Klin Monbl Augenheilkd 2013; 230(11): 1106-1113
DOI: 10.1055/s-0033-1351030
Klinische Studie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Untersuchung des Dämmerungs- und Kontrastsehens nach Fahrerlaubnisverordnung: Welche Grenzwerte, welche Verfahren sind geeignet?

Assessment of Mesopic and Contrast Vision for Driving Licences: Which Cut-off Values, Which Methods Are Appropriate?
H. Wilhelm
1   Augenheilkunde, Universitätskliniken Tübingen,
,
T. Peters
2   Department für Augenheilkunde, STZ eyetrial, Tübingen
,
W. Durst
2   Department für Augenheilkunde, STZ eyetrial, Tübingen
,
S. Roelcke
3   Aeromedical Center Germany, Filderstadt
,
R. Quast
3   Aeromedical Center Germany, Filderstadt
,
M. Hütten
4   Berliner Verkehrsbetriebe BVG, Betriebsärztlicher Dienst, Berlin
,
B. Wilhelm
2   Department für Augenheilkunde, STZ eyetrial, Tübingen
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Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. Helmut Wilhelm
Augenheilkunde, Universitätskliniken Tübingen
Schleichstraße 12
72076 Tübingen
Telefon: ++49/70 71/2 98 37 36   
Fax: ++49/70 71/29 53 61   

Publikationsverlauf

eingereicht 20. August 2013

akzeptiert 07. Oktober 2013

Publikationsdatum:
04. November 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Hintergrund: Empfehlungen und Grenzwerte für die Prüfung des Kontrastsehens existieren bisher nur für mesopische, nicht aber für photopische Tests. Während mesopische Tests in der Augenheilkunde sehr verbreitet sind, stehen in der Arbeits- und Betriebsmedizin auch photopische Kontrasttests zur Verfügung. Im Hinblick auf die im Juli 2011 in Kraft getretene Anlage 6 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) wurden die Spezifität, Sensitivität und Test-Retest-Reliabilität vorhandener Testverfahren geprüft sowie praktikable Grenzwerte ermittelt. Methoden: Wir untersuchten multizentrisch Patienten mit Medientrübungen, gesunde Probanden und ein arbeitsmedizinisches Kollektiv. Die verwendeten Tests waren Optovist EU und Binoptometer 4P, sowie die Pelli-Robson-Tafel unter standardisierter Beleuchtung (LUVIS). Alle Tests werden mit dem Mesotest II verglichen. Beim Studiendesign wurden die Empfehlungen der Qualitätssicherungs-Kommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) zur Prüfung des Kontrastsehens und Grenzwertermittlung beachtet. Ergebnisse: Es konnten 64 Kataraktpatienten (Alter 42–70 Jahre, Median 62 J.), 50 Piloten (Alter 40–69 Jahre, Median 53,5 J.) und 109 Beschäftigte der BVG (Alter 40–59 Jahre, Median 50 J.) rekrutiert werden. Alle Verfahren zeigten eine gute Trennschärfe zwischen der Patientengruppe und den beiden gesunden Kollektiven (AUC 0,86–0,99). Für beide Einblickgeräte ergab sich ein Grenzwert von 15 % Weber-Kontrast, der hiermit für Untersuchungen nach FeV empfohlen wird. Die Test-Retest-Reliabilität erwies sich für alle Tests hoch mit signifikanten Pearson-Korrelationskoeffizienten von 0,77 bis 0,94 und Wiederholbarkeitskoeffizienten zwischen 0,08 und 0,4. Die Standardentfernung der Pelli-Robson-Tafel von 1 m kann für FeV-Untersuchungen nicht empfohlen werden, vielmehr sind die Ergebnisse bei 3 m Prüfdistanz den anderen Verfahren ebenbürtig. Für die Pelli-Robson-Tafel auf 3 m ergibt sich ein vorläufiger Grenzwert von 1,65. Schlussfolgerungen: Praktikable Grenzwerte im Sinne der gerechten und gleichen Behandlung von Bewerbern liegen hiermit vor. Die Einblickgeräte (Binoptometer 4P und Optovist EU) erwiesen sich als geeignet und erreichten erwartungsgemäß entsprechend ihrer ähnlichen lichttechnischen Daten den gleichen Grenzwert. In 1 m Distanz ist der Pelli-Robson-Test nicht sensitiv genug. Da die Entfernung von 3 m bei der Pelli-Robson-Tafel nur bei 55 Kataraktpatienten und 10 Piloten geprüft werden konnte, ist die Untersuchung der neuen Distanz bei größeren Kollektiven notwendig.


