Klinische Neurophysiologie 2014; 45(04): 207-213
DOI: 10.1055/s-0034-1395513
Originalia
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neurophysiologische Befunde bei den Stiff Man-Syndromen

Neurophysiological Findings in the Stiff Man Syndromes
H.-M. Meinck
1   Neurologische Universitätsklinik Heidelberg
› Institutsangaben
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Hans-Michael Meinck
Neurologische Universitätsklinik
Im Neuenheimer Feld 400
69120 Heidelberg

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
22. Dezember 2014 (online)

 

Zusammenfassung

In einem sich klinisch und immunologisch zunehmend ausdifferenzierenden Manifestationsspektrum chronischer Autoimmun- Enzephalomyelitiden sind fluktuierende Rigidität und Spasmen das ungewöhnliche gemeinsame klinische Merkmal der Stiff Man-Syndrome (SMS). Die Autoimmunität richtet sich beim SMS vor allem gegen Proteine inhibitorischer ZNS-Synapsen. Korrespondierend lassen sich neurophysiologische Zeichen einer defekten Inhibition auf verschiedenen motorischen Regulationsebenen nachweisen, besonders im Rückenmark und Hirnstamm, aber auch im motorischen Kortex. Diagnostisch wertvoll ist vor allem die EMG-Polygrafie spontaner und reizinduzierter Spasmen und Myoklonien, weil sie reproduzierbare abnorme Innervationsmuster mit kurzer Latenz identifiziert.


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Abstract

In a broadening clinical and immunological spectrum of chronic autoimmune encephalomyelitis, fluctuating rigidity and spasms, an unusual combination, are the common characteristics of stiff man syndromes. Autoimmunity is targeted mainly against proteins of inhibitory CNS synapses. Correspondingly, neurophysiological techniques demonstrate a lack of inhibition at various levels of motor regulation, mainly in the spinal cord and brainstem, but also in the motor cortex. EMG polymyography, particularly of spontaneous and stimulus-induced spasms and jerks, helps one to make the diagnosis by identifying reproducible abnormal innervation patterns with a short latency.


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Das Syndrom, seine Varianten und Pathogenese

Syndrom-Definition

Als ‚Stiff man-Syndrom’ bezeichneten Moersch and Woltman [1] ironisierend die ungewöhnliche und rätselhafte Kombination von fluktuierender Rigidität der Rumpf- und rumpfnahen Muskulatur mit überlagernden schmerzhaften Spasmen ohne weitere Zeichen einer neurologischen Erkrankung. Diese diagnostischen Kernkriterien waren bei den von ihnen beschriebenen Patienten variabel assoziiert mit weiteren schwer zuzuordnenden Auffälligkeiten: ängstliche Gangstörung mit Blockaden und Stürzen, Hyperlordose, episodische adrenerge Dysregulation, Schreckhaftigkeit und ausgeprägte Angst, auf offenen Flächen frei zu gehen oder zu stehen. Entsprechend häufig war die Fehldiagnose einer psychogenen Bewegungsstörung – sie ist es bis heute geblieben (Infobox 1)!

Infobox1

Kernsymptome und weitere häufige Merkmale des SMS und seiner Varianten in der Heidelberger Kohorte (N=145)

Rigidität der axialen Muskulatur 100%

Schmerzhafte Spasmen 100%

Gangstörung, -blockaden, Stürze 85%

Agoraphobie (aufgaben-spezifisch) 80%

Skelettdeformitäten (Ankylosen) 75%

Fehldiagnose psychogene Störung 73%

gesteigerte Schreckhaftigkeit 70%

gesteigerte Eigenreflexe 67%

krisenhafte Dysautonomie 58%

Kopfretraktionsreflex 57%

„Plus“-Symptome (=PERM)* 38%

*z. B. Okulomotorikstörungen, Ataxie, Paresen, Dysarthrie/Dysphagie, Babinski-Zeichen, Epilepsie


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Syndrom-Varianten

Heute wird deutlich, dass der ikonische Name Stiff-Man Syndrom (SMS) einen ungewöhnlichen Subtyp von chronischen Autoimmun-Enzephalomyelitiden bezeichnet, bei dem Rigidität und Spasmen das verbindende Merkmal innerhalb eines sich klinisch und immunologisch zunehmend ausdifferenzierenden Manifestationsspektrums bilden. Fälle mit axialer Rigidität und Spasmen mit weiteren neurologischen Symptomen wie z. B. Ataxie, Augenbewegungsstörung, fokale Epilepsie, Pyramidenbahnzeichen, zentraler oder peripherer Lähmung werden als Plus-Variante angesehen und – in Distinktion zum klassischen SMS – von den meisten Autoren als progressive Enzephalomyelitis mit Rigidität und Myoklonien (PERM) bezeichnet. Rigidität und Spasmen nur einer Gliedmaße, meist eines Beines, Stiff limb-Syndrom oder Stiff leg-Syndrom (SLS), gelten als Minus-Variante des klassischen SMS [2] [3] [4] [5]. Klinische und immunologische Charakteristika dieser Krankheitsbilder sind kürzlich an anderer Stelle dargestellt worden [6]. Der Schwerpunkt dieses Beitrages liegt, der thematischen Ausrichtung der Zeitschrift folgend, auf den klinisch-neurophysiologischen Aspekten.


