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DOI: 10.1055/s-0034-1377755
Vitamin-D-Stoffwechsel
Korrespondenzadresse
Publication History
Publication Date:
25 November 2014 (online)
- Einleitung
- Vitamin-D-Physiologie
- Behandlung mit Vitamin D
- Empfehlungen zur Vitamin-D-Prophylaxe für den deutschsprachigen Raum
- Evidenzlage aus Interventionsstudien mit klinischem Endpunkt
- Potenzielle Nebenwirkungen
- Audiopodcast des kompletten Artikels
- Literatur
Einleitung
In den vergangenen Jahren wurde in ganzen Bevölkerungsschichten zunehmend ein Vitamin-D-Mangel beschrieben. Hintergrund sind hauptsächlich zu niedrige altersgemäße Vitamin-D-Spiegel. Insgesamt wird weltweit von 1 Milliarde Vitamin-D-unterversorgten Kindern und Erwachsenen ausgegangen [1]. In der Folge haben die Fachgesellschaften mit entsprechend geänderten Empfehlungen reagiert [2] und die Ernährungsempfehlungen entsprechend adaptiert [3].
Im Stillalter reicht die Vitamin-D-Versorgung durch die Muttermilch zur Bedarfsdeckung nicht aus [4]. Muttermilch enthält 12 – 60 IE Vitamin D pro Liter. Um die altersgerechte Mineralisation des im 1. Lebensjahr stark wachsenden Skelettsystems zu ermöglichen, ist daher die Deckung des Vitamin-D-Bedarfs durch die tägliche zusätzliche Gabe von Vitamin-D-Präparaten (400 – 500 IE/Tag) erforderlich [2].
Neben den Diskussionen um die richtige Vitamin-D-Substitutionsdosis sind die letzten Jahre durch eine Kontroverse um den Zusatz von Fluorid bei der Säuglingsprophylaxe gekennzeichnet. Während von vielen Zahnärzten davon ausgegangen wird, dass Fluorid hinreichend über die Zahnpasta an den Wirkungsort gelangt, vertreten zahlreiche Pädiater die Position, dass die zusätzliche Gabe mit Vitamin D eine verbesserte Zahngesundheit zur Folge hat. Da es sich hier aber nicht um eine Frage der Vitamin-D-Substitution an sich handelt, soll dieser Aspekt im Weiteren ausgespart bleiben.
Viele neue pathophysiologische Einblicke haben sich bei Erkrankungen, die einer Vitamin-D-Therapie bedürfen, ergeben. Wenngleich eine komplette Darstellung dieser Erkrankungen den Umfang des Artikels sprengen würde, so soll dennoch auf die Relevanz der Vitamin-D-Gabe bei den unterschiedlichen Rachitisformen und angrenzenden Erkrankungen eingegangen werden. Auch soll in diesem Kontext die nicht außer Acht zu lassenden unerwünschten Wirkungen der Therapie betrachtet werden.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, neben dem zu schaffenden Überblick über den Vitamin-D-Stoffwechsel eine kritische Auseinandersetzung mit der Evidenzlage und möglichen Nebenwirkungen zu suchen.
Merke: Vitamin D ist weniger ein Vitamin als ein Hormon.
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Vitamin-D-Physiologie
Vitamin D wird unter physiologischen Bedingungen in erster Linie durch Synthese in der Haut aufgrund der UVB-Strahlung synthetisiert (Abb. [1]) [5]. Aus 7-Dehydrocholesterin entsteht das Prävitamin D, das aufgrund seiner Thermolabilität zu Cholecalciferol (D3), Ergochalciferol (D2) oder einem Abbauprodukt umgewandelt wird [6]. Beeinflusst wird dies neben Faktoren wie Jahreszeit, Hautpigmentierung und geografischer Breite auch von modulierbaren Faktoren wie der Hautbedeckung. In unseren Breiten findet die Vitamin-D-Synthese in erster Linie in den Monaten April bis September statt [2]. Über die Nahrung werden unter physiologischen Bedingungen nur ca. 10 % der Vitamin-D-Aufnahme realisiert [3]. Die wenigen Lebensmittel, die Vitamin D in relevanten Mengen enthalten, sind:
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Fettfische,
-
Leber,
-
Eigelb.
