Aktuelle Dermatologie 2014; 40(01/02): 38-40
DOI: 10.1055/s-0033-1344984
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dermatologische Therapie mit topischen Glukokortikoiden: aktueller Stand und zukünftige therapeutische Entwicklungen

Dermatological Treatment with Topical Corticosteroids: Current Status and Future Therapeutical Developments
D. Abeck
Gemeinschaftspraxis für Dermatologie und Allergologie, München
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dietrich Abeck
Gemeinschaftspraxis für Dermatologie und Allergologie – Konsiliararzt
Renatastraße 72
80639 München

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. Oktober 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Topische Steroide bilden den Therapiestandard für eine Vielzahl entzündlicher Hauterkrankungen. Auch die längerfristige Anwendung ist bei Verwendung moderner Steroide mit hohem therapeutischen Index möglich. Die galenische Vielfalt erlaubt eine Stadien-adaptierte Behandlung. Neue Formulierungen bereits bekannter Kortikoide erweitern das Spektrum der Therapiemöglichkeiten.


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Abstract

Topical corticosteroids are the standard-of-care treatment for a number of inflammatory skin diseases. Even their prolonged use is possible when steroids with a favourable benefit/risk ratio are applied. The galenic diversity allows a therapy related to the clinical picture. New formulations using known steroids will broaden the spectrum of therapeutic options.


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Einleitung

Obwohl im letzten Jahrzehnt im Bereich der Dermatologie die bedeutenden Innovationen Systemtherapeutika wie beispielsweise Biologika betrafen, gehen auch im Bereich der externen Dermatotherapie die Forschungsanstrengungen weiter. Dies betrifft auch die topischen Glukokortikoide, die bereits seit 1952 zur örtlichen Behandlung von entzündlichen Hauterkrankungen zur Verfügung stehen. Die modernen Wirkstoffe dieser Klasse haben bei guter Wirkung ein deutlich geringeres Nebenwirkungspotenzial. Im Bereich der Glukokortikoide sind besonders Entwicklungen im galenischen Bereich von Bedeutung, über die nachfolgend berichtet wird.


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Steroidklassen und weitere Differenzierungsmöglichkeiten

In Deutschland hat sich bei den topischen Kortikoiden die Klassifikation nach Niedner durchgesetzt, die vier Klassen unterscheidet, wobei Klasse I schwache (z. B. Hydrocortison) und Klasse IV die sehr starken (Clobetasolpropionat) Kortikoide umfasst [1]. In den letzten Jahren erfolgte eine weitere Unterteilung der topischen Steroide unter Zugrundelegung des therapeutischen Index (TIX), der eine Bewertung aufgrund der Ratio zwischen objektiv erfassten, erwünschten Wirkungen und unerwünschten Wirkungen vornimmt [2]. Bewertet wurden die 8 am häufigsten in Deutschland verwendeten topischen Kortikoide, deren TIX in [Tab. 1] genannt wird. Mometasonfuroat (Klasse III) nimmt hierbei unter den Steroiden mit dem höchsten TIX eine Sonderstellung ein, da es im Vergleich zu Methylprednisolonaceponat, Hydrocortisonbutyrat und Prednicarbat (jeweils Klasse II) stärker wirksam ist. Insbesondere die Substanzen mit dem besten Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil werden bevorzugt im Rahmen des Langzeitmanagements chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen, v. a. beim atopischen Ekzem eingesetzt, hier insbesondere in Form der pro-aktiven Therapie.

Tab. 1

Therapeutische Indices häufig eingesetzter topischer Kortikoide und deren Wirkstärkenklasse nach Niedner [1].

TIX

Klasse[*]

Hydrocortison

1,0

I

Triamcinolonacetonid

1,06

II

Hydrocortisonbutyrat

2,0

II

Methylprednisolonaceponat

2,0

II

Prednicarbat

2,0

II

Betamethasonvalerat

1,2

III

Mometasonfuroat

2,0

III

Clobetasolpropionat

1,5

IV

* Die eFirst-publizierte Fassung dieser Tabelle erschien ohne die Angabe der Klasse.



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Galenische Vielfalt erlaubt Stadien-gerechte Therapie

Entscheidend wird die Wahl der Grundlage für ein Arzneimittel von dem morphologischen Bild der zu behandelnden Dermatose bestimmt. Je akuter das klinische Bild, eine desto wichtigere Bedeutung kommt der Grundlage zu ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Bedeutung des Vehikels bei der Behandlung von Hauterkrankungen (aus [1]).

Zusätzlich ist auch die Lokalisation wie z. B. der behaarte Kopf, das Gesicht oder die Hautfalten (Achseln, Genitalbereich) ein weiterer zu berücksichtigender Parameter.