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Pathogenese

Als Ursache vermutete man zunächst eine neuromuskuläre Störung. Pathologisch-anatomische Hinweise auf eine entzündliche Erkrankung des ZNS wurden anderen Krankheitsentitäten zugeordnet (‚spinale Neuronitis‘, [7] [8], Übersicht bei [4]). Charakteristische neurophysiologische Normabweichungen und ihre Modulation durch zentral wirksame Pharmaka öffneten den Blick dafür, dass es sich um eine zentrale Bewegungsstörung handelt Übersicht in [9].

Verschiedene Befunde sprechen für eine Autoimmun-Pathogenese (Infobox 2). Die dominante Autoimmunität richtet sich gegen Glutamat-Dekarboxylase (GAD, etwa 80% in der Heidelberger Kohorte). GAD reguliert die Synthese des ZNS-Transmitters GABA. Hieraus wurde die Hypothese abgeleitet, dass die Bewegungsstörung verursacht wird durch eine Autoimmunattacke gegen hemmende GABAerge Neurone, mithin als motorische Disinhibitions-Symptomatik zu verstehen ist. Autoimmunität gegen weitere Proteine hemmender Synapsen, z. B. Glyzinrezeptor Typ 1 (GlyR1; 12%), Amphiphysin 1 (ca. 6%) und andere neuronale Antigene (etwa 4%) lassen sich mit dem Kerngedanken dieser Hypothese gut vereinbaren [13] [14] [15]. Allerdings kommen Serum-Ak gegen GAD im Kontext zahlreicher – auch nicht-neurologischer – Erkrankungen und gelegentlich sogar bei Gesunden vor [14].

Infobox 2

Argumente für die Autoimmun-Pathogenese der Stiff Man-Syndrome

  • hohe Prävalenz für Autoimmun-Endokrinopathien (etwa 70%,

  • z. B. Diabetes mellitus Typ I, Hypo- und Hyperthyreose, atrophische Gastritis, B12-Hypovitaminose) mit charakteristischen organspezifischen Autoantikörpern (Ak) [10];

  • hohe Prävalenz von Ak gegen neuronale Proteine in Serum und Liquor (GAD, Amphiphysin 1, Glyzin-Rezeptoren, DPPX, GABAA-Rezeptoren; insgesamt 80–90%);

  • intrathekale de novo Synthese von antineuronalen Ak, IgG oder

  • oligoklonalen Banden;

  • Übertragung der Symptome auf Labortiere mit IgG von Patienten [11] [12];

  • Wirksamkeit immunmodulierender Therapien [Übersicht bei [13]].


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Klinische Manifestation

Epidemiologie und Verlauf

Das mittlere Manifestationsalter liegt in der Heidelberger Kohorte (N=145) bei 46 (18–81) Jahren; 2/3 der Patienten sind weiblich. Der typische Verlauf ist charakterisiert durch schleichenden Beginn und langsame Progression über Monate oder Jahre mit Übergang in ein stabiles Stadium. Neben dieser typischen kommt deutlich seltener eine Verlaufsform mit subakuten Schüben vor, vor allem bei der PERM-Variante mit Antikörpern gegen Glyzin-Rezeptoren [15]. Spontane Remissionen sind sehr selten [4] [6].


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Kernsymptome

Die häufigeren klinischen Symptome zeigt Infobox 1; die ausführliche Darstellung beschränkt sich auf die obligaten Kernsymptome. Die Rigidität ist meist in den Muskeln der unteren Rumpfhälfte lokalisiert und symmetrisch, sie fluktuiert zwischen kaum merklich (z. B. in Ruhe, im Schlaf oder in Narkose) und intensiv (bei Beobachtung oder Provokation). Spontane Spasmen zeigen meist ein rasches An- und langsames Abklingen, typischerweise mit opisthotonischem Streckmuster des Rumpfes. Oft beginnen die Spasmen jedoch auch ruckartig (myoklonisch) und so kraftvoll (und schmerzhaft), dass sie Muskelrisse oder sogar „Spontan“-Frakturen verursachen können. Typischerweise besteht eine deutlich gesteigerte Reaktivität der Patienten bei exterozeptiver Stimulation (Berührung, Schmerz, Desinfektionsspray). Auch banale akustische Signale (Telefonklingel, Türöffnung) oder unerwartete Berührungen lösen gesteigerte Schreckreaktionen aus (Startle, Hyperekplexie). Etwa 60% der Patienten haben einen brüsken Kopfretraktionsreflex bei Beklopfen der Stirn oder des Nasenrückens, gelegentlich auch andere atavistische Reflexe des Gesichts zusätzlich zu den gesteigerten Muskeleigenreflexen [16].

