Fortschr Neurol Psychiatr 2015; 83(07): 402-413
DOI: 10.1055/s-0035-1553330
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medikamentöse Behandlungsstrategien bei chronischen Schmerzen[*]

Schwerpunkt antihyperalgetisch wirksame SubstanzenDrug Strategies in the Treatment of Chronic PainFokus on Hyperalgesic Effective Strategies
M. Stephan
,
M. Karst
,
M. Bernateck
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Michael Stephan
Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

Publication History

Publication Date:
22 July 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Chronische Schmerzen treten europaweit mit einer Punktprävalenz von etwa 20% häufig auf. Bei ihrer Entstehung spielen somatische, psychologische und soziale Faktoren in gleichberechtigter Verwobenheit eine bedeutsame Rolle. Aus diesem Grund ist eine sorgfältige Evaluation des Zusammenspiels dieser Faktoren der entscheidende Schritt für eine erfolgreiche Therapie. Neue Erkenntnisse über pathophysiologische Vorgänge, die mit chronischen Schmerzen assoziiert sind, haben zu einer zunehmenden Ausdifferenzierung medikamentöser und nichtmedikamentöser Strategien geführt, die individuelle Faktoren berücksichtigen und auf die Beeinflussung des neuronalen Netzwerkes abzielen, in dem die chronischen Schmerzen codiert sind. Die dabei eingesetzten Medikamente werden nach pathophysiologischen Erkenntnissen und spezifischen Medikamentenwirkungen ausgesucht und oft auch in Kombination gegeben.

Das Wissen über antihyperalgetisch wirksame Medikamente wie Antidepressiva und Antikonvulsiva nimmt beständig zu und soll daher in vorliegender Arbeit genauer vorgestellt werden.


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Abstract

Throughout Europe, chronic pain syndromes occur with a point prevalence of about 20%, with somatic, psychological, and social factors playing a significant role for their development. Therefore, a careful evaluation of the interaction of these factors is the decisive step for a successful therapy. New insights into pathophysiological processes associated with chronic pain have led to an increasing differentiation of drug and non-drug strategies. These strategies take individual factors into account and aim on influencing the neural network for chronic pain. The drugs used are chosen on the basis of pathophysiological findings and specific drug effects. Adjunctive agents are often used in the management of chronic pain. Knowledge of anti-allodynic and anti-hyperalgesic drugs such as antidepressants and anticonvulsants increases continuously and is therefore presented in more detail in the present study.


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Übersicht Schmerz

Definition

Die Schmerzdefinition der International Association for the Study of Pain (IASP) erwuchs aus einer Dissertationsschrift von Harold Merskey aus dem Jahre 1964 und wurde nach längerer Beratung von der IASP festgelegt [1] [2]. Sie verweist in ihrer Formulierung auch auf die Subjektivität von Schmerz.

Schmerzdefinition der IASP

Schmerz ist eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung, die mit einer aktuellen oder potenziellen Gewebeschädigung verbunden ist oder wie eine solche beschrieben wird [1].


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Dimensionen von Schmerzen

Akuter vs. chronischer Schmerz

Akuter Schmerz. Diese Form des Schmerzes tritt im Zusammenhang mit Gefahren für die Unversehrtheit des menschlichen Organismus auf. Er ist somit ein sinnvolles Warnsignal, das für das Individuum einen Überlebensvorteil darstellt. Die möglichen Auslöser für akute Schmerzen sind häufig erkennbar, handelt es sich doch meist um offensichtliche Ursachen, wie z. B. Verletzungen. Die Therapie dieser Schädigungen hat somit oberste Behandlungspriorität und führt häufig zu einer Schmerzreduktion bis hin zur völligen Heilung. Darüber hinaus stellt bei akuten schmerzhaften Traumata eine gute Analgesie auch einen wichtigen Präventionsfaktor für das Auftreten oder die Schwere von psychischen Symptomen, wie z. B. einer posttraumatischen Belastungsstörung, dar, aber auch für die Entwicklung von chronischen Schmerzen als Folge der peripheren und zentralen Sensibilisierung [3] [4] [5] [6].

Während wesentliche neurobiologische Mechanismen der Sensibilisierung des nozizeptiven Nervensystems erkannt worden sind, kann über deren evolutionsbiologischen Sinn nur spekuliert werden. Denkbar wäre, dass die beiden folgenden Mechanismen vorrangig aktiv sind und jeweils einen bedeutsamen Überlebensvorteil bieten:

  • die Detektierung von Läsionen, die die Körperintegrität garantiert

  • die Bereitschaft zu lernen

Chronischer Schmerz. Von chronischen Schmerzen wird bei wiederkehrenden oder länger als 3 Monate anhaltenden Schmerzen gesprochen. Die Ursache dieser Schmerzen ist dabei entweder unbekannt oder, falls bekannt, oft schwer zu behandeln. Bei chronischen Schmerzsyndromen ist daher das oberste Ziel die Minderung der Belastung, da oftmals keine völlige Schmerzfreiheit erreicht werden kann.

Merke

Die dem akuten Schmerz oftmals noch immanente überlebenswichtige Funktion ist beim chronischen Schmerz meist verloren (Dysfunktionalität chronischer Schmerzen).

Es ist zu betonen, dass bei der Entwicklung chronischer Schmerzen gleichermaßen somatische, psychologische und soziale Faktoren beteiligt sind und dass das Empfinden von Schmerzen auch von früheren Erfahrungen abhängig ist. So konnte im Tierversuch gezeigt werden, dass bereits eine kurzzeitige tägliche Trennung vom Muttertier in der postnatalen Phase noch bei erwachsenen Ratten zu einer Veränderung der Schmerzschwelle mit Hyperalgesie führen kann [7].