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Abstract

Background: Hitherto recommendations and thresholds for contrast tests are available for mesopic but not for photopic methods. While mesopic tests are widespread in ophthalmology, in occupational medicine photopic contrast tests are often used. With regard to the attachment 6 of the German Fahrerlaubnisverordnung (FeV) which is relevant since July 2011 we tested the specificity and sensitivity as well as the test-retest reliability of available test devices and defined cut-off values. Methods: We examined patients with medium opacities, healthy volunteers and a sample of employees. Optovist EU, Binoptometer 4P and Pelli-Robson charts with standardised illumination were applied for contrast sensitivity testing. All these methods were compared to the Mesotest II as gold standard. We followed the recommendations of the German Qualitätssicherungs-Kommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) for contrast vision testing and definition of cut-off values. Results: 64 patients with cataract (age 42–70 years, median 62 years), 50 pilots (age 40–69 years, median 53.5 years) and 109 employees of a transportation company (age 40–59 years, median 50 years) were included in the trial. All contrast sensitivity tests showed a good sensitivity and specificity (AUC 0.86 to 0.99). For Optovist EU and Binoptometer 4P a threshold of 15 % Weber contrast is recommended for examinations according to FeV. The test-retest reliability was high in all methods with highly significant Pearson correlation coefficients of 0.77 to 0.94 and a repeatability coefficient between 0.08 und 0.4. The standard distance of 1 m common for the Pelli-Robson chart cannot be recommended for FeV examinations, while the results at 3 m distance are comparable to those of the other contrast vision tests. The preliminary cut-off for the Pelli-Robson chart at 3 m distance is 1.65. Conclusions: Cut-off values for the lawful assessment of applicants are now available. Both Binoptometer 4P and Optovist EU proved to be appropriate and – as expected due to comparable technical properties – the same cut-off can be recommended. At 1 m distance the Pelli-Robson chart is not sensitive enough. Because the new distance of 3 m for the Pelli-Robson chart was investigated in 55 cataract patients and 10 pilots in this trial, a confirmatory trial for this distance is planned.


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Einleitung

Mit der Einführung der Untersuchung des Dämmerungs- und Kontrastsehens bei der Fahrtauglichkeitsbegutachtung wurde eine lange gestellte Forderung der Verkehrsophthalmologie umgesetzt [1], [2], [3]. Nicht gelöst war aber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens, welche Verfahren als geeignet angesehen werden konnten und wo die Grenzwerte für das photopische Kontrastsehen liegen sollten. Lediglich für die Untersuchung des Dämmerungssehens gibt es Empfehlungen von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und allgemein akzeptierte Standards [1], [4].

Der Ansatz, Grenzwerte aufgrund von lichttechnischen Überlegungen nach Feldversuchen und Messungen festzulegen, ist nicht erfolgversprechend. Zu weit gestreut sind die Kontraste, die im Straßenverkehr tatsächlich vorkommen. Einen Grenzwert allein aufgrund theoretischer Überlegungen zu definieren, ist schlechterdings nicht möglich. Erfolgversprechender ist es, von Daten aus der Anwendung solcher Verfahren auszugehen.

Von einem Verfahren, das zum Screening eingesetzt wird, muss man verlangen, dass es solche Personen identifiziert, von denen man erwarten muss, dass sie ein sehr schlechtes, für das Autofahren nicht ausreichendes Kontrastsehen haben. Das Verfahren muss also eine gute Sensitivität aufweisen. Andererseits darf es nicht dazu führen, dass normal sehende Probanden den Test in großer Zahl nicht bestehen [5]. Ein Verfahren, das einen hohen Anteil Kraftfahrer zu weiterführenden Untersuchungen nötigt oder gar ein Nachtfahrverbot auferlegt, ist nicht geeignet. Der Test muss also auch spezifisch sein. Ziel dieser Studie war es, 4 gängige Verfahren in dieser Hinsicht auf ihre Eignung zu prüfen. Zur Prüfung der Sensitivität wurde eine Gruppe von zur Operation anstehenden Kataraktpatienten untersucht. Es wird erwartet, dass diese zu hohen Anteilen beim Test durchfallen. Die Spezifität hingegen wurde an einer Gruppe von Berufspiloten geprüft, von denen ein normales Sehvermögen verlangt und regelmäßig auch überprüft wird; diese sollten den Test möglichst alle problemlos bestehen. Weiterhin wurde an einer größeren Gruppe nicht selektierter Bewerber geprüft, welche praktischen Auswirkungen ein solcher Test tatsächlich hätte. Diese beiden letzten Verfahren dienten v. a. der Prüfung der Spezifität.

Bei den getesteten Verfahren handelt es sich um das auch in der Augenheilkunde weit verbreiteten Mesotest II. Weiterhin wurden 2 in der Arbeitsmedizin weit verbreitete Screeningverfahren mit neu auf den Markt gebrachten und aufgrund der Änderung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) modifizierten Geräten durchgeführt, dem Binoptometer 4P der Fa. Oculus und dem Optovist EU der Fa. Vistec, die speziell für solche Screeninguntersuchungen in der Arbeitsmedizin angeboten werden und weitere Untersuchungen, wie z. B. Sehschärfe und Farbsinn, und auch die Prüfung des Dämmerungssehens ermöglichen. Das 4. Verfahren ist ein klassisches weltweit angewandtes Verfahren mit einer Sehtesttafel, nämlich der Pelli-Robson-Kontrast-Test, der in den meisten klinischen Studien v. a. im angelsächsischen Raum zum Einsatz kommt. Die beiden Testgeräte der Fa. Oculus und Vistec waren insofern auch interessant, da sie lichttechnisch sehr ähnlich sind, was wiederum Rückschlüsse zulassen sollte, inwieweit Geräte mit ähnlichen technischen Daten auch ähnlich bewertet werden können.

An Test-Gütekriterien sollten neben der Spezifität und Sensitivität noch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sowie die Übereinstimmung der weiteren Verfahren mit dem Goldstandard Mesotest II untersucht werden.


