Rofo 2014; 186(10): 967-968
DOI: 10.1055/s-0034-1369280
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Arbeitsgemeinschaft Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik in der DRG – „Eine Netzwerkplattform für interessierte Radiologen“ – Zukunftsvisionen und der Weg dahin

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Publication Date:
22 September 2014 (online)

 

    Professor Dr. Andreas G. Schreyer vom Universitätsklinikum Regensburg ist neuer Vorsitzender der AG Gastrointestinal-/Abdominaldiagnostik in der DRG. Im Interview berichtet er von seinen Plänen und den Herausforderungen für die kommende Amtszeit.

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    Professor Anereas G. Schreyer

    Welche Pläne haben Sie für Ihre Amtszeit 2014-2016? Welche Herausforderungen sehen Sie auf sich zukommen?

    Wir haben einiges sehr Spannendes vor uns. Die Mitgliederzahlen sind gestiegen und viele neue Mitglieder bringen sich aktiv in die AG ein; es gibt Initiativen, Vorschläge und Visionen. Ein wichtiger Plan ist die vermehrte Beteiligung an Leitlinien. Passiv hat dies in der Vergangenheit ja schon stattgefunden, nun wollen wir uns als AG auch aktiv und proaktiv an radiologisch initiierte Leitlinien heranwagen. Auf dem Deutschen Röntgenkongress im vergangenen Mai habe ich dazu meine Gedanken vorgestellt und daraus sind 2 große Ideen entstanden. 1. die virtuelle Koloskopie bzw. Kolonographie. Hier ist unsere Idee, dass von unserer AG und der Deutschen Röntgengesellschaft initiiert eine interdisziplinäre Leitlinie, möglichst auf SK2-Level, erarbeitet wird. Ziel dabei ist es eine evidenzbasierte Leitlinie zu erarbeiten, also mit Literaturauswertungen und vollständiger Transparenz. Das 2. große mittelfristige Projekt ist, dass ich gerne eine radiologisch initiierte Leitlinie über die Bildgebung des Abdomen auf den Weg bringen möchte. Hintergrund ist: Wenn Sie 50 Kliniken fragen, wie dort Bilder zu einem bestimmten Krankheitsbild gemacht werden, dann werden Sie 47 verschiedene Antworten erhalten. Also alles andere als eine einheitliche Vorgehensweise. Das erstaunt etwas, denn schließlich schreiben wir Radiologen ja fleißig unsere Paper und kommen darin auf einen Konsens, wie wir am besten Bildgebung machen sollten, jedoch arbeiten die wenigsten Leute das systematisch evidenzbasiert durch. Dies ist die Herausforderung, die ich gerne mit der AG Abdomen angehen möchte um die Frage zu beantworten: Wie wird nach aktuellem Stand der radiologischen Forschung Bildgebung evidenzbasiert optimal durchgeführt? Ein weiteres großes Projekt in diesem Kontext ist die interdisziplinäre Erarbeitung von strukturierten Befunden, bei denen wir mit der Leber- und Pankreasbildgebung beginnen wollen. Beispielsweise in der Leber haben wir schon die onkologischen Grundlagen wie etwa LI-RADS oder mRECIST. Darauf basierend müssen wir interdisziplinär mit unseren chirurgischen und internistischen Kollegen eine Art Checkliste im Sinne eines strukturierten radiologischen Befundes entwickeln, um lesbare und relevante klinische Befunde zu erstellen, die sowohl für die Leberchirurgie also auch für die interventionelle radiologisch-onkologische Therapie alle entscheidenden Informationen beinhalten. Die gemeinsame Durchführung dieser Projekte durch unsere AG sind mein großer Wunsch und damit mein großes Ziel.


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    Vor kurzem hat ja bereits eine Umfrage zur Thematik Bildgebung des Abdomen stattgefunden. Worum ging es in dieser Umfrage genau und was war das Ziel derselben?

