Z Gastroenterol 2014; 52(9): 1112-1113
DOI: 10.1055/s-0033-1362796
Mitteilungen der DGVS
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

G-DRG-Fallpauschalenkatalog 2014:
Die Gastroenterologie ist auf einem guten Weg!

Contributor(s):
Wolfgang Schepp
1   Kommission für Medizinische Klassifikation und Gesundheitsökonomie, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
,
Michael Wilke
2   Dr. Wilke GmbH Inspiring Health, München
,
Markus M. Lerch
3   Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
22 September 2014 (online)

Mit dem neuen G-DRG Fallpauschalen-Katalog 2014 kommt eine geänderte Formel zur Berechnung des Patient Clinical Complexity Level (PCCL) zum Tragen. Sie war aus der objektiven System-Sicht des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) erforderlich geworden, da die Kodierung von Nebendiagnosen seit 2002 um 70 % zugenommen hat. Dies hatte zu einer ungerechtfertigt hohen Vergütung von weniger aufwändigen Fällen geführt. Infolge dessen war die Vergütung höherwertiger bzw. aufwändigerer DRGs unverhältnismäßig stark gesunken.

Die zunehmende Kodierung zusätzlicher Nebendiagnosen hatte häufig Befunde betroffen, die wegen geringgradiger Ausprägung (z. B. „Akutes Nierenversagen“ bei geringfügigem Anstieg der Kreatinin-Konzentration im Serum ohne aufwändige therapeutische Konsequenz) oder fehlender Kostenrelevanz in den ersten Jahren des G-DRG-Systems nicht kodiert worden waren.

Durch die neue Berechnungsformel wird künftig in der Regel eine CCL-relevante Nebendiagnose mehr benötigt als zuvor, um den PCCL 4 zu erreichen- Durch Änderungen an der CCL-Matrix, welche die Grundlage für die PCCL–Bildung darstellt, werden jedoch künftig auch andere Nebendiagnosen benötigt als bislang. Beides führt dazu, dass jetzt die Höhergruppierung aus einer C- in eine B-DRG oder aus einer B- in eine A-DRG erschwert wird. Diese Veränderung betrifft grundsätzlich alle medizinischen Fachrichtungen, auch die Gastroenterologie. Als Konsequenz ist z. B. für die Innere Medizin für 2014 ein negativer Katalogeffekt von –1,7 % errechnet worden, für die Kardiologie sogar von –3,6 % (M. Heumann, Krankenhauszweckverband Rheinland e. V.).

Andererseits sind die Relativgewichte der meisten gastroenterologischen DRGs in 2014 gegenüber 2013 gestiegen, v. a. durch eine verbesserte Kostendarstellung in Folge des DRG-Projekts der DGVS: In etlichen DRGs ist z. B. die B-DRG 2014 höher bewertet als in 2013. Es fallen zwar – aufgrund der Neuberechnung des PCCL – weniger Fälle in die A-DRG, jedoch werden jetzt deutlich höhere mittlere Kosten vergütet. Hierfür ein Beispiel:

G48B (Koloskopie mit äußerst schweren oder schweren CC, komplizierendem Eingriff oder Alter < 15 Jahre, mit komplizierender Diagnose, ohne schwere Darminfektion, außer bei Zustand nach Organtransplantation):

  • Relativ-Gewicht 2013: 1,152

  • Relativ-Gewicht 2014: 1,332

0,15 Punkte entsprechen ca. € 450 Mehrerlös in 2014 verglichen mit 2014.

Lediglich bei einer DRG (H41C; Komplexe therapeutische ERCP ohne äußerst schwere oder schwere CC) kommt es im Katalog 2014 zu einer Absenkung des Relativgewichts und der mittleren Verweildauer (dieser Rückgang ist mit ursächlich für die Absenkung). Alle anderen DRGs sind dagegen gestiegen, und zwar die A- meist in größerem Ausmaß als die B-oder C-DRGs. Dabei weisen fast alle DRGs mit gastroenterologisch-endoskopischen Leistungen einen PCCL-Split auf. Dies ist insbesondere für die spezialisierten Zentren von Vorteil, da die Vergütung aufwändiger Leistungen bei komplexen Patienten stärker angestiegen ist.