Unter physiologischen Gegebenheiten werden daher 90 % des Vitamin D endogen synthetisiert und in die Zirkulation abgegeben. Es entfaltet so über einen Steroidrezeptor seine Wirkung. Folglich ist das sog. Vitamin D also eher ein Hormon als ein Vitamin.
Merke: Vitamin D wird nur in geringem Maße über die Nahrung aufgenommen.
In der Leber wird Vitamin D an Position 25 hydroxyliert, damit wird seine Halbwertzeit auf mehrere Wochen verlängert. Schließlich findet in der Niere eine weitere Hydroxylierung an Position 1 statt, so dass 1,25-Hydroxy-Vitamin-D entsteht, das durch Hydroxylasen in den Geweben wieder inaktiviert werden kann. In der Zelle erfolgt die Wirkung über einen Steroidhormonrezeptor. So werden Transkription und Translation von Genen induziert (Abb. [2]) [6].
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Behandlung mit Vitamin D
Vitamin-D-Mangel-Rachitis
Die klassische Indikation zur Vitamin-D-Behandlung stellt die Vitamin-D-Mangel-Rachitis dar. Sie ist abzugrenzen von anderen calcipenischen Rachitis-Formen, wie dem 1-alpha-Hydroxylase-Mangel (früher Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ I) und dem Vitamin-D-Rezeptordefekt (früher Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ II), sowie von den phosphopenischen Formen (Abb. [3]) [7].
Die Erkrankung verläuft in mehrenen Stadien:
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Stadium 1: Es kommt unter Parathormonwirkung zu einem Ausgleich der Calciumkonzentrationen im Serum.
-
Stadium 2: Bei weiterem Anstieg des Hormons resultiert eine vermehrte Phosphatausscheidung mit Hypophosphatämie.
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Stadium 3: Der PTH-Einfluss für die Calciumfreisetzung reicht aus dem Knochen nicht mehr aus, so dass eine Hypokalzämie entsteht.
Neben der klassischen Klinik (Abb. [4] und Abb. [5]) finden sich eine erhöhte alkalische Phosphatase und ein charakteristischer Röntgenbefund.
Abb. 5 4-jähriges Mädchen mit renaler Rachitis. Achsaufnahmen beider Beine. a a.-p. im Stand sowie b Rippstein-II-Aufnahmen. Bedingt durch die Genua vara lief das Mädchen über Jahre hinweg in einer kompensatorischen Außenrotation der Beide, die allmählich zu einer Retrotorsion der Schenkelhälse geführt hat (Niethard FU. Kinderorthopädie. Stuttgart: Thieme; 2009: 147).
Nach der Leitlinie gelten folgende Therapieempfehlungen: „Die Therapie der Vitamin-D-Mangelrachitis sollte bis zum Alter von 4 Lebenswochen mit 1000 IU Vitamin D3 und zusätzlichen Calcium-Gaben (40 – 80 mg/kg pro Tag) für die Dauer von 12 Wochen erfolgen. Danach sollte die Durchführung der Prophylaxe mit 500 IU Vitamin D3 bis zum Ende des 1. Lebensjahres folgen. Säuglinge ab der 4. Lebenswoche bis zum 12. Monat erhalten 3000 IU Vitamin D3 und zusätzliche Calcium-Gaben (40 – 80 mg/kg pro Tag) für die Dauer von 12 Wochen. Danach sollte die Prophylaxe mit 500 IU Vitamin D3 bis zum Ende des 1. Lebensjahres durchgeführt werden. Kinder und Jugendliche ab dem Alter von einem Jahr werden mit 5000 IU Vitamin D3 und zusätzlichen Calcium-Gaben (40 – 80 mg/kg pro Tag) für die Dauer von 12 Wochen therapiert“ [7].
Cave: Unter Korrektur des Vitamin-D-Haushalts kann es zu einer Hypokalzämie kommen.