Rigidität und Spasmen verursachen Dystonie-ähnliche Ankylosen oder Subluxationen, am häufigsten eine fixierte Hyperlordose, die sich beim Vorbeugen nicht ausgleicht. Auch neurogene Fußdeformitäten (z. B. Hohl-Spitzfuß, Hakenzehen) oder ein als Hallux rigidus fehldiagnostizierter ‚striatal toe‘ sind nicht selten. Das Gangmuster wirkt ängstlich, steifbeinig und oft bizarr. Zunehmende Anforderungen (z. B. Gehen in der Mitte des Flures oder im Freien, treppab ohne Berührung des Handlaufs) verursachen Gangblockaden, oft assoziiert mit Myoklonien oder Spasmen mit konsekutiven unkontrollierten Stürzen und erheblichem Verletzungsrisiko.


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Hilfsuntersuchungen

Ak gegen neuronale Antigene, findet man bei 80–90% der Patienten. Ak gegen mehrere neuronale Antigene sind keineswegs selten. Nicht zuletzt deshalb sollten immer sämtliche infrage kommenden antineuronalen Ak untersucht werden (Infobox 2). Einerseits eröffnet der Nachweis einer Autoimmunität gegen neuronale Oberflächenproteine (z. B. GlyR1 oder DPPX) andere therapeutische Optionen als der Nachweis einer Autoimmunität gegen zytosolische neuronale Antigene (GAD, Amphiphysin 1) [14]. Andererseits weisen insbesondere die Ak gegen Amphiphysin 1, seltener die gegen GlyR1 auf ein okkultes Neoplasma hin. Im Liquor lassen sich die antineuronalen Ak mit erhöhten Ak-Indizes nachweisen, daneben besteht bei etwa 60% eine intrathekale de novo Synthese von IgG und/oder oligoklonale Banden, in etwa 20% auch eine milde Lymphozytose. Kernspintomogramme von Gehirn und Rückenmark zeigen dagegen keine spezifischen Befunde [6].


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Therapie

Rigidität, Spasmen und aufgaben-spezifische Phobie lassen sich am effektivsten mit Benzodiazepinen unterdrücken. Baclofen und Tizanidine, gelegentlich auch Valproat oder Pregabalin helfen als add-on Medikation, die Benzodiazepin-Dosis niedrig zu halten [9]. Nachlassende Wirkung ist gelegentlich auf ein Fortschreiten der Erkrankung zurückzuführen, häufiger auf eine Benzodiazepin-Adaptation – dann sollte man sich nicht scheuen, die Dosierung dem Bedarf anzupassen. Immunmodulierende Strategien, in erster Linie Immunglobuline und Methylprednisolon, wirken meist erst nach wochen- bis monatelanger Behandlung. Bei wiederholter Anwendung kann die Wirksamkeit ebenfalls nachlassen. Patienten mit Ak gegen Proteine der neuronalen Zell-Oberfläche scheinen insgesamt häufiger und stärker von einer immunmodulierenden Therapie zu profitieren als Patienten mit Ak gegen zytosolische Antigene [13] [14].


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Klinische Neurophysiologie

Standarduntersuchungen

Als charakteristisch für das SMS gilt im EMG das kontinuierliche Feuern normaler motorischer Einheiten mit niedriger, auffallend stabiler Frequenz (Continuous Motor Unit Activity, CMUA) vor allem in der lumbalen Paraspinalmuskulatur ([Abb. 1]). Diese Aktivität können die Patienten willentlich kaum oder gar nicht unterdrücken. Man sieht CMUA in ähnlicher Weise auch bei anderen Erkrankungen mit erhöhtem muskulären Ruhetonus, z. B. beim Parkinsonismus, bei der kongestiven Myelopathie oder beim schmerzbedingten Hartspann. Es handelt sich hierbei also sicher nicht um einen spezifischen diagnostischen Befund, sondern allenfalls um ein Warnsignal. Allerdings verschwindet CMUA beim SMS im Schlaf, bei paralytischer Regionalanästhesie und in Narkose – was immerhin belegt, dass sie im ZNS generiert wird. Neben der CMUA am häufigsten abnorm ist der Masseter-Hemmungsreflex, der bei etwa 30% der Patienten einen Verlust seiner S2-Komponente zeigt ([Abb. 2]). Dieser Befund deutet auf eine mangelhafte Ausprägung neuronaler Hemmungsmechanismen im Hirnstamm hin und wird in ähnlicher Form auch bei Patienten mit Hyperekplexie beobachtet, einer familiären oder sporadischen Störung der glyzinergen Inhibition [17]. Die anderen elektrophysiologischen Standarduntersuchungen (EEG, NLG, EP, TKMS) zeigen häufig keine richtungsweisenden Normabweichungen sondern allenfalls Auffälligkeiten, die offensichtlich im Zusammenhang stehen mit einer begleitenden diabetischen Polyneuropathie. Immerhin klärt aber die klinisch-neurophysiologische Routinediagnostik einen Großteil der infrage kommenden Differenzialdiagnosen (Infobox 3). Bei der kortikalen Magnetstimulation sieht man gelegentlich eine abnorme Komponente, welche die kortikale Silent Period durchbricht [18] und vermutlich einem Reflex-Myoklonus entspricht. Außerhalb der routinediagnostischen Fragestellung lässt sich mit dieser Methode eine reduzierte intrinsische Inhibition im motorischen Kortex nachweisen, die mit der Antikörperkonzentration im Liquor korreliert [19]. Ob dies zur Erhöhung des Muskeltonus und den Spasmen beiträgt, ist unklar. Mit speziellen reflexphysiologischen Methoden lassen sich komplexe Störungen spinaler Hemmungsmechanismen nachweisen [20].