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Methodik

Studiendesign

Es handelte sich um eine offene, prospektive, multizentrische Studie. Alle Patienten und Probanden wurden mit den gleichen Methoden untersucht, die im Folgenden beschrieben sind. Nach einer ophthalmologischen Basisuntersuchung, die im arbeitsmedizinischen Rahmen reduziert werden kann, folgte eine Untersuchung des Kontrastsehens mit 4 unterschiedlichen Methoden (Gesamtdauer insgesamt ca. 30 Minuten).

Die ophthalmologische Basisuntersuchung beinhaltete eine Untersuchung an der Spaltlampe, Beurteilung des Grades einer evtl. Linsentrübung (anhand der LOCS-Tafel), Bestimmung der Refraktion, Amsler-Netz-Untersuchung.

Das Kontrastsehen wurde an den Geräten Mesotest II, Binoptometer 4P und Optovist EU geprüft, sowie mit einer Sehtafel (Pelli-Robson), die in der Beleuchtungseinrichtung LUVIS angebracht wurde. Wenn möglich, wurden die unterschiedlichen Tests von unterschiedlichen Prüfern durchgeführt, um die Untersucher für die Ergebnisse der anderen Verfahren maskiert zu halten.

Es folgt eine Beschreibung der verwendeten Testgeräte.


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Mesotest II

Das Mesotest II untersucht das mesopische Kontrastsehen ohne Blendung (Hintergrund 0,032 cd/m2) und während Blendung (Hintergrund 0,1 cd/m2). Es werden 5 Landolt-Ringe der Sehzeichenstufe 0,1 mit 6 möglichen Orientierungen dargeboten (die horizontalen Orientierungen sind ausgespart). Als erkannt gilt eine Stufe, wenn 3 von 5 Zeichen richtig angegeben werden. Die Kontraststufen sind 1 : 23, 1 : 5, 1 : 2,7 und 1 : 2 (Kontrastverhältnis).


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Optovist EU

Das Sehtestgerät Optovist bzw. Optovist EU der Firma Vistec zur subjektiven Bestimmung des Kontrastsehvermögens unter photopischen Bedingungen bietet Landolt-Ringe bei einer Umfeldleuchtdichte von 130 cd/m² an, die in Größen entsprechend der Visuswerte 0,16, 0,25, und 0,4 wählbar sind. Diese Sehzeichen können in den Kontrastwerten (fotometrische Kontrastdefinition nach Weber) 80 %, 40 %, 20 %, 15 %, 10 %, 7,5 %, 5 %, 2,5 % gezeigt werden, wobei für jede Kombination von Sehzeichengröße und Kontrastwert 5 Sehzeichen zur Verfügung stehen. Die Darbietung der Sehzeichen erfolgt nach den Vorgaben der DIN EN ISO 8596. Bestehenskriterium ist das Erkennen von mindestens 3 der dargebotenen 5 Sehzeichen.


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Binoptometer 4P

Das Sehtestgerät Binoptometer 4P ist ebenfalls ein Einblickgerät. Die Kontraststufen sind gleich wie im Optovist EU. In dem vorgeschlagenen Testablauf sind 5 Darbietungen pro Stufe vorgesehen, Abbruchkriterium ist die 3-malige falsche Angabe der Ringöffnung des Landolt-Rings. Es wird diejenige Kontraststufe angegeben, bei welcher die Ringöffnung mindestens 3-mal richtig erkannt wurde.


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LUVIS mit Pelli-Robson-Tafel

LUVIS ist eine vom STZ eyetrial am Department für Augenheilkunde der Universität Tübingen entwickelte standardisierte Beleuchtungseinrichtung für Sehtesttafeln [6]. Nach EN ISO 8596 ist für die Visusprüfung eine Umfeldhelligkeit (= Leuchtdichte zwischen den Optotypen) von 80 bis 320 cd/m2 bei hohem Kontrast zu den Sehzeichen vorgeschrieben. Dieser Bereich wird auch für die Prüfung des photopischen Kontrastsehens empfohlen. Da dies durch eine normale Raumbeleuchtung nicht zu erzielen ist, wird die verwendete Sehzeichentafel – Pelli-Robson – in die Beleuchtungseinrichtung eingelegt, die eine standardisierte Untersuchungsbedingung gewährleistet [6]. LUVIS arbeitet mit Leuchtstoffröhren mit tageslichtähnlichem Spektrum. Die Pelli-Robson-Tafel (Haag-Streit) zeigt gleich große Buchstaben, die in 16 Gruppen zu je 3 Buchstaben gegliedert sind. Der Kontrast der ersten 3 Buchstaben beträgt 100 %. Der Kontrast jeder weiteren Gruppe nimmt um 0,15 log ab. Dementsprechend liegt der Wert der letzten 3 Buchstaben 2,25 log-Einheiten unter 100 %, beträgt somit 0,56 %. Die Kontrastspanne reicht somit von 2,25 log-Einheiten bis 0,15 log Einheiten. Die Tafel wird, wie vom Hersteller empfohlenen, auf 1 m Distanz genutzt.

Die Studie fand an 3 Zentren statt: Augenklinik Tübingen (Gruppe 1), Aero Medical Center Stuttgart (Gruppe 2) und beim Betriebsärztlichen Dienst der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG; Gruppe 3).


