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DOI: 10.1055/s-0033-1358960
In memoriam Albrecht Scholz
* 6. 9. 1940 in Görlitz, † 24. 3. 2013 in DresdenIn einer bewegenden Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Geschichte der Dermatologie und Venerologie (AGDV) unter ihrem Präsidenten Michael Geiges am 1. Mai 2013 anlässlich der 41. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Dresden gedachten die Anwesenden unseres verstorbenen Kollegen und Freundes Albrecht Scholz. Viele seiner Wegbegleiter waren anwesend, so die Witwe Frau Dr. med. Ingrid Scholz (Allgemeinmedizinerin), die Söhne Dr. med. Stefan Scholz, Dermatologe in Wiener Neustadt, und der Musiker Andreas Scholz aus Dresden. Die Tochter Christiane, Hebamme in Dresden, wurde durch Mutter und Brüder vertreten. Aber auch treue Kolleginnen und Kollegen aus der DDR-Zeit waren neben den derzeitigen Mitgliedern der AGDV anwesend.
Alle spürten, dass sie einen Kollegen, ehrlich-aufrichtigen Menschen und guten Freund verloren hatten, überraschend und viel zu früh nach einer nur wenige Monate zuvor entdeckten Krankheit. Mit diesen Abschiedsworten soll die Gestalt Albrecht Scholz’ umrissen werden. Nach Medizinstudium in Berlin und Dresden folgte die Ausbildung zum Dermatologen bei Professor Heinz Egon Kleine-Natrop (1917 – 1985) in Dresden von 1966 – 1971, die Habilitation 1969 und der Wechsel 1971 zur Hautabteilung der Zentralen Hochschulpoliklinik, Medizinische Akademie Dresden. 1976 wurde Scholz Oberarzt und von 1981 – 1986 Leiter dieses Bereiches. 1981 habilitierte er mit der Arbeit Methodik der Kryochirurgie des Basalioms. Die Wende mit der Wiedervereinigung Deutschlands brachte auch für Albrecht Scholz eine wegweisende Veränderung.
Das von seinem Elternhaus übernommene Erbe wie Aufrichtigkeit, Tapferkeit und Gradlinigkeit in der Zeit der DDR, wo er parteilos blieb und jegliche Versuchung von sich abwies, sind für uns Außenstehende ein Beispiel bewundernswerter Stärke. Seine schon frühzeitig erkennbare Freude, Publikationen zur Geschichte der Medizin und insbesondere der Dermatologe zu verfassen und dies mit einer Sammleraktivität zu kombinieren, ermöglichte ihm den Wechsel in das Institut für Geschichte der Medizin, Medizinische Akademie Dresden, dessen Leitung er 1992 übernahm, zunächst als apl. Professor und ab 1996 als C4-Professor für Geschichte der Medizin. Damit wurde er Direktor des Instituts an der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden Carl-Gustav-Carus. Noch in seinem Todesjahr verfasste Albrecht Scholz in den Dresdner Hefte, Beiträge zur Kulturgeschichte mit dem Schwerpunkt Gesundheitswesen in Dresden, einen Aufsatz über Carl Gustav Carus und seine Patienten.
In der zweiten Hälfte seines Lebens, nun tätig für die Geschichte der Medizin, blühte Albrecht Scholz nochmals auf und entwickelte sich zu einem im In- und Ausland hochgeschätzten Kenner dieser leider so selten an deutschsprachigen Universitäten vertretenen Einrichtung. Jetzt kamen seine Arbeitsschwerpunkte zur vollen Entfaltung. Einige dieser Begabungen sollen hervorgehoben werden: Die Beschäftigung mit Kunst, Malerei, Skulptur und Exlibris, zumeist mit dem Schwerpunkt Leben und Sterben, brachte klassische Publikationen, oft basierend auf seinen eigenen Sammlungen. Das Leben jüdischer Ärzte in der Dermatologie war ein weiterer Schwerpunkt in Forschung, Lehre und Publikation. Eine besondere Beziehung pflegte er zu Polen, insbesondere zu Breslau und der traditionsreichen Dermatologischen Klinik. Schließlich lag ihm die Aufarbeitung des Oevres von Joseph Jadassohn (1863 – 1936) mit seinen zwei wichtigen Stationen in Bern und Breslau am Herzen.
Zusammen mit Karl Holubar und Günter Burgdorf als Herausgeber, Walter H .C. Burgdorf als Mitherausgeber und Übersetzer, sowie Harald Gollnick (damals Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft) als Koordinierender Herausgeber schuf er die einmalige Monografie Geschichte der deutschen Dermatologie, als bilinguale Publikation History of German Language Dermatology zum 120-jährigen Bestehen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, die 1889 an der Karls-Universität in Prag gegründet wurde. Welch glückliche Vorausschau dieses Unterfangen war, nicht bis zur 125-Jahrfeier zu warten, sieht man heute an dem schmerzlichen Verlust der zwei Herausgeber Karl Holubar und Albrecht Scholz. Ohne sie wäre ein solches Opus nicht realisierbar gewesen.
Bei der Erstellung des Pantheon der Dermatologie. Herausragende Historische Persönlichkeiten (Löser/Plewig et al., Hrsg, Springer, 2008) und der erweiterten englischen Ausgabe Pantheon of Dermatology. Outstanding Historical Figures (Christoph Löser, Gerd Plewig, Walter H. C. Burgdorf, eds, Springer, 2013) brachte sich Albrecht Scholz mit Begeisterung ein und verfasste die Kapitel über Evdard Ehlers (863 – 1937), Eugen Emanuel Galewsky (1864 – 1935), Max Jessner (1888 – 1978), Karl Kreibich (1869 – 1932), Oscar Lassar (1849 – 1907) sowie Albert Neisser (1855 – 1916).
Wer Albrecht Scholz persönlich kannte, wird sich gut an Statur und Ausstrahlung erinnern: groß, schlank, aufrecht mit offenem, sympathischen Gesicht und klarer tiefer Stimme, verspürte jedermann im Raum, dass eine Persönlichkeit vor einem stand. Seine Diktion wurde stets klar, ruhig und überzeugend vorgetragen. Die von ihm ausstrahlende Liebe zum Fach Dermatologie, ihre Vergangenheit und Gegenwart, war seine Aura. Gezielt hat er wesentliche Entscheidungen für die Bewahrung, Tradition und Geschichte unseres Faches getroffen und damit sichergestellt, dass in der heutigen schnelllebigen Zeit das Fundament, auf dem die Dermatologie ruht, gebührend konserviert wird.
Albrecht Scholz hat viel zu früh und unerwartet seinen Abschied nehmen müssen. Wir vermissen ihn sehr.
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