Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(31/32): 1601-1602
DOI: 10.1055/s-0034-1370243
Mediquiz
Fall 3148
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

55-jährige Patientin mit unklarem Hautbefund

55-year old woman with unclear skin finding
B. T. Schleenvoigt
1   Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena
2   Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Jena
,
S. Hagel
1   Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena
3   Klinik für Innere Medizin IV, Universitätsklinikum Jena
,
J. Rödel
2   Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Jena
,
M. Baier
2   Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Jena
,
M. W. Pletz
1   Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Korrespondenz

Dr. med. Benjamin T. Schleenvoigt
Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene
Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101
07740 Jena
Telefon: 03641/9-324794   

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. Juli 2014 (online)

 

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Abb. 1 Körperlicher Untersuchungsbefund: rechter Fuß lateral.

Eine 55-jährige Frau stellt sich nach einer 3-wöchigen Urlaubsreise mit Strandaufenthalt in Mittelamerika wegen eines juckenden Hautausschlages am rechten Fuß vor (Abb.  [ 1 ]). Die Reiseanamnese und der inspektorische Befund legen einen Verdacht nahe.

Die körperliche Untersuchung ergibt einen pathologischen Befund.

  • Welcher ist das?

  • Erlaubt dieser Befund eine (Blick-)Diagnose?

  • Wenn ja, welche?

  • Sind Differenzialdiagnosen möglich?

  • Wenn ja, welche?

  • Welche Therapieoptionen gibt es?


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Auflösung

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Abb. 2 Körperlicher Untersuchungsbefund: rechter Fuß lateral mit „creeping eruption“.

Befunde

  1. zwei ca. 2 mm große rötliche Papeln (*) mit angrenzendem serpiginösem Erythem und leicht erhabenem Gangsystem („creeping eruption“, **); in der Umgebung mehrere vesikulobullöse Areale (***)


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Diagnose

  • Larva migrans cutanea (CLM)


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Differenzialdiagnosen

  • tierpathogene Nematodenlarven

  • Strongyloidiasis (Larva currens bzw. „running larva“)

  • Gnathostoma

  • Loa loa

  • Scabies

  • Myiasis


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Therapieoptionen

  • Albendazol (400 mg per os als Einmalgabe)

  • Ivermectin (200 µg/kg Körpergewicht per os als Einmalgabe)


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Erläuterung

Kutane Infektionen mit Larven von Hunde- oder Katzenhakenwürmern (Ancylostoma caninum bzw. A. braziliensis) sind auf die Cutis beschränkt, verursachen jedoch eine ausgeprägte Lokalreaktion. Der Mensch ist Fehlwirt. Die Erkrankung ist selbstlimitierend [1] [2] [5]. Larven von humanpathogenen Helminthen entwickeln sich rasch weiter und verlassen die Cutis. Die Lokalreaktion ist dann deutlich milder [1]. Die Larva migrans cutanea (CLM) ist nahezu weltweit verbreitet, kommt jedoch bevorzugt in Tropen und Subtropen vor. Die Prävalenz wird für Brasilien mit 4 % angegeben [2]. In Industrieländern wird CLM hauptsächlich bei Reisenden nach Aufenthalt in den Tropen beobachtet [2]. Wegen des ausgeprägten und anhaltenden Juckreizes, der psychischen Belastung durch einen Parasitenbefall und der Gefahr einer möglichen Superinfektion sollte eine Therapie erfolgen [5]. Albendazol und Ivermectin werden enteral gut resorbiert. Die Bioverfügbarkeit von Mebendazol ist dagegen nach oraler Aufnahme niedrig (first-pass-effect) [4]. Daher ist die Therapie der CLM mit Mebendazol der Behandlung mit Ivermectin oder Albendazol unterlegen. Die Einmalgabe von Ivermectin (200 µg/kg Körpergewicht per os) ist effektiver als die einmalige Anwendung von Albendazol (400 mg per os) [2]. Wird Albendazol über 5–7 Tage angewendet, heilt die CLM in 92–100 % aus [2]. Die Patienten müssen im klinischen Alltag darüber aufgeklärt werden, dass weder Ivermectin noch Albendazol für die Therapie der CLM in Deutschland zugelassen sind (off label use) [5]. Außerdem steht Ivermectin in Deutschland nur als Re-Import zur Verfügung und ist damit nicht unmittelbar anwendbar [5]. Bei hohem Leidensdruck der Patienten (Juckreiz, Schlafstörungen) ist deshalb ein unmittelbarer Therapieversuch mit Albendazol 400 mg per os gerechtfertigt. In unserem Fall war der Juckreiz innerhalb von 2 Tagen nach der antiparasitären Therapie abgeklungen. Das Exanthem heilte innerhalb von 5 Wochen folgenlos ab.


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Korrespondenz

Dr. med. Benjamin T. Schleenvoigt
Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene
Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101
07740 Jena
Telefon: 03641/9-324794   


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Abb. 1 Körperlicher Untersuchungsbefund: rechter Fuß lateral.
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Abb. 2 Körperlicher Untersuchungsbefund: rechter Fuß lateral mit „creeping eruption“.