Merke

Chronischer Schmerz kann nicht eindimensional, sondern nur innerhalb eines biopsychosozialen Modells verstanden werden.


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Epidemiologie und ökonomische Bedeutung

Wenn die Angaben je nach Studie auch um eine große Prävalenzspanne divergieren, so weisen die meisten doch auf eine Punktprävalenz von ca. 20 % hin [8]. Dies entspricht in Deutschland in etwa einer Anzahl von 12 Mio. Menschen [9]. Es besteht auch ein deutlicher Zusammenhang zwischen schmerzhaften Körpersymptomen und Depressivität [10].

Neben Ausgaben für die unmittelbare Behandlung erhöhen täglich auftretende starke Schmerzen deutlich das Risiko für Fehlzeiten am Arbeitsplatz [11]. Alleine in Deutschland werden die indirekten Kosten für Rücken- und Kopfschmerzen durch Arbeitsausfälle und frühzeitige Berentung auf jährlich etwa 18 Mrd. Euro geschätzt, für chronische Schmerzen insgesamt auf bis zu 29 Mrd. Euro [9].

Merke

Schmerzen kosten nicht nur Lebensqualität, sondern auch viel Geld.


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Pathophysiologie

In den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist erkannt worden, dass Neurone existieren, die spezifisch noxische Reize detektieren und dementsprechend „Nozizeptoren“ genannt wurden (Übersicht in [12]). In diesem Zusammenhang zeigte sich, dass Nozizeptoren auch in einen sensibilisierten Zustand wechseln können, wodurch sich v. a. die Schmerzschwellen für Hitzereize absenken [12].

Mit diesem Modell ließen sich aber u. a. die folgenden Phänomene nicht erklären:

  • Allodynie – Schmerzempfinden bei normalerweise nicht schmerzhaften Reizen, etwa einer Bewegung mit einem Pinsel auf der Haut

  • sekundäre Hyperalgesie – erhöhte Schmerzempfindlichkeit auch außerhalb der Schädigungsregion (s. [Abb. 1])

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Abb. 1 Schema zum Phänomen von Hyperalgesie (verstärkte Schmerzantwort auf schmerzhafte Stimuli) und Allodynie (Schmerzen auf normalerweise nicht schmerzhafte Stimuli).

Verantwortlich hierfür sind neuroplastische Veränderungen im Zentralnervensystem (Rückenmark, Gehirn), die das Schmerzempfinden in seiner Intensität und seiner zeitlichen und räumlichen Verteilung maßgeblich beeinflussen. Verstärkte prä- und postsynaptische Aktivität, verbunden mit erhöhter Membranexzitabilität und reduzierter Inhibition von synaptischen Übertragungsvorgängen sind hierfür die wesentlichen neurobiologischen Mechanismen. Weitere Faktoren, die zur Rekrutierung von normalerweise unterschwelligem synaptischen Input führen, sind in der proinflammatorischen Aktivität des dem Nervensystem eigenen Bindegewebes (Mikroglia, Astrozyten) und in Veränderungen neuronaler Genaktivität zu sehen [12].

Aus diesen Befunden ergibt sich das bedeutsame Konstrukt der zentralen Sensibilisierung mit einem „realen“ neurobiologischen Phänomen, das unabhängig von noxischen Stimuli chronische Schmerzen hervorruft [12]. Vor diesem Hintergrund kann chronischen Schmerzen der Status einer eigenständigen Krankheit zugeschrieben werden [13].

Populärwissenschaftlich wird oft der Begriff „Schmerzgedächtnis“ gebraucht, wobei wichtig für das Verständnis ist, dass das periphere und zentrale (noxische Reize verarbeitende) Nervensystem mit seinen anhaltenden Aktivierungsmustern an der Aufrechterhaltung dieses Zustands beteiligt ist [14].

Merke

Permanent aus der Peripherie anflutende Schmerzreize können eine zentrale Sensibilisierung erzeugen und sich neuroplastisch im Schmerzgedächtnis als chronischer Schmerz niederschlagen.

Mit der Entdeckung und Einführung des Konstrukts der zentralen Sensibilisierung ist ein Tor geöffnet worden für die Deutung schlecht charakterisierter und somatisch oft nur unzureichend erklärbarer Schmerzsyndrome, wie z. B. das Fibromyalgiesyndrom, die kraniomandibuläre Dysfunktion oder die anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Diese treten unter dem Begriff „funktionelle somatische Syndrome“ mit einer Prävalenz von bis zu 15 % in der Bevölkerung auf [15].


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Diagnostik

Die exakte Diagnostik von Schmerzen ist die entscheidende Voraussetzung für erfolgreiche Therapieansätze. Die wesentliche Tätigkeit eines Arztes oder Psychologen im Bereich der Schmerzmedizin besteht in diagnostischer Aktivität. Deshalb sollte nicht mehr von „Schmerztherapie“ gesprochen werden, sondern von „Schmerzmedizin“, zumal dies der international übliche Begriff ist.

Merke

Eine exakte Diagnostik ist die entscheidende Voraussetzung für eine effektive Schmerzmedizin.

Fragen zur Grunddiagnostik
  • Lokalisation (wo?)

  • Qualität (wie?)

  • Quantität (wie stark?)

  • Beginn und Dauer (wann?)

  • Provokationsfähigkeit

  • Beeinflussbarkeit des Schmerzverlaufs

Die Schmerzanamnese orientiert sich an dem biopsychosozialen Modell. Während die biomedizinische Vorgehensweise nach den mit dem Schmerz verbundenen strukturellen Veränderungen fragt, orientiert sich die biopsychosoziale Vorgehensweise v. a. an der Frage nach der Funktion und damit nach der betroffenen Person: also nicht nur „Um was für Schmerzen handelt es sich?“, sondern auch „Wer hat diese Schmerzen?“ bzw. „Wie ‚funktioniert’ diese Person?“. Selbst bei überwiegend körperlich begründeten Schmerzen kommt es zu umfassenden psychosozialen Wechselwirkungen, Veränderungen des Lebensstils und einer Interpretation der Situation durch den Patienten abhängig von seinen Überzeugungen.