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Probanden

Die Teilnahme aller Patienten und Probanden erfolgte auf freiwilliger Basis und nach schriftlicher Einverständniserklärung. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät Tübingen sowie der Landesärztekammer Stuttgart positiv bewertet und bei der Ethikkommission der Landesärztekammer Berlin ordnungsgemäß gemeldet.


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Rekrutierung

Gruppe 1: Die Rekrutierung der Patienten mit operationswürdiger Katarakt erfolgte über das Department für Augenheilkunde Tübingen (Gruppenbezeichnung „Katarakt“)

Gruppe 2: Die Kontrollgruppe bestand überwiegend aus Piloten und wurde am Aero Medical Center (Stuttgart) rekrutiert (Gruppenbezeichnung „Pilot“)

Gruppe 3: Die Rekrutierung erfolgte beim Betriebsärztlichen Dienst der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG); Gruppenbezeichnung „Berlin“

Ausschlusskriterium für alle Gruppen (1–3)

  • mangelnde Befähigung mitzuarbeiten


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Ausschlusskriterium für Gruppe 1

  • ophthalmologische Befunde, die eine Beeinträchtigung des Kontrastsehens vermuten lassen (z. B. aber nicht beschränkt auf degenerative Netzhauterkrankungen, Z. n. Traumata, Z. n. Infektionen, etc.)


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Einschlusskriterien

  • Alter 40–70 Jahre


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Gruppe 1

50 Kataraktpatienten mit einem Visus von 0,4–0,6 auf einem Auge


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Gruppe 2 – Kontrollgruppe

50 Probanden (Piloten) als „healthy worker group“.


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Gruppe 3

100 Berufstätige, die sich an einer arbeitsmedizinischen Untersuchungsstelle vorstellen


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Fallzahlschätzung

Um eine AUC von 0,80 bei einem Signifikanzniveau von 0,05 und einer Power von 0,90 nachzuweisen, werden unter Berücksichtigung der 3 Tests durch eine Bonferroni-Korrektur in jeder Gruppe 46 Probanden benötigt.

Da in den geplanten Kollektiven mit einer höheren Varianz als in homogenen Vergleichsgruppen gerechnet wurde, wurde die Fallzahl auf jeweils 50 in Gruppe 1 und 2 und zur Prüfung von möglichen Cut-off-Werten auf 100 in Gruppe 3 gesetzt.


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Datenmanagement, Zielgrößen und statistische Analyse

Studienplanung, Datenmanagement und Auswertung wurden in Kooperation mit der DatInf GmbH, Tübingen, vorgenommen. Die erfassten Werte wurden in den teilnehmenden Zentren in Erhebungsbögen eingetragen und zentral in eine Studiendatenbank eingegeben. Ein Vergleich der Einträge mit den Originaldaten (Monitoring) wurde regelmäßig nach GCP-Standards und den SOPs des STZ eyetrial am Department für Augenheilkunde, Universität Tübingen, durchgeführt. Vor der statistischen Auswertung wurden Ausreißerwerte verifiziert und in 3 Fällen fehlende Werte ergänzt. In der Endauswertung wurde eine Statistik für die Gruppen 1 bis 3 und alle geprüften Verfahren durchgeführt. Zur Untersuchung von Spezifität und Sensitivität wurden ROC-Kurven erstellt. Verschiedene Cut-off-Werte der einzelnen Methoden wurden anhand der vorliegenden Datensätze im Hinblick auf ihre Praktikabilität geprüft. Wir untersuchten den Grad der Übereinstimmung der weiteren Verfahren mit dem Mesotest II mittels Konkordanzanalyse. Zuvor wurden Mesotest-II- und Pelli-Robson-Ergebnisse in Weberkontraste umgerechnet und diese dann invertiert (Kehrwert), um alle Verfahren vergleichbar zu machen. Anhand der Testwiederholung bei einem Teil der Probanden jeder der 3 Gruppen wurde die Test-Retest-Reliabilität berechnet.


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Ergebnisse

Die geplanten Fallzahlen konnten in allen 3 Zentren vollständig erreicht werden; die Datensätze aller Studienteilnehmer waren auswertbar. In die Auswertung gingen Daten von 64 Kataraktpatienten (Alter 42–70 Jahre, Median 62 J.), 50 Piloten (Alter 40–69 Jahre, Median 53,5 J.) und 109 Beschäftigten der BVG (Alter 40–59 Jahre, Median 50 J.) ein.

Besonderheiten während der Studie

Bei den Patientenmessungen fiel früh auf, dass an der Pelli-Robson-Tafel unter Einhaltung des vorgegebenen Abstands von 1 m zahlreiche Patienten ausgesprochen gute Ergebnisse erzielten. Aus diesem Grund wurden weitere Distanzen von 3, 6 und 12 m eingeführt und bei 55 Kataraktpatienten angewendet. Da die Probandenmessungen in Berlin und Stuttgart zu diesem Zeitpunkt schon weit fortgeschritten waren, konnten diese neu eingeführten Entfernungen lediglich bei den Wiederholungsmessungen der Pilotengruppe (n = 10) umgesetzt werden.