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Weitere kalzipenische Rachitisformen
Aufgrund des Synthesedefekts ist natives Vitamin D3 beim 1-alpha-Hydroxylase-Mangel nicht wirksam. Die Erkrankung wurde früher als Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ I bezeichnet. Der Name wurde zugunsten der Beschreibung des enzymatischen Mangels aufgegeben. Es kommt entweder die an Position 1 hydroxylierte Version (1-alpha-Calcidiol) oder die an den Positionen 1 und 25 hydroxylierte Version (Calcitriol) in Frage (jeweils 10 – 50 ng/kg KG) [6]. Klinisch findet sich kein Unterschied zur klassischen Vitamin-D-Mangel-Rachitis.
Eine weitere Erkrankung wurde früher als Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ II bezeichnet. Da es sich hierbei um einen Defekt des Vitamin-D-Rezeptors handelt, ist der Name definitiv falsch. Naturgemäß ist die Therapie des Vitamin-D-Rezeptordefekts sehr eingeschränkt. Häufig ist die intravenöse Therapie mit Calcium über einen zentralen Zugang notwendig. Nur manchmal sind sehr hohe Dosen Calcitriol erfolgreich. Entsprechend schwer ist das klinische Bild, das einer sehr lange unbehandelten Rachitis entspricht.
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Phosphopenische Rachitis
Bei den phophopenischen Formen findet sich einerseits der alimentäre Phosphatmangel, der fast ausschließlich bei Frühgeborenen vorkommt, andererseits der renal-tubuläre Phosphatverlust, entweder im Rahmen eines solitären Phosphatrückresorptionsdefekts (früher als Phosphatdiabetes bezeichnet, heute unter dem Namen hypophosphatämische Rachitis bekannt) oder einer komplexen Tubulopathie. Häufig findet sich diese auch im Rahmen oder nach der Chemotherapie einer onkologischen Erkrankung. Neben der Gabe von Phosphat (10 – 40 mg/kg KG) wird Calcitriol oder 1-alpha-Calcidiol in einer Startdosis von 15 ng/kg KG appliziert [6]. Bei zu hoher Dosierung besteht die Gefahr einer progredienten Nephrocalcinose bis hin zur Niereninsuffizienz.
Merke: Von phosphopenischer Rachitis sind besonders oft Frührgeborene und onkologische Patienten betroffen.
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Primärer Hypoparathyreoidimus und sekundärer Hyperparathyreoidismus
Weitere Indikationen zur Therapie mit Calcitriol oder 1-alpha-Calcidiol sind der primäre Hypoparathyreoidismus, z. B. im Rahmen eines Di-George-Syndroms, sowie der sekundäre Hyperparathyreoidimus bei chronischer Niereninsuffizienz. Beim primären Hypoparathyreoidismus liegt das Therapieziel in der Erreichung einer Symptomfreiheit in Bezug auf die Hypokalzämie. Oft sind Serumcalciumkonzentrationen von 1,8 – 2,0 mmol/l ausreichend. Eine Laborkosmetik mit normalen Calciumkonzentrationen hat nicht selten eine Nephrocalcinose und Niereninsuffizienz zur Folge. Die Substitution mit Calcitriol oder 1-alpha-Calcidiol liegt in der Regel bei 15 ng/kg KG [6].
Cave: Beim primären Hypoparathyreoidimus sollte der Calciumspiegel wenn möglich nicht normalisiert werden, um eine Nephrocalcinose und eine Niereninsuffizienz zu vermeiden.
Ein wesentlicher Bestandteil in der Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus, z. B. bei chronischen Nierenkrankheiten, ist die frühzeitige Substitution von Calcitriol oder 1-alpha-Calcidiol. Die Initialdosis liegt bei 2 – 4 ng/kg/Tag und sollte am Parathormonwert bemessen werden. Zusätzlich sollte der Patient je nach Alter zwischen 1000 und 5000 IE Vitamin D3 erhalten, um die Restfunktion im Vitamin-D3-Metabolismus zu nutzen.
Merke: Ein wichtiges Problem dieser Therapie besteht in der Entstehung einer Hypercalcämie, die vermieden werden muss, um eine Verschlechterung der Nierenfunktion zu verhindern [9].