Tipp für die Praxis

Primäres schmerzmedizinisches Ziel ist eine Behandlung gemäß den zugrunde liegenden Pathomechanismen, die das jeweilige akute oder chronische Schmerzsyndrom auslösen bzw. unterhalten.

Merke

Eine erfolgreiche Therapie erfordert eine exakte qualitative und quantitative Zuordnung der bestehenden Beschwerden und ihrer Ursachen.

Nozizeptive Schmerzen

Oberflächenschmerzen. Zu den Nozizeptorschmerzen gehören alle Schmerzen, die ihre Ursache (traumatisch, tumorös oder entzündlich) in der unmittelbaren Reizung der Schmerzrezeptoren haben. Diese Reizung kann durch eine Schädigung der Körperoberfläche (Haut) oder tiefer gelegener Gewebestrukturen (Knochen, Muskulatur u. a.) ausgelöst werden, wobei der Schmerz dann meist auch unmittelbar an dieser Stelle empfunden wird als sog. Oberflächenschmerz ([Abb. 2]).

Viszeralschmerzen. Demgegenüber können Schmerzen aber auch durch eine Sensibilisierung der Schmerzsensoren im Körperinneren entstehen und segmental weiter übertragen werden ([Abb. 2]). Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass sich eine solche chronische Erregung viszeraler Afferenzen (z. B. im Rahmen einer Gastritis) auch in Veränderungen in den Übertragungszonen somatischer Gewebe niederschlagen kann, die durch sympathisch und somatisch efferente wie auch afferente Innervation erzeugt werden [16]. Daher spricht man bei diesen Eingeweide- (oder Viszeral-)Schmerzen auch von „übertragenen“ Schmerzen.

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Abb. 2 Die Schmerzübertragung erfolgt von peripher (Oberflächenschmerz) wie auch von viszeral (Eingeweideschmerz) über das Hinterhorn des Rückenmarks mit einer zentralen Weiterleitung zum Gehirn; dies kann auch die Entstehung übertragener Schmerzen erklären.

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Entzündliche Schmerzen

Entzündliche Schmerzen werden prinzipiell den nozizeptiven Schmerzen zugeordnet. Sie entstehen u. a. durch lokoregionale (z. B. komplexe regionale Schmerzsyndrome [CRPS], Synonym: M. Sudeck) oder systemische Dysbalancen (z. B. entzündlich-rheumatische Erkrankungen) von pro- und antiinflammatorischen Zytokinen, wie z. B.

  • TNF-α

  • Interleukine

  • Bradykinin

  • Substanz P

  • CRP (Calcitonin Gene-Related Peptide)

Diese immunologisch vermittelten Prozesse führen zur peripheren und im weiteren Verlauf auch zu einer zentralen Sensibilisierung des somatosensorischen Systems und somit zu Schmerzen. So konnte z. B. nachgewiesen werden, dass TNF-α einen entscheidenden Beitrag zur peripheren Sensibilisierung von Nozizeptoren leistet und TNF-α1- und TNF-α2-Rezeptoren wichtige zentrale Schmerzmediatoren sind [17].


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Neuropathische Schmerzen

Bei neuropathischen Schmerzen handelt es sich um zumeist brennende-elektrisierende Schmerzen. Sie treten nach einer Läsion von Nervengewebe (Trauma, elektiver operativer Eingriff) oder im Rahmen von Systemerkrankungen, die das somatosensorische System negativ beeinflussen (z. B. Diabetes mellitus, ethyltoxische Polyneuropathie, Multiple Sklerose, HIV-Infektion), auf. Zentrale neuropathische Schmerzen kommen z. B. nach ischämischen Hirninsulten oder Hirnblutungen vor, sofern spezifische Hirnareale betroffen sind (z. B. Thalamus, Gyrus cinguli).

Merke

Eine Sonderform des neuropathischen Schmerzes ist der Phantomschmerz.

Die Heterogenität der geschilderten Symptome mit vielfältiger Ätiologie erschwert eine individuelle Therapieplanung, auch wenn sich grundsätzlich die pharmakologische Behandlung neuropathischer Schmerzen mit Ausnahme der Trigeminusneuralgie nicht wesentlich unterscheidet [19] [20].

Nach Ausschöpfen aller kausalen Therapieoptionen (z. B. zeitnahe Behandlung einer Varizella-Zoster-Virus-Infektion mit Virustatika) sollten pharmakologische Therapieoptionen geplant werden.

Eine Darstellung des somatosensorischen Systems ist in [Abb. 3] gezeigt.

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Abb. 3 Aufsteigende Schmerzbahnen aus Rumpf und Extremitäten. Läsionen können prinzipiell auf allen Ebenen stattfinden und eine spezifische Symptomatik auslösen [18].

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Funktionelle Schmerzen

Funktionelle Schmerzsyndrome treten mit einer Prävalenz von bis zu 15 % in der Bevölkerung auf [15]. Dabei werden diesem Bild verschiedene funktionelle Syndrome zugerechnet, wie z. B.

  • das Fibromyalgiesyndrom oder

  • die anhaltende somatoforme Schmerzstörung.

Funktionelle somatische Syndrome treten häufiger bei Frauen als bei Männern auf und sind häufiger von psychischen Störungen begleitet als in der Durchschnittsbevölkerung oder bei Patienten mit einer strukturell definierten Erkrankung [21]. Darüber hinaus weisen Patienten mit funktionellen somatischen Syndromen überdurchschnittlich häufig belastende Lebensereignisse auf. Vor diesem Hintergrund spielen in der Therapie dieser Störungen Antidepressiva und Psychotherapie eine wichtige Rolle.

