Pneumologie 2012; 66(08): 460
DOI: 10.1055/s-0032-1324660
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schocklunge – Beta-Agonisten i.v.: Mehr Schaden als Nutzen?

Contributor(s):
Klein Friederike München
Smith FG et al.
Lancet 2012; (379) 229-235
Further Information

Publication History

Publication Date:
08 August 2012 (online)

 

In einer vorhergehenden Studie schien die intravenöse Infusion des Beta-2-Agonisten Salbutamol für bis zu 7 Tage bei akutem progressives Lungenversagen (ARDS) positive Effekte auf Lungenödem und Atemdruck zu haben. Deshalb haben F. G. Smith et al. diese Intervention placebokontrolliert und randomisiert in einer größeren Studie untersucht.
Lancet 2012; 379: 229–235

Zwischen Dezember 2006 und März 2010 rekrutierten die Studienautoren an 46 britischen Intensivstationen intubierte und mechanisch beatmete Patienten, die mindestens 16 Jahre alt waren. Sie erhielten randomisiert innerhalb von 72 Stunden nach Beginn der ARDS intravenös entweder 15 μg Salbutamol/kg standardisiertem Körpergewicht pro Stunde (n = 162) oder Placebo (n = 164) für max. 7 Tage. Die Medikation war gegenüber den Teilnehmern, dem medizinischen Fachpersonal und den Angehörigen verblindet. Als primären Endpunkt analysierten die Wissenschaftler die Mortalität innerhalb von 28 Tagen nach Randomisierung.

Vorzeitiges Ende der Studie

Die Rekrutierung für die Studie musste nach einer zweiten Interimsanalyse wegen Sicherheitsbedenken vorzeitig gestoppt werden. Entgegen früherer Hinweise reduzierte Salbutamol in dieser Studie nicht etwa die Mortalität, sondern erhöhte sie: 55 von 161 Patienten verstarben innerhalb von 28 Tagen in der Interventions-, 38 von 163 in der Placebogruppe (34 vs. 23 %). Dies entspricht einer relativen Risikoerhöhung um das 1,47-Fache (95 % Konfidenzintervall 1,03 – 2,08). Daneben reduzierten sich auch die ventilatorfreien Tage und die von Organversagen freien Tage bei Salbutamoltherapie. Die Behandlung mit dem Beta-2-Agonisten wurde zudem schlecht toleriert. So traten gehäuft Tachykardie, Arrythmie und Laktatacidose auf. Auf der anderen Seite lag die Mortalität in der Placebogruppe deutlich unter dem zu Erwartenden, was die Differenz zwischen den Studienarmen erklärt. In der Literatur wird die Mortalität bei ARDS mit 40 – 60 % angegeben, hier lag die 28-Tage-Mortalität bei 23 %. Die Autoren vermuten, dass dies auf eine insgesamt verbesserte Behandlung bei ARDS zurückzuführen ist.

Fazit

Eine frühe intravenöse Behandlung mit Salbutamol bei ARDS wird schlecht toleriert. Nach der Interimsanalyse ist ein günstiger Effekt unwahrscheinlich, im Gegenteil: Es wurde ein negativer Effekt beobachtet. Daher kann der routinemäßige intravenöse Einsatz von Beta-2-Agonisten bei ARDS nicht empfohlen werden, so die Autoren.


#
#