Verteilung der Messwerte in den 3 Gruppen

Die Verteilungen der Messwerte in den 3 Gruppen (Katarakt = Kataraktpatienten; Pilot = Pilotengruppe des AMC; Berlin = BVG-Beschäftigte) sind der [Abb. 1] zu entnehmen.

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Abb. 1 Verteilung der Messwerte in den 3 Gruppen, Boxplots (Katarakt = Kataraktpatienten, n = 64; Pilot = Pilotengruppe des AMC, n = 50; Berlin = BVG-Beschäftigte, n = 109). Bei Binoptometer und Optovist wurde an der Skala der von uns vorgeschlagene Grenzwert von 15 % Weber-Kontrast markiert (*). Anmerkung: Die Wahl der Einheiten der Y-Achsen hat uns Kopfzerbrechen bereitet. Wir haben schließlich so skaliert, dass gutes Kontrastsehen immer oben, schlechtes unten erscheint und nahmen deshalb bei Mesotest, Binoptometer und Optovist den Kehrwert des Weber-Kontrasts in %. 0,2 bedeutet demnach Weber-Kontrast-Schwelle 5 %, die bei den Einblickgeräten als Normgrenze vorgeschlagenen 15 % liegen bei 0,067.

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Trennschärfe der geprüften Verfahren

Wie gut die geprüften Verfahren in der Lage sind, Personen mit eingeschränktem Kontrastsehen zu erkennen (Sensitivität) bzw. Gesunde als normal einzustufen (Spezifität), ermittelten wir anhand von ROC-Kurven. Dabei wurde als Zielgröße die sog. „Area under the Curve“ (AUC) berechnet, die in [Tab. 1] für die Gruppenvergleiche Kataraktpatienten/Piloten und Kataraktpatienten/Beschäftigte in Verkehrsbetrieben aufgeführt ist.

Tab. 1 AUC-Werte. Die Spezifität und Sensitivität der Verfahren hinsichtlich der Unterscheidung von Patienten mit Medientrübung und gesunden Piloten (Pilot) sowie Beschäftigten der Berliner Verkehrsbetriebe (Berlin) wurde nach dem ROC-Verfahren aufgetragen und die Area under Curve (AUC) bestimmt. Die AUC für die verwendeten Verfahren und die beiden Vergleiche sind in dieser Tabelle aufgeführt. Die Pelli-Robson-Tafel in den Distanzen 3, 6 und 12 m wurde bei 55 Patienten mit Katarakt verwendet sowie bei 10 Piloten, bei den Beschäftigten der BVG wurden sie nicht verwendet (nv), Gründe siehe Ergebnisteil.

Verfahren/Vergleich

Pilot/Katarakt

Berlin/Katarakt

Mesotest II

0,967

0,978

Optovist EU

0,978

0,992

Binoptometer 4P

0,990

0,999

Pelli-Robson 1 m

0,867

0,852

Pelli-Robson 3 m

0,958

nv

Pelli-Robson 6 m

0,980

nv

Pelli-Robson 12 m

0,997

nv


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Grenzwerte

Es lässt sich bei beiden Einblickgeräten die gleiche Empfehlung zum Grenzwert geben, nämlich 15 % Weber-Kontrast. Für die Pelli-Robson-Tafel auf 1 m Distanz lässt sich kein Grenzwert definieren. Für die neu eingeführte Distanz von 3 m ist ein Grenzwert von 1,65 vorläufig zu empfehlen.


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Test-Retest-Reliabilität

Die Wiederholungsmessung zeigte eine gute Reproduzierbarkeit aller geprüften Verfahren, wie anhand von Bland-Altman-Plots gezeigt wird ([Abb. 2]). Die Korrelationskoeffizienten zwischen Erst- und Wiederholungsmessung waren hoch bis sehr hoch und alle signifikant ([Tab. 2]).

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Abb. 2 Bland-Altman-Plots, aufgetragen ist jeweils die Differenz zwischen Erst- und Zweitmessung gegen der Mittelwert der beiden Messungen. Für den Optovist EU und Binoptometer 4P wurde der Kehrwert der Kontraststufe1 und für den Mesotest II der Kehrwert der Kontrastempfindlichkeit herangezogen. Zu beachten sind die unterschiedlichen Skalierungen der X-Achsen, was insbesondere bei Pelli-Robson-Tafeln den oberflächlichen Eindruck verbessert. Was die Wahl der Einheiten der Y-Achsen betrifft, gilt auch hier die Anmerkung zu [Abb. 1].

Tab. 2 Korrelation Erst- und Zweitmessung der geprüften Verfahren.

Variable

Mittelwert

durchschnittl. Differenz

Wiederholbarkeitskoeffizient

Pearson-Korr.-Koeffizient

p-Wert der Korrelation

Mesotest II

0,24

0,00

0,12

0,96

< 0,001

Binoptometer 4P

0,073

0,014

0,081

0,88

< 0,001

Optovist EU

0,087

0,03

0,16

0,83

< 0,001

Pelli-Robson 1 m

1,8

0,0

0,4

0,77

< 0,001


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Übereinstimmung mit dem Mesotest II

Die Parameter der geprüften Kontrast-Messverfahren liegen in unterschiedlichen Bereichen. Insofern ist die unmittelbare Prüfung auf eine Übereinstimmung der Ergebnisse, also ob das gleiche Messergebnis erzielt wird, nicht zielführend. Wir prüften aus diesem Grund anhand der Korrelation nach Spearman, in welchem Umfang die Richtung der Ergebnisse bzw. die Rangfolge übereinstimmen ([Tab. 3]).