Fazit für die Praxis

Gemäß Pathomechanismus werden verschiedene Schmerzqualitäten unterschieden. Hierzu gehören nozizeptive, entzündliche, neuropathische, funktionelle und in der Mehrzahl Schmerzsyndrome mit gemischter Qualität („Mixed Pain“).


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Therapieoptionen

Mit dem Erstgespräch beginnt die Therapie, indem folgende Interventionen zum Einsatz kommen:

  • interpersonal (den Schmerz und den Patienten annehmen)

  • edukativ (Aufbau eines psychosomatischen Krankheitsverständnisses)

  • motivational (die Selbstwirksamkeit steigern)

Tipp für die Praxis

Der Patient muss sich „erkannt“ fühlen. Bei der Therapie sollten Präferenzen des Patienten und des Behandlers Berücksichtigung finden.

Die Reduktion des Schmerzes ist auch Mittel zum Zweck: Entscheidend ist oft der Wechsel der Sichtweise von einem rein kurativen oder symptomatischen Ansatz zu einem eigenverantwortlichen rehabilitativen Ansatz. Als günstig gelten strukturierte Programme einer multimodalen Therapie mit einer hohen Behandlungsdichte von mehr als 100 Stunden und einem explizit interdisziplinären und integrativen Ansatz. Dieser sollte mit Teamsitzungen, der Fokussierung auf die Wiederherstellung der körperlichen und sozialen Funktionsfähigkeit sowie der Nutzung psychotherapeutischer Prinzipien verbunden sein [22].

Tipp für die Praxis

Im Zusammenhang mit tagesklinischen Ansätzen ist die therapeutische Wiederholungswoche 10 Wochen nach Abschluss der Behandlung (Boosterbehandlung) zu empfehlen [23].

Wenn ausgeprägte psychische Komorbiditäten wie Depressionen oder Angststörungen vorliegen, müssen diese selbstverständlich beachtet und mitbehandelt werden. Auf welchem Beschwerdebild dann initial der Fokus liegt, ist individuell verschieden.

Medikamentöse Therapieoptionen

Die Pharmakotherapie in der Schmerzmedizin ist in den letzten 2 Jahrzehnten deutlich differenzierter geworden. Insbesondere die klinische Unterscheidung in nozizeptive, neuropathische und inflammatorische Schmerzsyndrome führte zu unterschiedlichen pharmakologischen Ansätzen ([Tab. 1]).

Tab. 1

Pharmakotherapeutische Optionen in der Schmerzmedizin auf Basis der Pathomechanismen der Schmerzsyndrome.

Wirkstoffgruppe

Wirkort

Wirkmechanismus

Haupteinsatz

NSAR

peripher/spinal

analgetisch/antiinflammatorisch

Nozizeptorschmerz, Entzündungsschmerz

Opioide

spinal Gehirn

analgetisch

stärkste Nozizeptorschmerzen, starke Nervenschmerzen

Kanalblocker (z. B. Pregabalin)

im Nerv spinal
supraspinal

nervenstabilisierend
anxiolytisch

Nervenschmerzen

Reuptake-Hemmer (z. B. Amitriptylin)

spinal
supraspinal

Steigerung der Schmerzhemmung

Nervenschmerzen, chronische Schmerzen

Kaliumkanalöffner

spinal

relaxierend

Muskelverspannungen

Neuropathische Schmerzen. Während nozizeptive Schmerzen meist mit Nicht-Opioid-Analgetika, wie z. B. nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), und Opioiden, wie etwa Buprenorphin, behandelt werden, stehen bei neuropathischen Schmerzen als Substanzen der 1. Wahl zur Verfügung:

  • Antidepressiva (Trizyklika [TCA], balancierte Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer [SNRI])

  • Antikonvulsiva (Gabapentin, Pregabalin), die neuronale spannungsabhängige Kalziumkanäle inhibieren

Interessanterweise gelten diese beiden Gruppen neben den sog. N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Amantadin, Ketamin) als die wirksamsten Verbindungen gegen chronische Schmerzen durch zentrale Sensibilisierung. Opioide mit einem sog. dualen Wirkprinzip (Aktivierung von Opioidrezeptoren und monoaminerge Effekte) wie Tramadol und Tapentadol ergänzen die Wirkstoffpalette gegen neuropathische Schmerzen.

Bei Symptomen der Allodynie haben sich auch topische Therapieformen (Pflaster oder auch Cremes) etabliert, wie z. B. Lidocain-Pflaster 5 % und Capsaicin-Pflaster 8 % mit Effektstärken vergleichbar zu denen einer systemischen Pharmakotherapie.

Diese Entwicklungen sind bedeutsam, da gerade neuropathische Schmerzen sehr häufig vorkommen und einige der genannten Substanzen von Erkenntnissen über ihren Wirkmechanismus in präklinischen Modellen ausgehend entwickelt worden sind. Trotzdem können die Schmerzen – auch bei Verwendung von Kombinationen – bei kaum mehr als 50 % der Betroffenen zufriedenstellend gelindert werden [24]. Nicht tolerable Nebenwirkungen können weitere Gründe sein, warum die genannten Substanzen nicht erfolgreich eingesetzt werden können. Aus diesem Grund werden auf einer Off-Label-Ebene NMDA-Rezeptorantagonisten (z. B. Amantadin, Ketamin), Cannabinoide (z. B. THC/CBD-Kombination) und andere Substanzen in der Hoffnung eingesetzt, einen der mindestens 10 identifizierten neurobiologischen Mechanismen zu beeinflussen, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen beitragen.

Merke

Die vielen möglichen neurobiologischen Pathomechanismen stellen eine Herausforderung für die gezielte medikamentöse Schmerztherapie dar.