In einer ersten Analyse haben wir auf die Datenbasis der 50 am DRG-Projekt der DGVS teilnehmenden Häuser zurückgegriffen und haben deren Fälle aus 2013 mit dem so genannten Übergangsgrouper 2013/2014 gruppiert und die resultierenden Erlöse verglichen. Insgesamt wurden die Erlöse von 124 875 gültig gruppierten Fälle mit mindestens 1 endoskopischen Leistung nach beiden Katalogen verglichen. Der CaseMix dieser Fälle steigt um 0,71 % bzw. € 42,66 pro Fall. Für die geprüften Fälle aus den teilnehmenden Häusern ergibt sich also ein Nettozuwachs im Erlös von € 5 327 328.Es zeigte sich, dass 37 % dieser o. g. Fälle von der PCCL-Absenkung durch die neue Formel betroffen sind. Sie führt jedoch nur in 44 % dieser Fälle (16 % der Gesamtfallzahl) zu einer Abwertung des DRG-Fallgewichts um ca. 10 %.

Andererseits profitierten 64 % der Fälle von der 2014 effektiv gewordenen Verbesserung der Abbildung gastroenterologisch-endoskopischer Leistungen im G-DRG-System, die durch das DRG-Projekt der DGVS herbeigeführt wurden. Der hierdurch den gastroenterologischen Kliniken in Deutschland vergütete Mehrerlös übersteigt die Abschläge infolge der neuen PCCLL-Berechnungsformel erheblich, so dass die Vergütung gastroenterologischer Krankenhausleistungen 2014 gegenüber 2013 insgesamt deutlich verbessert werden konnte.

Diese Verbesserung wäre unter Umständen noch höher ausgefallen, wenn die PCCL-Berechnungsformel nicht verändert worden wäre, eine autonome Entscheidung des InEK, auf die die DGVS und die Kommission für Medizinische Klassifikation und Gesundheitsökonomie im Übrigen keinen Einfluss hatten. Andererseits hätte die neue PCCL-Berechnungsformel die deutsche Gastroenterologie ungebremst getroffen und zu wesentlich höheren Erlösminderungen geführt, wenn nicht gleichzeitig erhebliche Erlösverbesserungen durch das DRG-Projekt erreicht worden wären. Insofern ist die Überlegung abwegig, dass die neue PCCL-Berechnungsformel den positiven Effekt des DRG-Projekts „auffrisst“ und das Projekt überflüssig macht. Nach der aktuellen Analyse ist das Gegenteil der Fall.

Anlässlich der Viszeralmedizin 2014 werden in Leipzig am 18.09.2014, 17:00–18:30 Uhr (Mehrzweckfläche 3) in der Sitzung „DRG Gastroenterologie 2014/2015 – was ist zu erwarten?“ die aktuellsten Entwicklungen und Analysen vorgestellt und Vorschläge präsentiert, wie Gastroenterologen im Krankenhaus in hausinternen Budget- und Leistungsplanungsgesprächen mit der neuen Systematik umgehen können. Auch werden wir dort eine Liste der relevanten Nebendiagnosen vorstellen, deren Vorliegen und Kodierung für gastroenterologische Fälle erlösrelevant sind. Wegen der hohen Bedeutung dieser Thematik für die finanzielle und personelle Ausstattung jeder einzelnen gastroenterologischen Fachabteilung würden wir uns über eine rege Teilnahme an dieser Veranstaltung freuen!

Von der neuen PCCL-Berechnungsformel ist die Innere Medizin als Ganzes besonders stark betroffen, da die multimorbiden Patienten dieses Gebiets häufig vielfältige komplexe Nebendiagnosen aufweisen und die wirklichen Kosten dieser Fälle nicht immer ausreichend dargestellt und dokumentiert werden. In „schneidenden“ Fächern ist dieser Effekt weniger ausgeprägt, da deren DRGs häufig nicht über den PCCL, sondern über die Komplexität einer Prozedur gesplittet sind. Sie sind daher von der neuen PCCL-Berechnungsformel in der Regel geringer betroffen als konservative Fächer. Die neue Formel verbessert sogar die DRG-Vergütung für einige operative Fächer um 0,5–2,5 % (M. Heumann, Krankenhauszweckverband Rheinland e. V.).

Die DGVS wird daher das InEK bitten, ein mögliches Ungleichgewicht intensiv zu untersuchen, das durch die neue PCCL-Berechnungsformel zwischen „schneidenden“ und konservativen Fächern entstanden zu sein scheint. Hierfür wird sie die Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und des Berufsverbandes Deutscher Internisten (BDI) suchen, da es sich hier um ein Problem der gesamten Inneren Medizin handelt. Außerdem wird die DGVS mit dem InEK weiter im intensiven Dialog bleiben. Sie wird durch ihr DRG-Projekt mit verbesserten Kostendaten sowie sachgerechten Änderungsanträgen im Vorschlagsverfahren dafür sorgen, dass sich die Abbildung der Gastroenterologie im G-DRG System stetig verbessert.