physiopraxis 2013; 11(07/08): 60
DOI: 10.1055/s-0033-1353411
physiospektrum
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Hol- und Bringdienst: Ausbeutung von Praktikanten?

Philipp Groteloh

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Publikationsdatum:
26. Juli 2013 (online)

 

Dr. Philipp Groteloh

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Dr. Philipp Groteloh ist seit 2007 Rechtsanwalt und seit 2012 Fachanwalt für Verwaltungsrecht.

Die Rechtsfrage

» In meinem Praktikum muss ich Patienten, die schlecht zu Fuß sind und niemanden haben, der sie zur Physiotherapie fahren kann, mit meinem Privatauto abholen, in die Praxis bringen und nach der Behandlung wieder nach Hause fahren. Geld bekomme ich dafür nicht. Ist das rechtens? Und wer haftet, wenn etwas passiert? «

Physiotherapieschülerin aus Stuttgart

Die Antwort unseres Experten

Aus juristischer Sicht ist das Befördern von Patienten von der Wohnung in die Praxis und wieder zurück rechtens. Sie benötigen für die Transporte also keine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz. Dies gilt, wenn die Fahrten für die Patienten kostenfrei sind oder das Entgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt. Das dürfte bei Ihnen der Fall sein. Derartige Dienstleistungen zu erbringen, sollte auch keine wettbewerbsrechtlichen Probleme hinsichtlich weiterer Beförderungsanbieter wie Taxiunternehmen aufwerfen.

Bei der Bezahlung oder Kostenerstattung kommt es im Wesentlichen auf die Vereinbarungen zwischen dem Praxisinhaber und Ihnen an. Vereinbart werden kann hier (fast) alles. Ein Arbeitgeber darf seinen Praktikanten Bring- und Holdienste „aufdrücken“. Allerdings sollten sie zu Recht auf eine Erstattung für die Fahrtkosten bestehen. Denn der Praktikumsbetrieb schuldet als „Auftraggeber“ nach § 670 BGB den Fahrtkostenersatz für beauftragte Fahrten.

Für die Frage, wer für Schäden des Patienten haftet, muss man grundsätzlich zwischen vertraglichen und gesetzlichen Schadensersatzansprüchen unterscheiden. Wichtig sind hier vor allem die gesetzlichen. Das heißt, wenn ein Patient durch einen fahrlässig verursachten Unfall verletzt wird, stellt dies eine unerlaubte Handlung dar, die Schadensersatzansprüche des Patienten gegen den Fahrer auslöst.

Die Frage der Haftung ist eher theoretischer Natur, da nahezu sämtliche Schäden, die durch Unfälle im Straßenverkehr verursacht werden, durch die Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt werden. Das heißt, der Geschädigte oder Verletzte erhebt seinen Anspruch immer gegenüber der Versicherung. Zahlt die Versicherung nicht und verklagt der Patient den Fahrer daraufhin, sollte dieser immer die Versicherung mit ins Boot holen, sofern dies der Kläger nicht schon tut. Wird festgestellt, dass Schadensersatzansprüche bestehen, so muss die Versicherung zahlen - ob sie will oder nicht.

Etwas anderes gilt dann, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer für den Schaden verantwortlich ist. Dann bestehen Ansprüche gegen dessen Versicherung.

Für den Fall, dass ein Patient während der Fahrt kollabiert, kann der Fahrer nichts - es sei denn, er ist so rasant gefahren. Ansonsten ist es das allgemeine Lebensrisiko des Patienten.

Wirft auch Ihr Berufsalltag rechtliche Fragen auf? Dann schreiben Sie an Simone.Gritsch@thieme.de .


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