    Mit dieser Online-Umfrage wollten wir den Status Quo der abdominellen radiologischen Bildgebung erheben. Die Mitglieder der AG wurden in einem 1. Schritt befragt, in einem 2. dann auch alle anderen DRG-Mitglieder. Ziel war eine Statuserhebung zur Frage, wie zu dezidierten Fragestellungen in der abdominellen Diagnostik eigentlich Bildgebung in Deutschland gemacht wird. Das Ergebnis daraus, welches bald vorliegen wird, soll eine Diskussionsgrundlage sein, auf der dann das große Projekt anzugehen sein wird. Die ausgewerteten Ergebnisse wollen wir möglichst zeitnah den Mitgliedern der DRG mit einer fundierten Diskussion präsentieren. Vorausschicken darf man aber schon, dass sich die vermutete Heterogenität in der radiologischen Klinik- und Praxislandschaft zur Wahl der Bildgebungsparameter zu großen Teilen bestätigt hat.


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    Welche medizinischen Fachbereiche kreuzt die Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik? Ist Interdisziplinarität relevant für den Bereich?

    Die Interdisziplinarität ist der Spiritus Rector der Radiologie und im ganz besonderen Maße der abdominellen Radiologie, denn in der Praxis gibt es nur ganz wenig klinisch „alleinstehende Radiologie“. Wir sind in unserem Fach eigentlich immer von anderen Fächern abhängig, prägen diese aber auch und sind damit wohl der klinische Klassiker der Interdisziplinarität. Natürlich haben wir unsere Kernbereiche: die innere Medizin, die Gastroenterologie und die Abdominalchirurgie – diese sind für uns besonders wichtig. Hier brauchen wir ganz besonders gute Kontakte mit den jeweiligen Fachgesellschaften und das machen wir auch, denke ich, ganz vernünftig. Zudem zeigen wir Präsenz auf Kongressen und Konferenzen anderer Fachgebiete. Unsere AG und auch meine Klinik hier in Regensburg hat die Tradition, Kurse in „Radiologie für Nicht-Radiologen“ anzubieten. Hier wollen wir nicht anderen Disziplinen beibringen kleine „Hobby-Radiologen“ zu werden, sondern wir möchten, dass sie mit unserem Armamentarium an Bildgebung umgehen können, dass sie wissen, was der neueste Stand in der abdominellen Bildgebung ist. Kurz gesagt: Ohne Interdisziplinarität geht nichts.


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    Was wünschen Sie sich für den Bereich der Gastrointestinal-/Abdominaldiagnostik? Wo soll der Weg hingehen?

    Ich denke, wir sind schon auf einem ganz vernünftigen Weg. Wir sollten verstärkt unsere Mitglieder einbinden, transparent Entscheidungen und Überlegungen kommunizieren und auch neue und vor allem aktive Mitglieder gewinnen. Viele junge Kollegen sind in diesem wichtigen Kernbereich der Radiologie, nämlich der abdominellen Radiologie tätig und diese Kollegen wollen wir für die AG gewinnen. Wir müssen uns auch als AG mal richtig sehen und definieren. Wir sind keine AG, die sich kurzfristig durch weitere Extra-Zertifizierungen herausheben wird und will, denn wir repräsentieren die „Kernradiologie“; wir sind eine AG, die eher ein Netzwerk für interessierte Forscher und zugleich Kliniker in der abdominellen Radiologie sein soll und dahin soll sich auch der Weg entwickeln: Dass die AG eine aktive Klinik- und Forschungsplattform wird. Dass wir nicht nur durch unsere aktive Teilnahme an Leitlinien auf gegebene Fragen reagieren, sondern selbst proaktiv Leitlinien und Empfehlungen initiieren und machen und somit aktiv Fragen stellen. Dass enthusiastische Forscher und Kliniker der Abdominalradiologie von vielen Kliniken in Deutschland in der AG zusammenkommen, Fragen stellen und gemeinsam Auswertungen durchführen, dass wir wirklich offen und transparent unser Fach voranbringen, unsere Energien und Exzellenz bündeln um damit unser Fach gemeinsam voranzubringen. Das wäre so mein Traum. In kleinen Projekten, bspw. mit der angesprochenen Umfrage, haben wir das schon realisiert. Die AG als Netzwerkplattform für interessierte Radiologen – das ist mein großer Wunsch an die Zukunft der AG.


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    Vielen Dank für das Gespräch!


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    Professor Anereas G. Schreyer