Rofo 2013; 185(12): 1207
DOI: 10.1055/s-0033-1355885
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zum Artikel Kaireit T et al. „Smartphones jetzt noch smarter? – Möglichkeit des Einsatzes als „Dosiswarner“

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Publication Date:
10 December 2013 (online)

Leserbrief

Sehr geehrter Editor,

mit großem Interesse haben wir den Artikel „Smartphones jetzt noch smarter…“ zur Messung ionisierender Strahlung mittels Smartphones gelesen [1]. Die Autoren konnten zeigen, dass ein Smartphone mit entsprechender App in der Lage ist, im Bereich der Röntgendiagnostik ionisierende Strahlung nachzuweisen. Der Vorteil bei der Nutzung des Smartphones besteht darin, das keine externen Sensoren nötig sind und eine direkt ablesbaren Anzeige erfolgt. Weiterhin sind Smartphones inzwischen praktisch überall verfügbar und haben im Vergleich zu kommerziellen Messgeräten einen niedrigen Preis. Die verwendete App, mittlerweile als Vers. 1.7 erhältlich, ist für androidbasierte Smartphones als auch für iOS Systeme verfügbar und unterstützt aktuell mehr als 70 Smartphonetypen. Für Smartphones mit Front- und Backkamera ist die Auswahl des Kamerasensors in der Software möglich. Die Autoren konnten zeigen, dass bei der Nutzung des Smartphones die Möglichkeit einer Kalibrierung der Software auf das jeweilige Smartphonegerät von besonderer Bedeutung ist, um valide Messanzeigen zu erhalten. Der App bietet die Möglichkeit, eine Untergrundschwelle zu ermitteln („set noise“), sodas sensorbedingtes Rauschen unterdrückt werden kann. Limitiert wird die Nutzung vor allem durch die ungünstige Winkelabhängigkeit des als Sensors verwendeten CMOS-Kameramoduls. Neben der gezeigten möglichen Nutzung für Röntgenstrahlung in der Radiologie (Röntgendiagnostik) konnte die entwickelte App „Radioactivity Counter“ bereits erfolgreich in der Nuklearmedizin bei üblichen Nukliden für Beta- und Gammastrahlung verwendet werden [2]. Hierzu wurden in unserer Einrichtung verschiedene Radionuklide der nuklearmedizinischen Diagnostik (z. B. Tc-99 m [140 keV] zur Skelettszintigrafie, Ga-68 [511 keV] zur Positronen-Emissions-Tomografie) und Therapie (z. B. I-131 [364 keV] zur Radioiodtherapie der Schilddrüse) verwendet. Die Messwerte der Smartphones und der kommerziellen Messgeräte sind gut miteinander vergleichbar: linearer Signalanstieg bei zunehmender Aktivität und Dosisleistung. Langzeitmessungen (I-131, 60 min) ergaben bei den Smartphones Werte, die um 20 % schwankten im Vergleich zum verwendeten kommerziellen Messgerät AD6. Mit der Softwareversion 1.6 der Applikation erfolgt die integrale (anstelle einer differenziellen) Anzeige der Dosisleistung im Anzeigefenster, sodass sich der Messwert schneller einpendelt. Im Niedrigdosisbereich zeigen die verwendeten Smartphones deutliche Empfindlichkeitsdefizite. Messungen im Bereich der natürlichen Radioaktivität ergaben keine validen Anzeigewerte, da hier sehr lange Messzeiten (> 30 min) erforderlich sind und die Messwerte sporadisch stark schwankten. Hier besteht noch Potenzial, beispielsweise ist eine individuelle Kalibrierung auf das einzelne Smartphone oder eine Modifikation der Software denkbar. Neue, leistungsstärkere Smartphones werden sehr rasch entwickelt. Wie von den Autoren Kaireit T et al. beschrieben kommt dem Datentransfer über Schnittstellen wie WLAN und Bluetooth zukünftig noch mehr Bedeutung zu, sodass die Nutzung des Smartphones als Dosiswarner oder zur Demonstration z. B. bei der MTRA-Ausbildung zweckmäßig erscheint. Zukünftig können auf Smartphonebasis kleine, leichte, preiswerte und transportable Geräte zum Nachweis ionisierender Strahlung entwickelt werden, die Entwicklung bleibt also abzuwarten.

Eine gravierende Einschränkung in der Anwendbarkeit von Smartphones nicht nur als Dosimeter, sondern selbst als Dosiswarner in der radiologischen Diagnostik resultiert allerdings aus der auch von den Autoren erwähnten langen Messzeit, die für die Erzielung auch nur annähernd valider Ergebnisse erforderlich ist. Die im Artikel erwähnten drei Minuten dürften sich auf reine, zusammenhängende Strahlzeit beziehen, welche oberhalb typischer Durchleuchtungszeiten außerhalb angiografischer Anwendungen liegt. Wenn sich die Expositionszeit darüber hinaus, wie meist der Fall, auf mehrere, zeitlich voneinander getrennte Durchleuchtungssequenzen bezieht, ist als Anzeige eine nur noch schwer interpretierbare, niedrige und durch das Rauschen in den „strahlfreien Zeiten“ in ihrer Genauigkeit weiter eingeschränkte Dosisleistungsangabe zu erwarten.

H. Hartmann, V. Hietschold, R. Freudenberg, J. Kotzerke, Dresden