Topische Steroide stehen für alle Basisgrundlagen des Phasendreiecks zur Verfügung und erlauben somit eine Stadien-adaptierte Therapie. Die optimale Galenik der heute zur Verfügung stehenden topischen Steroide ist auch ein wichtiger Grund für die allgemein bessere Verträglichkeit im Vergleich zu den topischen Calcineurin-Inhibitoren, die jeweils nur in einer galenischen Darreichungsform zur Verfügung stehen [3], wobei insbesondere die Salbenformulierung von Tacrolimus gehäuft brennende Missempfindungen beim Auftragen hervorruft [4].


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Ausweitung des galenischen Spektrums für Mometasonfuroat

Bislang war das topische Steroid Mometasonfuroat nur in W/O-Formulierungen (Ecural® Salbe, Ecural® Fettcreme, Momegalen® Creme) verfügbar und lag somit für die Behandlung akut-nässender und akuter Dermatosen in einer nicht adäquaten Grundlage vor. Die aktuelle Zulassung von zwei O/W-Formulierungen mit dem Wirkstoff Mometasonfuroat (Monovo® Creme und Emulsion) ermöglicht nunmehr eine leitliniengerechte Therapie von akuten Hautentzündungen auch mit diesem Wirkstoff ([Abb. 2]). Die Creme-Formulierung zeigte sich bei vergleichbarer Bioäquivalenz hinsichtlich der Patientenakzeptanz im Rahmen einer doppelblinden Phase-II-Studie in der Indikation atopisches Ekzem gegenüber der Fettcreme-Formulierung überlegen [5] [6].

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Abb. 2 Nachweis der Phasenlage mit Hilfe des Anfärbetests unter Verwendung von Sudan III (rötliche Anfärbung der lipophilen Anteile des zu untersuchenden Topikums) und Methylenblau (bläuliche Anfärbung der hydrophilen Anteile des zu untersuchenden Topikums). Ist die äußere Phase des zu untersuchenden Topikums wässrig, resultiert eine blau verfärbte Emulsionsgrundlage. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich Monovo® Creme und Emulsion echte O/W-Formulierungen sind und alle übrigen Darreichungsformen unabhängig von ihrer Bezeichnung W/O-Formulierungen bzw. -Salben sind.

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Neue Formulierungen für spezielle Lokalisationen

Alkoholische Lösungen sind dafür bekannt, dass sie vermehrt zur Austrocknung und zu Brennen auf der Kopfhaut führen. Mit der neuentwickelten Mometasonfuroat-Emulsion steht jetzt neben der Hydrocortisonbutyrat (Alfason®CreLo)-Formulierung eine therapeutische Alternative zur topischen antientzündlichen Behandlung des behaarten Kopfes zur Verfügung.

Bei der Psoriasis capitis kann der Wirkstoff Clobetasol auch in Form eines Shampoos (Clobex®) als Kurzzeitkontakttherapie erfolgreich eingesetzt werden [7]. Zusätzlich sind heute zwei Schaumzubereitungen (Clobetasolpropionat 500 µg/g [Clarelux®] und Betamethasonvalerat 0,1 % [Deflatop®]) auf dem Markt, die für die Behandlung der auf eine topische Kortisontherapie ansprechenden entzündlichen Kopfhauterkrankungen zugelassen sind. Die Galenik weist Vorteile hinsichtlich der kosmetischen Akzeptanz auf, wohingegen bislang die klinische Evidenz hinsichtlich einer Überlegenheit gegenüber den herkömmlichen Formulierungen in Form von O/W- und W/O-Zubereitungen fehlt [8]. Zudem klagen einige Patienten bei beiden Schäumen insbesondere bei der Behandlung des atopischen Kopfekzems über Hautirritationen, die neben der nicht ausreichenden Hydratisierung auch auf die Inhaltsstoffe wie Stearyl- und Cetylalkohol beim Clobetasolpropionat- und Ethanol beim Betamethasonvalerat-haltigen Schaum zurückzuführen sind. Gleiches trifft auch für zahlreiche topische kortisonhaltige Lösungen (Prednicarbat, Methylprednisolonaceponat, Mometasonfuroat) zu.

Auch ein Clobetasolpropionat 0,05 %iges Spray wird das therapeutische Spektrum in der Indikation Therapie der Plaque- und Kopf-Psoriasis bald erweitern, da die Spray-Formulierung neben einer besseren klinischen Wirkung im Vergleich zur Calcipotriol-Betamethasondipropionat-Salbe und zum Clobetasolpropionat-Shampoo auch eine höhere Akzeptanz von Seiten der Patienten aufwies [9].

Die Behandlung von Nagelveränderungen, insbesondere der Nagelpsoriasis, ist schwierig. Topische Steroide stellen bei Einarbeitung in z. B. einen Nagellack eine möglicherweise sinnvolle Therapieoption [10] dar.