Darüber hinaus kann die geschickte Medikamentenkombination dazu führen, dass Opioiddosen gesenkt oder vermieden und Toleranzen gegenüber Opioiden reduziert werden können. Biologisch begründete Toleranz gegenüber Opioiden (Rezeptorverlust, hyper- bzw. proalgetische Effekte von Opioiden) ist ein lange unterschätztes Problem, das zur Empfehlung eines zurückhaltenderen Umgangs mit Opioiden bei gutartigem Hintergrund geführt hat [25].

Inflammatorische Schmerzsyndrome. Bei inflammatorischen Schmerzsyndromen werden neben NSAR auch Steroide und andere sog. Disease Modifying Antirheumatic Drugs (DMARD) eingesetzt. Seit mehr als 10 Jahren stehen für die Behandlung von entzündlichen Schmerzen sog. Biologika zur Verfügung. Dabei handelt es sich zumeist um Inhibitoren von proinflammatorischen Zytokinen, wie z. B. TNF-α, Interleukinen (IL-1 und IL-6) und anderen Zielstrukturen. In den kommenden Jahren werden weitere Zytokininhibitoren in den Vordergrund treten, welche über JAK-Signalwege (JAK: Januskinasen) proinflammatorische Zytokine und Chemokine hemmen können. Die Bedeutung von TNF-α als Schmerzmediator ist im Kapitel „Entzündliche Schmerzen“ ergänzend dargestellt. Noch nicht geklärt ist ein möglicher Einsatz von Biologika zur Behandlung von nicht-entzündlichen und/oder zentralen Schmerzen.

Fibromyalgiesyndrom. In den aktuellen S3-Leitlinien zur Behandlung des Fibromyalgiesyndroms steht als medikamentöse Behandlungsoption weiterhin Amitriptylin als Mittel der 1. Wahl im Vordergrund [26]. Im Gegensatz zur Therapie der Depression können unter schmerzmedizinischen Aspekten deutlich niedrigere Dosierungen (5 – 25 mg pro Tag) verwendet werden. Bei fehlender Wirksamkeit (Symptome: Schmerz, Schlaf) bzw. schlechter Verträglichkeit der Amitriptylinbehandlung ist ein Wechsel auf Duloxetin oder auch Pregabalin empfehlenswert.

Die medikamentöse Therapie sollte in regelmäßigen Abständen auf Verträglichkeit und Wirksamkeit evaluiert werden.

Mixed Pain

Aufgrund der oben aufgeführten, verschiedenen neurobiologischen Schmerzmechanismen ist in den meisten Fällen von einer Kombination aus mindestens 2 Schmerzpathomechanismen auszugehen. Davon abgeleitet hat sich der Begriff des „Mixed Pain“ etabliert, der die Symptomatik und Pathophysiologie der meisten chronischen Schmerzsyndrome am besten widerspiegelt. Gerade unter diesen Aspekten ist eine kombinierte medikamentöse Therapie sinnvoll.

CRPS. Ein Paradebeispiel für die Vermischung von unterschiedlichen Pathomechanismen sind die komplexen regionalen Schmerzsyndrome:

  • CRPS Typ 1, Synonym: M. Sudeck

  • CRPS Typ 2, Synonym: Kausalgie

Charakteristisch für ein CRPS ist das Nebeneinander von neuropathischen und entzündlichen Mechanismen mit entsprechender Schmerzsymptomatik. Darüber hinaus kommt es zu einer überschießenden Aktivität des sympathischen Nervensystems. Abgleitet von diesen Mechanismen ist zumeist eine medikamentöse Therapie aus Glukokortikoiden, Antikonvulsiva/Antidepressiva und Opioiden erforderlich. Bei besonders schweren Fällen mit klinisch führender neuropathischer Schmerzsymptomatik mit Hyperalgesie und Allodynie werden zusätzlich Sympathikusblockaden mit Lokalanästhetika oder mit dem Opioid Buprenorphin in das multimodale Behandlungskonzept integriert [27].


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Antihyperalgetisch wirksame Substanzen

In der vorliegenden Arbeit kann und soll nicht näher auf Wirkstoffe aus dem Bereich der NSAR und Opioide eingegangen werden. NSAR haben ihre Berechtigung bei einer Reihe von (entzündlichen) Erkrankungen, genau wie Opioide bei starken bis stärksten Schmerzen oft indiziert sein können. Der Fokus soll in dieser Arbeit aber auf chronischen Schmerzsyndromen und antihyperalgetisch wirksamen Substanzen u. a. aus der Klasse der Antidepressiva und Antikonvulsiva liegen (s. [Tab. 1]).

Antidepressiva

Antidepressiva nehmen in der Behandlung chronischer Schmerzzustände eine immer größer werdende Rolle ein [28]. Außer ihrem originären Ansatz, Depressivität zu behandeln oder zu vermeiden, verfügen einige über eine eigene analgetische Potenz. Dabei sind die Wirkmechanismen vielfältig. Neben Effekten auf sensibilisierte Natriumkanäle und NMDA-Rezeptoren spielt v. a. die Aktivierung der noradrenerg und serotonerg abhängigen Schmerzhemmbahnen durch Antidepressiva eine wichtige Rolle [29].

Trizyklische Antidepressiva (TCA)

Zugelassen für die langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts sind in Deutschland die folgenden TCA:

  • Amitriptylin und sein Metabolit Nortriptylin

  • Imipramin

  • Clomipramin

  • Doxepin

Diverse weitere TCA zeigen jedoch ebenfalls einen Nutzen und sind als Off-Label-Use eine Alternative der adjuvanten Schmerztherapie. Die Auswahl des Medikaments sollte sich dabei im Idealfall nach dem Spektrum der unerwünschten Arzneimittelwirkungen richten, die ggf. therapeutisch genutzt werden können. Beispielhaft können hier psychomotorisch aktive Patienten mit einer Schlafstörung erwähnt werden, die mit dem dämpfenden Amitriptylin behandelt werden können.