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Abb. 1 Continuous Motor Unit Activity (CMUA). Fortlaufende Registrierung mit Nadelelektrode, langsame (links) und schnelle (rechts) Registriergeschwindigkeit. Beachte die niedrige, aber stabile Entladungsfrequenz der normal geformten MUAPs, sodass bei hoher Registriergeschwindigkeit gelegentlich ein ‚stehendes Bild‘ entsteht.
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Abb. 2 Masseter-Hemmungsreflexe ausgelöst durch Elektrostimulation der Unterlippe mit hoher Reizstärke (Rechteckimpuls,>3 x Reflexschwelle) bei jeweils einem Patienten mit familiärer Hyperekplexie, SMS und einem Gesunden. Jeweils 4 Reflexe superponiert. Reiz bei 0 ms. Beim Gesunden wird mit Impulsen>3 x Reflexschwelle die Vorinnervation zwischen etwa 10 und 100 ms biphasisch blockiert, während sie bei SMS und Hyperekplexie selbst mit weiter ansteigender Reizstärke nur unvollständig unterdrückt wird.

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EMG-Polygrafie von Spasmen und Myoklonien

Die EMG-Polygrafie ermöglicht mit exzellentem zeitlichem Auflösungsvermögen die Darstellung und Analyse von Spasmen und Myoklonien, die wegen ihrer Geschwindigkeit, Flüchtigkeit oder Polytopie unter rein klinischen Bedingungen kaum möglich sind. Messung von Latenzen, Identifizierung von abnormen Innervationsmustern und Feststellung ihrer Reproduzierbarkeit erlauben diagnostische Rückschlüsse. So kann in den meisten Fällen die Differenzialdiagnose einer psychogenen Bewegungsstörung definitiv verworfen oder eben auch wahrscheinlich gemacht werden [21]. Allerdings bedarf es zur Durchführung solcher komplexer Untersuchungen eines gewissen Trainings und der Möglichkeit, von mehreren Muskeln simultan abzuleiten.

Bereits die einkanalige EMG-Ableitung spontaner Spasmen zeigt, dass die Muskelaktivität hierbei ungewöhnlich gleichmäßig zu- oder abnehmen kann ([Abb. 3a, b]). Die Mehrkanal-Ableitung belegt, dass die Innervation verschiedener Muskeln bei den myoklonischen Spasmen mit abnormen Mustern erfolgt, welche sich durch eine ausgeprägte Hypersynchronie auszeichnen: bi- oder triphasische EMG-Bursts mit hohen Amplituden, die in benachbarten Muskeln, insbesondere in Antagonistenpaaren, simultan auftreten und die häufig von einer ebenfalls synchronen Innervationspause gefolgt sind ([Abb. 3c]). Derartige Aktivitätsformen sind ausnahmslos pathologisch, nämlich myoklonisch. Insofern erlaubt ihre Registrierung auf Anhieb die klinisch nicht immer einfache Differenzierung zu psychogenen ruckartigen Innervationsstößen, die in antagonistischen Muskelpaaren stets ein alternierendes (‚ballistisches‘) Innervationsmuster zeigen [21]. Oft folgen Myoklonien und Spasmen unmittelbar aufeinander ([Abb. 3c]). Es kommen aber auch rein myoklonische Innervationsmuster vor ([Abb. 4]). Diese können über längere Zeit mit gleich bleibender Frequenz und Amplitude anhalten und muten dann klinisch wie Zitteranfälle an. In vielen Fällen ist die Frequenz der Myoklonien so hoch (10–15/s), dass bei bloßer Betrachtung der Eindruck einer tonischen Kontraktion entsteht – ähnlich wie beim sogenannten orthostatischen Tremor, der die Stand- und Gangstabilität ebenfalls beeinträchtigt durch eine hypersynchrone myoklonische Aktivierung antagonistischer Muskeln mit hoher Frequenz. Diese ist auch hier prima facie nicht erkennbar, aber tastbar, und wird meist erst durch die EMG Ableitung deutlich [22].