Tab. 3 Prüfung der Übereinstimmung von Optovist EU, Binoptometer 4P und Pelli-Robson mit dem Mesotest II für alle Verfahren der Studie. Dafür wurde zur Vergleichbarkeit der Messwerte (gleiche Richtung guter bzw. schlechter Ergebnisse) aller Verfahren bei Mesotest II und Pelli-Robson jeweils der Kehrwert der Messergebnisse herangezogen. Zu beachten ist, dass für die weiteren Distanzen (> 1 m) für die Pelli-Robson-Tafel weniger Messungen vorlagen.

Verfahren

Spearman-Korrelationskoeffizient

Spearman p

Binoptometer 4P

0,75

< 0,001

Optovist EU

0,75

< 0,001

Pelli-Robson 12 m

0,59

< 0,001

Pelli-Robson 6 m

0,55

< 0,001

Pelli-Robson 3 m

0,54

< 0,001

Pelli-Robson 1 m

0,69

< 0,001


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Diskussion

Die Eignung eines Screeningverfahrens lässt sich am besten anhand der ROC-Statistiken beurteilen. Hier erzielten die beiden photopischen Kontrasttestverfahren des Binoptometer 4P und Optovist EU hervorragende Ergebnisse und zeigten sogar eine etwas bessere Trennschärfe als das klassische Mesotest II. Die beiden Geräte unterschieden sich erwartungsgemäß nur geringfügig, das Binoptometer 4P war in der Sensitivität eine Spur besser, das Optovist EU in der Spezifität. Es lässt sich bei beiden Geräten die gleiche Empfehlung zum Grenzwert geben, nämlich 15 % Weber-Kontrast, wodurch Kataraktpatienten und Normalpersonen sehr gut getrennt werden und nicht zu erwarten ist, dass eine nennenswerte Anzahl von gesunden Probanden bei dem Test durchfällt. In dem nicht selektierten Berliner Kollektiv hätten jeweils nur 2 Probanden augenärztlich untersucht werden müssen. Dieses Ergebnis entsprach durchaus auch den Vorerfahrungen mit einem der beiden Geräte, dem Optovist EU, das in einer orientierenden Studie anlässlich der Einführung der Prüfung des Kontrastsehens vorab untersucht wurde [5].

Das Mesotest-II-Gerät erwies sich als etwas weniger sensitiv als die beiden photopischen Tests, was darauf zurückzuführen sein kann, dass die Hintergrundhelligkeiten beim Optovist EU und Binoptometer 4P hoch sind, was bei den Kataraktpatienten Blendung auslösen kann. Die Möglichkeit der Blendungstestung beim Mesotest II wurde in dieser Studie bewusst nicht benutzt. Es kann demnach tatsächlich sein, dass, wenn man unter den Konditionen des Dämmerungssehens das Kontrastsehen prüft, Kataraktpatienten begünstigt werden. Aus diesem Grunde kann man aus der Studie auf keinen Fall die Empfehlung ableiten, den Grenzwert für das Mesotest II zu lockern. Die Situation sieht natürlich anders aus, wenn schließlich die Entscheidung gefällt werden soll, ob dem Patienten ein Nachtfahrverbot aufzuerlegen ist oder nicht. Hier kann nicht allein der reine Messwert eingehen, dann sind auch Blendungsempfindlichkeit und vor allen Dingen mögliche therapeutische Gegenmaßnahmen zu beachten.

Wir sind uns bewusst, dass neben der Katarakt auch weitere ophthalmologische Erkrankungen das Kontrastsehen im Hinblick auf die Fahrerlaubnis relevant einschränken können. Jedoch entschieden wir uns in dieser Studie für die Gruppe der Kataraktpatienten, da die Katarakt zahlenmäßig am bedeutsamsten ist und die Trennschärfe der Verfahren an dieser Gruppe geprüft werden muss.

Eine Schwäche solcher Studien ist sicherlich, dass man Kataraktpatienten nur monokular untersuchen kann, da es sehr schwierig wäre, Patienten zu finden, die binokular einen passenden Befund bieten. Die übliche Prüfung findet aber nicht monokular, sondern binokular statt. Dies führt dazu, dass die Kataraktpatienten in unserer Studie mit ihren ohnehin vorhandenen Linsentrübungen noch zusätzlich benachteiligt wurden. Wir haben uns dennoch nicht entschlossen, durch monokulare Prüfung der Normalpersonen eine bessere Chancengleichheit herzustellen, da die monokulare Prüfung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und wir aus einer früheren Doktorarbeit wussten, dass der Unterschied zwischen monokularer und binokularer Prüfung von Gesunden zu keiner wesentlichen Veränderung des Ergebnisses führt [7]. Es war uns wichtig, dass die Studie insbesondere in Berlin, bei der es um die Reihenuntersuchung unselektierter Probanden ging, möglichst realitätsnah durchgeführt würde. Es wäre natürlich problematisch, wenn in einer Studie wesentlich anders untersucht würde als in der späteren Anwendungsrealität. Wesentliches Ziel dieser Studie war schließlich die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die praktische Anwendung.

