Z Orthop Unfall 2015; 153(03): 243
DOI: 10.1055/s-0035-1556924
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Weichteilgefährdung durch Schwellung – Spaltgips, Schienen – was ist richtig?

Rezensent(en):
Martina Wendt
Zaino CJ, Patel MR, Arief MS et al.
The effectiveness of bivalving, cast spreading, and webril cutting to reduce cast pressure in a fiberglass short arm cast.

J Bone Joint Surg Am 2015;
97: 374-380
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. Juni 2015 (online)

 

Ein Kunststoff-Cast wird z. B. zur Ruhigstellung bei der Behandlung distaler Radiusfrakturen angelegt. Jedoch besteht bei posttraumatischer Schwellung das Risiko von Weichteilschäden bei ausgeprägter Enge im anliegenden Cast.
Zaino CJ, Patel MR, Arief MS et al. The effectiveness of bivalving, cast spreading, and webril cutting to reduce cast pressure in a fiberglass short arm cast. J Bone Joint Surg Am 2015; 97: 374–380

Einleitung

Die Studie von Zaino et al. simuliert den Druck durch das Weichteilödem und untersucht den Einfluss unterschiedlicher Methoden der Gips-Anlage. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass durch die Gips-Spaltung, im Gegensatz zur geschlossenen Gipsanlage, der klinisch relevante Druck eliminiert werden kann.


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Methodik

In einer prospektiv randomisierten, biomechanischen Studie wurden insgesamt 90 Handgelenke von 45 Probanden untersucht. Nach Platzierung eines füllbaren Kissens am Handgelenk zur variablen Luftfüllung erfolgte die Anlage eines zirkulären Unterarm-Casts. Nach Einteilung der Probanden in 3 Gruppen wurde der Cast in Gruppe 1 ulnar und radial gespalten und elastisch umwickelt, in Gruppe 2 zusätzlich jeweils radial und ulnar ein 2 cm langer Streifen des Casts entfernt und in Gruppe 3 zudem noch die Watte gepalten. In das Kissen wurde Luft appliziert und die Druckentwicklung gemessen und statistisch ausgewertet.


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Ergebnisse

Bei jeder Form der Cast-Spaltung war eine deutliche Reduktion des Druckes ersichtlich, am größten bei der ulnaren und radialen Streifenentfernung und Durchtrennung der Polsterung. Jedoch wurde die Entlastung durch die elastische Wickelung signifikant wieder aufgehoben. Weiterhin war, im Gegensatz zu Männern, ein signifikant höherer Oberflächendruck bei Frauen gemessen worden.


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Kommentar

Die Anlage eines Gipsverbandes ist eine wichtige und gängige Behandlungsmethode sowohl bei frischen Verletzungen als auch zur postoperativen Ruhigstellung der Extremitäten. Hierbei sind sowohl die korrekte Anlage als auch die Aufklärung der Patienten, bei jeglichen Beschwerden umgehend vorstellig zu werden, essentiell. Die Anlage von geschlossenen Gipsen bzw. nicht gespaltenen Gipsen bei frischen Verletzungen ist aufgrund der bekannten Weichteilgefährdung durch die Gefahr zunehmender Schwellung obsolet. Ebenso wichtig ist es, gerade nach Reposition von Frakturen oder Luxationen eine stabile Fixierung zu erreichen.

Die vorliegende Studie bestätigt, wie schnell eine weichteilgefährdende Druckerhöhung bei geschlossenem Kunststoffgips entstehen kann und wie wichtig die korrekte Anlage und Spaltung sind. Da Weißgips nachgiebiger ist als Kunststoff, wären die Ergebnisse im Vergleich interessant, jedoch ist auch hier die Spaltung initial unerlässlich.

Zusammenfassend ist die Indikationsstellung und Anlage eines Gipses jeglicher Form ärztliche Tätigkeit bzw. sollte durch geschultes Personal unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Ebenso wichtig ist die umfassende Patientenaufklärung und nicht zu vergessen bei Beschwerden: Der Patient mit drückendem Gips hat immer Recht!


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