Merke

Nebenwirkungen von Antidepressiva lassen sich in der Schmerzmedizin gezielt therapeutisch einsetzen, z. B. bei Schlafstörungen.

Amitriptylin. Amitriptylin ist ein unselektiver Hemmstoff der Monoamin-Wiederaufnahme. Es wirkt im synaptischen Spalt vorzugsweise serotonerg und noradrenerg. Seine anticholinerge und antihistaminerge Wirkung führt dabei zu einer zentralnervösen Dämpfung, die auch therapeutisch genutzt werden kann. Als seit Jahren etabliertes TCA findet Amitriptylin daher insbesondere bei ängstlich-agitierter Depression seine Anwendung. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist die langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts. Aufgrund seiner nachgewiesenen migräneprophylaktischen Wirkung gilt Amitriptylin zusätzlich als Mittel der 2. Wahl bei der Prophylaxe von Migräne [30]. Und auch zur Behandlung des Spannungskopfschmerzes ist es sehr gut untersucht [31]. Wie andere TCA nutzt man neben seiner analgetischen auch seine anticholinerge Wirkung zur Behandlung des Reizdarmsyndroms [32]. Ebenso setzt man es bei funktionellen Schmerzsyndromen ein.

Die analgetische Wirkung kann dabei schon im unteren Dosisbereich, z. B. ab einer Initialdosis von 5 – 10 mg, beobachtet werden, wohingegen sich antidepressiv wirksame Tageserhaltungsdosen in einem Bereich von 100 – 150 mg finden lassen.

Amitriptylin weist außerdem lokale Wirkmechanismen auf, weshalb es auch topisch eingesetzt werden kann, z. B. bei neuropathischen Schmerzen [33].

Nortriptylin. Amitriptylin wird im Körper zu Nortriptylin verstoffwechselt. Dieser aktive Metabolit ist in Europa zur Behandlung der Depression, der Enuresis, aber auch zur Migräneprophylaxe und bei chronischen Schmerzen im Rahmen des bereits oben erwähnten Gesamtkonzepts zugelassen.

Nortriptylin wirkt – wie auch Amitriptylin – über noradrenerge Wiederaufnahmehemmung. Es hat jedoch die serotonerge und antihistaminerge Wirkung des Amitriptylins verloren, was sich u. a. in einem geringer ausgeprägten Spektrum unerwünschter Wirkungen und dem Verlust der sedativen Wirkung äußert. Nortriptylin wirkt vielmehr antriebssteigernd.

Merke

Nortriptylin zeigt im Gegensatz zu Amitriptylin keine serotonergen und antihistaminergen Effekte und wirkt antriebssteigernd.

Imipramin. Der Wirkstoff ist ein Dibenzazepin und gehört zur Gruppe der trizyklischen Antidepressiva. Entsprechend hemmt Imipramin die Monoamin-Wiederaufnahme mit vorherrschend serotonerger und noradrenerger Wirkung.

Es ist für die Therapie aller Formen von depressiven Erkrankungen zugelassen, bei Pavor nocturnus und Enuresis nocturna sowie zur adjuvanten Therapie chronischer Schmerzen.

Aktivierende und sedierende Teilkomponenten halten sich bei Imipramin eher die Waage, wobei sich die sedative Wirkung im Laufe der Behandlung oftmals verliert.

Desipramin. Der aktive Metabolit ist Desipramin, das sehr stark antriebssteigernd wirkt. Es wurde früher in vielen Ländern als eigenes Medikament vertrieben, aber u. a. wegen unerwünschter kardialer Wirkungen in den meisten Ländern aus dem Handel genommen, obgleich der Wirkstoff in Deutschland noch erhältlich ist.

Clomipramin. Auch Clomipramin ist ein Derivat des Imipramins, unterscheidet sich von diesem jedoch durch einen zusätzlichen Chlorsubstituenten. Es zeigt ein breites therapeutisches Spektrum und ist den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) in der Behandlung von Zwangsstörungen überlegen [34]. Wie auch Imipramin ist es zur adjuvanten Schmerztherapie im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts zugelassen.

Trimipramin. Empirisch wird Trimipramin oftmals eine starke hypnotische Wirksamkeit zugeschrieben. Da jedoch bisher kein klarer Wirksamkeitsnachweis bei eher geringerer Verträglichkeit gegenüber Doxepin berichtet wurde, ist es weiterhin nicht wie dieses in der Indikation zum Schlafanstoß zugelassen. Es gibt aber Hinweise, dass es in niedriger Dosis adjuvant zur Behandlung chronischer Schmerzen erfolgreich eingesetzt werden kann, auch wenn im Vergleich zu anderen TCA Negativdaten vorliegen (z. B. beim Reizdarmsyndrom) [35].

Doxepin. Als TCA ist Doxepin ein unselektiver Hemmstoff der Monoamin-Wiederaufnahme. Neben seiner noradrenergen und serotonergen Wirkung zeigt Doxepin auch anticholinerge, antihistaminerge und adrenolytische Effekte.

Aufgrund der stark dämpfenden Wirkung wird es bei Angststörungen und agitierten wie auch psychotischen Depressionen eingesetzt. Auch bei Schlafstörungen findet es breite Anwendung. Es ist ferner geeignet, um vegetative Erregungszustände zu dämpfen, wie sie z. B. bei Entzugssymptomen von Alkohol, Arzneimitteln oder Opiaten auftreten können. In der Behandlung z. B. chronischer neuropathischer Schmerzsyndrome [36] zeigt Doxepin durchaus positive Effekte und hat eine Zulassung zur Behandlung chronischer Schmerzzustände im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts. Aufgrund seiner antihistaminergen Wirkung findet es aber auch bei dermatologischen Symptomen Anwendung und scheint positive Effekte u. a. auf Juckreiz zu haben [37].