Daneben besteht die Gefahr einer fortschreitenden Koronarverkalkung schon im jungen Lebensalter [10]. Um eine Low-turnover-Osteopathie zu verhindern, ist ein Parathormonspiegel im 2 – bis 4-fachen Normbereich anzustreben. Der Einsatz von nicht calciumhaltigen, polymeren Phosphatbindern ist nach aktuellem Stand der Studien am ehesten in Kombination mit weiteren Maßnahmen zur Phosphatsenkung sinnvoll. Eine neue Klasse von Medikamenten verspricht eine mögliche Verbesserung der Therapiemöglichkeiten des sekundären Hyperparathyreoidismus. Die sog. Calcimimetika stimulieren den in der Urämie z. T. resistenten calciumsensitiven Rezeptor und führen damit zu einer Verminderung der Parathormonfreisetzung.
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Empfehlungen zur Vitamin-D-Prophylaxe für den deutschsprachigen Raum
Auf Basis von Querschnittsuntersuchungen definieren mehrere Konsusempfehlungen den Vitamin-D-Status. Ein klinisch relevanter Vitamin-D-Mangel wird hiernach bei einer 25-Hydroxy-Vitamin-D-Konzentration unter 20 ng/ml gesehen [11]. Die in Deutschland durchgeführte KIGGS-Studie zeigt, dass jenseits des Säuglingsalters der Vitamin-D-Serumspiegel abnimmt und Jugendliche die niedrigsten Werte aufweisen, die im Median deutlich unterhalb der als Normwert definierten Grenze liegen [12]. Die Gabe von 200 IE Einheiten (5 µg) Vitamin D ist nicht in der Lage, die 25-Hydroxy-Vitamin-D-Serumkonzentration über 20 ng/ml anzuheben [13] [14]. Die D-A-CH-Empfehlungen tragen diesem Umstand Rechnung (durch die Fachgesellschaften festgelegte Referenzwerte für Deutschland, Österreich und die Schweiz) (Tab. [1]).
Alter |
Vitamin D bei fehlender endogener Synthese |
Säuglinge (0 bis unter 12 Monate) |
10b |
Kinder (1 bis unter 15 Jahre) |
20c |
Jugendliche und Erwachsene (15 bis unter 65 Jahre) |
20c |
Erwachsene (ab 65 Jahre) |
20c |
Schwangere |
20c |
Stillende |
20c |
Darüber hinaus definiert die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin 4 besondere Risikogruppen für das Auftreten eines Vitamin-D-Mangelzustands [2]:
-
„Säuglinge, die ausschließlich gestillt werden und keine Vitamin-D-Prophylaxe erhalten.
-
Strikt vegan bzw. makrobiotisch ernährte Kinder (besonders Säuglinge und Kleinkinder), die keine ausreichenden Calcium-, Vitamin-D- und Fettzusätze erhalten.
-
Personen mit limitierter Exposition zum Sonnenlicht.
-
Adoleszenten aus Einwandererfamilien mit dunkler Hautpigmentierung, wie sie regelmäßig bei türkischem, arabischem, asiatischem oder afrikanischem ethnischen Hintergrund vorliegt und/oder besonderen Ernährungsweisen bzw. Lebensgewohnheiten.“
Insgesamt hat die Ernährungskommission einen 8-Punkte-Empfehlungskatalog zur Vitamin-D-Substitution und -Überwachung entwickelt und veröffentlicht (s. Infobox oben auf dieser Seite) [11]. Welchen Zusatz industrielle Säuglingsnahrungen erhalten, ist mittlerweile europaweit durch eine entsprechende EU-Richtlinie aus dem Jahr 2013 geregelt. Diese Richtlinie regelt darüber hinaus den Zusatz weiterer Bestandteile von Formulasäuglingsnahrungen [5].
