Pneumologie 2014; 68(03): 164
DOI: 10.1055/s-0034-1371443
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Atemwegserkrankungen – Internetschulung reduziert Antibiotikaverschreibungen

Contributor(s):
Matthias Manych
Little P et al.
Lancet 2013;
382: 1175-1182
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Publication History

Publication Date:
04 March 2014 (online)

 

    Obwohl Atemwegsinfektionen überwiegend viraler Genese sind und Antibiotika bei ihnen einen geringen Nutzen haben, werden diese Medikamente häufig verschrieben. Es konnte bereits gezeigt werden, dass Ärzte, die sich in der Anwendung eines CRP-Tests (C-reaktives Protein) oder verbesserten Kommunikationsfertigkeiten schulen ließen, bis zu 20 % weniger Antibiotika verordnen. P. Little et al. haben nun den Effekt eines internetbasierten Trainingsinstrumentes bei Hausärzten in 6 europäischen Ländern auf das Verschreibungsverhalten und die Symptomkontrolle analysiert.
    Lancet 2013; 382: 1175–1182

    Den teilnehmenden Arztpraxen in Belgien, den Niederlanden, Polen, Spanien und Großbritannien wurde eine vom GRACE-Konsortium (Genomics to combat Resistance against Antibiotics in Community-acquired LRTI in Europe) entwickelte Internetschulung zur Verfügung gestellt. Mit dem Studiendesign war es einerseits möglich, in Praxen mit mehreren teilnehmenden Ärzten den gegenseitigen Einfluss unterschiedlichen Arztverhaltens zu minimieren, und andererseits 2 unterschiedliche Trainingsformen getrennt und in Kombination zu beurteilen. Es konnten Praxen teilnehmen, die bisher keine Maßnahmen zur Reduktion von Antibiotikaverordnungen umgesetzt hatten und > 10 Patienten in das Baseline-Audit einschließen konnten. Pro Praxis wurden zwischen Februar und Mai 2011 die ersten 30 Patienten mit unteren und die ersten 5 Patienten mit oberen Atemwegsinfekten rekrutiert.

    Die Arztpraxen wurden randomisiert den 4 Gruppen zugeordnet:

    1. Übliche Versorgung ohne internet-basiertes Training.

    2. Internettraining zur Anwendung und Auswertung von CRP-Schnelltests.

    3. Internetbasiertes Kommunikationstraining.

    4. Beide internetbasierten Trainingsvarianten.

    Von 246 randomisierten Praxen nahmen 228 mit insgesamt 372 Ärzten und 4264 Patienten teil. 79,7 % der Patienten hatten untere, die übrigen obere Atemwegsinfekte. Die Schulungen zum CRP-Test und zur Kommunikation wurden von ≥ 87 % aller Praxen abgeschlossen. In Gruppe 1 erhielten 58,4 % der Patienten Antibiotika, was dem Ausgangsanteil entsprach. Die Häufigkeit der Antibiotikaverordnungen sank in Gruppe 2 von 48 auf 33 % (adjustiertes relatives Risiko [RR] 0,54), in Gruppe 3 von 45 auf 36 % (RR 0,69).

    Die kombinierte Schulung in Gruppe 4 ergab im Vergleich zu Gruppe 1 den deutlichsten Rückgang an Antibiotikaverordnungen (RR 0,38). Symptome, die von den Ärzten als mäßig schlecht oder sehr schlecht beurteilt wurden, hielten in Gruppe 1 und 2 jeweils 5 Tage an, in Gruppe 3 waren es 6 Tage. Hinsichtlich der Symptomschwere und neuer bzw. sich verschlechternder Symptome waren die Ergebnisse der Gruppen 2 und 3 mit denen der Gruppe 1 vergleichbar.

    Fazit

    Beide in dieser Studie untersuchten Formen des internetbasierten Trainings (CRP-Schnelltest und Kommunikationsfertigkeiten) sowie deren Kombination senkten die Verschreibungsrate von Antibiotika bei Atemwegsinfekten. Zur Unterstützung dieser Strategie empfehlen die Autoren, effektive Methoden der Symptomkontrolle zu entwickeln.


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