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Abb. 3 a, b Spontane Spasmen, abgeleitet mit Nadelelektrode aus dem M. rectus femoris. Patient mit klassischem SMS mit GAD-Antikörpern. c Spontaner Spasmus in der beidseitigen Bein- und Rumpfmuskulatur, eingeleitet durch eine Salve von 5 hypersynchronen Myoklonien. Patient mit paraneoplastischem PERM und unbekanntem Antikörperstatus, abgeleitet im Status spasmodicus. Die Salve beginnt mit einem Burst niedriger Amplitude im M. triceps surae rechts (*). Mit jedem weiteren EMG-Burst wächst die Amplitude an, gleichzeitig breitet sich die myoklonische Aktivität immer weiter in die Nachbarmuskeln aus (re>li). Nach dem 5. hypersynchronen Burst beginnt desynchronisierte EMG Aktivität (Spasmus), die über insgesamt 3,7 s abklingt (nicht dargestellt). Beachte die gegenüber der Paraspinalmuskulatur L4 deutlich verzögerte Aktivierung des M. deltoideus, die auf eine Ausbreitung ‚von unten nach oben‘, mithin auf einen spinalen Generator dieser abnormen Aktivität hinweist. Aus [26] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 4 2 spontane Salven hochfrequenter Myoklonien (~12/s), die in der klinischen Beobachtung als myoklonisch eingeleitete Spasmen erscheinen. Patient mit klassischem SMS und GAD-Autoantikörpern. Ableitung mit Oberflächenelektroden. Beachte die in allen Muskeln hypersynchronen Bursts mit minimaler Verzögerung des M. Rectus femoris gegenüber der Paraspinalmuskulatur C7 und L1. Die Salve in der oberen Registrierung hält über das Aufzeichnungsende hinaus an.

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Reflex-Polygrafie

Die Registrierung spontaner Spasmen und Myoklonien gelingt natürlich keineswegs regelmäßig. Insofern ist man hier auf kasuistische Beobachtungen angewiesen. Methodisch einfacher ist die Registrierung und Analyse der reizinduzierten EMG-Aktivität. So lassen sich durch Stimulation mit unterschiedlichen Modalitäten lang anhaltende Spasmen auslösen ([Abb. 5]). Die Registrierung offenbart dabei eine durch die Stimulation ausgelöste abrupte Innervation aller Muskeln, die langsam und kontinuierlich abklingt. Die Analyse des abrupten Innervationsbeginns belegt eine myoklonische Aktivierung mit reproduzierbar kurzer Latenz ([Abb. 6]). Durch Stimulation des Nervus medianus lassen sich beim Gesunden keine Reflexe in der vorderen und hinteren Rumpfmuskulatur auslösen. Bei Patienten mit SMS und seinen Varianten sieht man in diesem Untersuchungsparadigma bis zu 5 hypersynchrone Komponenten, die mit kurzer Latenz (60–80 ms) und kurzen Intervallen (um 50 ms) aufeinander folgen und dann in allmählich abklingende desynchronisierte (d. h. spasmodische) EMG-Aktivität übergehen. Versucht man die Ausbreitung dieser myoklonisch eingeleiteten Reflexspasmen durch eine longitudinale Anordnung der Ableitelektroden entlang der Körperachse zu bestimmen, so findet man Reflexkomponenten mit kürzester Latenz im thorakolumbalen Übergangsbereich; in der zervikalen und lumbosakralen Paraspinalmuskulatur sind die Latenzen länger ([Abb. 7]). Eine hypothetische Erklärung für diese scheinbar paradoxe Ausbreitung ist, dass der pathologische (disinhibierte?) Generator dieser abnormen Reflexe im unteren Thorakalmark liegt, und von dort aus die Aktivierung der axialen Muskulatur über propriospinale Faserverbindungen nach kaudal und rostral erfolgt. Korrespondierende Befunde beobachtet man gelegentlich auch bei der Ableitung spontaner, myoklonisch eingeleiteter Spasmen ([Abb. 3c]).

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Abb. 5 Fremdreflektorisch ausgelöste Spasmen. Patientin mit PERM und GAD-Autoantikörpern. Kontinuierliche 4-Kanal-EMG- Registrierung mit Nadelelektroden über jeweils knapp 2 min, Reizapplikation (Pfeile) an der gleichseitigen Fußsohle. Aus [6] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 6 Myoklonischer Reflex-Spasmus in der vorderen und hinteren Rumpfmuskulatur, ausgelöst durch Stimulation des N. medianus rechts (Reizbeginn: 0 ms). Patientin mit klassischem SMS und GAD-Autoantikörpern. Ableitung mit Nadelelektroden. 3 Reizantworten superponiert. Beachte die kurze Latenz (~70 ms) und die Hypersynchronie der initialen Reflexkomponenten sowie die exakte Reproduzierbarkeit des Reflexmusters. Aus [26] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 7 Myoklonischer Reflex-Spasmus in der rechtsseitigen Rumpf- und rumpfnahen Muskulatur (Ableitung mit Nadelelektroden, EMG gleichgerichtet), ausgelöst durch Elektrostimulation des N. medianus links (Salve aus 5 Impulsen, 200 Hz; Reizdauer markiert auf der Zeitachse). Reizgetriggerte Superposition von 3 Reflexantworten mit kürzester Latenz (~50 ms) in der Paraspinalmuskulatur T8. Die nach kaudal und rostral länger werdenden Latenzen sprechen für einen im Segment T8 zu lokalisierenden Fokus, von dem ausgehend sich die abnorme Reflexaktivität nach kaudal und kranial (also bi-direktional) ausbreitet. Aus [26] mit freundlicher Genehmigung.