Ein überraschendes Ergebnis dieser Studie war es, dass sich die Pelli-Robson-Tafeln bei vorschriftsmäßiger Anwendung in 1 m Entfernung als vergleichsweise schlecht geeignet erwiesen. Die ROC-Kurve zeigt noch einen akzeptablen, aber schlechteren Wert als alle anderen Verfahren. Es scheint so, dass die Trennschärfe dieses Verfahrens sehr von der Visusanforderung abhängt ([Abb. 3]). Dies lässt sich dadurch erheblich verbessern, dass der Untersuchungsabstand vergrößert wird; in unserer Studie konnte man sogar sagen, dass die Trennschärfe mit dem Testabstand zunahm. Bereits ein Abstand von 3 m, der in der Praxis leicht umsetzbar wäre, führt zu guten Ergebnissen. Eine Alternative wäre es natürlich, die Sehzeichen zu verkleinern, was sicherlich auch praktische Vorteile hätte. Probleme gibt es bei den Pelli-Robson-Tafeln aus 1 m Entfernung, insbesondere mit der Sensitivität: zu viele Kataraktpatienten bestehen diesen Test. Auch hier sind aus früheren Studien Probleme bekannt: Ungleichmäßige Beleuchtungen führten in einer Multicenterstudie zu einem starken Einfluss des Ortes, an dem die Prüfung durchgeführt wurde [8]. Geringfügige Änderungen des Grenzwerts haben beträchtlichen Einfluss auf Spezifität und Sensitivität des Tests [8], [9]. Das Problem der normengerechten Ausleuchtung der Pelli-Robson-Tafeln konnte durch einen Lichtkasten gelöst werden, der auch in dieser Studie zum Einsatz kam [6]. Die Spezifität und Sensitivität der Tafel konnte durch größere Testentfernung erheblich gebessert werden. Dafür gibt es aber – abgesehen von unserer Studie – wenig Erfahrungswerte. Hinzu kommt auch, dass in unserer Studie nur ein Teil der Probanden und Patienten in verschiedenen Abständen untersucht wurde und dieses Vorgehen auch nicht von Anfang an geplant war, sondern erst eingeführt wurde, nachdem bemerkt worden war, dass die Prüfung in 1 m bei allen Kataraktpatienten zu guten Ergebnissen führte. Hier wäre es sicherlich sinnvoll, eine weitere Studie an einer größeren Gruppe von Normalprobanden für die weiteren Entfernungen folgen zu lassen.

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Abb. 3 Schon die Erhöhung des Untersuchungsabstands von 1 m auf 3 m führt bei den Pelli-Robson-Tafeln zu einer deutlichen Verbesserung der Trennschärfe zwischen den Gruppen. Weitere Vergrößerung des Untersuchungsabstandes rückt die Gruppen noch mehr auseinander.

Es war geplant, die ebenfalls gebräuchliche, kleinere Mars-Tafel parallel zur Pelli-Robson-Tafel zu prüfen, jedoch kam die geplante Einbindung des Herstellers marsperceptrix aufgrund firmeninterner Probleme nicht zustande. Keine Probleme gab es mit der Reproduzierbarkeit aller Tests. Dies ist natürlich eine wichtige Anforderung an jeglichen Screeningtest, die Ergebnisse sollten sich nicht von Test zu Test unterscheiden. Dies konnte den Verfahren im Rahmen unserer Studie auch bescheinigt werden.

Übereinstimmung mit dem Mesotest II

Zwar beinhalten die Empfehlungen der Qualitätssicherungskommission der DOG für die Durchführung von Studien zur Grenzwertbestimmung der Kontrastsehprüfung die Prüfung der Konkordanz, aber dabei ergab sich eine Reihe von Problemen. Die Messergebnisse der geprüften Verfahren sind nicht direkt mit den Mesotest-II-Ergebnissen vergleichbar und teilweise in ihrer Richtung verschieden. Deshalb entschieden wir uns für das Heranziehen der Korrelation als Maß der Übereinstimmung mit dem Mesotest II und wählten den Koeffizienten nach Spearman zur rangabhängigen Prüfung.


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Korrelation von Erst- und Zweitmessung

Dies wurde ebenfalls auf Rat der Qualitätssicherungskommission der DOG geprüft. Die Wiederholbarkeitskoeffizienten sind lediglich beim Mesotest II so, dass bei Zweitmessung statistisch weniger als 5 % der Probanden eine andere Kontraststufe erreichen würden. Rechnet man mit den Werten aus [Tab. 2], so lägen 95 % der Ergebnisse der 2. Messung zwischen den hypothetischen Mesoptometerstufen 3 und 13. Da die tatsächlichen Stufen 2,7 und 23 sind, werden diese nicht erreicht. Anders sieht es bei den photopischen Geräten aus. Hier ist aber zu bedenken, dass die photopischen Kontraststufen wesentlich feinere Abstufungen erlauben. Auch der Wiederholbarkeitskoeffizient der Pelli-Robson-Tafel aus 1 m (für die größeren Entfernungen wurde die Wiederholbarkeit noch nicht untersucht) ist schlechter als beim Mesotest II, gleiches gilt für die beiden photopischen Einblickgeräte. Hier sind es aber Einzelfälle (Optovist EU z. B. 3 Probanden mit schlechtem Kontrastsehen und einer aus dem Mittelfeld; [Abb. 2]) mit starken Differenzen zwischen Erst- und Zweitmessung, die den hohen Koeffizienten verursachen. Unseres Erachtens kann daraus nicht gefolgert werden, dass die photopischen Verfahren grundsätzlich der mesopischen Messung unterlegen sind. Es zeigt sich einmal mehr, dass die Reproduzierbarkeit psychophysischer Messungen begrenzt ist, v. a., wenn sehr feine Unterschiede gemessen werden müssen wie beim photopischen Kontrast.

