Hebamme 2014; 27(1): 4
DOI: 10.1055/s-0033-1361495
Editorial
Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Für zwei denken, aber nicht das Doppelte essen!

Birte Luther
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Publication Date:
25 March 2014 (online)

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Bewegung wirken sich nicht nur kurzfristig auf die Mutter und das Kind aus, sondern prägen auch langfristig Gesundheit und Wohlbefinden. Werdende Eltern sind für Veränderungen ihres Gesundheitsstils offen, dies belegen u. a. Studien des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der technischen Universität München. Deshalb können Hebammen durch Ernährungsberatung im Rahmen der Schwangerenvorsorge und der Wochenbettbetreuung wichtige Weichen setzen und zur allgemeinen Gesundheitsförderung beitragen.

Im Alltag treffen werdende Mütter jedoch immer wieder auf widersprüchliche Empfehlungen. Diese reichen von einer ausgewogenen Mischkost bis hin zur überwiegenden Ernährung mit sogenanntem Superfood. Um eine wissenschaftlich fundierte Beratung der Frauen zu erleichtern, wird in diesem Heft die aktuelle Studienlage zum Thema Ernährung bei Kinderwunsch, in der Schwangerschaft und Stillzeit untersucht.

Ein kontrovers diskutiertes Thema ist nach wie vor die Versorgung mit Mikronährstoffen. Als besonders problematisch wird die Versorgung mit Folat, Jod und Eisen angesehen. Selbst unter den guten Ernährungsbedingungen in Deutschland ist eine Mangelversorgung mit kritischen Nährstoffen nicht auszuschließen. Deshalb empfehlen verschiedene Fachgremien die Supplementierung dieser Nährstoffe. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass Nahrungsergänzungsmittel aufgrund des vielfältigen Angebots und des freiverkäuflichen Zugangs zum Teil sehr unkritisch und in viel zu hohen Dosierungen konsumiert werden. In dem Beitrag von Prof. Dr. K.J. Bühling finden Sie die aktuelle Studienlage und Praxistipps zu diesem Thema. Der Autor hat u. a. ein Modul entwickelt, in dem schwangere Frauen mithilfe eines Drop-down-Menüs ihre Ernährung tageweise überprüfen können. Das Online-Angebot ist kostenlos.

Schwangere Frauen sollten besonders auf die Qualität ihrer Ernährung achten und bei der Lebensmittelauswahl für zwei denken, aber nicht das Doppelte essen. Der Energiebedarf ist in den letzten Monaten der Schwangerschaft nur etwa 10 % höher als vor der Schwangerschaft. Das entspricht einem Käsebrot oder einer kleinen Schale Müsli.

Der Nationalen Verzehrsstudie II zufolge nimmt der prozentuale Anteil der übergewichtigen Frauen mit steigendem Alter zu. Innerhalb von nur 20 Jahren stieg auch die durchschnittliche Gewichtszunahme während der Schwangerschaft um mehr als 2 kg an. Da sich der Zeitpunkt einer Schwangerschaft zudem stärker in die Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen verschoben hat, betreuen wir immer mehr übergewichtige Frauen. Eine richtige Ernährung und eine angemessene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft sind zu einer medizinischen Herausforderung geworden. In dieser Ausgabe finden Sie Beiträge zu einer präkonzeptionellen Ernährungsberatung und zur Beratung und Betreuung von adipösen schwangeren Frauen.

Außer dem aktualisierten Layout haben wir in unserer Zeitschrift eine neue Rubrik eingeführt, die wir – in Anlehnung an die interdisziplinäre Fortbildung des Hippokrates Verlags und des Deutschen Hebammenverbandes – „Forum Geburtshilfe“ nennen. Hier werden Praxistipps, Erfahrungen und Anregungen von erfahrenen Hebammen und Frauenärzten zu einem bestimmten Thema vorgestellt. Das Ziel ist, die fachliche Diskussion anzuregen und noch stärker von den Erfahrungen der anderen Berufsgruppe zu profitieren. Als erstes Thema haben wir die praktisch oft schwierige Betreuung von adipösen Frauen gewählt.

Ein Schwerpunkt „Ernährung“ ist ohne einen Beitrag über das Stillen als wunderbare Einrichtung der Natur natürlich nicht denkbar. Freuen Sie sich auf das spannende Thema „Sind gestillte Kinder klüger?“ Tatsächlich konnte in einigen Studien nachgewiesen werden, dass der IQ bei gestillten Kindern, gegenüber solchen, die mit Muttermilchersatznahrung versorgt wurden, um einige Punkte erhöht war. Dabei wurden auch Rückschlüsse auf die optimale Versorgung des Säuglingshirns mit Nährstoffen aus der Muttermilch gezogen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe!

Mit herzlichen Grüßen

Ihre

Birte Luther