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Kopfretraktionsreflex und Schreckreflex (‚Startle‘)

Diagnostisch und pathophysiologisch aufschlussreich ist auch die Analyse des Kopfretraktionsreflexes. Dieser atavistische, bei Gesunden nicht auslösbare Reflex besteht klinisch aus einer brüsken Kopfretraktion bei leichtem Beklopfen des Gesichtszentrums, insbesondere des Nasenrückens und der Oberlippe [23]. In der Heidelberger Kohorte fanden wir diesen Reflex bei knapp 60% der Patienten mit SMS und seinen Varianten [16] (Infobox 1). Dasselbe Reflexmuster, phänomenologisch und elektromyografisch, wird beim auditiv ausgelösten Erschrecken aktiviert. Anscheinend besteht eine taktile und akustische Konvergenz auf das Reflexzentrum im Hirnstamm. Der Reflex, seine Bahn, seine Modulation durch supraspinale Einflüsse und die Molekularbiologie und Biochemie seiner synaptischen Transmission sind tierexperimentell detailliert untersucht [24] [25]. Das Reflexzentrum ist der Nucleus caudalis reticularis pontis, der Ursprung des Tractus reticulospinalis, welcher den Hirnstamm monosynaptisch mit den spinalen Motoneuronen verbindet. Die klinisch-neurophysiologische Analyse dieses Reflexes bei Patienten mit SMS und seinen Varianten zeigt, dass er, ähnlich wie der Blinkreflex, aus 2 exzitatorischen Reflexkomponenten mit einer interkalierten Inhibition besteht. Dieses Reflexmuster lässt sich bis in die thorakolumbale Paraspinalmuskulatur verfolgen ([Abb. 8]). Bei taktiler Auslösung ist die Latenz des Reflexes in der Nackenmuskulatur im Mittel nur 2 ms länger als im M. orbicularis oculi. Offensichtlich breitet sich dieser Reflex innerhalb des Hirnstamms aus und irradiiert von dort in die motorischen Kerne der Paraspinalmuskulatur. Ähnlich sind die Befunde bei akustischer Auslösung ([Abb. 9]) – die Latenzen sind dabei in der Nackenmuskulatur etwas länger als im M. orbicularis oculi. In beiden Fällen ermöglicht die polygrafische EMG Ableitung nicht nur Darstellung und Analyse dieser extrem kurzlatenzigen Fremdreflexe und ihrer Ausbreitung. Sie dokumentiert auch die exakte Reproduzierbarkeit von Reflexlatenz und Reflexmuster als elektrophysiologischen Beleg der organischen Natur dieser Normabweichungen. Bei Patienten mit psychogener Störung lassen sich weder Latenz noch Innervationsmuster reproduzieren ([Abb. 10]).

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Abb. 8 Elektromyogramm des Kopfretraktionsreflexes bei SMS, ausgelöst durch leichtes Beklopfen des Nasenrückens mit der Fingerkuppe (Pfeilspitze; Frequenz ca. 0,3/s; Kontakttrigger; 0 ms). Simultane Ableitung mit Oberflächenelektroden, 4 Registrierungen superponiert. Das Reflexmuster im M. Orbicularis oculi entspricht dem Blink-Reflex. Das gleichzeitige Auftreten des Reflexes in den Mm. Orbicularis oculi und Trapezius weist darauf hin, dass es sich um eine Reflexirradiation innerhalb des Hirnstamms handelt. Aus [16] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 9 Pathologisch gesteigerte akustische Schreckreflexe; Patient mit PERM und DPPX-Autoantikörpern. a Simultane Registrierung des akustischen Reizes (Clap) mittels eines am Kragen des Patienten befestigten Mikrofons und des EMG von 3 perikraniellen Muskeln Oberflächenelektroden). *=EKG-Artefakt. b Reizgetriggerte Überlagerung von 3 konsekutiven Schreckreflexen, ausgelöst mit Intervallen von etwa 2 s. Beachte die kurze Reflexlatenz und die exakte Reproduzierbarkeit der EMG Signale ohne Habituation. Aus [27] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 10 Akustisch ausgelöster Schreckreflex bei einer Patientin mit psychogener Hyperekplexie. Die Registrierung des Audio-Signals (oben) ist gleichgerichtet, um Überlappungen mit den EMG-Signalen zu vermeiden. Ableitung einseitig mit Oberflächenelektroden von den Paraspinalmuskeln C7 und T8, vom Rectus abdominis T10 und vom Vastus lateralis. Die Patientin liegt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. a Überraschender lauter Knall (Beginn markiert mit vertikaler Linie). b Lauter Knall mit Vorwarnung (Ende der Vorwarnung zu Beginn der Registrierung im Audio-Kanal erkennbar). Beachte die rhythmisch alternierende Vorinnervation in der Rumpfmuskulatur (‚Schwung holen‘). c Erneuter lauter Knall ohne Vorwarnung. Die rhythmische Vorinnervation in der Abdominalmuskulatur und die unrealistisch kurze Latenz (0 ms!) legen nahe, dass die Patientin mit unvollständig geschlossenen Lidern den Untersucher bei der Auslösung des akustischen Signals beobachtet hat. Aus [28] mit freundlicher Genehmigung.