Für die Praxis unterstützt dies die Empfehlung, endgültige Entscheidungen über ein Nachtfahrverbot nicht auf die photopische Untersuchung allein zu stützen. Fällt ein Patient beim Screening in einem photopischen Test auf, besteht der nächste Schritt in der weiteren ophthalmologischen Abklärung mit dem Mesotest II. Zu diskutieren wäre auch zuvor ein „2. Versuch“ mit einem mesopischen Test. Es scheint aber so, dass auch nach 1. Nichtbestehen nur wenige Probanden unberechtigt zum Augenarzt geschickt werden. Hier wird die sicherlich unabdingbare „Anwendungsbeobachtung“ klärend sein.

Die wichtigsten Schlussfolgerungen aus unserer Studie zusammengefasst:

  1. Die Kontrasttests beim Binoptometer 4P und Optovist EU sind als Screeningverfahren sehr gut geeignet, der vorgeschlagene Grenzwert beträgt laut unserer Studie für beide Verfahren 15 % Weber-Kontrast.

  2. Das Mesotest II ist als Screeningverfahren ebenfalls geeignet, der Grenzwert von 1 : 2,7 darf aber nicht gelockert werden.

  3. Die Pelli-Robson-Tafel ist als Kontrasttest in 1 m Entfernung als Screeningverfahren nicht geeignet, wohl aber in einer größeren Prüfungsentfernung von 3 m.

  4. Wegen der Streuung zwischen den Messungen sollte die Entscheidung über ein Nachtfahrverbot nach photopischem Siebtest im Idealfall anhand einer Zweitmessung, bevorzugt mesopisch, getroffen werden.


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Förderung und Danksagungen

Die Kontraststudie wurde gemeinsam von Oculus Optikgeräte GmbH, Vistec AG und STZ eyetrial finanziert.

Wir danken für die engagierte Mithilfe der Studienteams in Berlin, Stuttgart und Tübingen und allen Patienten und Probanden für ihr Interesse und ihre Teilnahme an diesem Projekt. Ohne sie wäre die Ermittlung der vorgelegten Grenzwerte nicht möglich gewesen.


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Interessenkonflikt

Die bei der Studie verwendete Beleuchtungseinrichtung für die Pelli-Robson-Tafeln wurde vom STZ eyetrial entwickelt und wird auch über das STZ vertrieben. Zwei der Autoren gehören zum STZ eyetrial (TP, BW).


Korrespondenzadresse

Prof. Helmut Wilhelm
Augenheilkunde, Universitätskliniken Tübingen
Schleichstraße 12
72076 Tübingen
Telefon: ++49/70 71/2 98 37 36   
Fax: ++49/70 71/29 53 61   


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Abb. 1 Verteilung der Messwerte in den 3 Gruppen, Boxplots (Katarakt = Kataraktpatienten, n = 64; Pilot = Pilotengruppe des AMC, n = 50; Berlin = BVG-Beschäftigte, n = 109). Bei Binoptometer und Optovist wurde an der Skala der von uns vorgeschlagene Grenzwert von 15 % Weber-Kontrast markiert (*). Anmerkung: Die Wahl der Einheiten der Y-Achsen hat uns Kopfzerbrechen bereitet. Wir haben schließlich so skaliert, dass gutes Kontrastsehen immer oben, schlechtes unten erscheint und nahmen deshalb bei Mesotest, Binoptometer und Optovist den Kehrwert des Weber-Kontrasts in %. 0,2 bedeutet demnach Weber-Kontrast-Schwelle 5 %, die bei den Einblickgeräten als Normgrenze vorgeschlagenen 15 % liegen bei 0,067.
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Abb. 2 Bland-Altman-Plots, aufgetragen ist jeweils die Differenz zwischen Erst- und Zweitmessung gegen der Mittelwert der beiden Messungen. Für den Optovist EU und Binoptometer 4P wurde der Kehrwert der Kontraststufe1 und für den Mesotest II der Kehrwert der Kontrastempfindlichkeit herangezogen. Zu beachten sind die unterschiedlichen Skalierungen der X-Achsen, was insbesondere bei Pelli-Robson-Tafeln den oberflächlichen Eindruck verbessert. Was die Wahl der Einheiten der Y-Achsen betrifft, gilt auch hier die Anmerkung zu [Abb. 1].
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Abb. 3 Schon die Erhöhung des Untersuchungsabstands von 1 m auf 3 m führt bei den Pelli-Robson-Tafeln zu einer deutlichen Verbesserung der Trennschärfe zwischen den Gruppen. Weitere Vergrößerung des Untersuchungsabstandes rückt die Gruppen noch mehr auseinander.