Durch die Empfehlung eines Expertenkomitees in Finnland, Milch, Sauermilch und Joghurt mit 0,5 μg Vitamin D/100 g (20 Einheiten pro 100 g) und Margarine und Brotaufstriche mit Mengen zwischen 7,5 und 10μg Vitamin D/100 g (400 Einheiten pro 100g; 0,5 μg Vitamin D pro Teelöffel Margarine) anzureichern, konnte eine Verbesserung der Vitamin-D-Versorgung entsprechend den dort geltenden Empfehlungen erreicht werden. Berechnungen gehen von > 50 % der Jugendlichen aus, die so – nur über die Nahrung – eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung erreichen würden. Es ist allerdings nicht klar, ob die über die Nahrung zugeführte Menge an Vitamin D ausreicht, um die 25-OHD-Spiegel während der Wintermonate ausreichend zu verbessern [2] [16].
Eine Gefahr geht möglicherweise auch von alternativen tierischen Milchnahrungen (z. B. Ziege, Stute) aus. Auch hier ist vorher unbedingt zu klären, wie hoch der Ergänzungsbedarf an Vitamin D ist.
Merke: Ein besonderes Risiko zum Vitamin-D-Mangel findet sich bei Migranten.
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25-OHD-Serumkonzentration < 20 ng/ml (< 50 nmol/l) entspricht Vitamin-D-Mangel.
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Sonnenexpositionsdauer in den Monaten April bis September von 5 – 30 Minuten 2-mal pro Woche zwischen 10 und 15 Uhr mit unbedecktem Kopf, freien Armen und Beinen.
-
Eltern darauf hinweisen, wie bedeutsam die tägliche intensive Bewegung (mind. 1 Stunde) ihrer Kinder im Freien ist.
-
Säuglingen in Deutschland wird zusätzlich zur Vitamin-D-Zufuhr mit Muttermilch oder Säuglingsnahrung eine orale Supplementierung mit 400 – 500 Einheiten Vitamin D3 pro Tag bis zum zweiten erlebten Frühsommer, also je nach Geburtszeitpunkt für die Dauer von 1 – 1½ Jahren empfohlen.
-
Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g sollten in den ersten Lebensmonaten eine tägliche Zufuhr von 800 – 1000 IE Vitamin D erhalten.
-
Bei unzureichender Sonnenlichtexposition wird ab dem zweiten Lebensjahr und für die Dauer des gesamten Kindes- und Jugendalters eine Vitamin-D-Gesamtzufuhr von etwa 600 IE/Tag für wünschenswert gehalten.
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Besonderes Augenmerk auf Risikogruppen (vegetarisch ernährte Kinder, Migranten, Personen mit limitierter Sonnenlichtexposition, chronisch Kranke) legen: bei Serumkonzentrationen von < 30 ng/ml (< 75 nmol/l) erhöhte tägliche Substitution sinnvoll zur Prävention eines Vitamin-D-Mangels.
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Systematische Überwachung der Vitamin-D-Versorgung im Kindes- und Jugendalter (Surveillance) und Kosten-Nutzen-Analyse der empfohlenen respektive durchgeführten Maßnahmen sollte durchgeführt werden.
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Evidenzlage aus Interventionsstudien mit klinischem Endpunkt
Die publizierten Konsensusempfehlungen basieren im Wesentlichen auf Querschnittsuntersuchungen [2] oder auf der Basis von Korrelationen wie der zwischen niedrigen Vitamin-D-Serumkonzentrationen und einer erniedrigten Knochendichte [17] [18]. Andere Untersuchungen zeigen, dass Surrogatparameter wie die „Peak Bone Mass“ in einer prospektiven 3-jährigen Studie positiv durch Vitamin-D-Gabe beeinflusst werden können [19]. Bei 4 – 8 Jahre alten Kindern wird auch Parathormon durch Vitamin-D-Substitution gesenkt, aber auch dies ist wiederum nur ein Surrogatparameter, insbesondere da die Calciumresorption nicht verbessert wird [20]. Eine ebenfalls kürzlich erschienene Studie legt auf den ersten Blick ein erniedrigtes Frakturrisiko nahe [21], jedoch ist der Effekt bei näherer Betrachtung weder sicher noch kausal [20].