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Kernbotschaft

Fluktuierende Rigidität der Rumpfmuskulatur und heftige Spasmen sind das verbindende Merkmal der Stiff Man-Syndrome. Nur bei gut 1/3 der Patienten sind weitere zentralneurologische Störungen zu identifizieren. Ca. 70% der Patienten haben zusätzliche Autoimmun-Endokrinopathien, und 80–90% Autoantikörper gegen neuronale Antigene. Die Mehrzahl der routinediagnostischen bildgebenden, elektrophysiologischen und Laboruntersuchungen liefert allenfalls unspezifische Normabweichungen, ermöglicht aber verschiedene Differenzialdiagnosen auszuschließen. Diagnostisch und therapeutisch weiterführend sind das breit angelegte Screening nach neuronalen Autoantikörpern und die klinisch-neurophysiologische Analyse von Spasmen und gesteigerter exterozeptiver Erregbarkeit. Mit der EMG-Polygrafie gelingt vor allem die schwierige Abgrenzung der klinisch oft nicht eindeutig zu klassifizierenden Spasmen und Myoklonien von psychogenen Bewegungsstörungen. Mit elektrophysiologischen Methoden lassen sich darüber hinaus auf mehreren motorischen Regulationsebenen Störungen der neuronalen Inhibition nachweisen, insbesondere im Hirnstamm und Rückenmark. Hierzu korrespondierend wurden als neuronale Antigene vor allem Proteine inhibitorischer Synapsen identifiziert.


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Interessenkonflikt:

H.-M. Meinck erhielt Beraterhonorare von Mallinckrodt LLC, Hazelwood, MO 63042, USA und Vortragshonorare von GlaxoSmithKline, München und Euroimmun, Lübeck.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Hans-Michael Meinck
Neurologische Universitätsklinik
Im Neuenheimer Feld 400
69120 Heidelberg

