Pneumologie 2014; 68(04): 232
DOI: 10.1055/s-0034-1373674
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schlafapnoe – Behandlung mittels Nervenstimulator

Contributor(s):
Elke Ruchalla
Strollo PJ et al.
N Engl J Med 2014;
370: 139-149
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Publication History

Publication Date:
02 April 2014 (online)

 

Bei einer obstruktiven Schlafapnoe kommt es während des Schlafs zu rezidivierenden Verschlüssen der oberen Atemwege mit daraus resultierendem Abfall der Sauerstoffsättigung. Die Standardtherapie besteht derzeit in einer nächtlichen Masken-CPAP-Atmung (Continuous positive Airway Pressure), die ausreichende Compliance der Patienten ist dabei allerdings häufig ein Problem. Eine neue, möglicherweise akzeptablere Behandlungsmöglichkeit stellen nun P. J. Strollo et al. vor.
N Engl J Med 2014; 370: 139–149

Die Therapie der obstruktiven Schlafapnoe durch die nächtliche Stimulation des Nervus hypoglossus kann die objektive und subjektive Symptomatik der Erkrankung deutlich bessern. Diesen Schluss ziehen die Autoren der internationalen prospektiven Studie, in der insgesamt 126 Patienten (83 % Männer, Durchschnittsalter 54,5 Jahre, durchschnittlicher Body-Mass-Index 28,4) behandelt wurden. Bei diesen bestand eine in der Polysomnografie gesicherte, mäßig bis schwer ausgeprägte obstruktive Schlafapnoe, eine CPAP-Maske wollte oder konnte nicht getragen werden. Bei den Patienten wurde ein Nervenstimulator implantiert, der die Atemanstrengung anhand der Aktivität der Interkostalmuskulatur überwacht. Setzt die Atmung zu lange aus, erfolgt eine Reizung des N. hypoglossus, die dann zu einer Kontraktion des Musculus genioglossus und damit einer Eröffnung der oberen Atemwege führt. Beurteilt wurde in einer ersten Phase der Studie der Therapieerfolg nach 12 Monaten gemessen anhand des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) und des Oxygen-Desaturation-Index (ODI) sowie die subjektive Besserung mit schlafapnoespezifischen Fragebögen. Dabei beschreibt der AHI die Anzahl der Apnoe- oder Hypopnoe-Episoden pro Stunde, der ODI die Häufigkeit, mit der pro Stunde ein Abfall der Sauerstoffsättigung um 4 Prozentpunkte oder mehr auftritt. Im 2. Teil der Studie wurden nach Ende der ersten Phase 46 konsekutive auf die Therapie ansprechende Patienten randomisiert einer Fortsetzung der Behandlung oder dem Abbruch der Stimulation zugewiesen, nach 7 Tagen wurden die genannten Outcome-Parameter zwischen den beiden Gruppen verglichen.

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Bei lang andauernden Atemaussetzern reizt der Nervenstimulator den N. hypoglossus, der daraufhin die Atemwegsmuskukulatur aktiviert. (Bild: aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Kopf, Hals und Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)

Die Auswertung nach 12 Monaten ergab eine deutliche Verminderung des durchschnittlichen AHI-Punktwerts von zunächst 29,3 auf 9 Ereignisse pro Stunde. Der mittlere ODI-Punktwert war ebenfalls gesunken, von 25,4 auf 7,4 Ereignisse pro Stunde. Ein Ansprechen im Hinblick auf den AHI, definiert als Verminderung des AHI-Scores um mind. 50 % gegenüber dem Ausgangswert und ein Absolutwert unter 20, erreichten 66 % der Teilnehmer. Ein Ansprechen im Hinblick auf den ODI, definiert als Verminderung des Punktwerts um mind. 25 % gegenüber dem Ausgangswert, erreichten 75 % der Patienten. Auch subjektiv hatte sich die Symptomatik gebessert, mit einer geringeren Tagesschläfrigkeit (gemäß Epworth Sleepiness Scale) und einer höheren krankheitsspezifischen Lebensqualität (gemäß Functional Outcomes of Sleep Questionnaire).

Besserung bei fortgesetzter Stimulation

Von den 46 Patienten im randomisierten 2. Teil der Studie wurden jeweils 23 der Gruppe Therapieabbruch bzw. -fortführung zugeteilt. Dabei ergab die Auswertung nach Tag 7 einen deutlich besseren AHI-Wert bei Patienten mit fortgesetzter Stimulation gegenüber der Kontrollgruppe (7,6 vs. 25,8 Ereignisse pro Stunde), ähnlich verhielt es sich mit dem ODI-Wert (8 vs. 23 Ereignisse pro Stunde). Schwere Komplikationen im Zusammenhang mit der Implantation des Nervenstimulators oder der Stimulation selbst wurden nicht beschrieben.

Fazit

Die Stimulation des N. hypoglossus kann bei obstruktiver Schlafapnoe, bei der eine Behandlung mit CPAP-Maske nicht möglich ist, deutliche Besserung bringen, so die Autoren. Allerdings sollten die Patienten, für die diese Therapie infrage kommt, sorgfältig ausgewählt werden: Extrem häufige Apnoen (AHI-Score > 50) wurden in der vorgestellten Untersuchung nicht behandelt, ebenso wurden stark adipöse Patienten (BMI > 32) nicht aufgenommen – beides sind Faktoren, die in früheren Berichten mit einem geringeren Erfolg der Atemwegsstimulation einhergingen. Ein entsprechendes Screening sollte der Behandlung demnach vorangehen.


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Bei lang andauernden Atemaussetzern reizt der Nervenstimulator den N. hypoglossus, der daraufhin die Atemwegsmuskukulatur aktiviert. (Bild: aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Kopf, Hals und Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)