Wenig gut ist die Datenlage bei prospektiven klinischen Studien zum Einfluss von Vitamin D auf die Vermeidung von Erkrankungen selbst. In einer experimentellen Studie konnte durch die tägliche Gabe von 2000 IE/Tag (ab dem 1. Lebensjahr) das Risiko eines Diabetes mellitus Typ 1 im Alter von 25 Jahren um bis zu 80 % verringert werden [22]. Prospektive Studien zur Vitamin-D-Gabe lassen derzeit nicht auf eine positive Beeinflussung von allergischen und pulmonalen Erkrankungen schließen [20].
Auch im Hinblick auf das Immunsystem wird vor allem bei Erwachsenen in verschiedenen Publikationen die Assoziation zwischen niedrigen Vitamin-D-Serumspiegeln und einem funktionsgestörten Immunsystem beschrieben [23]. Auch bei Autoimmunerkrankungen des Erwachsenenalters wird entsprechendes beschrieben. Jedoch ist auch hier neben dem Mangel an Interventionsstudien die Frage der Übetrtragbarkeit auf Kinder und Jugendliche nicht beantwortet [24].
Merke: Die Evidenz aus klinischen Interventionsstudien zur Anhebung von Vitamin D in physiologische Bereiche ist bei nicht rachitischen Patienten noch deutlich entwicklungsbedürftig.
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Potenzielle Nebenwirkungen
Insgesamt werden nur geringe Nebenwirkungen einer gesteigerten Vitamin-D-Substitution erwartet, wenngleich eine strenge Überwachung angemahnt wird. Indizien für eine Unterschätzung des Risikos könnten folgende sein:
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Die konsequente Vitamin-D-Applikation bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz hat zu einem deutlich gesteigerten Auftreten koronarer Verkalkungen bereits im jungen Erwachsenenalter geführt [10].
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Die Calciumsupplementation bei Erwachsenen zur Steigerung der Knochendichte hatte zwar nicht den erwünschten Effekt, führten aber zu einer gesteigerten kardiovaskulären Morbidität [25].
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Bei der Applikation pharmakologischer Vitamin-D-Dosen findet sich gehäuft eine Hypercalcämie [26].
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Bei einer zu permissiven Einstellung zu Vitamin D als Supplement findet sich in den USA [27] bereits eine erhöhte Bereitschaft der unkontrollierten Selbstmedikation und auch in Deutschland gibt es Reports von durch Eltern induzierten Intoxikationen [28].
Vitamin D, eigentlich ein Hormon, wird unter Sonnenlichteinfluss hauptsächlich in der Haut synthetisiert. Etabliert ist die Vitamin-D-Behandlung bei Erkrankungen wie den verschiedenen calcipenischen und phosphopenischen Rachitisformen sowie des primären Hypoparathyreoidimus und des sekundären Hyperparathyreoidismus bei chronischer Niereninsuffizienz. Ebenso etabliert ist die Vitamin-D-Substitution bei Säuglingen vor Beginn der Sonnenlichtexposition. Besorgnis haben in den letzten Jahren die niedrigen Vitamin-D-Konzentrationen im Serum von Jugendlichen und Risikogruppen wie Migranten erweckt. Daher hat die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Empfehlungen zur Vermeidung des Vitamin-D-Mangels im Kindes- und Jugendalter entwickelt. Jedoch sind Studien zu klinischen Endpunkten der Verbesserung der Vitamin-D-Versorgung nach wie vor unzureichend vorhanden. Ebenso bedürfen potenzielle Langzeitnebenwirkungen, z. B. auf das Gefäßsystem, einer weiterhin kritischen Überwachung.
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Abb.3 dieses Beitrags wurde am 27.11.14 korrigiert, eine Pfeilrichtung wurde verändert. Die Onlineversion weicht daher von der Printversion ab.
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Über den Autor
Jörg Dötsch
Jahrgang 1965, Professor Dr. med., Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Universität zu Köln. Medizinisches Studium in Mainz und Dublin bis 2000. Ausbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg. Seit 2000 Oberarzt. 2003–2010 Leitender Oberarzt und stellvertretender Direktor am Universitätsklinikum Erlangen. 2006–2010 W2-Professor für Kinderheilkunde mit Schwerpunkt Kindernephrologie. Seit 2010 Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Köln.
Interessenkonflikt: Editorial Board, Thieme Verlag
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Literatur
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