  • Literatur

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Abb. 1 Continuous Motor Unit Activity (CMUA). Fortlaufende Registrierung mit Nadelelektrode, langsame (links) und schnelle (rechts) Registriergeschwindigkeit. Beachte die niedrige, aber stabile Entladungsfrequenz der normal geformten MUAPs, sodass bei hoher Registriergeschwindigkeit gelegentlich ein ‚stehendes Bild‘ entsteht.
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Abb. 2 Masseter-Hemmungsreflexe ausgelöst durch Elektrostimulation der Unterlippe mit hoher Reizstärke (Rechteckimpuls,>3 x Reflexschwelle) bei jeweils einem Patienten mit familiärer Hyperekplexie, SMS und einem Gesunden. Jeweils 4 Reflexe superponiert. Reiz bei 0 ms. Beim Gesunden wird mit Impulsen>3 x Reflexschwelle die Vorinnervation zwischen etwa 10 und 100 ms biphasisch blockiert, während sie bei SMS und Hyperekplexie selbst mit weiter ansteigender Reizstärke nur unvollständig unterdrückt wird.
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Abb. 3 a, b Spontane Spasmen, abgeleitet mit Nadelelektrode aus dem M. rectus femoris. Patient mit klassischem SMS mit GAD-Antikörpern. c Spontaner Spasmus in der beidseitigen Bein- und Rumpfmuskulatur, eingeleitet durch eine Salve von 5 hypersynchronen Myoklonien. Patient mit paraneoplastischem PERM und unbekanntem Antikörperstatus, abgeleitet im Status spasmodicus. Die Salve beginnt mit einem Burst niedriger Amplitude im M. triceps surae rechts (*). Mit jedem weiteren EMG-Burst wächst die Amplitude an, gleichzeitig breitet sich die myoklonische Aktivität immer weiter in die Nachbarmuskeln aus (re>li). Nach dem 5. hypersynchronen Burst beginnt desynchronisierte EMG Aktivität (Spasmus), die über insgesamt 3,7 s abklingt (nicht dargestellt). Beachte die gegenüber der Paraspinalmuskulatur L4 deutlich verzögerte Aktivierung des M. deltoideus, die auf eine Ausbreitung ‚von unten nach oben‘, mithin auf einen spinalen Generator dieser abnormen Aktivität hinweist. Aus [26] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 4 2 spontane Salven hochfrequenter Myoklonien (~12/s), die in der klinischen Beobachtung als myoklonisch eingeleitete Spasmen erscheinen. Patient mit klassischem SMS und GAD-Autoantikörpern. Ableitung mit Oberflächenelektroden. Beachte die in allen Muskeln hypersynchronen Bursts mit minimaler Verzögerung des M. Rectus femoris gegenüber der Paraspinalmuskulatur C7 und L1. Die Salve in der oberen Registrierung hält über das Aufzeichnungsende hinaus an.
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Abb. 5 Fremdreflektorisch ausgelöste Spasmen. Patientin mit PERM und GAD-Autoantikörpern. Kontinuierliche 4-Kanal-EMG- Registrierung mit Nadelelektroden über jeweils knapp 2 min, Reizapplikation (Pfeile) an der gleichseitigen Fußsohle. Aus [6] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 6 Myoklonischer Reflex-Spasmus in der vorderen und hinteren Rumpfmuskulatur, ausgelöst durch Stimulation des N. medianus rechts (Reizbeginn: 0 ms). Patientin mit klassischem SMS und GAD-Autoantikörpern. Ableitung mit Nadelelektroden. 3 Reizantworten superponiert. Beachte die kurze Latenz (~70 ms) und die Hypersynchronie der initialen Reflexkomponenten sowie die exakte Reproduzierbarkeit des Reflexmusters. Aus [26] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 7 Myoklonischer Reflex-Spasmus in der rechtsseitigen Rumpf- und rumpfnahen Muskulatur (Ableitung mit Nadelelektroden, EMG gleichgerichtet), ausgelöst durch Elektrostimulation des N. medianus links (Salve aus 5 Impulsen, 200 Hz; Reizdauer markiert auf der Zeitachse). Reizgetriggerte Superposition von 3 Reflexantworten mit kürzester Latenz (~50 ms) in der Paraspinalmuskulatur T8. Die nach kaudal und rostral länger werdenden Latenzen sprechen für einen im Segment T8 zu lokalisierenden Fokus, von dem ausgehend sich die abnorme Reflexaktivität nach kaudal und kranial (also bi-direktional) ausbreitet. Aus [26] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 8 Elektromyogramm des Kopfretraktionsreflexes bei SMS, ausgelöst durch leichtes Beklopfen des Nasenrückens mit der Fingerkuppe (Pfeilspitze; Frequenz ca. 0,3/s; Kontakttrigger; 0 ms). Simultane Ableitung mit Oberflächenelektroden, 4 Registrierungen superponiert. Das Reflexmuster im M. Orbicularis oculi entspricht dem Blink-Reflex. Das gleichzeitige Auftreten des Reflexes in den Mm. Orbicularis oculi und Trapezius weist darauf hin, dass es sich um eine Reflexirradiation innerhalb des Hirnstamms handelt. Aus [16] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 9 Pathologisch gesteigerte akustische Schreckreflexe; Patient mit PERM und DPPX-Autoantikörpern. a Simultane Registrierung des akustischen Reizes (Clap) mittels eines am Kragen des Patienten befestigten Mikrofons und des EMG von 3 perikraniellen Muskeln Oberflächenelektroden). *=EKG-Artefakt. b Reizgetriggerte Überlagerung von 3 konsekutiven Schreckreflexen, ausgelöst mit Intervallen von etwa 2 s. Beachte die kurze Reflexlatenz und die exakte Reproduzierbarkeit der EMG Signale ohne Habituation. Aus [27] mit freundlicher Genehmigung.
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Abb. 10 Akustisch ausgelöster Schreckreflex bei einer Patientin mit psychogener Hyperekplexie. Die Registrierung des Audio-Signals (oben) ist gleichgerichtet, um Überlappungen mit den EMG-Signalen zu vermeiden. Ableitung einseitig mit Oberflächenelektroden von den Paraspinalmuskeln C7 und T8, vom Rectus abdominis T10 und vom Vastus lateralis. Die Patientin liegt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. a Überraschender lauter Knall (Beginn markiert mit vertikaler Linie). b Lauter Knall mit Vorwarnung (Ende der Vorwarnung zu Beginn der Registrierung im Audio-Kanal erkennbar). Beachte die rhythmisch alternierende Vorinnervation in der Rumpfmuskulatur (‚Schwung holen‘). c Erneuter lauter Knall ohne Vorwarnung. Die rhythmische Vorinnervation in der Abdominalmuskulatur und die unrealistisch kurze Latenz (0 ms!) legen nahe, dass die Patientin mit unvollständig geschlossenen Lidern den Untersucher bei der Auslösung des akustischen Signals beobachtet hat. Aus [28] mit freundlicher Genehmigung.