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Balancierte Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SNRI)

Duloxetin. Dies ist ein chiraler Arzneistoff aus der Gruppe der SNRI. Es ist in der EU zugelassen zur Behandlung von:

  • depressiven Erkrankungen

  • generalisierten Angststörungen

  • Stress-Harninkontinenz bei Frauen

  • Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie

Der analgetische Effekt bei Schmerzsymptomen in Verbindung mit Depression ist nach einer neueren Metaanalyse allerdings gering [38]. Untersuchungen zur individuellen Patientenreaktion zeigen entweder eine überdurchschnittlich gute oder keine Besserung bis hin zu ausgeprägten unerwünschten Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Duloxetin [39].

In den USA besteht auch eine Zulassung zur Behandlung muskuloskeletaler Schmerzen sowie der Fibromyalgie. In Europa jedoch wurde die Wirksamkeit durch den Ausschuss für Humanarzneimittel der European Medicines Agency (EMA) als nicht ausreichend bewiesen eingestuft [40].

Merke

Duloxetin stellt in Deutschland für die Indikationen muskuloskeletaler Schmerzen und Fibromyalgie einen Off-Label-Behandlungsansatz dar.

Venlafaxin. Das Phenylethylaminderivat entfaltet als SNRI seine Wirkung im Zentralnervensystem. Es ist zur Behandlung von Angsterkrankungen und Depressionen zugelassen, bei Letzteren auch zur Rezidivprophylaxe. Weiterhin wird es im Off-Label-Use zur Behandlung der neuropathischen Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie eingesetzt.


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Weitere Antidepressiva mit antihyperalgetischem Effekt

Mirtazapin. Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der tetrazyklischen Antidepressiva. Er blockiert präsynaptisch α2-Rezeptoren und führt dadurch zu einer Hemmung verschiedener Kopplungsmechanismen, über die normalerweise die Freisetzung der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin gehemmt wird. Ferner konnte eine Wirkung auf Opioidrezeptoren gezeigt werden, wobei Mirtazapin zum κ3-Opioidrezeptor eine hohe, zum μ-Opioidrezeptor jedoch eine geringere Affinität aufweist [41].

Merke

Mirtazapin ist das Pyridylanalogon von Mianserin.

Im Gegensatz zu Mianserin zeigt Mirtazapin jedoch neben seinen ausgeprägten antidepressiven Effekten auch analgetische Effekte, sodass eine Off-Label-Anwendung in der adjuvanten Schmerztherapie erwogen werden kann. Die gegenwärtige Studienlage spricht jedoch für den Einsatz der besser untersuchten TCA.

Bupropion (vor dem Jahre 2000: Amfebutamon). Hierbei handelt es sich um einen selektiven Noradrenalin- und Dopamin- (und nur geringfügig auch Serotonin-)Wiederaufnahme-Inhibitor (NDRI). In Deutschland wurde die Zulassung als Antidepressivum in einer retardierten Präparatform erteilt; es findet ferner auch Anwendung in der Raucherentwöhnung. Es gibt Hinweise darauf, dass Bupropion antineuropathisch wirken kann (zur Übersicht s. [36] [42]), ohne dass es in dieser Indikation zugelassen ist.

Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI). Auch wenn einige Studien immer wieder eine Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen nahelegen, zeigen SSRI wie Paroxetin oder Citalopram in der Regel nur geringe oder wie Fluoxetin gar keine Effekte auf die Schmerzwahrnehmung [36]. Sie spielen jedoch eine wichtige Rolle in der Behandlung sekundärer (reaktiver) Depressionen u. a. bei der chronischen Schmerzstörung, auch wenn hier aufgrund breiterer Wirkmechanismen den TCA, SNRI oder dem Mirtazapin der Vorzug zu geben ist.

Merke

SSRI zeigen kaum oder keine Effekte auf die Schmerzwahrnehmung.


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Antidepressiva und Körpergewicht

Ein häufiges Problem bei der Behandlung mit Antidepressiva stellt die Gewichtszunahme dar, die in vielen Fällen einer meist initialen Gewichtsabnahme folgt. Die Gewichtszunahme ist gleichermaßen aus biomechanischen, neurobiologischen und psychischen Faktoren nachteilig, da hierdurch chronische Schmerzen verstärkt werden können.

Merke

Eine Gewichtszunahme kann chronische Schmerzen verstärken.

In einer Metaanalyse wurde gefunden [43]:

  • größte Gewichtstreiber: Amitriptylin, Mirtazapin, die SSRI Paroxetin und Citalopram sowie etwas geringer ausgeprägt Nortriptylin

  • im Mittel mit einer Gewichtsreduktion verbunden: Bupropion und geringer ausgeprägt der SSRI Fluoxetin

  • im Mittel kein oder nur ein geringes Potenzial zur Gewichtszunahme: Imipramin, Duloxetin und der SSRI Sertralin

Allerdings sind die Aussagen der Metaanalyse insofern zurückhaltend zu bewerten, da Studien, in denen Übergewichtige und Patienten mit Essstörungen mit Antidepressiva behandelt wurden, nicht mit in die Analyse aufgenommen wurden.


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Antihyperalgetisch wirksame Antikonvulsiva

Gabapentin. Das Antikonvulsivum Gabapentin ist strukturell mit GABA verwandt. Als analgetische Wirkkomponente wird die Blockade zentraler L-Typ-Kalziumkanäle angenommen. Zusammen mit Pregabalin repräsentiert diese Substanz die Gruppe der Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Kalziumkanäle und gehört neben den Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Natriumkanäle (s. u.), Antidepressiva (s. o.), lang wirksamen Opioiden (s. o.) und topischen Therapieprinzipien mit Lidocain und Capsaicin (s. o.) zu den wichtigsten Substanzen in der Behandlung chronischer neuropathischer Schmerzen [44].

