosten bewegen sich zwischen 4500 und 5300 Euro, je nach Struktur der Weiterbildungsstätte. Es können von den Teilnehmern Fördergelder beantragt werden [ 4 ]. Inzwischen hat sich die anfängliche Zahl der 30 akkreditierten Weiterbildungsstätten auf 9 reduziert. 2 Weiterbildungsstätten haben von der DKG ihre Ermächtigung zur Durchführung der Fachweiterbildung entzogen bekommen, da diese die erforderlichen Qualitätskriterien nicht erfüllt haben.

Die Betreiber haben ein stark gekürztes Weiterbildungs-Curriculum (Dialyseschwester) entworfen, das sie dann auch selbst durchführen können – ohne Mitwirkung der DKG oder landesrechtlicher Regelungen. Diese Maßnahmen sind allenfalls Fortbildungen ohne Anerkennung. Der Teilnehmer kann damit kein Fördergeld beantragen, bekommt keinen höheren Bildungsabschluss oder im europäischen Raum eine Anerkennung.

Das im Jahr 2000 eingeführte „Curriculum Dialyse“ für medizinische Fachangestellte (MFA) ist eine kleine Dialyse-Ausbildung (80 h Theorie und 40 h Praxis). Diese Mitarbeiter sind ein wichtiger Teil im Betreuungsteam, aber auch hier ist ein Rückgang an Weiterbildungsteilnehmern eingetreten. Diese Ausbildung muss dringend in ihren Lerninhalten an den heutigen Bedarf angepasst werden. Denn gerade die so wichtige Patientenüberwachung und das Erkennen und Handeln in Notfallsituationen wird nicht ausreichend abgebildet. In Zeitraum 2000–2014 wurden 1496 MFA qualifiziert.


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Weiterbildungsstätten, die Maßnahmen anbieten

Nephrologische Fort- und Weiterbildung wird auch künftig eine wichtige Säule für eine qualitativ gute Versorgung sein und sollten von den Betreibern bezahlt und gefördert werden. Langfristig zahlt sich diese Investition in den Bereichen Patientenqualität und langfristige Bindung der Mitarbeiter aus. Hier finden Sie einen Auszug aus der Liste der aktiven Weiterbildungsstätten, die Maßnahmen anbieten:

  • Bildungszentrum „Albert Schweizer“ Ameos, Aschersleben

  • Akademie nephrologischer Berufsgruppen

  • Bildungsinstitut für Gesundheitsberufe, Trier

  • IFW – Institut für Fort- und Weiterbildung der PHV

  • Klinikum Nürnberg Süd Med. Klinik 4/Weiterbildung Nephrologie

  • Universitätsmedizin Mannheim UMM, Ausbildungszentrum, Weiterbildung Nephrologie

  • Weiterbildungsstätte nephrologischer Zentren Rhein-Ruhr am Alfried-Krupp-Krankenhaus

  • Verein zur Förderung der Nephrologischen Fortbildung e. V., Hamburg

  • Verein für Dialyse und Transplantationsmedizin e. V., Nephrologische Weiterbildungsstätte Ulm

Marion Bundschu, Ulm

Regionale Fortbildung Ulm der AfnP

Shunt-Monitoring für Dialysepersonal
Termin: 08.10.2015, 15:30–19:00 Uhr
Ort: Hotel & Rasthaus Seligweiler,
Seligweiler 1, 89081 Ulm,
Tel.: 0731-20540

Die Veranstaltung wird in Kooperation/Zusammenarbeit mit der Hexal AG Nephrology/Transplantation durchgeführt.

Der Eintritt für die Veranstaltung ist kostenfrei.

Für die Planung bitten wir um frühzeitige Anmeldung bis zum 29.09.2015 unter:


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So können Sie uns erreichen:
AfnP-Geschäftsstelle
Käppelesweg 8; 89129 Langenau
Tel.: 0 73 45/2 29 33; Fax: 0 73 45/75 40
E-Mail: info@afnp.de; Internet: www.afnp.de

    Vorstand der AfnP:

  • Marion Bundschu (1. Vorsitzende)

  • Hans-Martin Schröder (stellv. Vorsitzender)

  • Roswitha Nicklas (komm. Schatzmeisterin)

  • Ilona Adler (komm. Schriftführerin)


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  • Literatur

  • 1 Deutsche Krankenhausgesellschaft. Weiterbildungsempfehlung Nephrologie der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für Krankenpflegepersonen in der Nephrologie. Mitt Klin Nephrol 1996; 25: 207-227
  • 2 Verordnung des Sozialministeriums über die Weiterbildung in den Berufen der Krankenpflege/Kinderkrankenpflege auf dem Gebiet der Nephrologie (19.12.2000). Gesetzblatt für Baden Württemberg, Stuttgart den 09.02.2001
  • 3 Fernsebner T, Bundschu M, Küntzle W, Reichardt M, Schlieben S. Nephrologische Fachweiterbildung – Kompetenzbasierter Rahmenlehrplan. Dialyse aktuell 2012; 16 (5, Sonderdruck BANP): 3-15
  • 4 Bundschu M. Weiterbildung des nephrologischen Pflegepersonals – Fördermöglichkeiten für die (Fach)Weiterbildung. Dialyse aktuell 2014; 18: 398-403

  • Literatur

  • 1 Deutsche Krankenhausgesellschaft. Weiterbildungsempfehlung Nephrologie der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für Krankenpflegepersonen in der Nephrologie. Mitt Klin Nephrol 1996; 25: 207-227
  • 2 Verordnung des Sozialministeriums über die Weiterbildung in den Berufen der Krankenpflege/Kinderkrankenpflege auf dem Gebiet der Nephrologie (19.12.2000). Gesetzblatt für Baden Württemberg, Stuttgart den 09.02.2001
  • 3 Fernsebner T, Bundschu M, Küntzle W, Reichardt M, Schlieben S. Nephrologische Fachweiterbildung – Kompetenzbasierter Rahmenlehrplan. Dialyse aktuell 2012; 16 (5, Sonderdruck BANP): 3-15
  • 4 Bundschu M. Weiterbildung des nephrologischen Pflegepersonals – Fördermöglichkeiten für die (Fach)Weiterbildung. Dialyse aktuell 2014; 18: 398-403

 
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