Mikroemulsionssysteme als Träger für topische Kortikoide zur Erzielung einer verbesserten Bioverfügbarkeit mit gleichzeitig verringertem Irritations- und Hautbarriere-schädigendem Potenzial stehen im Fokus der aktuellen Laborforschung [11] und haben die Potenz, in absehbarer Zeit das verfügbare Behandlungsinstrumentarium zu erweitern [12].


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Interessenkonflikt

Der Autor hält regelmäßig eingeladene wissenschaftliche Vorträge, die von folgenden Firmen finanziell unterstützt werden: Almirall, Astellas, Galderma, Infectopharm, MSD.

  • Literatur

  • 1 Niedner R. Kortikoide in der Dermatologie. Bremen: Uni-Med; 1998
  • 2 Luger T, Loske KD, Elsner P et al. Topical skin therapy with glucocorticoids – the therapeutic index. J Dtsch Dermatol Ges 2004; 2629-2634
  • 3 Ashcrof DM, Dimmock P, Garside R et al. Efficacy and tolerability of topical pimecrolimus and tacrolimus in the treatment of atopic dermatitis: meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2005; 330: 516
  • 4 Svensson A, Chambers C, Gånemo A et al. A systematic review of tacrolimus ointment compared with corticosteroids in the treatment of atopic dermatitis. Cur Med Res Opin 2011; 27: 1395-1406
  • 5 Korting HC, Schöllmann C, Willers C et al. Bioavailability, antipsoriatic efficacy and tolerability of a new light cream with mometasone furoate 0.1 %. Skin Pharmacol Physiol 2012; 25: 133-141
  • 6 Ruzicka T, Willers C, Wigger-Alberti W. Efficacy and patient-reported outcomes of a new mometasone cream treating atopic dermatitis. Skin Pharmacol Physiol 2012; 25: 305-312
  • 7 Reygagne P, Mrowietz U, Decroix J et al. Clobetasol propionate shampoo 0.05 % and calcipotriol solution 0.005 %: a randomized comparison of efficacy and safety in subjects with scalp psoriasis. J Dermatolog Treatm 2005; 16: 31-36
  • 8 Zhao Y, Jones SA, Brown MB. Dynamic foams in topical drug delivery. J Pharm Pharmacol 2010; 62: 678-684
  • 9 Menter MA, Caveney SW, Gottschalk RW. Impact of clobetasol propionate 0.05 % spray on health-related quality of life in patients with plaque psoriasis. J Drugs Dermatol 2012; 11: 1348-1354
  • 10 Nakamura RC, Abreu LD, Duque-Estrada B et al. Comparison of nail laquer clobetasol efficacy at 0.05 %, 1 %, and 8 % in nail psoriasis treatment: prospective, controlled and randomized pilot study. An Bras Dermatol 2012; 87: 203-211
  • 11 Raposo SC, Simoes SD, Almeida AJ et al. Advanced systems for glucocorticoids’ dermal delivery. Expert Opin Drug Deliv 2013; 10: 857-877
  • 12 Patel HK, Barot BS, Parejiy BP et al. Topical delivery of clobetasol propionate loaded microemulsion based gel for effective of vitiligo: ex vivo permeation and skin irritation studies. Colloids Surf B Biointerfaces 2013; 102: 86-94

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dietrich Abeck
Gemeinschaftspraxis für Dermatologie und Allergologie – Konsiliararzt
Renatastraße 72
80639 München

  • Literatur

  • 1 Niedner R. Kortikoide in der Dermatologie. Bremen: Uni-Med; 1998
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  • 11 Raposo SC, Simoes SD, Almeida AJ et al. Advanced systems for glucocorticoids’ dermal delivery. Expert Opin Drug Deliv 2013; 10: 857-877
  • 12 Patel HK, Barot BS, Parejiy BP et al. Topical delivery of clobetasol propionate loaded microemulsion based gel for effective of vitiligo: ex vivo permeation and skin irritation studies. Colloids Surf B Biointerfaces 2013; 102: 86-94

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Abb. 1 Bedeutung des Vehikels bei der Behandlung von Hauterkrankungen (aus [1]).
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Abb. 2 Nachweis der Phasenlage mit Hilfe des Anfärbetests unter Verwendung von Sudan III (rötliche Anfärbung der lipophilen Anteile des zu untersuchenden Topikums) und Methylenblau (bläuliche Anfärbung der hydrophilen Anteile des zu untersuchenden Topikums). Ist die äußere Phase des zu untersuchenden Topikums wässrig, resultiert eine blau verfärbte Emulsionsgrundlage. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich Monovo® Creme und Emulsion echte O/W-Formulierungen sind und alle übrigen Darreichungsformen unabhängig von ihrer Bezeichnung W/O-Formulierungen bzw. -Salben sind.