Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219(3): 110
DOI: 10.1055/s-0034-1397793
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Geburtshilfe
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Large-for-date-Feten – Geburtseinleitung bei makrosomen Kindern – weniger Schulterdystokien, nicht mehr Sectiones

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Publication Date:
26 June 2015 (online)

Hintergrund: Die pränatale Verdachtsdiagnose eines makrosomen Fetus stellt den Geburtshelfer vor das Dilemma der Entscheidung, welcher Geburtsmodus zu welchem Zeitpunkt der ideale ist. Makrosomie bedingt ein erhöhtes Risiko für Schulterdystokien mit entsprechender Morbidität. Frühzeitige Einleitungen enden oft frustran, frühe Sectiones haben ein erhöhtes Risiko für postnatale Komplikationen beim Kind. Aktuelle Empfehlungen stützen sich auf kleine Studien oder solche mit fetalem Gewicht über Termin und über 4000 g. Die Autoren untersuchten, welchen Einfluss eine vorzeitige Einleitung versus Abwarten auf die neonatale und maternale Morbidität hat.

Methoden: In die prospektive randomisierte multinationale Multizenterstudie wurden von Oktober 2002 bis Januar 2009 Frauen eingeschlossen, die zwischen 36 und 38 Schwangerschaftswochen (SSW) in der Routinekontrolle mit einem Schätzgewicht oberhalb der 90. Perzentile auffielen. Kontraindikationen gegen eine vaginale Geburt waren Z.n.Schulterdystokie, Urin- oder Stuhlinkontinenz, insulinpflichtiger Diabetes und Z. n. Sectio caesarea. Die Frauen wurden randomisiert abwartendem Verhalten oder Einleitung zugeordnet. Die Einleitung erfolgte 3 Tagen nach Randomisierung zwischen 37 + 0 und 38 + 6 SSW. Die Wahl zwischen Prostaglandin und Oxytocin war dabei dem Geburtshelfer überlassen. Bei Frauen, bei denen der spontane Verlauf abgewartet wurde, konnte die Geburt nach Blasensprung oder bei Terminüberschreitung eingeleitet werden. Als Schulterdystokie war eine Schulterentwicklung definiert, die ein Eingreifen von mehr als McRoberts-Manöver oder suprasymphysären Druck nötig machte. Primäre Endpunkte waren schwere Komplikationen wie Plexusparese, Frakturen von Clavicula oder langen Knochen, intrakranielle Blutungen. Sekundäre Endpunkte waren neonataler pH < 7,10, Apgar nach 5 min <7, für die Mutter galten vaginaloperative Beendigung, Sectio caesarea, postpartale Blutung von mehr als 1000 ml und Analsphinkterläsion.

Ergebnisse: 818 Frauen wurden in die Studie aufgenommen. Bei 316 in der Studiengruppe (89 %) und 116 in der Kontrollgruppe (28 %) wurde die Geburt eingeleitet. Die Basisdaten der Frauen unterschieden sich nicht hinsichtlich Alter, BMI, Parität, Gewichtszunahme in der Schwangerschaft und präpartal geschätztem Gewicht. Das mittlere Geburtsgewicht in der Studiengruppe war 3831 g vs. 4118 g in der Kontrollgruppe. 125 Kinder wogen mehr als 4000 g, 13 mehr als 4500 g nach Einleitung vs. 254 respektive 61 in der Kontrollgruppe. Schulterdystokien traten bei 8 (2 %) Fällen in der Studiengruppe und 25 (6 %) in der Kontrollgruppe auf (p = 0,004, 95%-Konfidenzintervall [KI]1,4–6,8), die Number-needed-to-treat war 25 (95 %-KI 15–70). Keine weiteren Komplikationen traten auf. Das Risiko für eine Sectio caesarea war statistisch nicht unterschiedlich, die Wahrscheinlichkeit für eine vaginale Entbindung war aber in der Einleitungsgruppe höher. Die mütterliche Morbidität war nicht erhöht.

Fazit

Die vorliegende Studie zeigt ein erniedrigtes Risiko für Schulterdystokien bei Geburtseinleitung in der 37.–38. SSW ohne erhöhtes Risiko für eine Sectio caesarea. Die Autoren bemerken kritisch, dass die Daten konträr sind zu denen anderer publizierter Studien, weisen aber darauf hin, dass sie prospektiv mit dem fetalen Schätzgewicht und nicht mit dem tatsächlichen Geburtsgewicht randomisiert haben. Eine Schwäche ist sicherlich die Definition der Schulterdystokie, welche das McRoberts-Manöver ausschließt.

Dr. Silke Johann, Bern