Gabapentin kann postoperative Schmerzen lindern und (ähnlich wie Pregabalin) bei perioperativem Einsatz chronischen postoperativen Schmerz verhindern [45] [46].

Pregabalin. Pregabalin ist ein GABA-Analogon, wirkt aber nicht aktiv an dessen Rezeptor. Somit kann es weder als Agonist noch als Antagonist bezeichnet werden. Ferner bindet es an einer Untereinheit (α2-δ-Protein) von spannungsabhängigen Kalziumkanälen. Es gehört wie das Gabapentin zu den Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Kalziumkanäle und wird entsprechend häufig bei chronischen neuropathischen Schmerzen eingesetzt (s. o.). Es besteht eine Zulassung zur Behandlung peripherer und zentraler neuropathischer Schmerzen. Darüber hinaus scheint Pregabalin perioperativ zu wirken, hat dafür aber keine Zulassung [46]. Zugelassen ist der Wirkstoff auch bei generalisierter Angststörung. Absetzphänomene sind beschrieben.

Carbamazepin. Ebenso wie das strukturchemisch sehr ähnliche Imipramin ist Carbamazepin ein Dibenzazepin, gehört aber zur Gruppe der Antikonvulsiva. Es entfaltet seine Wirkung, ebenso wie z. B. Lamotrigin, vorwiegend über neuronale Natriumkanäle und ist Mittel der 1. Wahl zur Behandlung der neuropathischen Attackenschmerzen (z. B. Trigeminusneuralgie) [47].

Tipp für die Praxis

Bei nicht tolerablen Nebenwirkungen des Carbamazepins kann das oft besser verträgliche Oxcarbazepin eingesetzt werden.


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NMDA-Rezeptorantagonisten

>NMDA-Rezeptorantagonisten wie Ketamin, Amantadin, Memantin und Dextromethorphan zeigen als Glutamatantagonisten laut einigen klinischen Studien Wirkungen bei neuropathischen Schmerzen [48]. Dabei erzielt z. B. Ketamin auch als Lokaltherapeutikum wie auch intravenös in subanästhetischer Dosierung Effektivität [49] [50]. Obwohl Ketamin noch keine offizielle Zulassung zur Behandlung von chronischen Schmerzsyndromen hat, stellt es bei Unverträglichkeit oder Unwirksamkeit eine Alternative dar und zeigt durchaus auch ein antidepressives Potenzial [51].


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Kaliumkanalöffner

Zu den Kaliumkanalöffnern zählt der Wirkstoff Flupirtin. Er hemmt an seinem spinalen Angriffspunkt durch Aktivierung von neuronalen Kaliumkanälen die Weiterleitung von nozizeptiven Impulsen.

Flupirtin ist ein zentral wirkendes, nichtopioides Analgetikum. Innerhalb der Nicht-Opioid-Analgetika bildet Flupirtin eine eigene Untergruppe, da es analgetisch, aber nicht antipyretisch oder antiphlogistisch wirkt.

Bisher war Flupirtin zur Behandlung akuter und chronischer Schmerzen zugelassen (z. B. Muskelverspannungen, Spannungskopfschmerz, Tumorschmerz und postoperativer Schmerz). Am 15.7.2013 wurde jedoch durch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ein Rote-Hand-Brief herausgegeben [52]. Grund hierfür war der Nachweis von Hepatopathien unter der Behandlung mit Flupirtin („Leberwert“-Erhöhungen bis zum Leberversagen). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt darf Flupirtin nur bei akuten Schmerzen bei Erwachsenen eingesetzt werden, sofern NSAR und Opioide kontraindiziert sind. Die Dauer der oralen Therapie darf 14 Tage nicht überschreiten, und „Leberwert“-Messungen müssen im wöchentlichen Abstand während der Therapie erfolgen.

Kernaussagen
  • Chronischer Schmerz ist multifaktoriell.

  • Eine effiziente Arzt-Patienten-Kommunikation ist der Schlüssel zum erfolgreichen Schmerzmanagement.

  • Kenntnisse der Schmerzphysiologie sollten Basis der Behandlungsentscheidungen sein.

  • Der Einsatz der Medikamente sollte nach pathophysiologischen Erkenntnissen und spezifischen Medikamentenwirkungen erfolgen.

  • Das Wissen über antihyperalgetische Wirkstoffe, wie z. B. Antidepressiva und Antikonvulsiva, nimmt beständig zu.

  • Das Verständnis des Teufelskreises „chronischer Schmerz“ in der pharmakologischen Schmerzbehandlung ist wichtig.

  • Ziel sollte eine mechanismenorientierte Schmerztherapie sein, die an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst wird.


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Interessenkonflikt:

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* Erstveröffentlichung in PSYCH up2date 2014; 8: 37 – 48


  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. med. Michael Stephan
Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

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Abb. 1 Schema zum Phänomen von Hyperalgesie (verstärkte Schmerzantwort auf schmerzhafte Stimuli) und Allodynie (Schmerzen auf normalerweise nicht schmerzhafte Stimuli).
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Abb. 2 Die Schmerzübertragung erfolgt von peripher (Oberflächenschmerz) wie auch von viszeral (Eingeweideschmerz) über das Hinterhorn des Rückenmarks mit einer zentralen Weiterleitung zum Gehirn; dies kann auch die Entstehung übertragener Schmerzen erklären.
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Abb. 3 Aufsteigende Schmerzbahnen aus Rumpf und Extremitäten. Läsionen können prinzipiell auf allen Ebenen stattfinden und eine spezifische Symptomatik auslösen [18].