Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2015; 22(03): 112
DOI: 10.1055/s-0035-1556676
Journal-Club
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Biogasnutzung statt offener Feuerstellen in Nepal – Blutdrucksenkung durch saubere Luft

Neupane M, Basnyat B, Fischer R et al.
Sustained use of biogas fuel and blood pressure among women in rural Nepal.

Environ Res 01/2015;
136: 343-351
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 June 2015 (online)

 

    Neupane M, Basnyat B, Fischer R et al. Sustained use of biogas fuel and blood pressure among women in rural Nepal.
    Environ Res 2015 Jan; 136: 343–351

    Zoom Image
    (Bild: Prof. Dr. Rainald Fischer, München)

    Thema: Die Arbeit „Sustained use of biogas fuel and blood pressure among women in rural Nepal“ untersucht den Effekt von Biogasanlagen auf die Blutdruckentwicklung von Frauen in Nepal. Daneben sollte die Belastung durch Kohlenmonoxid sowie durch Feinstaub in den Hütten und Häusern im ländlichen Nepal gemessen werden. Wie in vielen Entwicklungsländern ist es auch in Nepal üblich, dass mit offenen Feuerstellen gekocht und geheizt wird. Als Brennholz wird Holz oder Dung verwendet.

    Seit über 20 Jahren gibt es in Nepal ein nationales Biogasprogramm, das die Bauern beim Bau und Unterhalt von Biogasanlagen unterstützt. Auf diese Weise sind in vielen Dörfern Haushalte entstanden, in denen Biogas bereits seit mehreren Jahren benutzt wird.

    Projekt: Da bekannt ist, dass Feinstaubbelastung und Kohlenmonoxid auf längere Zeit gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen können, war es Ziel der vorliegenden Studie, den Effekt von Biogasanlagen auf die Gesundheit von Müttern im ländlichen Nepal zu untersuchen.

    Die Studie wurde im Gurkha-Distrikt fernab von Autostraßen durchgeführt, in einer Höhe von etwa 1000 m. Die Rekrutierung der Haushalte erfolgte in 4 Distrikten, um eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten. Da die Mahlzeiten in Nepal hauptsächlich von den Frauen zubereitet werden, beschränkte sich die Studie auf diese Population mit einem Alter über 30 Jahre.

    Neben Fragebögen zur Gesundheit wurden bei allen Frauen der Blutdruck gemessen sowie eine Spirometrie durchgeführt. Daneben erfolgten umfangreiche Erhebungen zur Wohnsituation, auch im Hinblick auf die zurückliegenden Jahre.

    Ein besonderer Aspekt der Studie ist die ausgefeilte statistische Analyse, die es erlaubte, einzelne Faktoren zu bestimmen, die einen Einfluss auf die Zielgröße Blutdruck haben können. Es handelt sich hier um eine Kombination einer Hauptkomponentenanalyse, gefolgt von einem Matching nach der Propensity-Score-Methode, die eine detaillierte Vergleichbarkeit von 2 Gruppen erlaubt, obwohl viele unterschiedliche Randbedingungen vorliegen.

    Ergebnis: Es konnten insgesamt 519 Frauen untersucht werden, davon 219 Biogasnutzer. Diese waren insgesamt sozial besser gestellt, etwas älter und hatten einen höheren BMI. Ab einem Alter von über 50 Jahren zeigt diese Studie nach Korrektur aller Faktoren wie Rauchen, sozioökonomischer Status, BMI, Wohnumfeld und vieles mehr, dass die Biogasnutzung mit signifikant niedrigeren systolischen und diastolischen Blutdruckwerten einhergeht. Da in der gesamten Studienpopulation eine hohe Prävalenz von arterieller Hypertonie vorlag (35 %), wird deutlich, wie notwendig jede Maßnahme zur Senkung des kardiovaskulären Risikos ist.

    Leider konnte in der Studie die Messung des Feinstaubs (PM 2,5) nicht zufriedenstellend ausgewertet werden, sodass diese Daten nicht in die Evaluation miteinbezogen wurden. Allerdings zeigte sich, dass die CO-Belastung in den Biogashaushalten deutlich niedriger war. Es kann daher angenommen werden, dass dies auch für die Feinstaubbelastung gilt.

    Kommentar

    Dies ist eine der wenigen Studien weltweit, die einen direkten positiven gesundheitlichen Effekt der Minderung der häuslichen Schadstoffbelastung auf die Hauptbetroffenen, nämlich die haushaltführenden Frauen, zeigt. Durch die Verwendung von Biogasanlagen auf der Basis von Tierdung kann der Blutdruck ab dem 50. Lebensjahr signifikant gesenkt und damit das kardiovaskuläre Risiko vermindert werden. Eine weitere Publikation wird den Effekt auf die Lungenfunktion untersuchen, die vermutlich ebenfalls positiv beeinflusst wird.

    Damit zeigt sich, wie wichtig eine Optimierung der Feuerstellen in den Entwicklungsländern ist und dass jede Maßnahme vermutlich positive Effekte haben kann. Bereits vermehrtes Lüften kann die Feinstaubbelastung verringern und damit langfristig die Morbidität und die Mortalität verringern [ 1 ].

    Prof. Dr. Rainald Fischer, München
    Deutsche Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin


    #
    • 1 Murray EL, Brondi L, Kleinbaum D et al. Cooking fuel type, household ventilation, and the risk of acute lower respiratory illness in urban Bangladeshi children: a longitudinal study. Indoor Air 2012; 22: 132-139

    • 1 Murray EL, Brondi L, Kleinbaum D et al. Cooking fuel type, household ventilation, and the risk of acute lower respiratory illness in urban Bangladeshi children: a longitudinal study. Indoor Air 2012; 22: 132-139

    Zoom Image
    (Bild: Prof. Dr. Rainald Fischer, München)